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Ende der Bescheidenheit

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Academic year: 2022

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DGB-Bundesvorstand, Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik

Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de

Nr. 26/2010 3. September 2010

DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Ende der Bescheidenheit

Die Wirtschaft wächst wieder, der Arbeitsmarkt bleibt stabil. Die konjunkturelle Dürrezeit ist nun mal vorüber.

Unsere Exporte boomen wieder. Endlich kann Deutschland aufatmen. Uns geht es doch besser als unseren europäi- schen Nachbarn. Nun fühlen wir uns sogar stärker als vor der Krisenzeit. Trügerische Selbstgefälligkeit. Denn wir sind immer noch sehr stark von der guten Laune unserer Kunden im Ausland abhängig. Wir verdienen in der gan- zen Welt, im Inland aber üben wir uns in Bescheidenheit.

Eine Sparorgie jagt die andere.

Das hat Folgen: Das BIP wuchs in 10 Jahren nur um 8,6 Prozent, obwohl der Außenhandel nahezu explodierte.

Die Exporte stiegen um 65 und die Importe um 48 Pro- zent. Der Grund ist die chronische Schwäche des deut- schen Binnenmarktes. Der private Konsum kommt nicht vom Fleck. Er stieg in den letzten 10 Jahren um jämmerli- che 3 Prozent an, also 0,3 Prozent pro Jahr. Die Staatsaus- gaben wuchsen um 13 Prozent – Sonderausgaben für Konjunkturpakete und Bankenrettung eingerechnet.

Ohne Kunden lohnt sich auch keine Investition. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Bruttoinvestitionen sogar um 6 Prozent unter das Niveau von 2000 gesunken sind.

Die Exporte allein reichen für ein robustes und kräftiges Wachstum, hohe Beschäftigung und Wohlstand für alle nicht aus. Und vom Binnenmarkt gehen diesbezüglich keine Impulse aus. Woher auch? Wachsende Armut rui- niert die Kaufkraft. Unsicherheit verstärkt Zukunftsängste und Sparneigung. Und der Staat hat sich zuerst für Steuer- geschenke an Vermögende arm gewirtschaftet, um sich nun in Enthaltsamkeit zu üben.

Die schlechte Kauflaune der Deutschen hat einen Grund:

seit 10 Jahren sinken die Reallöhne. Die Arbeitsbedingun- gen werden immer schlechter. Die Lohnarmut wächst unaufhaltsam. Fast ein Drittel der Gesamtbeschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor. 1,24 Millionen Menschen müssen trotz Arbeit ihr Einkommen auf Hartz IV-Niveau aufstocken, 324.000 von ihnen sind vollzeitbeschäftigt.

Das kostet den Staat 50 Mrd. Euro. Leiharbeiter werden zusehends gegen Stammbelegschaften eingesetzt. Die Altersarmut wächst und eine Zwei-Klassen-Medizin durch- dringt unser Gesundheitssystem. Hartz IV-Haushalte und ihre Kinder werden in den Armutszonen gehalten. Der Zustand unseres Bildungssystems, unserer Verkehrswege, unserer Städte und Gemeinden, unserer Jugendeinrichtun- gen, Parkanlagen, Schwimmbäder und Kultureinrichtun- gen ist für eines der reichsten Länder der Welt zum Teil peinlich.

Damit nicht genug: Der Staat hat sich in den letzten 10 Jahren systematisch arm gemacht, weil er den Reichen und Vermögenden üppige Steuergeschenke machte. Folge:

insgesamt 305 Mrd. Euro Steuerausfälle für Bund, Länder und Kommunen. Folgekosten der Krise und konjunkturelle Einbrüche sind nicht eingerechnet. Die Bundesregierung ist mit dieser Klientelpolitik am Ende. 10 Jahre Bescheiden- heit hat uns nicht weiter gebracht, sondern die Gesell- schaft gespalten. Deshalb brauchen wir jetzt kräftige Lohnsteigerungen und eine funktionierende Verteilung des Wohlstands. Das Ende der Bescheidenheit ist der Anfang für den Aufbau eines modernen, gerechten und sozialen Wohlfahrtstaates.

Entwicklung der Wachstumsindikatoren der deutschen Wirtschaft 2000-2010 ( 2000=100)

80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180

2000 2003 2006 2009

Quelle: Statistisches Bundesamt

BIP Privater Konsum Staatsausgaben Bruttoinvestitionen Exporte Importe

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