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Neues Lehrbuch «Integrative Schmerztherapie»

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Academic year: 2022

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BÜCHER

178

ARS MEDICI 4 2012

Schmerzmedizin ist nicht exklusiv einem Fachbereich zugeord- net, sondern sie fusst auf dem bio-psycho-sozialen Krankheits- konzept und vereinigt deshalb zwangsläufig Mediziner und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen

im diagnostischen und therapeutischen Team. Ziel dieses Buches ist, das sinnvolle, sich zum Wohle des Patienten ergänzende Miteinander aufzuzeigen. Die Gliederung in drei Abschnitte – Grundlagen, Verfahren und Techniken sowie integrative Behandlungs- konzepte und Fallbeispiele – ist sinnvoll und bietet einen guten Überblick. Unvermeidlich ist bei einem Werk dieser Art die unterschied- liche Qualität der Beiträge.

In den Grundlagen wird ein schneller Wechsel zwischen anatomischem Aufbau und Funk - tionsmechanismen geboten; die Erklärungen von Mechanismen sind teilweise sehr detail- liert, aber ohne ausreichendes Wissensfun-

dament nur schwer verständlich. Die Aussagen zum Rücken- schmerz erscheinen wenig geordnet. Ein grosses Kapitel ist dem Aufbau und der Funktion des vegetativen Nervensystems gewidmet, was in anderen schmerzmedizinischen Lehrbüchern teilweise zu kurz kommt. Die Grundregulation ist gut dargestellt, die Verbindung zum Schmerz aber nicht unumstritten. Das Ka- pitel zur Pathophysiologie des Schmerzes ist hervorragend in inhaltlichem und strukturellem Aufbau, während das Kapitel Schmerzdiagnostik gute Ansätze bietet, aber letztlich un sys te ma- tisch, unvollständig und für den Unerfahrenen in der Schmerz - medizin verwirrend bleibt.

Der Abschnitt «Verfahren und Techniken» beginnt mit den Grundlagen zur medikamentösen Schmerztherapie. Der Wech- sel zwischen der Beschreibung einzelner Substanzen und Thera pie empfehlungen bei bestimmten Krankheitsbildern ist verwirrend, Hinweise zu aktuellen Leitlinien (zum Beispiel Langzeitopiattherapie) fehlen leider. Die intravenöse Therapie mit Ketamin ist in der Anästhesiologie sowie in der perioperati- ven, aber auch in der chronischen Schmerztherapie eine sinn- volle Option und sollte nicht als Ultima-Ratio-Therapie bezeich- net werden.

Im Abschnitt Interventionelle Schmerztherapien findet sich eine gute Übersicht über mögliche Therapieverfahren. Leider sind die Beschreibungen der Blockaden sehr kurz; es ist fraglich, ob eine solche Darstellung hilfreich ist. Ebenfalls vorgestellt wer- den Akupunktur, Neuraltherapie, andere Infiltrationsverfahren, manuelle Medizin, Trainingstherapie, physikalische Medizin bis zu Phytotherapie, Homöopathie und ausleitenden Verfahren. Gut ist die Darstellung der gesamten Bandbreite dieser Verfahren, die meisten werden zwar nur kurz, aber verständlich und gut fundiert dargestellt. Eine Bewertung der einzelnen Verfahren fehlt. Insgesamt nehmen die psychotherapeutischen Verfahren nur sehr wenig Raum ein, was der klinischen Praxis eher widerspricht.

Im Abschnitt «Integrative Behandlungskonzepte und Fallbei- spiele» werden im Kapitel Rückenschmerzen die Halswirbel- säule bis zu den Iliosakralgelenken abgehandelt; es ist damit überfrachtet. Gut ist die Darstellung der Un- tersuchungen und der Anamnese erhebung mit Bezug zur Pathologie und Anatomie. Die Ausführungen über Schmerzen im Schulter- bereich sind ebenfalls aus gewogen. Für die Ellenbogenschmerzen werden lediglich klas- sische Therapieverfahren (Schonung, physi- kalische Therapie bis zur Operation) erwähnt, man vermisst hier moderne Therapie kon - zepte wie «graded activity», progressive Mus- kelentspannung, die erweiterte Dia gnostik bei therapie resistenten Fällen und der Hin- weis auf Bezüge zur Fibromyalgie. Das Kapi- tel zur unteren Extremität liest sich wie die Kurz fassung eines orthopädischen Lehr - buchs mit Anhang alternativer Therapien, hier fehlt der integrative Ansatz (verschiedene Therapiemoda- litäten verschiedener Fachbereiche).

Die Abschnitte Zahnschmerzen und Kiefergelenk und kranio- mandibuläre Dysfunktion sind hervorragend; die psychothera- peutischen Ansätze fehlen jedoch, hingegen finden sich Aus- führungen zu unbewiesenen Zusammenhängen mit Beinlän- gendifferenzen.

Das komplexe regionale Schmerzsyndrom ist gut dargestellt, doch fehlt auch hier die psychische Dimension. In Kapitel Fibro- myalgie wird die Psychotherapie nur kurz erwähnt, die Trai- ningstherapie wird nicht auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand dargestellt und in nur drei Sätzen abgehandelt. Bei der Osteoporose fehlt der Hinweis auf die Physiotherapie, bei der Urologie fehlen Psychologie, Physiotherapie und die Möglichkei- ten der Lokalanästhesie.

Es ist den Herausgebern und dem Verlag zu danken, diese Her- kulesaufgabe angenommen zu haben. Leider werde die unter- schiedlichen Sichtweisen verschiedener Fachrichtungen zu wenig integriert, sondern eher nebeneinander dargestellt. So dürfte der Unerfahrene etwas ratlos sein angesichts der Fülle der Informationen. Der erfahrenere Schmerzmediziner oder - therapeut findet jedoch Anregungen und Hinweise für die eigene Praxis. In einer weiteren Auflage ist dem Buch eine Weiterent- wicklung zu wünschen.

Dr. med. André Ljutow, MSc

Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie,

Leitender Arzt am Zentrum für Schmerzmedizin, Nottwil

Lehrbuch Integrative Schmerztherapie. Von Lorenz Fischer und Elmar T. Peuker (Hrsg.).

621 Seiten; 162 Franken; ISBN: 3-8304-7382-6; Haug-Verlag Stuttgart, 2011.

BUCHBESPRECHUNG

Für Schmerztherapeuten

Neues Lehrbuch «Integrative Schmerztherapie»

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