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Tod und Andenken des Chalifen Jezid I.
VoD Ign. Goldzlher.
I.
Das fortlaufend erscheinende ausgezeichnete Werk H. Lammens'
über die Regierung des Omajjaden JezTd I. (Mölanges Beyrouth,
Bd. IV — V) bringt mir eine das Ende dieses Chalifen betreffende
schl'itische Version in Erinnerung.
Es ist nicht auffallend, wenn Schl'iten den ihnen .als Ver¬
ursacher des Märtyrertodes des 5usejn noch mehr als die anderen
Omajjaden verhaßten Jezid nicht eines so ruhigen Todes sterben
lassen woUen, wie dies in der allgemeinen historischen Überlieferung
geschieht, die übrigens auch von 'alidisch gestimmten Historikern i
rezipiert ist. Ihre Gesinnung fordert vielmehr im Sinne historischer Gerechtigkeit eine fürchterliche Ahndung des durch Jezid begangenen
Verbrechens. Er müsse des Feuertodes sterben, eine Antizipierung
des Höllenfeuers, dem er doch ohne Zweifel verfallen • ist. Es ist
ja ihre allgemeine Anschauung von der Regierung der Omajjaden,
daß das „Blut der heiligen Familie' während ihrer Regierungszeit
unablässig nach Rache rief. Am Morgen, der auf die Tötung des
Husejn folgte, fand man in Jerusalem frisches Blut unter jedem
Stein, den man von der Erde aufhob. Die Herrscher der Dynastie
selbst waren sich der bösen Folgen ihrer 'Alidenverfolgung bewußt.
Diese Überzeugung habe den 'Abdalmalik veranlaßt, dem grausamen
Wüten des IJag^äg b. Jüsuf Einhalt zu gebieten^).
1) Leidener Handschrift Amin, Nr. 271, fol. 6»: i\ft*Jt liUs
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140 Goldziher, Tod und Andenken des Chalifen Jezid I.
Ein Postulat dieser Anschauung ist nun auch die im folgenden
einem zejditischen Werke entnommene Fabel über den Tod Jezid's.
Der Verfasser ist der als zejditische Autorität bekannte Imäm al-
Mahdi li-din Alläh Ahmed b. Jahjä (st. 840/1437); das Werk^)
6 hat — wie aus fol. 34" der Handschrift Leiden, Amin Nr. 271,
die das Buch enthält *), ersichtlich ist — den vollen Titel : o^aSS^
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yjJl yy-^s^Äl! xjy:c5 ^ytlt syijtll. Hier wird fol. 3" die Todes¬
art des Jezid in folgender Weise erzählt. Der Chalif habe einen
10 seiner Vertrauten zu einem intimen Abendessen geladen und ihn
bei dieser Gelegenheit in sehr zuvorkommender Weise bedient.
Während des Mahles fragte der Gast in sehr eindringlicher Weise
den fürstlichen Gastfreund, ob er böse Folgen der Tötung des
5usejn erfahren habe. Der Chalif verneinte; es habe ihn nicht
16 nur kein Unheil betroffen, sondern alles gehe ihm vielmehr seither
nach Wunsch. Mittlerweile wollte Jezid das niedergebrannte Ende
des Lampendochtes entfernen , indem er es rnit seinem kleinen
Finger zerdrückte. Da ging das brennende Feuer der Lampe auf
seinen Finger, und als er es ausblasen wollte, ergriff es seine Lippen
20 und zog von da durch seinen ganzen Körper. Auf der Stelle ging
er durch Feuertod zu Grunde,
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1) Fehlt bei Brockelmann, Arab. Lit. II, 187; vgl. auch Strothmann, Der Islam, I, 362.
2) Vgl. Landberg, Catalogue de Manuscrits arabes provenant d'une Blblio- thfeque priv^e & El-Medina (Leide 1883) 83.
3) Cod. ^tyiJt. 4) Wohl zu lesen ^\ . 5) Cod. Jij^.
6) Cod. XAÄÄÄ. 7)
Goldaiher, Tod und Andenken des Chalifen Jezid I. 141
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Diese Version hält der Verfasser unter den verschiedenen
riwöjät über das Ende des Chalifen für die wahrscheinlichste.
II. 10
Wir ersehen aus dem vorangehenden Textstück, daß — frei¬
lich mit völliger Unbestimmtheit (,in einem der Werke des ö.,
dessen Titel, den unser Gewährsmann genau angab, uns während
der Abfassung [dieses Buches] zweifelhaft geworden ist") — Gazäli
als Quelle der Erzählung angegeben wird. Diese grundlose Berufung 18
ist jedoch als Moment der anderswoher bezeugten Erscheinung von
Interesse, daß die Zejditen dem G. Sympathien für ihre Partei
nachrühmen; er sei als Zejdit gestorben (btX-^j oLo)*). Hingegen
ist die Angabe, daß ö. die Verfluchung des Jezid mißbilligte, gut
begründet. Er hatte sich ja in einem besonderen Petwä, in dem so
er eine hierauf bezügliche Anfrage beantwortete , in einem dem
Andenken des JezTd nicht feindseligen Sinne ausgesprochen^). Diese
Gesinnung des (j. sowie die des ääfi'itischen Erzählers ist dem
Ahmed b. Jahjä um so auffallender, als sie ihm damit im Gegen¬
satz zu ihrer Säfl'itischen Norm zu stehen scheinen. Wenn auch «5
diese Annahme im allgemeinen berechtigt ist'), so kann sie dennoch
nicht als ausnahmslos gelten. Vgl. eine Auseinandersetzung darüber
1) So. 2) Cod. v^'b^,
3) Ich finde den Ort nicht in den zugänglichen geographischen Quellen;
vielleicht ist er identisch mit dem unklaren _lX.aJ1 (im Gebiete von bei Hamdänl ed. D. S. Müller, I, 106, 1.
4) Cod. obi^yS.
5) Bei E. Gritfini, Manoscritti arabi delta Biblioteca Ambrosiana I, 29, 6 v. u, (= Rivista degli Studi Orientali, 1911, 573).
6) Ibn Cballikän s. v. al-Kijä al-HarräsI (ed. Wüstenfeld V, 16), vgl.
ZDMG. 53, 646.
7) ZDMG. 56, 229, 3 v. u.; vgl. zur Frage Lammens, Le califat de Yazid 23 (Milanges Beyrouth IV, 255).
142 ' Ooldmher, Tod und Andenken des ChaUfen Jezid I.
bei A]jimed al-^irwänl'-) , wo der ääfi'itische Standpunkt mit den
Worten gekennzeichnet wird: ^^xlil jj~>- Jö Lu^lJo« JUjI {J^^
gJt Xuoftj. Im Anschluß hieran kann auch darauf hingewiesen
werden, daß auch im l^anbalitischen madhah, in welchem im all¬
gemeinen die Apologie der Omajjaden als der Vertreter der Sünna-
Kontinuität vorherrscht und folgerichtig auch das Andenken des
Jezid geschont' wird, sich Voten für die Schmähung des letzteren
kundgeben. Abu-l-farag ibn al-6auzl ist der hervorragendste Ver¬
treter dieser Anschauung*). Darüber belehrt uns auch das hier folgende
Siück aus den fabakät al-^^anäbila des 'Abdalra^^män ibn
Be^eb s. v. 'Abdalmugit b. Zuhejr al-Harbi (geb. ca. 500)*):
^)f, ti«,*,tt i_>iJ>L*o yo^ ^0uo Oy^j ^*MJ{ JLsj
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LLx^s u^Jö ^ v_AJüoj &AM ^.i t.i v:;:/ujm lXac '^I-^ iu^Lai/«
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ft^AS y'Äs QxJÜt oLs^^ Q-H^ LLäT uäjLm} yy*'"^ ^ysLäJl
yv-tL^I qjl! xaJ Ljt iX,j>! j. A*js-t ^^^5' yöj JojJ
^yoLäU ^3 tXäj [jJjLA f-y*i [j'^ xU>
e)' L?^' j^ls »JL-it »l\j> j o-*s>\ ^LotiS! (joj-ioi j>.*Ä*It
liLä XAÜi!! ^^s^A*aJ! ^ -ia^. ^^j»5
iXac goulJ! ,_^-iJiJ iX*»-! ^Lo^t ^ »_,L)j ^j Ujj üJ! ^_gJ
lXT! ^Lobl! JOc «5Jj (5 »Lsti y>flLüi iLÄAjJ. ^t, «i^joii!
1) Hadlkat al-afräh li-iz&hat al-atrSh (BülSk 1282) 168. Der Verfasser selbst, sowie der von ihm zitierte Sa'd al-dTn al-Taftazäni lassen dem Namen JezTd's kräftige Flucbformeln folgen.
2) Vgl. im Einzelnen ZDMO. 53, 646 Anm. 2.
3) S. die Leidener Hs. 'Warner 959, Katalog, 2. Aufl., II, 58.
4) Handschrift der Leipziger Universitätsbibliothek, Völlers, Nr. 708, fol. 79 ».
5) Vgl. JRAS. 1904, 273 (Amedroz). 6) Brockelmann I, 503, Nr. 16.
Goldziher, Tod und Andenken des Chalifen Jezid 1. 143
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^1 xiL^ ^' er y=i-} ^ ii >iy:i e5;>^ O^' ^^'^
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«Jüt f.^;9 ijy^'-'flJl er* vi**»it g>*iJi
1 5
144
Noch einmal Al| TTjv {*,axaipav.
Von Dines Andersen.
Als ich vor kurzem mit einer Untersuchung der indischen
Verba Y kal und ut-Ykal (hinausvrerfen , hinausschmeißen) und
ihrer Derivate^) beschäftigt war, vrarde meine Aufmerksamkeit
nochmals von der interessanten Geschichte von dem Bock und
5 dem Messer (Jätaka Nr. 481, Vol. IV, p. 281) gefesselt. Die
Leser dieser Zeitschrift werden sich erinnern, daß diese Geschichte
eine Reihe von gelehrten Abhandlungen hervorgerufen hat; s. be¬
sonders ZDMG. Bd. 43, 44, 46, und zuletzt 47, 86 ff. (Pischel), wo
auf die obengenannte Jätaka-Erzählung zur Lösung der schwierigen
10 Fragen hingewiesen wurde. Ich beabsichtige hier nicht auf die
vielen Einzelheiten jener Abhandlungen näher einzugehen , sondern
nur einen neuen Vorschlag zur Übersetzung desjenigen Mahä¬
bhärata-Verses zu geben, der damals eine Crux der Philologen war
und auch später unbefriedigend erklärt geblieben ist. Wie man nun
16 auch die grammatischen Schwierigkeiten des genannten Verses
(Mhbh. II, 2193 [C] = 66, 8 [B]) erklären möge, so bleibt doch
immer klar, daß sein Sinn kurz und bündig folgendermaßen aus¬
gedrückt werden kann : Man darf sich nicht mit allzu gefährlichen
Gegnern in Kampf einlassen, denn es geht einem sonst wie in der
20 Geschichte vom Bock mit dem Messer, das er verschlingen wollte,
und das ihm im Halse stecken blieb, sodaß er eine schlimme Ver¬
wundung erleiden mußte. Dieses und nichts mehr, glaube ich, ist
wirklich auch durch die Worte des Textes deutlich ausgesprochen ;
es gilt bloß die richtige grammatische Erklärung zu finden. Ich
25 gebe gleich hier meine Übersetzung :
Ein Bock wollte (einmal) , sagt man, ein Messer verschlingen ;
als (aber) das Messer mit der Spitze unten im Rachen verkehrt
kam, wurde seine Kehle schrecklich zerfleischt.
1) Die Resultate dieser Untersuchung, die durch den Aufsatz von J. Hertel („Die angebliche Wortfamilie utkaläpana, etc.", Idg. Forsch. XXIX , 215) ver¬
anlaßt wurde, werden demnächst in der Übersiebt der Verbandlungen d. K. dän.
Ges. d. Wiss. erscheinen.
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