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7 4 . D e r c h i r u r g i s c h e E n t s c h e i d u n g s p r o z e B W . L o r e n z A b t e i l u n g f o r T h e o r e t i s c h e C h i r u r g i e , Z e n t r u m f o r O p e r a t i v e M e d i z i n I , P h i l i p p s - U n i v e r s i t ~ i t

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Academic year: 2022

Aktie "7 4 . D e r c h i r u r g i s c h e E n t s c h e i d u n g s p r o z e B W . L o r e n z A b t e i l u n g f o r T h e o r e t i s c h e C h i r u r g i e , Z e n t r u m f o r O p e r a t i v e M e d i z i n I , P h i l i p p s - U n i v e r s i t ~ i t"

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Langenbecks Arch Chir 364 (Kongrel3bericht 1984)

Langenbecks Archiv for Chirurgie

© Springer-¥erlag 1984

74. Der chirurgische EntscheidungsprozeB

W. Lorenz

Abteilung for Theoretische Chirurgie, Zentrum for Operative Medizin I, Philipps-Universit~it, Robert- Koch-Stral3e 8, D-3550 Marburg/Lahn

The Procedure for Surgical Decision-Making

Summary. Surgical decision-making procedures can be illustrated as flow charts or de- cision trees in standard situations. As an example acute appendicitis is shown includ- ing techniques of how the methods of medical decision-making are applied in routine conditions. In single patients the possibility must exist to apply the very complex pro- cedure of intuition and art of medical decision-making. However, a quantitative assess- ment of standard situations should help to improve surgical care especially in the hands of the younger, less experienced surgeon.

Key words: Decision procedure - Decision tree - Art of decision-making - Computer- aided diagnosis.

Zusammenfassung. Chirurgische Entscheidungsprozesse lassen sich in Standardsitua- tionen durch Flul3diagramme oder Entscheidungsb~iume darstellen. Am Beispiel der akuten Appendicitis wird ein Entscheidungsbaum dargestellt und an ihm erl~tutert, wie das Verfahren in der Praxis durchgefiihrt wird. Am einzelnen Patienten muB unbe- dingt Raum fiir Entscheidungskunst bleiben, aber eine quantitative Erfassung von Standardsituationen sollte helfen, den jungen Kliniker eher als bisher an die hohe Trefferquote des erfahrenen Chirurgen heranzuftihren.

Schliisseiw~Jrter: EntscheidungsprozeB - Entscheidungsbaum - Entscheidungskunst - Computerunterstiitzte Diagnose.

1. Entscheidungsbaum - Entscheidungskunst

Beim Eintritt des Patienten in eine Chirurgische Klinik beginnt der chirurgische Entschei- dungsprozeB. Der Kranke wird im konkreten Sinne des Wortes angesehen, er wird befragt, untersucht und dann wird entschieden:

• Mul3 ich sofort operieren?

• Brauche ich weitere Untersuchungen?

• Mul3 oder kann ich noch abwarten?

• Mul3 oder kann ich den Patienten konservativ behandeln?

• D a r f o d e r kann ich den Patienten nach Hause schicken?

Manche Entscheidungsprozesse sind sehr kurz. Der schwere Blutungsnotfall, z.B. in der Abdominalchirurgie, verlangt eine fri~he Operation [1]. Andere Entscheidungsprozesse sind sehr langwierig, z.B. die Relaparotomie beim Risikopatienten, und immer wieder ste- hen die Fragen an: Brauche ich weitere Untersuchungen, muB oder kann ich noch abwar- ten? Zwei Formen der chirurgischen Entscheidungsfindung stehen sich dabei scheinbar gegent~ber:

• Entscheidungsstrukturen

• Entscheidungskunst

(2)

404

Erstere werden qualitativ als Flul3diagramme (flow-charts) [2] oder quantitativ als Ent- scheidungsb/iume [3] dargestellt und liefern for Standardsituationen Zahlen fiir die Ent- scheidungsfindung.

Letztere bestehen in der Fiihigkeit des einzelnen Chirurgen, in einer komplexen oder ungew/3hnhchen Situation aufgrund pers6nlicher Erfahrung, Wissen und kritischer Wer- tung bewul3t und intuitiv die durch den Erfolg sich beweisende richtige Entscheidung zu treffen. Entsprechend bew~ihrt sich die Entscheidungskunst vor allem am individuellen ,,schwierigen" Fall.

Analysiert man aber die Entscheiungskunst, so erkennt man immer, dab in ihr unbe- wu/3t Entscheidungsprozesse ablaufen, die sich auch in umfangreichen Entscheidungsbliu- men darstellen lassen. Deshalb sind Entscheidungskunst und Entscheidungsstrukturen nut scheinbar Gegensiitze. Der jtlngere und unerfahrenere Arzt kann sich durch Methoden der medizinischen Entscheidungsfindung sogar erfolgreich der Trefferquote des erfahrenen Oberarztes oder Chefs n/ihern [4]. Dies spricht ft~r die Einfiihrung der medizinischen Ent- scheidungsfindung in der Chirurgie, z. B. beim akuten Abdomen [4].

2. Beispieh Akute Appendicitis

Zur Veranschaulichung der medizinischen Entscheidungsfindung mit Entscheidungsb~iu- men sei das Beispiel der akuten Appendicitis gew~ihlt (Abb. 1).

Gew6hnlich startet ein Entscheidungsbaum ganz links mit einem Entscheidungskno- ten (Viereck!): In diesem werden die M6glichkeiten der Entscheidung vorgeschlagen, die ein einzelner Chirurg, eine Klinik, eine chirurgische Schule oder die gesamte Vereinigung aller Chirurgen akzeptieren. Darauf folgen Zufallsknoten (Kreise), yon denen die m6gli- chen Ergebnisse der Entscheidung ausgehen (Prognose, outcome). Diese sind zun~chst einmal Perforation, Entztindung oder ein akutes Abdomen mit anderen Ursachen als der einer akuten Appendicitis. Das daraus folgende Hauptergebnis ist es aber, ob die Patien- ten aufgrund ihres Krankheitszustandes letztendlich am Leben bleiben oder sterben (Abb.

2). Dieses Endresultat z~ihlt und llil3t sich aus der Krankenhausstatistik individuell errech- nen. Je nachdem, wie hoch der Anteil an verstorbenen oder iiberlebenden Patienten bei den 4 Verfahren in Abb. 1 ist, wird man fiir seine Klinik das entsprechende Vorgehen w~ih- len und kann damit den Erfolg der Behandlung optimieren.

Entscheidung jetzt : OPeration / PA

- - 0 ~ - - EA

~ jetzt: Nicht ooerieren ! O ( ASA pA

/ /

EA ASA

//~Wa~en 6 Std; schlechter 0 / - - PA

I / o ~ . . . , w / \ ~ ASA

[]( L. d L,o ,,.,o, o

EA

ASA

- - PA

~ - - b ... O ( EA PA ASA

\ Warren 6 Std; schlechter , 0 / / -

\ Operknewenn / X EA ASA

\ Patkmt scNecht~! / - - PA

O ~ g,eich O ~ EA

ASA

besser 0 - - EA

ASA

Abb. 1. Entscheidungsbaum fiir die chir- urgische Behandlung bei m6glicher akuter Appendicitis. Erkliirung der Zeichen s. Text. Aus [3]. ASA, akutes Abdomen ohne Appendicitis; PA, perforierter Ap- pendix; EA, entziindliche Appendicitis

(3)

405

°\

~ I Entz0ndet (EA)~ /

°\

Endresultat

(97) ]

Oberleben

(3,0) [

Tod

(99,8) I (Jberleben (0,2) [

Tod

(99,9) [

Oberleben

(0,1) I

Tod

Abb. 2. Entscheidungsbaum mit eingezeichneten Wahrscheinlichkeiten eines guten oder schlechten Behandlungsergebnisses bei chirurgischer Therapie einer mOglichen akuten Appendicitis. Wahr- scheinlichkeiten in % (in Klammern). ASA, akutes Abdomen ohne akute Appendicitis etc. (s. Abb. 1).

Die Bedingungen gelten for: Entscheidung jetzt: Operation! Man legt zun~ichst die relativen H~iufig- keiten (Clberlebensraten, Sterberaten) ganz rechts fest. Dann tr~igt man die relativen H~iufigkeiten far die links gelegenen Verzweigungen ein und errechnet durch Multiplizieren und Addieren (gewichte- tes Mittel) die in den Sprechblasen angegebenen Letalit~iten. Ganz links erh~ilt man so die Gesamt- letalit~it ftir die Entscheidung ,,sofort operieren". Errechnet man die Gesamtletalit~it far die Obrigen Arme in Abb. 1, so kann man diese untereinander vergleichen und ftir die Zukunft sich ftir das Vorge- hen entscheiden, das die niedrigste Letalit~it aufweist

3. Strategie der chirurgischen Arbeitsgemeinschaft fdr klinische Studien (CAS)

Die CAS [5] anerkennt voll die Notwendigkeit, dal3 beim einzelnen Patienten unbedingt R a u m fiir die Entscheidungskunst gelassen werden mul3. Mit Methoden medizinischer Entscheidungsfindung, wie Entscheidungsmatrix, R O C K u r v e n und Entscheidungsb~iu- m e n [6] sollen aber Zahlen f't~r die chirurgische Entscheidungsfindung bei Standardsitua- tionen geliefert werden, die vor allem den jt~ngeren Klinikern erlauben, sich in Diagnose, Operationsindikation, Operationsverfahren und -technik immer wieder hinsichtlich Rich- tigkeit und Erfolg zu prtifen. Eine Versachlichung des Behandlungserfolges macht ihn bes- ser lehrbar und sollte deshalb Auswirkungen direkt a u f d i e Standards in der Chirurgie ha- ben.

Literatur

1. St61tzing H, Thon K, Ohmann Ch, Lorenz W, ROher H-D (1984) Notfallendoskopie und chirur- gische Taktik bei der Ulcusblutung: Ergebnisse einer prospektiven klinischen Studie. Langenbecks Arch Chir (Suppl) Chir Forum 155-158

2. Hobsley M (1979) Pathways in surgical management. Edward Arnold Ltd, London, pl-343 3. Weinstein MC, Fineberg HV (1980) Clinical decision analysis. WB Saunders, Philadelphia London

Toronto, p 1-351

4. De Dombal FT (1979) Diagnose und Operationsindikation bei der akuten Appendicitis: Wieviele ,,IrrtOmer" sind unvermeidlich? Chirurg 50:291-296

5. Lorenz W (1984) Chirurgische Arbeitsgemeinschaft for klinische Studien (CAS) der Deutschen Ge- sellschaft ~ r Chirurgie: Welche Erfahrungen wurden in den ersten vier Jahren gemacht? In: Rho- de H, Troidl H (Hrsg) Das Magenkarzinom. Thieme, Stuttgart New York, S 1-8

6. Lorenz W, R6her HD (1983) Entwicklung wissenschaftlicher Aussagen. In: Schreiber HW, Car- stensen G (Hrsg) Chirurgie im Wandel der Zeit 1945-1983. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 28-35

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