Karlsruher Institut f¨ur Technologie Institut f¨ur Theorie der Kondensierten Materie Moderne Theoretische Physik III (Theorie F – Statistische Mechanik) SS 17
Prof. Dr. Alexander Mirlin Musterl¨osung: Blatt 5
PD Dr. Igor Gornyi, Janina Klier Besprechung: 26.05.2017
1. Entropie des Boltzmann-Gases: (8+6=14 Punkte) Betrachten Sie ein System von N nichtwechselwirkenden ununterscheidbaren Teilchen (ohne interne Freiheitsgrade) im dreidimensionalen Raum (Volumen V). Nehmen Sie an, dass die GesamtenergieE des Gases erhalten bleibt.
(a) Ausgehend von der mikrokanonischen Gleichgewichtsverteilung leiten Sie die Entro- pie S(U, V, N) des idealen Gases im klassischen Limes her.
L¨osung:
Die mikrokanonische Verteilungsfunktion ist durch
ρ(~x) =
1
Σ(E)∆E, E < H(~x)< E+ ∆E,
0, sonst
gegeben. Hier ist Σ(E) die (2N D−1)-dimensionale Oberfl¨ache konstanter Gesamt- energie einer 2DN-dimensionalen Kugel. Bei einem klassischen nichtrelativistischen idealen Gas mit N Teilchen gilt f¨ur die Gesamtenergie:
H =
N
X
i=1
~ pi2 2m
Im Folgenden werden wir das Volumen Ω(E) und daraus mit Σ(E) = dΩ(E)/dE die Oberfl¨ache (f¨urD= 3) berechnen. Das Volumen Ω(E) einer 6N-dimensionalen Kugel im Phasenraum lautet:
Ω(E) = 1 N!
Z N Y
i=1
d3pid3qi (2π~)3 Θ
N
X
i=1
p2i 2m −E
! .
Der Faktor 1/N! ber¨ucksichtigt die Ununterscheidbarkeit der Teilchen.
Die Integration ¨uber die Ortskoordinaten f¨uhrt zu dem FaktorVN. Die verbleibende Integration im Impulsraum wird analog zu Aufgabe 2b Blatt 4 in Kugelkoordinaten ausgef¨uhrt. Mit der radialen Koordinate p=
q PN
i=1p2i dies f¨uhrt zu Ω(E) = VN
N!(2π~)3N Z
d3NpΘ p2
2m −E
= VN
N!(2π~)3N σ3N
√ 2mE
Z
0
dpp3N−1, wobei die Oberfl¨ache einer Einheitskugel im n-dimensionalen Raum durch
σn = 2πn/2
Γ(n/2) (1)
gegeben ist (s. Aufgabe 2 Blatt 4 und die Bemerkung unten). Daher erhalten wir Ω(E) = VN
N!(2π~)3N
2π3N/2(2mE)3N/2 3NΓ 3N2 . Die (6N −1)-dimensionale Oberfl¨ache lautet nun
Σ(E) = VN N!Γ 3N2
mE 2π~2
3N2 1 E. Die Entropie S(E, V, N) kann aus
S=−kBhlnρi
berechnet werden. Zudem kann man im thermodynamischen Limes großer N die Stirling-Formel (Aufgabe 1 Blatt 1) und mit der Definition der Gammafunktion
¨uber die Fakult¨at die N¨aherung Γ
3N 2
≈ 3N
2e 3N2
mit der Eulerschen Zahl e verwenden. Dies f¨uhrt zu S =−kBln
1 Σ(E)∆E
≈
|{z}
N1
N kBln 8V (πmE)3/2 33/2(2π~)3N5/2
! + 5
2N kB. (2) Bemerkung:
Man kann die Oberfl¨acheσneiner Einheitskugel imn-dimensionalen Raum mit Hilfe der Integrale der Funktion
f(z1, . . . , zn) = exp −12
n
X
i=1
zi2
!
in kartesischen Koordinaten und in Kugelkoordinaten bestimmen:
Z
f dVn =
n
Y
i=1
Z ∞
−∞
exp −12zi2 dzi
= (2π)n2, (3)
Z
f dVn = σn Z ∞
0
dr rn−1exp −12r2
=
|{z}
t=r2/2
2n−22 σn Z ∞
0
e−ttn−22 dt
| {z }
Γ(n/2)
. (4)
Vergleichen liefert Gl. (1), wobei Γ(x) die Eulersche Gammafunktion ist.
(b) Aus S(U, V, N) finden Sie die Temperatur, den Druck und das chemische Potential.
L¨osung:
Wir gehen aus von der Entropie, Gl. (2), die wir in Aufgabe 1(a) berechnet haben.
Im mikrokanonische Ensemble ist die innere Energie festgelegt: U = E. Also gilt f¨ur die Funktion S offensichtlich S =S(U, V, N). Dann benutzen wir die
”thermo- dynamische Fundamentalbeziehung“:
T S = U + pV − µN ⇒ S = U + pV − µN T
Wir berechnen das Differential dS = ∂S
∂U V,N
dU + ∂S
∂V U,N
dV − ∂S
∂N V,U
dN = 1
TdU + p
TdV − µ TdN damit erhalten wir dann:
1
T = ∂S
∂U V,N
= 3 2
N kB
U ⇒ T = 2E
3N kB, p
T = ∂S
∂V U,N
= N kB
V ⇒ p = N kBT V = 2
3 E V und:
µ
T = − ∂S
∂N U,V
=−kBln 8V (πmE)3/2
33/2(2π~)3N5/2 ⇒ µ=−E
N ln mkBE 3π~2kBN(N/V)2/3
⇒ µ=−3kBT
2 ln mkBT 2π~2n2/3, wobei wir die Dichten =N/V gesetzt haben.
Wir haben also jeweils f¨ur die Temperatur und den Druck die ideale Gasgleichung reproduziert, wobei wir von der statistischen Definition der Entropie ausgegangen sind.
2. Harmonischer Oszillator: (8+8=16 Punkte)
(a) Betrachten Sie den eindimensionalen harmonischen Oszillator mit der klassischen Hamilton-Funktion
H = p2
2m +mω2q2 2 . Ausgehend vom kanonischen Zustandsintegral,
Z =
Z dqdp 2π~ e−βH,
berechnen Sie (i) die freie Energie, (ii) die Entropie, (iii) die innere Energie und (iv) die spezifische W¨arme als Funktionen der Temperatur.
L¨osung:
Zustandsintegral:
Z =
Z dqdp 2π~
e−βH= 1 2π~
Z
dp e−2mβ p2
| {z } (2πmβ )1/2
Z
dq e−βm2ω2q2
| {z }
2π
βmω2
1/2
⇒ Z = kBT
~ ω .
Damit erhalten wir
F =−kBTlnZ ⇒ F =−kBT lnkBT
~ω S =−∂F
∂T ⇒ S =kBlnkBT
~ω +kB U =F +T S ⇒ U =kBT
cV = ∂U
∂T
V
⇒ cV =kB
(b) Wiederholen Sie die unter (a) durchgef¨uhrten Berechnungen f¨ur den quantenme- chanischen Fall,
Hˆ =~ω
ˆ a†aˆ+1
2
indem Sie von der kanonischen Zustandssumme Z =
∞
X
n=0
e−βEn,
ausgehen. Diskutieren Sie die innere Energie und die spezifische W¨arme f¨ur hohe und tiefe Temperaturen.
L¨osung:
Z =
∞
X
n=0
e−β~ω(n+1/2) =e−β~ω/2 1
1−e−β~ω ⇒ Z = 1
2 sinh (β~ω/2)
F =−kBT lnZ ⇒ F =kBTln
2 sinh ~ω
2kBT
S =−∂F
∂T ⇒ S =−kBln
2 sinh ~ω
2kBT
+~ω 2T coth
~ω 2kBT
U =F +T S ⇒ U = ~ω 2 coth
~ω 2kBT
cV = ∂U
∂T
V
⇒ cV = 1 kB
~ω 2T
2
1 sinh2
~ω 2kBT
T → ∞ : U =kBT, cV =kB (wie klassisch)
T →0 : U = ~ω
2 (Nullpunktsenergie)
cV = 1 kB
~ω 2T
2
exp
− ~ω kBT
∝ ∆2 T2 exp
− ∆ kBT
, ∆ = ~ω = Energiel¨ucke.
3. Schwankungen im großkanonischen Ensemble: (10 Punkte) Beweisen Sie die folgende Relation f¨ur die Kleinheit der Energie- und Teilchenzahl- schwankungen im großkanonischen Ensemble:
ph(∆E)2i hEi ∝
ph(∆N)2i hNi ∝ 1
√N →0.
Hinweis: analog zum Beweis f¨ur Energieschwankungen im kanonischen Ensemble aus der Vorlesung k¨onnen Sie hier h(∆N)2i auch als eine Ableitung eines entsprechenden Mittelwertes darstellen.
L¨osung:
Zustandssumme:
ZG(T, µ, V) = X
α
e−β(Eα−µNα) U =hEi= 1
ZG X
α
Eαe−β(Eα−µNα), N =hNi= 1 ZG
X
α
Nαe−β(Eα−µNα). Schwankung der Teilchenzahl:
∂ZG
∂µ
β
= βX
α
Nαe−β(Eα−µNα) ⇒ 1 Z
∂ZG
∂µ
β
=βhNi 1
Z
∂2ZG
∂µ2
β
= β2hN2i β
∂hNi
∂µ
β
= 1
Z
∂2ZG
∂µ2
β
− 1 Z2
∂ZG
∂µ 2
β
=β2hN2i −(βhNi)2
⇒ h(∆N)2i = 1 β
∂hNi
∂µ
β
=kBT ∂N
∂µ
T ,V
µ– intensive Gr¨oße ⇒
∂N
∂µ
T ,V
∝N ⇒ h(∆N)2i ∝N, (5)
⇒
ph(∆N)2i hNi ∝ 1
√N →0. (6) Schwankung der Energie:
Es ist sinnvoll, β und βµ als unabh¨angige Variablen zu betrachten:
ZG=ZG(β, βµ, V) =X
α
e−βEα+βµNα. Dann
1 ZG
∂ZG
∂β
βµ
=−hEi , 1 Z
∂2ZG
∂β2
βµ
=hE2i.
⇒ h(∆E)2i=−
∂hEi
∂β
βµ
=− ∂U
∂β
βµ,V
=kBT2 ∂U
∂T
µ T,V
.
U =hEi ∝N ⇒ h(∆E)2i ∝N, (7)
⇒
ph(∆E)2i hEi ∝ 1
√N →0. (8)