Gesundheitskarte
Fortschritte bei Testvorhaben
Ulla Schmidt: Verträge für Testregionen noch im März
N
och im März 2006 sollen die Verträge zwischen der Betriebsgesellschaft gematik und den Testregionen zur Ein- führung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) un- terzeichnet werden. Das be- tonte Bundesgesundheitsmi- nisterin Ulla Schmidt bei ei- ner Demonstrationsveranstal- tung des rheinland-pfälzi- schen eGK-Modellprojektes im Krankenhaus der Barm- herzigen Brüder in Trier. „Das Telematikprojekt wird die Strukturreformen im Gesund- heitswesen als wesentliches Element begleiten“, sagte Schmidt. Dabei sei der Da- tenschutz Kernbestand der Akzeptanz der Karte. Acht Bundesländer hatten sich als Testregion beworben. Nach Einschätzung des Ministeri- ums könnten erste größereTestläufe mit bis zu 10 000 Versicherten bereits Ende des zweiten Quartals beginnen.
Bei positivem Verlauf sollen diese in der zweiten Jahres- hälfte auf bis zu 100 000 Teil- nehmer ausgeweitet werden.
In Rheinland-Pfalz neh- men zurzeit 750 Versicherte, 50 Haus- und Fachärzte sowie zwei Krankenhäuser an dem Telematikprojekt teil, das die Landesregierung mit 780 000 Euro fördert. Der Schwer- punkt liegt auf der Erpro- bung der arztgeführten, sek- torübergreifenden elektroni-
schen Patientenakte vita-X.
Darüber hinaus beteiligt sich die Landesärztekammer als eine von fünf Kammern auch an den Ausgabepiloten des elektronischen Arztauswei- ses, bei denen Beantragung, Produktion und Ausgabe der künftigen Heilberufsauswei- se getestet werden. KBr
GKV-Finanzen
Linke kritisieren Schmidt
Linkspartei glaubt nicht an baldige Entschuldung der Krankenkassen.
N
ach Meinung der Links- partei interpretiert Bun- desgesundheitsministerin Ul- la Schmidt (SPD) den von ihr vorgelegten Finanzabschluss der Gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV) für 2005 absichtlich falsch. So wider- sprach der gesundheitspoliti- sche Sprecher der Bundestags- fraktion „die Linke“, FrankSpieth, der Aussage Schmidts, die Nettoverschuldung in der GKV sei 2005 vollständig ab- gebaut worden.
Vor allem die Betriebskran- kenkassen, Teile der Innungs- krankenkassen und die Tech- niker Krankenkasse hätten den Löwenanteil der Über- schüsse erwirtschaftet. Diese hätten aber nur einen Markt- anteil von 30 Prozent. Damit sei klar, dass die finanzielle Konsolidierung an den großen Krankenkassen im Wesentli- chen vorbeigegangen sei.
Spieth forderte die Ministe- rin auf, die Reform des Risi- kostrukturausgleichs voranzu- treiben und diesen krankheits- orientiert auszugestalten. Eine weitere Vertagung führe im nächsten Jahr zu einem finan- ziellen Desaster bei AOK, Barmer und anderen Kassen.
Durch einen überraschend hohen Jahresüberschuss der rund 200 Betriebskrankenkas- sen von rund 900 Millionen Euro fiel das Gesamtergebnis der GKV mit einem Über- schuss von knapp 1,8 Milliar- den Euro besser aus als erwar- tet. Ein Jahr zuvor betrug das Plus jedoch noch rund vier Milliarden Euro. SR A K T U E L L
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 11⏐⏐17. März 2006 AA657
Depression
Protein erklärt den Serotonin-Mangel
E
ine internationale Gruppe von Hirn- forschern aus den USA, Frankreich und Schweden hat ein Eiweiß entdeckt, das vermutlich eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Depression spielt.In Science (2006; 311: 77–80) beschrei- ben sie das Protein „p11“, das für die Bereitstellung von Serotoninrezepto- ren am synaptischen Spalt verantwort- lich ist. Dass Serotonin eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Depressi- on spielt, wird bereits durch die Wir- kung der selektiven Serotonin-Reup- take-Inhibitoren (SSRI), den heute be- vorzugten Antidepressiva, deutlich.
Diese Mittel bewirken im synaptischen Spalt eine künstliche Vermehrung des Neurotransmitters Serotonin, was zu
vermehrten Signalen an den Serotonin- Rezeptoren am postsynaptischen Spalt führt. Von den 14 bekannten Seroto- nin-Rezeptoren ist vor allem der Re- zeptor „1B“ für die Vermittlung von Gemütsregungen verantwortlich. Ein Mangel an diesem Rezeptor führt zur Depression. Der Rezeptor spielt aber auch bei Zwangsstörungen, Drogenab- hängigkeit, Angst und Aggression eine Rolle. Auch das Schlafverhalten wird durch ihn beeinflusst.
E
in Team um den Medizin-Nobel- preisträger Paul Greengard (Jahr 2000) von der Rockefeller-Universität in New York sucht seit einiger Zeit nach den Gründen für einen Mangel an 1B-Rezeptoren. Dabei ist es auf das Protein p11 gestoßen. Dieses Protein steht in enger Beziehung zu dem 1B- Rezeptor, dessen Mangel zur Depressi- on führt. Bei Tieren kommt es nach der Gabe von trizyklischen Antidepressiva zu einer gesteigerten Bildung von p11.Der gleiche Effekt trat nach der Gabe von MAO-Inhibitoren oder einer Elek- troschockbehandlung auf. Dass diese drei Therapien, die sehr unterschiedli- che Ansatzpunkte haben, den gleichen Effekt auf p11 hatten, spricht dafür, dass das Molekül eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Depression hat.
D
ie Forscher konnten auch Gehirne von Menschen untersuchen, die zu Lebzeiten an Depressionen gelitten hatten. Sie fanden einen Mangel an p11. Bei gentechnisch veränderten„knock-out“-Mäusen wurde das p11 ausgeschaltet. Die Tiere zeigten ein de- pressives Verhalten. Bei anderen Mäu- sen wurde die Expression von p11 ge- steigert. Diese Tiere verhielten sich, als ob sie eine hohe Dosis SSRI erhalten hatten. Mit den Erkenntnissen rückt ein neues Molekül ins Zentrum der Forschung. Ob sich daraus Ansatz- punkte für neue Behandlungen erge- ben, bleibt abzuwarten. Rüdiger Meyer Akut
Schmidt: Datenschutz ist Kern- bestand der Akzeptanz der eGK.
Foto:dpa