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Im Bereich der Polizei wurden die Sicherheitsmängel durch den Grossen Rat erkannt und die not- wendigen Bestandserhöhungen eingeleitet

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Sitzungstitel7 2014.RRGR.1163 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Mittwoch (Nachmittag), 3. Juni 2015

Polizei- und Militärdirektion

27 2014.RRGR.1163 Postulat 245-2014 Burkhalter (Rümligen, SP) Stellenbestand im Bereich Freiheitsentzug und Betreuung

Vorstoss-Nr.: 245-2014 Vorstossart: Postulat Eingereicht am: 18.11.2014

Eingereicht von: Burkhalter (Rümligen, SP) (Sprecher/in)

Weitere Unterschriften: 0

RRB-Nr.: 584/2015 vom 13. Mai 2015 Direktion: Polizei- und Militärdirektion

Stellenbestand im Bereich Freiheitsentzug und Betreuung

Der Regierungsrat wird gebeten, dem Grossen Rat einen Bericht zu folgenden Bereichen vorzule- gen:

1. Wie wird mit dem bestehenden Stellenbestand im Bereich Freiheitsentzug und Betreuung die Sicherheit der Bevölkerung sichergestellt?

2. Wie werden mit dem bestehenden Stellenbestand im Bereich Freiheitsentzug und Betreuung die Betreuung, die Wiedereingliederung (Resozialisierung und Reintegration) der Insassen gemäss den gesetzlichen Anforderungen und den Bestimmungen des Strafvollzugskonkordats der Nord- west- und Innerschweiz sichergestellt?

3. Wie hoch ist der Ist- und der Sollbestand des Personals in allen Bereichen (Anstalten, Gefäng- nissen, Bewachungsstation, Transportdienst und weiteren Dienststellen) und welche Massnah- men sind getroffen und in Aussicht genommen worden, um die Situation nachhaltig zu verbes- sern?

4. Welche Massnahmen müssen getroffen werden, um die Stellung, die Ausbildung und die Rekru- tierung des Personals zu verbessern?

Begründung:

Der Kanton Bern hat im Bereich des Straf- und Massnahmenvollzugs eine starke Stellung in der Schweiz und weist ein hohes qualitatives Niveau auf. Einige Zwischenfälle lassen aber vermuten, dass durch die notorischen Unterbestände im Personalbereich die Sicherheit der Bevölkerung und die Betreuung der Insassen nicht vollumfänglich sichergestellt werden können. Zudem sind die Ar- beitsbedingungen des Personals durch die Unterbestände belastend, die Zeitguthaben zunehmend und die Rekrutierung tendenziell schwieriger.

Im Bereich der Polizei wurden die Sicherheitsmängel durch den Grossen Rat erkannt und die not- wendigen Bestandserhöhungen eingeleitet. Im Bereich des Straf- und Massnahmenvollzugs ist das Bewusstsein der politischen Instanzen aber noch nicht im gleichen Masse gegeben, obwohl im Ex- pertenbericht Werren aus dem Jahr 2010 auf die Unterbestände hingewiesen worden ist. Dies hatte auch zur Folge, dass offensichtlich dringlich zu schaffende Stellen im Rahmen der ASP- Massnahmen nicht besetzt werden können.

Antwort des Regierungsrats

Der Straf- und Massnahmenvollzug wurde in den Richtlinien zur Regierungspolitik 2011–2014 als

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wichtiges Element zur Erhöhung der objektiven wie subjektiven öffentlichen Sicherheit aufgeführt.

Das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung (FB) der Polizei- und Militärdirektion hat denn auch in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um dem Qualitätsziel «Sicherheit auf ho- hem Niveau» zu entsprechen. Wo mit baulichen Massnahmen die Sicherheit nachhaltig erhöht wer- den konnte, wurden die entsprechenden Massnahmen umgesetzt oder zumindest eingeleitet. Mit rein baulichen Massnahmen kann die geforderte Sicherheit jedoch nicht umfassend gewährleistet werden.

Die Stellensituation im Bereich Straf- und Massnahmenvollzug ist in allen Organisationseinheiten des Amts FB nach wie vor angespannt. In den vergangenen Jahren konnten aufgrund der finanziel- len Situation des Kantons und den Massnahmen aus der Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP) 2014 nur die dringlichsten Stellen geschaffen werden. So fehlen für die Aufgabenerfüllung (Gewähr- leistung der Sicherheit und gesetzliche sowie konkordatliche Anforderungen) derzeit nach wie vor personelle Ressourcen in unterschiedlichsten Bereichen und Berufen.

Eine Analyse der Situation ist für die Darstellung von Handlungsempfehlungen und für den politi- schen Diskurs über die Zukunft des Bernischen Straf- und Massnahmenvollzugs notwendig. Die nachfolgenden Ausführungen kommen diesem Anliegen nach. Eine weitergehende Untersuchung der Personalsituation ist nach dem Dafürhalten des Regierungsrats nicht erforderlich. Der Regie- rungsrat beantragt mit Vorlegen der Antwort auf das Postulat dessen Annahme und gleichzeitige Abschreibung.

Zu den Ziffern 1 und 2

Die Organisation und die Durchführung des Straf- und Massnahmenvollzugs sind gemäss Artikel 123 Absatz 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) eine kantonale Angelegenheit, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht.

Gemäss Artikel 75 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0) hat der Vollzug von Freiheitsstrafen zum Ziel, die Wiedereingliederung (Resozialisierung und Reintegration) der Insassen zu fördern. Bei einem Grossteil der Delinquentinnen und Delinquenten steht das therapeutische Setting im Vordergrund. Nur durch intensive sozio- bzw. psychotherapeuti- sche und psychiatrische Behandlung dieser Täterkategorien können die Rückfallwahrscheinlichkeit verbessert und die Chancen einer Wiedereingliederung erhöht werden. Die Aufgabenerfüllung in diesem Bereich ist vielschichtig und sehr personalintensiv.

Mit dem Ziel, Strafurteile verfassungs- und gesetzeskonform, einheitlich und kostengünstig zu voll- ziehen, die bedarfsgerechte Anzahl Vollzugsplätze gemeinsam zu planen und die Aufgaben beim Bau und beim Betrieb der Vollzugseinrichtungen zu verteilen und zu koordinieren, haben sich die elf Kantone Aargau, Bern, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, So- lothurn, Uri und Zug zum Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz zusammenge- schlossen.

Im Kanton Bern ist das Amt FB verantwortlich für den Vollzug freiheitsentziehender Strafen und Massnahmen an Erwachsenen und Jugendlichen, für den Betrieb von Gefängnissen im Kanton Bern, für die damit zusammenhängenden durchgehenden Betreuungsaufgaben sowie die Durchfüh- rung ambulanter Strafen und Massnahmen. Zur Erfüllung der Aufgaben stehen dem Amt FB vier Anstalten für den Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen, zwei Jugendheime, fünf Regio- nalgefängnisse, die Bewachungsstation am Inselspital (BEWA) sowie die amtsinternen Abteilungen des Amtes FB zur Verfügung.

Um die Sicherheit der Vollzugseinrichtungen zu stärken, wurden in den letzten Jahren verschiedene Bauprojekte in Angriff genommen. Sicherheit im Straf- und Massnahmenvollzug kann aber nicht einzig durch den Einsatz von technischen Anlagen erreicht werden. So ist dem Expertenbericht Werren vom 6. Dezember 2010 im Zusammenhang mit der Administrativuntersuchung im Amt FB zu entnehmen, dass für die Erhöhung der Sicherheit zwingend zusätzliches Fachpersonal in den verschiedenen Organisationseinheiten des Amts FB benötigt wird1. Der Regierungsrat anerkennt die angespannte Personalsituation.

Zu Ziffer 3

Per Dezember 2014 hat das Amt FB über alle Stufen hinweg ein Vollzeitäquivalent von 859.5 Stel- len (Ist-Bestand) ausgewiesen. Der Sollbestand beträgt zum gleichen Zeitpunkt 892.3 Vollzeitäqui- valentstellen. Folglich waren 32.8 Vollzeitäquivalentstellen nicht besetzt. Bei den Vakanzen handelt es sich einerseits um Stellen, die nach einem Weggang nicht nahtlos wiederbesetzt werden konn- ten, und anderseits um Stellen bzw. Funktionen, für die auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Konkur- renzsituation kein geeignetes Personal rekrutiert werden konnte (bspw. Pflegepersonal, Sozialpä-

1 http://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-55727ca786da48779c77b4a4d9527247.html

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dagoginnen und -pädagogen).

Die Polizei- und Militärdirektion hat die ihr zur Verfügung stehenden Massnahmen der Personalrek- rutierung ausgeschöpft. Wo möglich wurden die Leistungen des Amtes der bestehenden Personal- situation angepasst (bspw. in der Pikettorganisation). Bei verschiedenen Organisationseinheiten sind zudem Abklärungen zur rechtlichen Zulässigkeit von gezielten Aufgabenverzichten im Gange.

Schliesslich wurden zur Sicherstellung gewisser Sicherheitsaufgaben betriebsfremde Arbeitneh- mende im Personalverleih bei Drittfirmen (bspw. Securitas) eingekauft oder bei der Kantonspolizei beansprucht. In einigen Regionalgefängnissen kamen zudem Zivildienstleistende zum Einsatz.

Das fehlende Personal hat bei gleichzeitigem Aufgabenwachstum zu einem starken Wachstum der von den Mitarbeitenden des Amts FB geleisteten Überstunden und der von ihnen nicht bezogenen Ferien geführt. Die Zeitguthaben haben sich wie folgt entwickelt:

Art 31.12.2009 31.12.2010 31.12.2011 31.12.2012 31.12.2013 31.12.2014

Gleitzeit 22'102 21'553 25'114 30'717 30'877 27‘452

Feriensaldo 26'320 32'830 34'158 36'432 36'584 34‘260

Langzeitkonto 30'447 41'700 58'673 72'799 83'924 98‘103

Total 78'869 96'084 117'944 139'948 151'385 159‘815

Entwicklung der Zeitguthaben 2009 - 2014 im Amt FB

Die Polizei- und Militärdirektion orientierte den Regierungsrat in den vergangenen Jahren mehrmals über die angespannte Personalsituation im Bereich Freiheitsentzug und Betreuung. Im Mai 2014 wurde in diesem Zusammenhang ein Stellenbedarf von rund 54 Vollzeitstellen ausgewiesen. Im Rahmen der Sparmassnahmen des ASP 2014 musste das Amt FB anschliessend auf 21 Vollzeit- stellen verzichten. 21.8 Vollzeitstellen konnten schliesslich im Rahmen bestehender Planstellen bzw. langdauernden Vakanzen des Amtes besetzt werden. Der aus finanziellen Gründen bisher noch nicht gedeckte Stellenbedarf wird der Regierungsrat im Rahmen der zukünftigen ordentlichen Finanzplanungsprozesse jeweils laufend beurteilen.

Zu Ziffer 4

Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass die im Straf- und Massnahmenvollzug tätigen Personen ihre Aufgabe gut und engagiert erbringen. Um die Sicherheit und die Resozialisierungsarbeit weiterhin auf hohem Niveau gewährleisten zu können, müssen kurz- bis mittelfristig die dafür notwendigen, fachlich geeigneten personellen Ressourcen zur Verfügung stehen.

Dazu gehört eine gezielte Aus-, Fort- und Weiterbildung entsprechend den diesbezüglichen konkor- datlichen Richtlinien für das Personal des Justizvollzugs. Bei der Personalselektion ist auf die Moti- vation der Kandidatinnen und Kandidaten und deren Übereinstimmung mit den amtsinternen Grundsätzen zu achten. Hierfür bilden die konkordatlichen Richtlinien für die Auswahl und Anstel- lung von Personal des Justizvollzugs eine gute Richtschnur.

Der Regierungsrat ist weiterhin bemüht, die Arbeitsbedingungen des Personals im Straf- und Mass- nahmenvollzug gezielt zu verbessern. In den vergangenen Jahren wurden namentlich die Ge- haltseinreihungen einzelner Funktionen überprüft und erhöht. Aufgrund der Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt gelingt es aber derzeit trotzdem noch nicht, genügend qualifiziertes Personal für alle Bereiche zu rekrutieren.

Der Regierungsrat beantragt:

Annahme und gleichzeitige Abschreibung

Matthias Burkhalter, Rümligen (SP). Regionalgefängnis Bern, Regionalgefängnis Thun, Regio- nalgefängnis Burgdorf, Regionalgefängnis Biel, Hindelbank, St. Johannsen, Witzwil, Loryheim und Prêles – ich war schon in jedem Knast im Kanton Bern. Ich bin aber jeden Tag zum Glück auch wieder herausgekommen. Ich kenne die Leute dort, ich kenne die Materie. Darum ist es mir auch ein Anliegen, dass ich das Postulat einreichen konnte. Mit dem Bericht bin ich halbwegs zufrieden, aber ich bitte Sie, das Postulat noch nicht abzuschreiben. Denn der Bericht ist noch nicht ausführ- lich genug und reicht mir so noch nicht. Durch meine zahlreichen Kontakte mit Gefängnissen und Anstalten habe ich, mit einer Ausnahme im Berner Jura, einen sehr guten Eindruck dieses Amts gewonnen. Das Personal arbeitet engagiert. Das Personal ist zum grössten Teil hoch motiviert. Die Leiterinnen und Leiter setzen sich ein und sind kompetent, mehrheitlichst. Die Infrastruktur ist bis und mit Regionalgefängnis Bern und Biel gut bis sehr gut.

Bei meinen Gesprächen mit den Direktoren und dem Personal bin ich stets auf ein Problem gestos-

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sen. Es wurde gesagt, «es fägt», es ist gut, aber es mangelt an Personal. So ist zum Beispiel im Regionalgefängnis Moutier in der Nacht eine Person anwesend. Stellen Sie sich vor, was geschähe, würde es dort brennen oder wäre sonst etwas los. Klar gibt es ein Alarmdispositiv. Wenn die Person etwas bemerkt, kann sie die Polizei alarmieren. Diese ist aber nicht von einer Sekunde auf die an- dere in Moutier. Wenn es brennt, und die Person hat einen Herzinfarkt, dann Gnade Gott! Auch an den andern Orten haben die Direktoren und die vorgesetzten Mühe, Pläne zu machen. Sie haben Zivildienstangestellte, die dort einen wertvollen Dienst leisten. Zivis sollten in der Nacht jedoch nicht arbeiten. Die Securitas ist eingestellt, um die Sicherheit zu gewährleisten. Das ist es nicht – es braucht ausgebildete Kantonsangestellte. Auch im Gesundheitsdienst haben die Gefängnisse Mü- he, Leute zu rekrutieren. Das Regionalgefängnis Burgdorf sucht seit längerer Zeit eine Pflegefach- frau. Sie gehen nicht nur wegen des tiefen Lohns nicht dorthin. In einem Gefängnis zu arbeiten ist vielleicht auch nicht für alle besonders angenehm.

Mit der Polizei- und Militärdirektion bin ich in gutem Kontakt. Ich spüre, Hans-Jürg Käser will da et- was machen. Aber ich bin nicht sicher, ob er schon am Ziel ist. Die Polizei- und Militärdirektion hat dem Regierungsrat einen Bericht vorgelegt. Es fehlen im Vollzug 54 Stellen. Das darf doch nicht wahr sein. Der Regierungsrat hat wohl gehandelt. Er hat einen Tropfen auf einen heissen Stein ge- geben und einen Teil dieser Stellen bewilligt. Ein Teil dieser Stellen kommt jedoch daher, dass die ganze Sache in Prêles nicht mehr funktioniert. Dort haben wir ein Problem. Man könnte fast sagen, wir hatten das Pech, dass die Jugendstraffälligkeit auf die Hälfte gesunken ist. Aber das ist nicht das einzige Problem, das wir in Prêles haben. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt auf das Geschäft zurückkommen. Inzwischen haben 15 Personen ihre Stelle gekündigt, und denje- nigen, die noch geblieben sind, wird gekündigt. Ein Teil der Stellen von Prêles sind nun in die ande- ren Anstalten und Direktionen oder Gefängnisse umgeteilt worden. Ich glaube, das ist noch nicht die Lösung. Der Regierungsrat muss sich noch stärker bewusst sein, dass hier ein Problem besteht, und er muss der Polizei- und Militärdirektion die Stellen genehmigen.

Wird das Postulat in zwei Jahren doch noch abgeschrieben, so wehre ich mich nicht dagegen, wenn Sicherheit und Ausbildung der Insassen in jedem Bereich gewährleistet sind und das Personal eini- germassen anständige Einsatzpläne hat und einigermassen anständig entlöhnt ist. Ich bitte Sie, das Postulat zu überweisen, aber nicht abzuschreiben.

Präsident Marc Jost übernimmt wieder den Vorsitz.

Präsident. Der Regierungsrat will das Postulat annehmen und gleichzeitig abschreiben. Wird die Annahme des Postulats bestritten? – Das ist der Fall. Wir diskutieren also über Annahme und Ab- schreibung.

Christian Hadorn, Ochlenberg (SVP). Lieber Matthias, das tut mir also Leid. Ich würde dich sofort wieder entlassen, denn du nützst uns hier im Rat mehr – vielleicht nicht gerade mit solchen Postula- ten. Wir haben über das Postulat diskutiert und sehen, dass hier ein Personalproblem besteht. So- bald man als Unternehmer einen mehr angestellt hat, hat man mit Personal zu tun. Ich denke, wir sind im Rat überqualifiziert, um diesen Leuten zu helfen, das Personalproblem zu lösen. Das wäre in etwa dasselbe, wie wenn ich sagen würde, ich benötige jetzt vier Gülletechniker und mache ebenfalls einen Vorstoss. Die Strafanstalten sind ebenfalls Unternehmen. Dort braucht es qualifi- ziertes Personal. Da bin ich mit dir zu 100 Prozent einverstanden. Das ist in allen Betrieben so. In jener Branche wird sehr wahrscheinlich zu wenig Ausbildung betrieben. Das wäre etwa dasselbe, wie wenn wir in der MEM-Branche keine Polymechaniker ausbilden würden. Irgendwann einmal ist das ausgetrocknet.

Genau dasselbe Problem haben wir doch mit den Polizisten. Wenn wir zu wenige Polizisten haben, können wir niemanden dazu zwingen, die Polizeischule zu besuchen. Wir müssen versuchen, Leute zu rekrutieren, die sich bereit fühlen, das auch zu machen. Vielleicht müssen wir gerade bei der Suche nach den Leuten, die das gut können oder gerne machen würden, schauen, dass wir Leute nachziehen können. Dementsprechend haben wir den Eindruck, das wir nicht helfen können, das zu lösen. Wir möchten das Postulat ablehnen. Mit einer Annahme und Abschreibung sind wir ebenfalls einverstanden. Wir sind davon überzeugt, dass wir das Personalproblem nicht lösen können.

Blaise Kropf, Bern (Grüne). Ich bin etwas irritiert über die Aussagen meines Vorredners. Ich bin davon ausgegangen, dass wir uns in der Problemanalyse einig sind. Sowohl aus dem Vorstoss, aus den Ausführungen des Postulanten und aus der Antwort des Regierungsrats geht klar hervor, dass

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wir in diesem Bereich einen deutlichen Personalunterbestand haben. Das sieht man in den Perso- nalzahlen. Genauso sieht man es in der Entwicklung der Jahresarbeitszeitsaldi und der Feriensaldi, die stetig zunehmen. Das ist doch ein deutlicher Hinweis darauf, dass Handlungsbedarf besteht.

Das nun einfach auf die Ausbildungssituation abzuschieben, ist etwas zu einfach. Es ist mitnichten so, dass wir als Parlament keine Verantwortung oder keine Mitgestaltungsmöglichkeiten hätten.

Letztlich sind wir es, die Jahr für Jahr im November die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen.

Dadurch ermöglichen wir auch, entsprechende Stellen zu schaffen oder eben nicht. Für die Fraktion der Grünen ist daher klar, dass wir dem Postulat zustimmen. Wir sind dezidiert der Meinung, hier müssten entsprechende Stellen, zusätzliche Ressourcen geschaffen werden. Im Gegensatz zum Postulanten bin ich der Meinung, die Stellen würden nicht geschaffen, indem wir das Postulat nicht abschreiben. Wir müssen hier zum Handeln übergehen und nicht in erster Linie ausführlichere Be- richte schreiben. Wir überweisen das Postulat und können mit einer Abschreibung gut leben.

Gleichzeitig hoffen wir auch, dass die Ressourcen endlich zur Verfügung gestellt werden, um den Personalunterbestand zu korrigieren.

Patrick Gsteiger, Eschert (EVP). Au sein du groupe évangélique, nous pensons qu’il faut tirer la sonnette d’alarme assez tôt et éviter de nous retrouver, en tant que canton de Berne, dans la même situation que certains cantons, notamment des cantons romands, qui rencontrent de gros problè- mes dans les prisons et les pénitenciers. Surtout, n’attendons pas des incidents majeurs pour pren- dre des mesures! Les nombreuses questions de notre collègue Burkhalter sont légitimes, il y a un réel problème de personnel dans nos prisons. Chrigu, si tu m’écoutes, en tant que chef d’entreprise, ce dont tu te vantais tout à l’heure, je ne sais pas si tu laisserais un de tes employés ou encore moins une employée veiller toute une nuit dans une prison régionale sur 40 à 45 détenus dange- reux. À cette personne qui est chargée de veiller sur eux, on dit que si elle a un problème et qu’elle se sent dépassée, elle peut appeler la police, mais qui se trouve peut-être à 30 minutes en patrouil- le. Non, il y a là un sérieux problème et je pense que le fait d’examiner la situation, de faire mainte- nant une analyse, un rapport et surtout d’agir est important. Nous allons donc soutenir ce postulat et ne n’en soutenons pas le classement.

Christoph Grimm, Burgdorf (glp). Matthias verlangt einen Bericht. Mit einem Bericht allein haben wir das Personalproblem im Freiheitsentzug absolut nicht gelöst. Zu den Ziffern 1 und 3 liegen die Antworten an und für sich vor – wenn man einen Bericht verlangt. Zu Ziffer 4 macht sich die Ge- sundheits- und Fürsorgedirektion im Sozialbereich Überlegungen zur Überprüfung gewisser Stan- dards. Dort geht es vor allem um die Frage der Quereinsteiger. Man will also überlegen, wie fähige Quereinsteiger autorisiert werden, in diesen Bereichen zu arbeiten. Das ist uns ein grosses Anlie- gen. Wie gesagt liegen zu den Ziffern 1 und 3 gute Antworten vor, von welchen wir befriedigt sind.

Wir brauchen keinen neuen Bericht. Ziffer 4 soll nochmals diskutiert werden. Ich gehe davon aus, dass die Polizei- und Militärdirektion das gehört hat und dass etwas unternommen wird. Wir neh- men das Postulat an, können jedoch mit der Abschreibung leben.

Monika Gygax-Böninger, Obersteckholz (BDP). Das Postulat verlangt einen Bericht zu verschie- denen Fragen betreffend den Stellenbestand im Bereich Freiheitsentzug und Betreuung. Die Regie- rung beantwortet diese Fragen denn auch gerade und beantragt daher Annahme und Abschrei- bung. Ich kann es kurz machen. Die BDP weiss um die schwierige personelle Situation unter ande- rem im Straf- und Massnahmenvollzug. Die Aufgaben- und Strukturüberprüfung hat seinerzeit auch diesen Verwaltungsbereich betroffen. Die Regierung erkennt das bekanntlich auch seit längerer Zeit und bemüht sich, Massnahmen zu ergreifen, Entlastungen und Verbesserungen anzustreben und zu erreichen. Dieser Prozess ist rollend. Die DBP vertritt auch die Meinung, dass der vom Postulan- ten verlangte Bericht mit der Beantwortung des Vorstosses vorliegt. Sie kann sich der Argumentati- on der Regierung anschliessen. Sie wird daher praktisch einstimmig Annahme des Postulats unter gleichzeitiger Abschreibung unterstützen.

Stefan Costa, Langenthal (FDP). Ich kann mich den Vorrednerinnen und -rednern anschliessen. In unserer Fraktion wurden die gleichen Argumente diskutiert. Wir danken Grossrat Burkhalter für das Postulat, insbesondere für die vier konkreten Fragen, auf welche er gleich konkrete Antworten des Regierungsrats erhalten hat. Diese sind kurz und bündig und aus unserer Sicht auch aussagekräf- tig. Wie gesagt ist es nicht einfach, für allenfalls bewilligte Stellen die geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Manchmal hat es in Gottes Namen mehr Pfannen als passende Deckel. Da-

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her werden richtigerweise auch alternative Massnahmen angeschaut. Die FDP-Fraktion würde sich einem allfälligen Vorstoss oder einer Vorlage gegenüber, die sich konkret mit der Personalsituation auseinander setzen, nicht verschliessen. Dies jedoch nicht in Form eines allgemein gehaltenen, gesonderten Berichts. Wir nehmen das Postulat an, schreiben es jedoch auch ab.

Präsident. Das Wort haben die Einzelsprecher.

Peter Studer, Utzenstorf (parteilos). Gefordert wird ein Bericht. Kennst du diesen Bericht hier?

(Der Redner zeigt dem Rat einen Bericht.) Darin ist alles enthalten, auch was die Personalsituation anbelangt. Du hast Prêles angesprochen. Im Bericht wird erwähnt, das sei besser geworden, wobei noch nicht alles gelöst sei. Auf St. Johannsen wird eingegangen; es wurden 11 zusätzliche Stellen geschaffen. Das Amt für Massnahmen und Freiheitsentzug ist sich der Situation an und für sich bewusst. Ich sehe nicht ein, warum noch ein Bericht erstellt werden soll. Alles ist vorhanden, und es wird daran gearbeitet, die Situation zu verbessern. Anlässlich der letzten Session hat man über die Kameraüberwachung zur Personalentlastung abgestimmt. Und was habt ihr von eurer Seite ge- macht? Ihr habt den Vorstoss abgelehnt. Das kann es ja nicht sein. Die Situation ist klar. Was die Regierung gesagt hat, ist richtig. Man kann das Postulat überweisen. Ich bitte Sie jedoch um gleich- zeitige Abschreibung.

Martin Schlup, Schüpfen (SVP). In meinen Augen verursacht der Strafvollzug in der heutigen Zeit immense Kosten. Wir müssen dafür an ganz andern Orten sparen, in welchen es in meinen Augen wichtiger wäre, dass man dort nicht sparen müsste. Wenn ich einen Betrieb führe, so muss ich mir auch Überlegungen machen, wie ich Kosten senken kann, oder ob es andere Lösungen gibt. Wir haben in der Antwort des Regierungsrats gesehen, dass das bauliche Massnahmen sind. Sie wur- den teilweise ausgeführt, aber ich denke, da wäre noch mehr möglich, auch bei den Betriebsabläu- fen. Ich will da jedoch nicht dreinreden, sondern Denkanstösse geben. Aus den Papieren konnte ich berechnen, dass es auf zweieinhalb Klienten etwa eine Person für die Betreuung braucht. Man liest aber auch, dass vor allem die Wiedereingliederung, die Settings, enorm viel Zeit in Anspruch neh- men. Man müsste einmal fragen, wenn man auf die letzen zwei Jahre zurückblickt, wie viel das ge- nützt hat. Ich mache auf meinem Betrieb nur eine Massnahme, wenn es etwas bringt. Wenn es nach einem halben Jahr nichts bringt, so höre ich damit auf. Das müsste man sich einmal überle- gen. Mir ist klar, dass man die Leute zuerst wiedereingliedern muss, bevor sie entlassen werden.

Ich frage mich, ob bei jemandem, der für fünf oder zehn Jahre weggesperrt wird, bereits vom ersten Tag an an die Wiedereingliederung gedacht werden muss. Das müsste man auch ein wenig überle- gen. Wahrscheinlich könnte man die Personalplanung so etwas effizienter machen.

Matthias Burkhalter, Rümligen (SP). Ich würde das Postulat gerne in eine Motion wandeln, wenn das möglich wäre, denn ich spüre sehr viel Goodwill für meine Anliegen. Kollega Studer wollte mich belehren. Er hat gefragt, ob ich den Geschäftsbericht des Amts für Freiheitsentzug und Betreuung kennen würde. Lieber Peter, ich habe meinen Vorstoss am 18. November 2014 eingereicht. Damals lag der Geschäftsbericht des Amts für Freiheitsentzug und Betreuung noch nicht vor.

Hans-Jürg Käser, Polizei- und Militärdirektor. Ich danke für die engagierte Diskussion. Ich danke Herrn Grossrat Burkhalter auch für den Vorstoss. Es war kein bestellter Vorstoss, aber ein wichtiger Vorstoss. Sie haben in der Antwort der Regierung gesehen, dass wir uns dazu entschieden haben, den geforderten Bericht gewissermassen bereits in der Antwort zu liefern. Das auch ein Stück weit eine Ergänzung zum Amtsbericht des Amts für Freiheitsentzug und Betreuung, der von Herrn Grossrat Studer zitiert wurde. Zu Ziffer 4, Herr Grossrat Hadorn. Dass man die Leute nicht finden würde, ist das kleinste Problem, oder dass sie keine Quereinsteiger wären. Es sind häufig, ja meis- tens Quereinsteiger. Man kann keine Lehre als Gefangenenwärter absolvieren. Es sind eigentlich immer Quereinsteiger. Sie machen am Schweizerischen Ausbildungszentrum für das Strafvollzugs- personal in Freiburg die Ausbildung. Machen Sie sich nichts vor: Das Hautproblem ist schlicht und ergreifend, dass der Kanton das Geld für zusätzliches Personal nicht hat oder nicht haben will. Die Regierung hat ein Stellenmoratorium beschlossen. Das heisst dann eben, dass es keine neuen Stellen gibt. So einfach ist das. Ich muss Ihnen nicht sagen, dass nach 14 Sparpaketen kaum mehr Speck vorhanden ist.

Ich höre immer wieder, dass nonchalant gesagt wird, in meiner Direktion mit 4600 Mitarbeitern wä- ren wohl noch 10 zu finden, die umfunktioniert werden könnten. Die meiste Arbeit, die in meiner

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Direktion geleistet wird, ist «24 heures sur 24», an 365 Tagen und Nächten – in den Strafanstalten und bei der Polizei. Das erfordert die entsprechende Anzahl Leute. Diese sind eben nicht morgens um acht Uhr da, und nachmittags um fünf legen sie den Griffel weg. Ich erinnere an das Interview von Benjamin Brägger mit dem neuen Sekretär des Strafvollzugskonkordats Nordwestschweiz- Innerschweiz von letzter Woche. Dessen Aussagen habe ich vollumfänglich unterstützt. Der Straf- und Massnahmenvollzug hat keine Lobby. Daran hat niemand Freude. Das ist auch hier am Red- nerpult zum Ausdruck gekommen. Ich höre von Herrn Grossrat Schlup, dass er in seinem Betrieb etwas, das ein Jahr lang nicht funktioniert, streicht. Wir können eben nicht nach einem Jahr sagen:

«Bürschteli, du funktionierst nicht, wir streichen dich.» Wir haben die Aufgabe und die Verpflichtung, die Verurteilten gemäss dem Urteil des Richters bei uns zu hüten und entsprechend zu behandeln.

Und dafür braucht es Personal, und das kostet etwas.

Ich bin dankbar, dass das Postulat, respektive die Arbeit gewürdigt werden. Mir ist einerlei, ob Sie das abschreiben oder nicht. Die Tatsachen, die in der Antwort auf die Fragen von Herrn Grossrat Burkhalter dargestellt sind, bleiben so oder so bestehen. Sie werden uns weiterhin beschäftigen, und wir werden uns bemühen, die Situation zu verbessern.

Präsident. Wir stimmen zuerst über Annahme des Postulats ab.

Abstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 96

Nein 49

Enthalten 0

Präsident. Sie haben das Postulat angenommen. Nun stimmen wir über Abschreibung des Postu- lats ab.

Abstimmung (Abschreibung des Postulats) Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 100

Nein 45

Enthalten 0

Präsident. Sie haben das Postulat mit 100 Ja- zu 45 Nein-Stimmen ohne Enthaltungen abge- schrieben. Damit haben wir alle Geschäfte der Polizei- und Militärdirektion beraten. Ich danke Herrn Regierungspräsident Käser für seinen Einsatz und wünsche ihm noch einen guten Nachmittag.

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