• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Gesetzliche Krankenversicherung: Die „Phantomfamilien“ sind kleiner geworden" (15.05.1998)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Gesetzliche Krankenversicherung: Die „Phantomfamilien“ sind kleiner geworden" (15.05.1998)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

hantomschmerzen“ – den Begriff kennt man. Vor kur- zem kreierte „Focus“ „Phan- tomfamilie“ als Bezeichnung dafür, daß in den Statistiken der gesetzli- chen Krankenkassen jahrelang Mit- glieder auftauchten, die es gar nicht gab. Weil die Verzeichnisse über Jah- re hin unzureichend bereinigt wur- den, wurden Ehefrauen und Kinder als Mitversicherte geführt, die längst anders versichert waren.

Solche „Karteileichen“ sind al- lerdings seit 1994 nicht mehr wertlo- ser Statistikballast, im Gegenteil:

Die Kasse, die mehr Mitversicherte aufführt, als sie tatsächlich betreut, erhält im Zuge des Risikostruktur- ausgleichs (RSA) auch mehr Geld, als ihr zusteht. Die Anzahl der mit- versicherten Familienangehörigen ist nämlich eine der Größen, die bei den Ausgleichszahlungen eine Rolle spielen (siehe Kasten).

Um „Peanuts“ geht es nicht.

Nach Darstellung des Bundesversi- cherungsamtes (BVA) ist ein Versi- cherter heute im Durchschnitt etwa 3 000 DM wert. Wer viele Kinder mitversichert, erhält weniger Geld aus dem Ausgleichstopf als die Kas- se, die mehr ältere Mitversicherte auflistet. Auch absolut gesehen, geht es um viel Geld: Allein 1996 wurden im Zuge des Risikostruktur- ausgleichs 16 Milliarden DM umver- teilt – ein Teil davon offenbar nicht sachgerecht. Das läßt sich auch dar- an ablesen, daß die Zahl der Mitver- sicherten in der Gesamtstatistik der

Krankenkassen immer weiter zu- rückgeht. Nach aktuellen Schätzun- gen des BVA sind es inzwischen 500 000 bis 700 000 Mitversicherte weniger als in den Jahren zuvor.

Daß die Statistik mittlerweile eher der Wirklichkeit entspricht, hängt wesentlich mit Kontrollen des Amtes zusammen. Seit 1996 haben die Prüfdienste des Bundes und der Länder mehrere Verfahren speziell im Hinblick auf den RSA abge- wickelt. So startete im zweiten Halb- jahr 1996 eine Pilotprüfung in der Re- gion Ulm, unter anderem bei der DAK, der Techniker Krankenkasse sowie mehreren Betriebskranken- kassen. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: „Die geprüften Krankenkassen pflegen ihr Versichertenverzeichnis ausnahmslos nicht systematisch und nicht kontinuierlich. Die Vorausset- zungen des Anspruchs auf Familien- versicherung überprüfen sie vielmehr nur sporadisch und punktuell“, hieß es im vergangenen Jahr in dem Be- richt. Bei allen Kassen fanden sich reichlich Karteileichen.

Es gibt keine guten und schlechten Kassenarten

Die Prüfungen sollten eigentlich bis Ende 1997 abgeschlossen sein.

Nun ziehen sie sich aber immer noch hin. Ende 1998 soll endgültig festste- hen, welche Kassen rückwirkend Geld bekommen und welche zahlen müssen. Denn alle RSA-Zahlungen

werden auf der Basis der bereinigten Statistiken bis zurück zum Jahr 1994 überprüft. Wer glaubt, „gute“ und

„böse“ Kassen nach Kassenart aus- findig machen zu können, wird ent- täuscht: „Das geht querbeet“, sagt Peter Schmidt, Leiter des Prüfdien- stes Krankenversicherung beim BVA. Einzahler wie Empfänger des RSA hatten teilweise miserabel ge- pflegte Bestände. Pikant ist aller- dings schon, daß am Ende der Pilot- prüfung gerade einzelne jener Kas- senarten gerügt wurden, die beson- ders oft über den RSA wettern.

Eine Krankenkasse, die ihre Mitversichertenverzeichnisse früh- zeitig bereinigte, war die Betriebs- krankenkasse Siemens. Sie klagte schließlich gegen das Bundesversi- cherungsamt, das den Risikostruk- turausgleich durchführen muß, weil sie sich durch die träge Gangart an- derer Kassen im Nachteil sah.

Im Grunde wurde das Amt erst durch mehrere solcher Klagen bei Sozialgerichten genötigt, gegenüber den Kassen härter durchzugreifen.

Dort galt in Sachen Bereinigung nach Auffassung von Peter Schmidt das „Gesetz der menschlichen Träg- heit“. Auch er räumt allerdings ein, daß die mitversicherten Familienan- gehörigen erst dann größere finanzi- elle Bedeutung erlangten, als 1994 der RSA eingeführt wurde. Viele Kassen hatten es aber auch danach nicht eilig, ihre Statistiken zu aktua- lisieren, nach dem Motto: Wozu sich selbst ins Zeug legen und dadurch A-1213

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 20, 15. Mai 1998 (17)

Gesetzliche Krankenversicherung

Die „Phantomfamilien“

sind kleiner geworden

Der Risikostrukturausgleich wird seit längerem kritisiert, vor allem von den einzahlenden Krankenkassen. Doch auch sie haben aufgrund unzureichender

Statistiken offenbar teilweise mehr Geld erhalten, als ihnen zustand.

P

(2)

Nachteile im RSA auf sich nehmen, wenn die anderen sich Zeit lassen?

Anne Eckardt, stellvertretende Abteilungsleiterin Wirtschaft/Statistik beim Bundesverband der Betriebs- krankenkassen, nimmt die Kranken- kassen in Schutz. Die Statistiken der Einzelkassen über mitversicherte Fa- milienmitglieder seien früher nur ein- mal im Jahr den Spitzenverbänden ge- meldet worden. Sie seien nicht in dem Maße von Interesse gewesen wie heu- te. Auch das BVA habe sich bei Prü- fungen auf damals wichtigere Fragen konzentriert. Schließlich sei der Risi- kostrukturausgleich „ein sehr kom- pliziertes Verfahren“. Gerade kleine Kassen seien anfangs damit überfor- dert gewesen, alles richtig zu machen.

Das soll inzwischen anders sein.

Rund 30 Millionen Versicherungsver- hältnisse mußten überprüft werden

und sind es nun zum Großteil. Peter Schmidt glaubt, daß die Hauptfehler- quelle damit beseitigt ist. Auch Anne Eckardt meint, daß sich die Pflege der Bestände verbessert hat. Seit einem Jahr würden die Mitversichertenstati- stiken beispielsweise monatlich und nicht mehr jährlich gemeldet. Aller- dings ist auch klar, daß Statistiken nur so gut sein können wie die Daten, die ihnen zugrunde liegen.

Wieviel die Prüfungen gekostet haben und noch kosten werden, weiß keiner genau. „Sehr viel Geld“, ver- mutet Peter Schmidt. Beim AOK- Bundesverband sieht man das weni- ger dramatisch: Für die Bereinigung der Statistik seien sicher vorhandene Mitarbeiter anders eingesetzt wor- den. Wie dem auch sei: Gezahlt ha- ben es die Versicherten über ihre Beiträge. Sabine Rieser A-1214

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(18) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 20, 15. Mai 1998

on den rund 1 350 Ärzten, die ambulante OP-Zentren be- treiben, nähert sich ein Drittel dem Konkurs. 40 Prozent der betrof- fenen Anästhesisten stehen unter Bankkuratel, jeder dritte Chirurg klagt über existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten. Diese Zahlen legte die Gemeinschaft Fachärztlicher Be- rufsverbände (GFB) bei einem Akti- onstag der ambulanten Operateure Ende April in Berlin vor.

Unter den Budgetbedingungen der vergangenen Jahre hat jede zu- sätzlich erbrachte Leistung den Punkt- wert nach unten gedrückt. Daß die ambulanten Operateure für ihre Lei- stungen teilweise noch Geld mitbrin- gen müßten, bestreite niemand, sagte Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg, Präsidiumsmitglied im Berufsverband Deutscher Chirurgen. Aber das wol- len die ambulanten Operateure nicht länger hinnehmen.

Den Leistungsverlagerungen aus dem stationären Sektor, lautet die Hauptforderung an die Krankenkas- sen, muß endlich das zugehörige Geld folgen. Von 1994 auf 1995 habe sich die Zahl der stationären Operationen um 500 000 vermindert, sagte Rügge- berg, „ohne daß auch nur eine müde Mark gefolgt wäre“. Aus seiner Sicht sind die ambulanten Operateure nicht verpflichtet, Leistungen in den roten Zahlen zu erbringen. Bestätigt sieht er sich durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach jeder Arzt entscheiden könne, welche Lei- stungen er anbieten wolle.

Mehr wirtschaftliche Entschei- dungsfreiheit verspricht sich Rügge- berg vom „Prinzip Kostenerstattung“.

Nach dem 2. NOG kann jeder Versi- cherte anstelle der Sachleistung Ko- stenerstattung wählen. Der Patient

„hat einen gesetzlichen Anspruch auf die Erstattung der Kosten durch seine Krankenkasse“, betonte er. Darüber müsse man die Patienten informieren.

Falsch sei zudem die Behauptung der Kassen, die Vergütung für die Kosten- erstattung müsse vom Gesamtbudget abgezogen werden.

Positiv bewertet Rüggeberg das Honorarkonzept der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV), das

„endlich die von uns geforderten ablaufbezogenen Leistungskomplexe realisiert hat“. Vorgesehen war, die neue Vergütungsstruktur für das am- bulante Operieren im Vorgriff auf die EBM-Reform als Modellversuch auf den Weg zu bringen. Die Verhandlun- gen mit den Kassen sind jedoch ge- scheitert. „Ganze 0,75 Prozent zusätz- lich zur Gesamtvergütung hätten genügt, um das Reformkonzept zu fi- nanzieren“, sagte Rüggeberg. „Gebo- ten wurden 0,25 Prozent.“ Um die ak- tuellen Honorarforderungen durch- zusetzen und Regelleistungsvolumina mit festen Punktwerten einzuführen, bleibt für den Vorsitzenden der KBV, Dr. med. Winfried Schorre, nur noch der Weg zum Schiedsamt. Denn: „Seit vielen Monaten verweigern die Kran- kenkassen alles, was denkbar ist.“

Die Kassen haben das ambulante Operieren nach Ansicht von Sören Schmidt-Bodenstein vom Verband der Angestellten-Krankenkassen bisher nicht effektiv genug gefördert. Verbes- sern wollen sie dies mit Hilfe von Strukturverträgen als „pipeline zwi- schen ambulanter und stationärer Ver- sorgung“. Dies dürfe jedoch nicht da- zu führen, daß „sich Krankenhausärz- te und Kassenärzte gegenseitig zerflei- schen“, mahnte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. med. Kar- sten Vilmar. Dr. Sabine Glöser

Ambulantes Operieren

Die Kostenerstattung als Rettungsanker

Die ambulanten Operateure fürchten um ihre Existenz.

Sie wollen nicht länger draufzahlen.

V

Risikostrukturausgleich

Fünf Faktoren bestimmen die Hö- he der Transferleistungen:

– das Einkommen der Mitglieder (Grundlohn)

– das Alter der Versicherten – das Geschlecht der Versicherten – die Anzahl der mitversicherten

Familienangehörigen – die Zahl der Erwerbs- und

Berufsunfähigkeitsrentner.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Nur mit ei- ner Untergrenze bei den Beiträgen könne der Wettbewerb in der Gesetzli- chen Krankenversicherung erhalten und zugleich auf eine faire Grundlage gestellt

О социально-экономических (Проблемах индустриализации сельского хозяйства. Труды по математике и механике. Труды по романо-германской филологии. Труды по

Reaalselt olen programmi aga implementeerinud nii, et samaaegselt võib jooksta rohkem kui üks töö ja sellest tulenevalt ei sobi ka lahendus, kus manager ootab oma

dueliku uurimistöö sektor, Teaduslik Raamatukogu, kateedrite ja laboratooriumide referendid. Infoteenietue allub TRÜ tea­.. dusala prorektorile. TRÜ rektori 22.

So sind die sozial- versicherungspflichtigen Einnah- men 2004 zwar um 1,3 Prozent ge- genüber dem Vorjahr gestiegen.All- zu groß sind die Hoffnungen auf ein Anziehen der Konjunktur

[r]

• Leipziger Holzbauwerke GmbH und Green Construc-ons GmbH verfügen über:. • vier Kolonnen in

TitrIC 2 Vollautomatisches System für die direkte Messung von Temperatur, Leitfähigkeit und pH-Wert, die titrimetrische Bestimmung von p- und m-Wert und die ionenchromato-