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Archiv "Apel hat Ehrenbergs Zeche zu zahlen" (06.10.1977)

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'' Alle neuen Maßnahmen der Bundesregierung, die Li- quidität der Rentenversi- cherung zu sichern, laufen wieder einmal darauf hin- aus, Kosten zu verlagern.

Belastet wird der Bundes- haushalt und - auf längere Sicht- die Arbeitslosenver- sicherung. Unklar bleibt weiterhin, was aus der Rentenversicherung nach dem Jahr 1980 werden soll.

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Arztliehe Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Apel hat

Ehrenbergs Zeche zu zahlen

Hans Apel hat jetzt Herbart Ehrenbergs Zeche zu zahlen. Die Gesetze zur Sanierung der Rentenversicherung und der Krankenversiche- rung sind noch nicht einmal drei Monate in Kraft, da stellt sich heraus, daß das Rentendefizit weit größer

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werden droht, als Ehrenberg zu Beginn dieses Jahres, aber auch noch zur Jahresmitte, vorgerechnet hatte. Die neue Vorausschätzung weist gegenüber der alten Rechnung 1981 ein zusätzliches Defizit von 8,8 Milliarden Mark aus. Die Zahlungsfähigkeit der Rentenversicherung ist freilich vor- erst noch nicht bedroht. Der Kapitalmarkt ist flüssig, und das Zins- niveau hat weiter sinkende Tendenz. Die Rentenversicherung kann also ihre Rücklagen ohne Verlust auflösen. Gefahr droht allenfalls von Mitte 1978 an. Die Regierung Schmidt/Genscher hat, wie sich zeigt, aus früheren Fehlern gelernt. Um eine Rentendebatte im nächsten Jahr, da in einigen Bundesländern gewählt wird, zu ver- meiden, hat die Bundesregierung schon jetzt vorsorglich beschlos-

sen, daß Finanzminister Apel die neue Lücke in der Rentenbilanz zu

schließen hat. Nun soll also auch noch der Steuerzahler für die Fehler in der Rentenpolitik der letzten Jahre geradestehen.

Die neuen Schwierigkeiten konnten für Ehrenberg nicht überra- schend kommen. Seiner Rentenbilanz lag die Annahme zugrunde, daß in diesem Jahr die Zahl der Arbeitslosen auf 830 000 absinken würde. Von Anfang an war klar, daß diese Rechnung nicht aufgehen konnte. So steht schon heute fest, daß die durchschnittliche Arbeits- losenzahl für 1977 über einer Million liegen wird. Das bedeutet Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe. ln der Rentenbilanz vom letz- ten Jahreswechsel wird auch unterstellt, daß die Löhne und Gehälter der Versicherten 1977 um etwa 7,5 Prozent ansteigen werden. Auch diese Erwartung hat sich nicht ganz erfüllt. Die Einnahmen aus den Pflichtbeiträgen haben ihr Soll zwar fast erreicht, die freiwillig Versi- cherten erwiesen sich aber als säumige Zahler. Ob sich daran bis zur Jahreswende noch viel ändern wird, kann niemand mit Sicherheit sagen. Ausfälle in Milliardenhöhe könnten jedoch keine Überra- schung sein.

Das wäre zunächst mit der Umstellung des Beitragszahlungsverfah- rens in der freiwilligen Versicherung zu erklären.

~ Offensichtlich haben aber auch viele Versicherte das Vertrauen in die Institution Rentenversicherung verloren. Die Rentendiskus- sion dieses Jahres mußte- was übrigens auch Zuschriften aus der Ärzteschaft an die Redaktion deutlich belegen- gerade den freiwil- lig Versicherten den Eindruck vermitteln, daß auch rechtmäßig er-

Heft 40 vom 6. Oktober 1977 2355

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Die Information:

Bericht und Meinung

Apel hat Ehrenbergs Zeche zu zahlen

worbene Rentenansprüche nicht unantastbar sind, sondern zur po- litischen Dispositionsmasse gehö- ren. So kann es eigentlich nieman- den überraschen, daß die Einnah- men der Rentenversicherung aus freiwilligen Beiträgen sinken.

In Ehrenbergs Rentenbilanz schlägt freilich noch stärker zu Buch, daß er nicht mehr mit jährli- chen Lohnsteigerungen von 7,5 Prozent rechnen kann. Die Ab- schwächung des Wachstums läßt solche Zuwachsraten nicht mehr zu. Unter dem Druck des Wirt- schaftsministers und der Bundes- bank mußte Ehrenberg nun für 1978 eine Lohnrate von 6,5 Pro- zent und für die folgenden Jahre von 7 Prozent einstellen. Auch dies bringt, zunächst allerdings nur rechnerisch, gegenüber der letzten Rentenbilanz Ausfälle in Milliardenhöhe. Nur bei Lohnzu- wachsraten von jährlich mehr als 8 Prozent könnte Ehrenberg die Rentenversicherung unangefoch- ten über das Jahr der nächsten Bundestagswahl, nämlich 1980, hinwegbringen. Dies freilich müßte den inflationären Prozeß wieder in Gang bringen und am Ende zu noch mehr Arbeitslosig- keit führen.

Alle Maßnahmen der Bundesregie- rung sind zunächst nur darauf ab- gestellt, der Rentenversicherung die Zahlungsfähigkeit bis 1981 zu sichern, ohne abermals in das Lei- stungsrecht eingreifen oder die Beiträge erhöhen zu müssen. Der Bundeskanzler hat jedenfalls strikt abgelehnt, daß der Rentenbeitrag von 18 auf 19 Prozent erhöht oder ein Krankenversicherungsbeitrag für Rentner eingeführt wird. Unge- wiß ist, ob damit auch wirklich das letzte Wort zum Rentnerbeitrag gesprochen ist. Denn das Renten- konzept der Regierung geht noch immer davon aus, daß sich die nächste Rentenerhöhung an der Entwicklung der Nettolöhne und nicht an der Entwicklung der Brut- tolöhne orientiert. Dies stößt so- wohl in der SPD-Bundestagsfrak- tion als auch in der CDU/CSU auf Widerstand.

Um die Liquidität der Rentenversi- cherung bis 1981 zu sichern, hatdie Bundesregierung beschlossen:

0 Der Bundesfinanzminister hat die Darlehen, die die Rentenversi- cherung dem Bund in den letzten Jahren eingeräumt hatte, vorzeitig abzulösen. Dabei geht es um einen Betrag von insgesamt 5 Milliarden Mark. Apel hat bis 1981 jährlich zusätzlich 1,25 Milliarden Mark zu zahlen.

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Die Arbeitslosenversicherung soll bereits von Mitte 1978 und nicht erst von 1979 an verpflichtet sein, für die Arbeitslosen Beiträge an die Rentenversicherung abzu- führen. Die Finanzlücke, die da- durch bei der Arbeitslosenversi- cherung 1978 entsteht, wird mit 1,45 Milliarden Mark beziffert. Die- sen Betrag hat Apel der Nürnber- ger Anstalt zu überweisen. Ob das am Ende ausreichen wird, hängt von der Entwicklung der Arbeitslo- senzahlen ab. Im Jahresdurch- schnitt wird für 1978 jetzt mit 950 000 Arbeitslosen gerechnet;

dies ist aus heutiger Sicht eine op- timistische Zahl.

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Aus dem Bundeshaushalt sol- len von 1979 an die Kinderzu- schüsse der Rentenversicherung finanziert werden, soweit sie das staatliche Kindergeld nicht über- steigen. Mehrbelastung für Apel:

Jährlich rund 330 Millionen Mark.

Alle Maßnahmen laufen also wie- der einmal darauf hinaus, Kosten zu verlagern. Belastet wird der Bundeshaushalt und auf längere Sicht die Arbeitslosenversiche- rung.

Wenn Apel sich jetzt dagegen stemmt, die Steuern stärker als vorgesehen zu senken, so ist dies eben auch mit den Belasturi gen zu erklären, die er zur Siche- rung der Zahlungsfähigkeit der Rentenversicherung zu überneh- men hat. Unklar bleibt weiterhin, was aus der Rentenversicherung nach 1980 werden soll.

Ehrenberg ist merkwürdig still ge-

worden. wst

ZITAT

„Schritte zur Unterjochung

eines Freien Berufes"

„1. Pflichtkrankenversicherung einführen und Ärzte auf Arbeitsre- geln, Gebührenordnungen und Büroarbeit festlegen.

2. Wenn sich das eingespielt hat, den Ärzten ein Festgehalt für fest- gelegte Arbeitszeit geben, das heißt, sie zu Beamten machen.

3. Ärztliche Tätigkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit verbieten 4. Die Kapazität der Medizinischen Hochschulen erhöhen, um einen Ärzteüberschuß zu produzieren;

das senkt ihr Einkommen und ihren Lebensstandard.

5. Die gesamte Weiterbildung zen- tralisieren und die freie Wahl des späteren Fachgebietes ab- schaffen.

6. Die freie Arztwahl für den Pa- tienten abschaffen und durch geo- graphische Zuordnung zu be- stimmten Krankenhäusern und Gesundheitszentren ersetzen.

7. Steuerung der Hochschulen und der Organisationen, welche die Forschung fördern, nach poli- tischen Gesichtspunkten ein- führen.

8. Noten und Bewertungen beim Studium abschaffen; die Bedeu- tung der beruflichen Leistung bei Stellenbesetzungen verringern.

9. Leitende Stellen werden nur noch durch örtliche politische Gremien besetzt.

10. Herstellung und Vertrieb von Arzneimitteln verstaatlichen und standardisieren.

11. Alle Patientendaten in einem Zentralcomputer speichern."

Der schwedische Arzt und Reichs- tagsabgeordnete, Prof. Gunnar Biörck, in der amerikanischen Zeitschrift „Annals of Interne] Me- dicine" (leicht gekürzt).

2356 Heft 40 vom 6. Oktober 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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