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Biopsychosoziale Auswirkungen des Khatkonsums im Jemen unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte

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Klinik für Psy Akademisches Lehrk

C

zur Er

Biopsychosoz im Jemen unter Berüc

sychiatrie - Psychotherapie und Psychosomat rkrankenhaus der Medizinischen Hochschule

Lübbecke

Chefarzt Prof. Dr. med. U. Schneider

Dissertation

Erlangung des Doktorgrades der Medizin

oziale Auswirkungen des Khatkon ücksichtigung geschlechtsspezifis

vorgelegt von Hussein Al-Warith

aus Jemen

Hannover 2011

atik

e Hannover

nsums

fischer Aspekte

(2)

-2-

Inhaltsverzeichnis

Themen Seiten

1. Einleitung und Einführung 3-6

1.1 Beschreibung der Khatpflanze 6-7

1.1.1 Gebrauch und Verwendungszwecke 7-9

1.1.2 Anbau/Ökologie 10-11

1.1.3 Inhaltsstoffe 11-13

1.1.4 Pharmakologische Wirkung 14

1.2 Tierexperimente und humane Versuche 15

1.3 Erkenntnisstand zum Wirkstoff, zur Konzentration und Wirkung 16

1.4 Khat und Drogen 16-17

1.5 Psychosoziale Auswirkungen des Khatkonsums 17-19

1.6 Auswirkungen auf das Familienleben 19-21

1.7 Sozioökonomische und ökologische Auswirkungen des Khatkonsums 22

2. Methode und Fragestellung 23-28

3. Ergebnisse 28-38

4. Diskussion 39-48

5. Zusammenfassung 48-50

6. Anhang 51-58

7. Literatur 59-63

8. Lebenslauf 64-65

9. Danksagung 66

(3)

-3-

1. Einleitung und Einführung

Die Khatpflanze spielt in der jemenitischen Gesellschaft eine entscheidende Rolle. Sie wird von vielen Menschen als Genussmittel konsumiert, und dieser Konsum wirkt sich nachhaltig auf viele Bereiche des täglichen Lebens aus, so etwa auf das Familienleben, die Gesellschaft, die Ökonomie und die Ökologie, aber auch auf die körperliche und seelische Gesundheit des Einzelnen.

Die mit dem Khatkonsum oft verbundenen Probleme waren der Anlass, sich näher mit diesem Thema zu beschäftigen. Als Arzt wurde ich im Jemen unmittelbar mit den Problemen des Khatkonsums konfrontiert. Gerade auf den gesundheitlichen Bereich wirkt sich der Khatkonsum besonders gravierend aus. Er sorgt für eine Reihe von Symptomen, verstärkt Krankheiten und ruft Krankheiten hervor. Zudem hat der Khatkonsum in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Daraus entsteht allmählich ein Circulus vitiosus, der die gesamte Gesellschaft mit einbezieht, denn zum einen wird Khat konsumiert um Abstand vom alltäglichen Stress, bei der Arbeit, in der Familie und im alltäglichen Leben zu bekommen, zum anderen um zu sozialen und gesellschaftlichen Kontaktritualen beizutragen und um eine Leistungssteigerung bei Tätigkeiten zu erzeugen.

Die vorliegende Arbeit umfasst mehrere verschiedene Bereiche. Der erste befasst sich mit Geschichte und Biographien des Khat und Beobachtungen der Khatkonsumenten, der zweite mit der Analyse eines systematischen Fragebogens an zwei Gruppen (Khatkonsumenten und Nicht-Khatkonsumenten) beider Geschlechter.

Des Weiteren werden die Auswirkungen des Khatkonsums auf die Psyche und auf das psychosoziale Verhalten betrachtet. Die Ergebnisse können Argumente liefern für den forcierten Kampf gegen die Auswirkungen des Khatkonsums in der jemenitischen Gesellschaft, um den Khatkonsumenten die Gefahren und Risiken ihres Verhaltens nahe zu bringen und ihnen eine neue Perspektive zu geben.

Einführung

Der Konsum von Khat (Qat) ist in der jemenitischen Gesellschaft weitverbreitet und verursacht sowohl wirtschaftliche als auch gesundheitliche Probleme (Rajlawat BP et al.

2009). Die Blätter des Khatstrauchs oder -baums enthalten stimulierende Alkaloide, vornehmlich Cathinone (-ketoamphetamine) und Cathine ((+)-norpseudoephedrine), die in allen westlichen Ländern unter die jeweiligen Betäubungsmittelgesetze fallen (Kalix P 1992).

Die für den Khatanbau genutzte Fläche hat sich zwischen 1970 und 2000 von 8000 auf 103000 Hektar vervielfacht. Der Anbau und die Vermarktung von Khat sind in Jemen zu einem starken Wirtschaftszweig geworden und liefern für viele, die andernfalls arbeitslos wären, eine Einkommensquelle (Al-Mugahed L 2008).

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-4- Da fruchtbarer Boden rar ist, hat die hohe Nachfrage nach Khat zu heftiger Konkurrenz um

Wasser und Land geführt, zum Nachteil traditionell angebauter Grundnahrungsmittel und Handelsprodukte. Sämtliche Wasserreserven werden derzeit stärker ausgebeutet als sie sich erneuern können, da 40% des verfügbaren Trinkwassers für den Khatanbau verbraucht werden (Almas AAM et al. 2006).

Die Probleme des Landes werden noch verstärkt durch die starke Zunahme der Bevölkerung und die geringer werdenden Ölfördermengen (Boulvert Y. 2007).

Der Khatkonsum ist in einigen Gegenden des Jemens weitverbreitet, sogar unter Kindern.

Für die Hauptstadt Sanaa unterstellen Schätzungen eine Prävalenz in der Altersgruppe über 15 Jahren von 80% unter Männern und 50% unter Frauen (Basunaid S et al. 2008).

Zwischen 15 und 20% der Kinder unter zwölf Jahren konsumieren ebenfalls täglich Khat (World Bank Report 2007).

Konsumenten verbringen einen Großteil des Tages damit Khat zu kaufen und zu kauen, was sich nachhaltig auf die Arbeitszeiten und damit auf das Familieneinkommen auswirkt (Balint E et al. 2009).

Khat wird traditionell in überwiegend von Männern betriebenen geselligen Ritualen konsumiert. Solche Zusammenkünfte dauern Stunden und generieren kulturelle Identität, sogar unter Immigranten. Khat wird aber auch von Arbeitern benutzt, um Müdigkeit zu bekämpfen (Griffiths P et al. 1997).

Der gewünschte Effekt kann nur durch Kauen der frischen, jüngeren Blätter erreicht werden, da der psychoaktive Hauptbestandteil zerfällt, wenn die Blätter verwelken (Schorno X et al.

1979).

Daher hat sich der Khatgenuss über Jahrhunderte auf die Gebiete beschränkt, in denen die Pflanze heimisch ist. Khatrituale sind langwierig und können bis zu zwölf Stunden dauern.

Durch das Kauen der Pflanze fühlt sich der Konsument aufmerksamer, euphorisch und redefreudiger, während das Hungergefühl unterdrückt wird (Nencini P et al. 1989; Al- Motarreb A et al. 2002).

Regelmäßiger Khatkonsum geht einher mit erhöhtem Puls und arteriellem Blutdruck, abhängig vom Cathinon-Spiegel im Plasma (Hassan N et al. 2000).

Außerdem haben regelmäßige Khatkonsumenten Zahnfleischentzündungen und lose Zähne, aber es gibt keine ungewöhnliche Häufigkeit von Mundhöhlenkarzinomen (Hill CM et al.

1987).

Weiterhin wird von einer Vielzahl von psychiatrischen und somatischen Symptomen bei Khatkonsumierenden Personen berichtet, darunter Insomnie und Affektstörungen, Anorexie, Verdauungsstörungen, Depressionen, Leberschäden und Herzkomplikationen (Balint EE et al. 2009).

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-5- Trotzdem konnte eine vorhergehende Studie bei Khatkonsumenten unter Anwendung des

SCL-90 keine nachteiligen psychischen Symptome nachweisen, und die meisten Khatkonsumenten beschrieben überwiegend angenehme Erfahrungen (Numan N 2006;

Selassie SG et al. 1996).

Der Anbau hat über die letzten Jahrzehnte in vielen Ländern massiv zugenommen, da Khat zu einem internationalen Handelsgut geworden ist. Trotz der Tatsache, dass Cathinon nach Schedule I (Anhang I) und Cathin nach Schedule III (Anhang III) zu den international unter gesetzlicher Kontrolle stehenden Substanzen gehören, unterliegt Khat als Pflanze (anders als beispielsweise Kokablätter) nicht internationaler Gesetzgebung. Dies ist einer der Gründe dafür, dass der Anbau der Pflanze immer noch schwer zu kontrollieren ist. Frische Blätter werden per Luftfracht in die USA und nach Europa geschmuggelt und dort für 300 bis 500 US-Dollar je Kilogramm gehandelt (Operation Somalia Express 2006).

Das Problem wurde so virulent, dass die DEA (Drug Inforcement Administration) im Jahr 2006 große Anstrengungen unternommen hat, Mitglieder einer Drogenhandelsorganisation festzunehmen, die mehr als 25 Tonnen Khat vom Horn von Afrika in die USA geschmuggelt haben (DEA News Release 2006).

Abbildung 1: Populäre Länder für Khatanbau Quelle: www.lamprecht-just.ch/Galerie.html

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-6- In den letzten Jahren hat die jemenitische Regierung die schädlichen Auswirkungen des

Khatkonsums auf die Funktionalität des Gemeinwesens erkannt. Präventionsprogramme waren bisher weitgehend erfolglos.

Einer der Gründe hierfür könnte in der Halbherzigkeit liegen, mit der die Angelegenheit angegangen wird, da einige Entscheidungsträger fürchten, mit dem Verschwinden des Khat könnte der Konsum gefährlicherer Substanzen befördert werden. In ihrem Bericht von 2007 stellte die Weltbank fest, dass „die Forschungslage zu Ursachen und Auswirkungen des Khatkonsums und den mit der Einnahme einhergehenden sozial bedingten Verhaltenszwängen in Anzahl und Umfang begrenzt ist“. Sie fordert „weitere Forschungsaktivitäten zu diesen Problemen, um wirkungsvolle Gegenmaßnahmen ergreifen zu können“ (World Bank Report 2007; Klein A et al. 2009).

Zwar sind exzellente Arbeiten über Khat im Allgemeinen veröffentlicht worden, aber keiner dieser Berichte befasst sich mit den Motiven für Khatkonsum oder Abstinenz. Viele sind entweder anekdotisch, konzentrieren sich zu wenig auf die sozialen Aspekte der Droge, oder betreffen andere Kulturen. Es ist das Anliegen dieser Studie, sich mit diesen Problemen zu befassen und ein tieferes Verständnis der geschlechtsspezifischen Motivationen für Khatkonsum oder Abstinenz und die davon erwarteten Wirkungen zu erlangen, da wir davon ausgehen, dass diese Ansichten den Gebrauch von Khat in der jemenitischen Gesellschaft am Leben erhalten, über das reine Suchtpotenzial hinaus (Elmi AS 1983; Aden A et al.

2006).

1.1 Beschreibung der Khatpflanze

Die Khatpflanze ist eine in Ostafrika heimische immergrüne, wild wachsende Pflanze, die von Äthiopien bis nach Südafrika verbreitet ist. Sie gehört zur Pflanzenfamilie der Spindelbaumgewächse [Celastraceen] und kommt sowohl als Strauchgewächs als auch als Baum vor. Khat ist unter verschiedenen Schreibweisen oder Namen bekannt, z. B. Qat, Kat, Chat,Tschat, Catha, Quat, Abyssinian Tea, African Tea oder African Salad ect. (Al-Hadhrani A 2000-2001;

Schirmbeck R 1987 ).

Die Pflanze war seit der Islamisierung des Hochlandes von Ostafrika bei den Soffeen (einer muslimischen Gruppe) geschätzt und gelangte über die gelehrten Sofis in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert in den Jemen. Andere Überlieferungen berichten den Transfer dieser Pflanze aus Ostafrika während der Zeit der äthiopischen Besatzung im Jemen im 6.

Jahrhundert. Man vermutet, dass sie seitdem in Gebrauch ist. Der früheste Hinweis auf die Khatpflanze stammt nach Überlieferungen etwa aus den Jahren 393-443, der Hegriah-Zeit.

Das entspricht nach heutiger Zeitrechnung dem Jahr 942-1022 (Al-Thawra Newspaper 2000).

Abbildung 2: Khatplantage bei Sana'a Quelle: Al-Warith,H. Persönliche Fotographie

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-7- Erste Erwähnungen der Pflanze stammen von dem arabischen Arzt und Wissenschaftler

Abdulrahman Albairuni, der Khat als eine in den Gebieten Afghanistan und Turkmenistan vorkommende Waldpflanze beschrieb, die zu medizinischen Zwecken verwendet wurde.

Leider sagte er nichts über die Art dieser medizinischen Zwecke aus. Auch in einem weiteren Werk aus dem 13. Jahrhundert über zusammengesetzte Arzneien wurde Khat für medizinische Anwendungen empfohlen, jedoch wurde auch hier nicht angegeben, für welche Anwendungen es genau genutzt wurde.

In Europa blieb Khat bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unbekannt. Die erste wissenschaftliche, botanische Beschreibung der Khatpflanze aus Europa, stammt von dem schwedischen Botaniker Petrus Forskal aus dem Jahr 1763, einem Teilnehmer einer Expedition in Jemen, die vom dänischen König Friedrich V. entsandt worden war. Er beschrieb sie in seinem Buch „Von Kopenhagen

nach Sanaa“ und gab ihr den Namen Catha edulis. Forskal verstarb 1768, wenige Jahre nach der Expedition in Jemen, in der Stadt Yarim, etwa

130 km südlich von Sanaa (Al-hadhrani A 2000-2001)

Die von Forskal verfassten Berichte wurden von einem

anderen Mitglied der Expedition, dem Geographen Karsten Niebuhr, im Jahre 1775 herausgegeben.

In diesen Darstellungen wurde der Pflanze von Niebuhr die Bezeichnung Catha edulis Forskali in Erinnerung an ihren ersten europäischen Entdecker gegeben (Al-Hadhrani A 2000-2001; Schirmbeck R 1987 ).

1.1.1 Gebrauch und Verwendungszwecke

Ursprünglich verwendete man damals einen aus den Blättern der Pflanze bereiteten Aufguss zum Trinken. Heute stellt das Kauen der Zweigspitzen des Khatstrauches mit jungen Blättern die gebräuchlichste Art des „Genusses“ in vielen Ländern Afrikas und Asiens dar, insbesondere in Jemen. Khat ist heutzutage als Alltagsdroge anzusehen, die in einigen Ländern als legales Rauschmittel gebraucht und konsumiert wird. Für Jemen und einige Gebiete Ostafrikas kann man die Khatpflanze neben Kaffee und Nikotin als das populärste

„Genussmittel“ ansehen.

Khatkonsumenten bevorzugen zum Gebrauch möglichst frisch gepflückte Blätter und Zweige. Wird die Khatpflanze länger als 48 Stunden gelagert, so verursacht dies den Verlust von Geschmack und Wirkung. Eine Lagerung über einen noch längeren Zeitraum führt dazu, dass die Ware verdirbt. Um Khat längere Zeit aufzubewahren und diesen Prozess zu umgehen, können die Khatblätter getrocknet und später verwendet werden.

Abbildung 3: Khatfeld in Wadi Dhahr bei Sana'a

Quelle: Al-Warith,H. Persönliche Fotographie

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-8- Beim Verwenden getrockneter Blätter werden diese für 15 bis 30 Minuten im Wasser

eingeweicht und danach konsumiert.

Eine frische grüne Tagesration ist für ungefähr 5 - 10 Euro erhältlich. Die leicht berauschende Wirkung des Khats wird durch ständiges Zuführen von frischen Blättern aufrechterhalten oder sogar gesteigert. Dazu werden große Mengen Flüssigkeit - meist Wasser, Cola Getränke, verschiedene Säfte, Tee oder jemenitischer Kaffee (arabisch:

Gahwah) getrunken.

Einige Konsumenten nutzen beim Khatkonsum zusätzlich unterschiedliche Schmerz- oder Schlafmittel sowie in Einzelfällen auch Alkohol, der in Jemen streng verboten und nur als Schmuggelware erhältlich ist (diese Information habe ich während der Befragung von einigen Konsumenten anonym erfahren).

Zum Khatkonsum gehört gewöhnlich meist auch das aktive oder passive Rauchen in geschlossenen warmen Räumen, in Form von Zigaretten oder den traditionellen jemenitischen Wasserpfeifen und Schischas, wobei manchmal dasselbe Mundstück im Kreise der Teilnehmer herumgereicht wird. Bei diesen Zusammenkünften werden auch Duftkräuter oder Weihrauch (Boswellia Serrata, Bukhoor) zum Räuchern genutzt, besonders bei feierlichen Anlässen.

In Jemen gibt es ein besonderes Ritual des Khatkonsums, die „Khatsitzungen“. Diese beginnen am Mittag, etwa ab dreizehn Uhr und dauern häufig bis einundzwanzig Uhr, manchmal auch länger. Sie sind im heutigen Jemen ein wesentlicher Bestandteil des sozialen Lebens. Traditionellerweise treffen sich Männer und Frauen getrennt im Haus eines Gastgebers, meist in einem für solche Zwecke bereitstehenden Raum.

Das Ziel des Khatkonsums ist es, einen Zustand von Wohlbefinden und Antriebsteigerung zu erreichen. Die damit verbundenen Nebenwirkungen werden zunächst während des Kauens nicht wahrgenommen. Erst in einer späteren Phase kommt es zu einer passageren Verstimmungsphase, oft nach dem Ende des Konsums.

Jeder Teilnehmer einer Khatsitzung bringt sein eigenes Bündel oder Tüte Khat mit. Die kleinen frischen Khatblätter werden in den Mund geführt und zu Bällchen gesammelt, geformt und in einer Backentasche gespeichert (Yokhazzen). Langsam können die gepressten Blätter bis zum Ende der Sitzung die Größe von Tennisbällen annehmen.

Üblicherweise werden ungefähr 250 - 1000g frische junge Laubblätter pro Person meistens zwischen 3 bis 7 Stunden lang gekaut.

Abbildung 4: Eine Khatart aus der Region Dhamar

Quelle: Al-Warith,H. Persönliche Fotographie

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-9- Bei diesen Ritualen gibt es eine Sitzordnung für die Gäste, die sich nach dem Alter, der

familiären Herkunft, dem Ansehen des Gastes sowie seiner gesellschaftlichen oder politischen Stellung richtet. Die angesehenen oder nahe stehenden Gäste nehmen die Plätze ein, die sich in der Nähe des Gastgebers und am weitesten entfernt vom Eingang befinden.

Dies geschieht wohl deshalb, weil es zum einen eine höfliche Geste des Gastgebers gegenüber den Teilnehmern ist, zum anderen, weil von den Teilnehmern ein kalter Luftzug als unangenehm empfunden werden könnte und somit gegebenenfalls auch eine Erkältung vermieden werden kann.

Bei diesen Khatritualen finden zwischen den Teilnehmern Gespräche in großen Kreisen, Diskussionen über Politik, Kultur oder über Themen statt, die von allgemeinem Interesse sind und in die dann alle Teilnehmer an der Khatsitzung einbezogen werden. Auch bei gesellschaftlichen bzw. familiären Anlässe wie Hochzeitsfeiern, Trauerfeiern o. ä. werden nicht selten Khatsitzungen abgehalten.

Zumeist herrscht anfangs eine gelockerte, ausgelassene Stimmung mit erhöhter Wachheit, geistiger Regsamkeit und Tatkraft. Diese Stimmung hält 2 bis 3 Stunden an. Danach werden die Gespräche in kleinen Kreisen oder auch nur zwischen zwei Teilnehmern weitergeführt.

Konsumenten berichten, dass in dieser Phase ein Wohlbefinden eintritt (auf arab. Kayff genannt). Mit dem Nachlassen der Blätterzufuhr, oder nach Entfernen der gekauten Reste aus der Backentasche, wechselt die Stimmung innerhalb der Khatsitzung. Die Gespräche verstummen, es herrscht Ruhe. Bei den Teilnehmern treten eher dysphorische Gefühle auf.

Die Khatwirkung geht langsam in eine Verstimmungsform und in eine innere Unruhe (auf arab. Qalaqq) über.

Bei einigen Personen, die zu viel und zu lange Khat konsumiert haben, kommt es sogar zu Selbstgesprächen. Einige verlassen den Raum mit Besorgnis, andere sehen traurig oder schlecht gelaunt aus.

Wie bei Amphetaminen kann es auch bei Khat zum schädlichen Gebrauch bzw.

Abhängigkeit kommen. Amphetamin ist eine künstlich hergestellte Substanz, die eine aktivierende Wirkung auf das zentrale Nervensystem hat. Müdigkeit wird völlig unterdrückt, die Leistungsfähigkeit und das Konzentrationsvermögen nehmen zu, Hungergefühle aber ab.

Die Wirkstoffe der Khatpflanze haben ähnliche Effekte wie Amphetamin.

Vermutlich seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wird aus Ostafrika per Luftfracht transportiertes Khat in die USA und in Europa (vor allem in den Niederlanden und Großbritannien) in größeren Mengen vermarktet und konsumiert. Die in Europa lebenden Konsumenten sind nahezu ausschließlich ostafrikanischer sowie jemenitischer Herkunft, für Konsumenten europäischer Herkunft scheint die Droge - nicht zuletzt wegen ihres bitteren Geschmacks - offenbar unattraktiv.

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1.1.2. Anbau und Ökologie

Die Anbaugebiete des Khat in Jemen sind entlang der westlichen Hänge, der Gebirge und der östlich hochliegenden Gebirgsflächen verteilt. Khat wird heutzutage in großem Umfang angebaut. Seit den siebziger Jahren kam es zu einer drastischen Zunahme des Anbaus und damit zu einer Reduzierung der sonst landwirtschaftlich genutzten Flächen. Khatpflanzen werden heute auf großen Flächen im Hochland des Jemens und in mehreren ostafrikanischen Ländern angebaut.

Dort bestehen günstige klimatische Bedingungen für die Pflanze. Für neue Bepflanzungen werden Stecklinge aus Wurzeln oder Zweigsprossen verwendet. Die Pflanzen wachsen in etwa 1 - 3 Jahren heran, wobei in der ersten Zeit eine ausreichende Bewässerung erforderlich ist. Damit gehört der Anbau zu den Hauptverursachern des Verbrauchs knapper Wasserreserven in Jemen, mit zum Teil drastischen Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel. So ist z. B. in Sanaa der Grundwasserspiegel gesunken. Es wurde in den Medien bekannt gemacht, dass dem Jemen eine ökologische Krise bevorsteht, verschärft durch das Fehlen und einer Knappheit des Grundwassers sowie durch Erschöpfung der Wasserreserven. In der Hauptstadt Sanaa droht die Austrocknung des Wasserbeckens. Experten im Bereich der Wasserpolitik in Jemen und im Ausland warnen vor einer Wasser-Krise. Hierfür ist natürlich in erster Linie die zunehmende großflächige Bewässerung des Khatanbaus verantwortlich.

In landwirtschaftlicher Hinsicht besteht das Problem darin, dass außerdem der zunehmende Anbau von Khatbäumen- und Sträuchern in zahlreichen Gebieten des Jemens die ursprünglich dort kultivierten Kaffeesorten und sonstigen Kulturpflanzen wie Weintrauben und Kaktuspflanzen verdrängt. Teilweise wachsen die Khatpflanzen auch zwischen den Kaffeebäumen.

Bei der Ernte werden Blätter oder kleine Zweige von den Sträuchern entfernt. Man lässt einige Seitensprosse stehen, an denen sich in den nächsten Monaten bis Jahren junge Triebe und Blätter bilden, die wieder geerntet werden können.

Da Khat eine verderbliche Ware ist, muss gewährleistet sein, dass die geernteten Zweige und Blätter den Verbraucher in kürzester Zeit erreichen. Für den Transport werden sie in feuchte und möglichst saubere Tücher eingewickelt und können so von einem halben bis zu zwei Tagen aufbewahrt und dann noch verkauft werden.

Abbildung 5: Khatbäume mit einzelnen Kaffeebäumen bei Sana'a

Quelle: Al-Warith, H. Persönliche Fotographie

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-11- Meistens findet die Ernte täglich in den frühen Morgenstunden statt. Anschließend beginnt

umgehend der Transport zu den Märkten der Städte in ganz Jemen und auch in weiter abgelegenen Gebieten, in denen kein Khat angebaut werden kann. Damit kann das Produkt noch am Vormittag angeboten werden.

Die leichte Verderblichkeit der Khatpflanze, die es nötig macht, dass sie noch am gleichen Tag verarbeitet wird, war zumal in früheren Zeiten mit fehlender Infrastruktur ein Hauptgrund dafür, dass die Pflanze außerhalb ihres Ursprungsgebietes bislang kaum bekannt ist.

Lastwagen, Kleintransporter und Motorräder machen es inzwischen möglich, die frischen Khattriebe und -Blätter täglich zu jedem Dorf, jeder Stadt und jedem Markt des Landes zu befördern (Al-Hadhrani A 2000-2001).

1.1.3. Inhaltsstoffe

Erst mehr als hundert Jahre nach der Beschreibung durch Forskal im Jahre 1763 erfolgte die weitere Erforschung des Khat. Die chemische Struktur war für lange Zeit unbekannt. Im Jahre 1887 gelang es Flückiger und Gerock, ein Alkaloid aus dem Khat zu isolieren, das sie Kathin nannten. Sie konnten es jedoch nicht näher charakterisieren. Diese Untersuchungen waren die frühsten in Europa. Einige Jahre später gelang es dem Italiener Mosso (1891), die Base Celasterin aus der Pflanze zu extrahieren. Das Celasterin zeigte bei ersten Versuchen an Fröschen eine zentral erregende Wirkung.

Um 1900 führte Beitter eine umfassende chemische Analyse des Khat durch, wobei er kristalline Salze fand, die sich als identisch mit Celasterin und Kathin erwiesen. Um 1912 identifizierte Stockman drei Alkaloide des Khat und nannte diese Cathin, Cathinin und Cathidin, wobei es sich nach den Erkenntnissen der siebziger Jahre um verunreinigtes Cathinon oder Cathin gehandelt haben dürfte. Im Jahre 1930 gelang es Wolfes, die Identität von Cathin mit (+)- Norpseudoephedrin nachzuweisen.

Das (+)-Norpseudoephedrin, gewissermaßen ein demethyliertes Ephedrin, ist als Base in Chloroform und Äther und als Salz in Wasser löslich. Bis in die siebziger Jahre wurde die stimulierende Wirkung der Catha edulis dem (+)-Norpseudoephedrin zugeschrieben.Von Brücke (1941) war der Erste, der dies in Frage stellte und der Meinung war, dass noch wirksamere Stoffe in der Pflanze vorhanden sein müssten (Halbach H. 1972).

Zwischen den Jahren 1957-1958 waren Paris und Moyse in der Lage, 3 bis 6 Alkaloide des Khat zu identifizieren, wobei sie vermuteten, dass einer der Stoffe Ephedrin sei. Sie berichten in ihren Arbeiten, dass die gesamte Khatpflanze ein größeres Ausmaß toxischer Effekte hat als die entnommenen Alkaloide allein. Diese Vermutung wurde von mehreren anderen Autoren gestützt (Halbach H. 1972).

Abbildung 6: Junge Triebe und Blätter Quelle: Al-Warith,H. Persönliche Fotographie

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-12- Anfang der sechziger Jahre bezweifelten auch Brilla et al. (1962), dass das (+)-

Norpseudoephedrin die am stärksten zentral erregende Substanz im Khat sei. Aufgrund ihrer Experimente kamen sie zu dem Ergebnis, dass noch eine weitere instabile Substanz in der Pflanze vorhanden sein muss, die dem (+)-Norpseudoephedrin ähnelt, jedoch pharmakologisch wirksamer ist. Sie vermuteten, dass diese instabile Substanz während des Trocknens in das (+)-Norpseudoephedrin übergeht. Diese Vermutung fand in den gezielten Untersuchungen des Khat Mitte der siebziger Jahre Bestätigung. Im Jahre 1968 wurden durch Karawaya und Mitarbeiter außer Cathin und Ephedrin weitere Alkaloide in der Pflanze nachgewiesen: Cathinin, Cathidin und Edulin, deren Struktur sie aber nicht genauer chemisch beschreiben konnten. Rücker et al. (1973) fanden heraus, dass die basische Fraktion des Khat-Extraktes sieben stickstoffhaltige Substanzen aufweist, jedoch konnten sie – abgesehen vom Cathin – keine davon näher chemisch charakterisieren (Halbach H. 1972).

Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde im Suchtmittellabor der Vereinten Nationen in Genf eine gezielte photochemische Analyse frischen Khatmaterials aus Kenia durchgeführt. Dabei gelang es 1975 zum ersten Mal, das Cathinon zu isolieren und zu identifizieren. Es erwies sich, dass Cathinon eine größere pharmakologische Wirksamkeit als Cathin besitzt. Der Grund, weshalb Cathinon erst sehr spät entdeckt wurde, ist unter anderem darin zu sehen, dass das untersuchte Material getrocknet war. Heute wissen wir, dass die frischen Khatblätter höhere Mengen Cathinon enthalten als getrocknete. Seit 1980 sind neben ZNS-aktiven Aminen Terpenoide, Glykoside, Tannine, Flavonoide, Gerbstoffe, Mono- und Triterpene, Ascorbinsäure und mehrere Aminosäuren sowie über 40 verschiede Alkaloide im Khat bekannt geworden (Halbach H. 1972).

1984 wurde von Brenneisen et al. durch Säulenchromatographie eine neue Substanz isoliert.

Diesen Bestandteil der Khatpflanze nannten Brenneisen et al. „Merucathin“. Nach und nach wurden noch weitere Komponenten des Khat nachgewiesen, bis letztendlich vermutlich die wichtigsten Inhaltstoffe ermittelt waren (Brenneisen R et al. 1985; Kalix P et al. 1990).

Abbildung 7: Die chemische Raumstruktur von Cathinon Quelle: www.dr-bernhard-

peter.de/apotheke/Gifte/Qat.htm

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-13- Nach dem aktuellen Stand ist von folgenden Inhaltsstoffen der Pflanze auszugehen:

Abbildung 8: Khatpflanze Quelle: Alnabaa Newspaper, Jemen

1. Alkaloide:

1.1 Phenylalkylamintyp: Cathin (Norpseudoephedrin), Phenolpropanolamine, Celasterin, alpha-Aminopropiophenole, 3,6-dimethyl-2,5-dimethyl Pyrazin, Phenylpenteylamine.

1.2 Sesquiterpene Polyester Alkaloide, Catheduline, Pentylhydroxy sesquiterpencore, Esterstoffe, Cathedin-D.

2. Aminosäuren und Choline:

Asparginsäure, Threonin, Serin, Glutaminsäure, Prolin, Glyzin, Alanin, Valine Leucin, Isoleucin, Phenylamin, Tyrosin, Aminobuttersäure, Histidin, Tryptophan, Ornithin, Arginin, Phenylalanin.

3. Polyphenolsäure Komponenten:

Flavonole, Campherol, Quercitin und Myricetin A.

4. Minerale und Vitamine

Niacin B7, Protein, Thiamin B1, Riboflavin B2, Calcium, Eisen 5. Andere Komponenten

Essentielle Öle, von denen bislang elf identifiziert wurden. (Winterfeld K et al. 1960; Quedan S 1972 ; Brenneisen R et al. 1985).

1. Alkaloide

2. Aminosäuren und Choline

3. Polyphenolsäure Komponenten

4. Minerale und Vitamine

5. Andere Komponenten

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1.1.4 Pharmakologische Wirkung

Nach dem Bekanntwerden der Khatpflanze in Europa dauerte es noch lange Zeit, ehe Wissenschaftler Inhaltstoffe und Wirkung der Pflanze systematisch untersuchten. Diese Verzögerung, die bis in die siebziger Jahre hineinreichte, war durch die mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Pflanzenmaterialien und die unzureichenden Extraktions- und Analysemöglichkeiten begründet.

In den letzten 20 Jahren nahm die Verbreitung der Pflanze drastisch zu. Flugverbindungen ermöglichen inzwischen auch die Verbreitung in anderen Teilen der Welt. Dadurch wurden nationale und internationale Organisationen sowie Wissenschaftler und andere Interessierte auf die Pflanze aufmerksam.

Durch die Fortschritte in der Analysetechnik, der Pharmakologie und der Toxikologie stehen heute fundierte Untersuchungstechniken zur Verfügung, um die Inhaltstoffe der Khatpflanze zu identifizieren und zu quantifizieren.

Die wichtigste Gruppe chemisch miteinander verwandter Inhaltsstoffe des Khat werden als Kathamine bezeichnet. Für den größten Teil der Wirkung des frischen Khat beim Menschen ist das Cathinon verantwortlich, d. h. das Cathin, das mit dem Amphetamin eng verwandt ist, aber wesentlich schwächer wirkt. Norpseudoephedrin und Norephedrin bei getrocknetem Khat haben beide einen ähnlichen Wirkcharakter wie Cathinon, allerdings eine zehnfach geringere Wirkstärke (Schirmbeck R. 1987; Desel H. 2000).

Die übrigen Kathamine (Merucathinon, Merucathin, Pseudomerucathin und N- Formylnorephedrin) tragen kaum zur Wirkung des Khat bei. Cathinon ist in Anlage I B, Cathin in Anlage III zu §1 Abs. 1 BtMG verzeichnet. Cathin ist zudem ein wirksamer Inhaltsstoff in drei z. Zt. in Deutschland zugelassenen rezeptpflichtigen Appetitzüglern. Über die Kathamine hinaus enthält Khat Gerbstoffe, Aminosäuren und Vitamine, besonders Vitamin C. Der Wirkstoff Cathinon hat den gleichen Wirkmechanismus und Effekt wie ein Amphetamin, seine Konzentration in der Pflanze ist ungefähr zweimal so hoch (Schirmbeck R. 1987; Rote Liste 2000).

.

Nur durch intensives, mehrstündiges und lang andauerndes Khatkauen lassen sich die erwünschten psychischen Wirkungen erzielen. Die Metabolite werden dabei nur langsam über die Mundschleimhaut aufgenommen. Wahrscheinlich kommen aus diesem Grund schwere akute Vergiftungen durch Überdosierung von Khat nicht vor. Dies steht im Gegensatz zu den Komplikationen beim Gebrauch von Amphetaminen, die den Kathaminen sowohl in chemischer Hinsicht als auch in ihren körperlichen und psychischen Wirkungen ähneln: Amphetamine werden als Stoffgemische mit hochkonzentriertem Wirkstoffanteil oral eingenommen oder injiziert und damit leicht überdosiert.

Methcathinon (alfa-Methylamino-propiophenone) ist ein dem BtMG (Anlage I B) unterstelltes, dem Cathinon sehr eng verwandtes, synthetisch hergestelltes Rauschmittel (Halbach H 1972).

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1.2 Tierexperimente und humane Versuche

Frühe Untersuchungen zur Wirkung des Khat erfolgten durch subkutane Injektionen am Tiermodell, noch bevor die Isolation und Identifikation des Cathinon gelungen war.

Nach der Herstellung des Cathinon als Reinsubstanz konnten durch Untersuchungen an Menschen und Tieren interessante Ergebnisse hinsichtlich der Auswirkungen dieser Substanz gewonnen werden. Cathinon als der wirksamste psychoaktive Bestandteil des Khat steigert die lokomotorische Aktivität von Menschen und Tieren. Es hat eine kreislaufanregende Wirkung (Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks) und wirkt psychisch stimulierend bzw. euphorisierend (Brenneisen R et al. 1990; Schirmbeck R. 1987).

Eine regelmäßige Anwendung führt darüber hinaus häufig zu Schleimhautentzündungen im Mund, in der Speiseröhre und im Magen sowie zu Blähungen und zu Verstopfung. Als typische psychische Symptome werden Euphorie, eine gesteigerte Aufmerksamkeit, ein erhöhter Rededrang, Appetithemmung, innere Unruhe und Hyperaktivität sowie Schlafstörungen beobachtet. Nur in seltenen Einzelfällen kommt es bei extremem Konsum zu psychotischen Symptomen (z. B. Wahnvorstellungen und Wahnideen).

Zum Vergleich: Methamphetamin ist eine weitere synthetische Variante des Amphetamins, die von der Wirkung her nicht von diesem zu unterscheiden ist. Allerdings kann seine Wirkung wesentlich länger andauern (bis zu 30 Stunden). Auf dem illegalen Markt wird es als

„Speed“ mit hohem Methamphetamingehalt sowie als „Crystal“ bezeichnet (Halbach H 1972).

Letzte Untersuchungen zeigten, dass die Blätter des Khatbaumes Stoffe enthalten, die die Spermienreifung und das Befruchtungsvermögen beeinträchtigen. Wissenschaftler des Londoner Kings College hingegen fanden heraus, dass in den Blättern auch Wirkstoffe enthalten sind, die die Spermienreifung und die Befruchtung eines Eies begünstigen (ESHRE 2004).

Die Forscherin Lynn Fraser erklärte anlässlich des europäischen Kongresses für Reproduktionsmedizin in Berlin: „Wir denken an die Entwicklung von Produkten aus Khat, die von Männern oder auch Paaren benutzt werden können, bei denen das Kinderkriegen nicht klappt“ (ESHRE 2004).

In Studien mit tierischem und menschlichem Sperma zeigte sich, dass in Khat amphetaminartige Substanzen (Phenylpropanolamine, PPA) enthalten sind, die den letzten Schritt des Spermienreifungsprozesses stimulieren. Aus vorläufigen Ergebnissen von Untersuchungen geht hervor, dass PPA in geeigneter Dosierung zur Verbesserung der natürlichen Fruchtbarkeit beitragen könnte.

Khatwirkstoffe könnten demnach u. U. additiv zur Behandlung von Unfruchtbarkeit eingesetzt werden. Zunächst müsste jedoch die Wirkung von PPA auf die Funktionen der Eierstöcke, der Hoden und der Spermienreifung noch genauer erforscht werden.

PPA anderer Herkunft werden bereits heute in rezeptpflichtigen und rezeptfreien Arzneiprodukten, etwa in Nahrungsergänzungsmitteln, zur Gewichtsabnahme oder in der Asthmatherapie eingesetzt (ESHRE 2004).

(16)

-16- In dieser Hinsicht gibt es Evidenzen, dass der Khatkonsum bei der unkontrollierten Explosion

der Bevölkerung in Jemen seinen Beitrag leistet. Daraus resultiert ein großes Problem in der Familienplanung und damit Probleme bei Verteilung der staatlichen Einnahmen und Ausgaben.

1.3 Erkenntnisstand zum Wirkstoff, zur Konzentration und Wirkung

Der Gehalt der Blätter an Cathinon und an anderen Kathaminen ist stark schwankend und vom Alter der Triebe sowie von der Dauer der Lagerung abhängig: Frisch vermarktete junge Triebe enthalten ca. 0,01 - 0,33 % Cathinon bei einem Gesamtgehalt an Kathaminen von 0,02 - 0,96 % (bezogen auf das Frischgewicht der Pflanzen, (Geisshüsler et al.1987).

Im Verlauf des Blattwachstums wird Cathinon zu Cathin und Norephedrin umgewandelt:

frische, voll entwickelte Blätter enthalten nur 0,004 % Cathinon bei insgesamt 0,2 % Kathaminen.

Auch beim Trocknen und Lagern der Blätter kommt es zu einer Umwandlung von Cathinon in andere Kathamine: Khat verliert in der Umgebungstemperatur innerhalb von 3 - 4 Tagen einen größeren Teil seiner Wirksamkeit. Nach dieser Zeit ist somit mit einem weitgehenden Abbau des Cathinons zu rechnen. Tiefgekühlt hingegen ist das Cathinon im Khat längere Zeit haltbar.

Über die Wirkung des Khat berichten viele arabische Quellen des Altertums und der neueren medizinischen Literatur: Müdigkeit verschwindet, Euphorie und eine schwache Erregung stellen sich ein. Es stimuliert den Körper zu mehr Leistungsfähigkeit und unterdrückt Hungergefühle. Die häufigsten körperlichen Symptome sind, neben der bereits für (isoliertes) Cathinon beschriebenen kreislaufanregenden Wirkung (Herzfrequenzerhöhung, Tachykardie, Gesichtsrötung), eine geringfügige Erhöhung der Körpertemperatur, die mit Schwitzen und einer Pupillenerweiterung einher geht. (Brenneisen R et al. 1990).

1.4 Khat und Drogen

Im Jahre 1964 wurden durch die WHO die Begriffe “Drogensucht” und „Drogengewöhnung”

durch „Drogenabhängigkeit“ ersetzt.

Dabei wird Drogenabhängigkeit als Zustand definiert, der durch wiederholte Einnahme einer Droge über einen längeren Zeitraum entsteht.

Zur genaueren Charakterisierung wurden durch die WHO verschiedene Typen der Drogenabhängigkeiten beschrieben, die die jeweiligen Besonderheiten der einzelnen Drogen erfassen, so z. B. der Morphintyp, der Amphetamintyp, der Kokaintyp usw. In diesem Zusammenhang wurde die Drogenabhängigkeit vom Amphetamintyp - und dies würde auch auf Khat zutreffen - wie folgt beschrieben:

(17)

-17-

• Notwendigkeit oder zumindest starkes Verlangen nach einer wiederholten Einnahme der Droge

• Einnahme immer größerer Mengen zur Erreichung eines verstärkten Effektes bzw.

zur besseren Bekämpfung von Müdigkeit oder depressiver Verstimmung, teilweise auch Toleranzentwicklung

• psychische Abhängigkeit und

• keine physische Abhängigkeit

Der zwischen den anderen Substanzen der Amphetamingruppe und dem Khat bestehende Wirkungsunterschied ist in erster Linie auf die durch die besondere Art des Khatkonsums bedingte beschränkte bzw. verzögerte Aufnahme der wirksamen Khat-Inhaltsstoffe zurückzuführen.

Die Gewöhnung von Khat lässt sich nach der WHO folgendermaßen beschreiben:

1. Es besteht der Wunsch (aber kein Zwang), die Droge weiter zu nehmen, um das durch sie erzeugte Wohlbefinden zu erreichen.

2. Es entsteht eine leichte psychische Abhängigkeit, die jedoch beim Khat geringer ausgeprägt ist als beim Amphetamin oder anderen amphetaminartigen Substanzen.

3. In seltenen Fällen (stärkerer Khatkonsum über längeren Zeitraum) ist die Entwicklung einer schwachen physischen Abhängigkeit möglich.

4. Eine Toleranzentwicklung besteht nicht.

Eine Toleranz entwickelt sich zwar gegenüber der Wirkung auf das vegetative Nervensystem (Nencini et al.1984) insbesondere gegenüber Kreislaufstörungen, nicht jedoch gegenüber dem psychischen Zustand (Halbach H 1972).

Diese Sachlage veranlasste eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation, Khat als mäßig suchtgefährdend einzustufen (Halbach H 1972).

1.5 Psychosoziale Auswirkungen des Khatkonsums

Die psychischen Auswirkungen auf die Konsumenten durch Khat gehören in den Bereich der zentralen Stimulation.

Sie sind u. a. gekennzeichnet durch:

• Euphorie, gesteigerte Aufmerksamkeit und Schlaflosigkeit

• Hyperaktivität

• Logorrhoe

• Unruhe sowie zeitweises Auftreten von Verhaltensstörungen, ähnlich eines hypomanischen und manischen Verhaltens.

(18)

-18- In seltenen Fällen kann Khat Zustände auslösen, die der paranoiden Amphetaminpsychose

ähneln, die Merkmale einer akuten Depression und Schizophrenie aufweist mit Stimmungsalterationen und produktiv-psychotischen Symptomen wie Wahn und Halluzinationen.

Das seltene Auftreten kann dadurch erklärt werden, dass die Art und Dauer des Khatkonsums den Plasmaspiegel der wirksamen Substanzen nur derart selten hoch ansteigen lässt und solche Psychosen ausgelöst werden.

Dhadphale berichtet in seiner Arbeit über drei Fälle, bei denen die Betroffenen seit Jahren Khat konsumierten, über einen längeren Zeitraum deutlich größere Mengen. Dadurch trat bei jedem eine akute Psychose auf.

Fallbericht 1

Ein junger Khatkonsument aus Kenia bot eine etwa acht Wochen dauernde Krankheitsgeschichte, die durch Misstrauen gegen die Mitmenschen, Selbstisolierung, Furcht und das Gefühl “verrückt zu werden“ gekennzeichnet war.

Der Patient war bei der Untersuchung voll orientiert, litt jedoch unter einem ausgeprägten Verfolgungswahn.

Der Mann, der seit Jahren regelmäßig kleinere Mengen Khat gekaut hatte, gab an, seit etwa zwei Monaten exzessiv Khatmissbrauch zu treiben. Der Grund lag in einer erwünschten Steigerung der Arbeitsfähigkeit.

Dhadphale stellte die Diagnose einer paranoiden Form einer Psychose, verursacht durch Khatmissbrauch. Er führte eine Behandlung mit einem Neuroleptikum (Thioridazin) durch und verordnete ein Absetzen des Khatgebrauchs. Innerhalb einer Woche kam es zur völligen Rückbildung der Symptome. (Dhadphale M et al.1981).

Fallbericht 2

Bei einem dreiundzwanzig Jahre alten jemenitischen Araber traten über Wochen starke Kopfschmerzen sowie epileptische Anfälle auf. Auch dieser Patient hatte zeitweise das Gefühl „verrückt zu werden“.

Bei den Anfällen kam es nicht zu Stürzen des Patienten, vielmehr schlug dieser mit seinem Kopf leicht gegen eine Wand, ohne sich dabei zu verletzen. Zungenbiss oder Inkontinenz traten nicht auf. Der Anfall konnte durch eine Gabe von Diazepam unterbrochen werden, wurde differentialdiagnostisch aber eher als psychogen eingeschätzt.

Der Patient gab an, dass diese Anfälle überwiegend während des Wochenendes aufträten, wenn er zehn bis fünfzehn Bündel Khat, also ein Vielfaches der üblichen Menge, zu sich nehme. Auch in diesem Fall war Arbeitsüberlastung Grund für den gesteigerten Khatkonsum.

Der Patient wurde mit einer stützenden Psychotherapie sowie Gabe von Haloperidol über einen Zeitraum von zwei Wochen behandelt, wodurch rasch eine Symptomfreiheit erreicht wurde (Dhadphale M et al. 1981).

(19)

-19- Fallbericht 3

Auch bei diesem Patienten wurde eine Störung durch Stimulanzien mit „schizophreniformer Störung“ diagnostiziert, (ICD-10: F15.50 - Schizophrenieartige Psychose), die durch Khatmissbrauch ausgelöst wurde.

Der Patient klagte über akustische Halluzinationen; er fühlte sich von den Stimmen, die er hörte, bedroht. Als Folge kam es zu einer zunehmenden Selbstisolierung.

Seit seiner Jugend hatte der Patient regelmäßig Khatblätter gekaut, jedoch seit kurzer Zeit den Konsum auf über ein Kilogramm pro Tag gesteigert. Auch hier lag dem veränderten Konsumverhalten der Wunsch nach Leistungssteigerung zugrunde.

Die oben beschriebenen Symptome traten nach etwa drei Wochen auf.

Nach kurzzeitiger Behandlung mit Neuroleptika (Phenothiazine) kam es zur vollständigen Rückbildung der Symptome.

Spätere Beobachtungen und Untersuchungen der genannten Patienten zeigten, dass die Symptome bei erneutem Genuss kleinerer Khatmengen nicht wieder auftraten.

Fazit:

Gemeinsam ist allen drei Fällen, dass die psychotischen Verhaltensweisen auftraten, nachdem es zu einer exzessiven Steigerung des Khatverbrauchs gekommen war.

In keinem Fall besteht der Verdacht, dass zusätzlich Alkohol oder andere Drogen eingenommen wurden (Dhadphale M et al. 1981).

1.6 Auswirkungen auf das Familienleben

Das idealistische Familienbild einer völlig harmonischen Ehe in der jemenitischen Gesellschaft, in der auch eine grenzenlose Zuwendung zu Kindern herrschen soll, existiert heute nur noch selten bei Khatkonsumenten. Bei vielen sind die familiären Strukturen beeinträchtigt.

Hohe Scheidungsrate, die Berufstätigkeit beider Elternteile oder allein erziehende Elternteile sowie Schulproblematik der Kinder prägen heute das Bild in der Gesellschaft.

Die meisten Familien sind heute mit vielfältigen Problemen mit sich selbst und mit ihren Kindern, wie z. B. mit Arbeitslosigkeit und finanziellen Problemen, konfrontiert. Für eine gezielte Auseinandersetzung mit dem Khatkonsum als Mitverursacher dieser Problematik bleibt oft keine Zeit mehr. Oft sind die Betroffenen auch nicht in der Lage, die Hintergründe ihrer Situation zu erfassen.

(20)

-20- Die meisten Konsumenten ignorieren einfach, dass sie als Eltern und Geschwister eine

Vorbildfunktion einnehmen, an der sich die Kinder im späteren Lebensstil orientieren sollen.

Durch die Konsumgewohnheiten der Erwachsenen weltweit und durch den Umgang mit suchtinduzierenden Konsumstoffen, nicht nur beim Khat, sondern auch bei Alkohol, Nikotin, Medikamenten und Drogen, werden Verhaltensweisen auf die Kinder und Jugendlichen übertragen. Die Kinder nehmen das Verhalten der Erwachsenen, besonders der Eltern, wahr und bekommen einen vernünftigen Umgang mit der Problematik in ihrem Umfeld nicht vermittelt.

Kinder beginnen schon sehr früh, die Verhaltensweisen der Eltern nachzuahmen und zu verinnerlichen.

Eine psychische Gewöhnung mit ausgeprägtem Bestreben nach Wiederholung der Khatanwendung bei verschiedenen Bevölkerungsschichten, auch unter Verwendung eines großen Teils des Einkommens, wird oft beobachtet. Bei chronischen Khatkonsumenten zeigt sich eine mäßige Vernachlässigung der Ernährung und der Hygiene.

Ein soziales Problem bei chronischem Khatgenuss bis in den späten Abend scheint in den meisten Gebieten des Jemens und in einigen Gebieten Ostafrikas zu bestehen mit steigender Tendenz.

Durch den mangelnden Schlaf, Müdigkeit und Interesselosigkeit nach dem Aufstehen am nächsten Tag resultieren mangelhafte Arbeitsmotivation, mangelnde Leistungsproduktion bis hin zu fehlerhafter Tätigkeit und oder Fehlen am Arbeitsplatz.

Zitat eines Khatkonsumenten:

Zur Veranschaulichung möchte ich an dieser Stelle den Fallbericht eines ehemaligen Khatkonsumenten schildern: Seine Aussage spricht für sich.

Ein ca. 55-jähriger Beamter berichtete über seinen Khatkonsum seit über 30 Jahren. Um den Khatkonsum neben seiner Großfamilie mit 2 Ehefrauen und 15 Kindern finanzieren zu können, arbeitete er zusätzlich als Taxifahrer. Trotzdem reichten seine finanziellen Mittel vor dem Hintergrund der Ausgaben für Khat nicht aus, um allen Kindern eine ausreichende Schulbildung zu ermöglichen. Mit zunehmendem Alter fiel ihm die doppelte berufliche Belastung schwerer, er beklagte zahlreiche körperliche Beschwerden. Er selbst gab im Gespräch an, der Khatkonsum habe ihn krank gemacht und seine Familie ruiniert. Eine Abstinenz gelang ihm jedoch ohne Hilfe trotz mehrfacher Versuche nicht. Zunächst kam es sogar noch zu einer Zunahme der Beschwerden unter dem Eindruck eines milden Entzugssyndroms. Schließlich ließ er sich auf eine ärztlich geleitete Entzugsbehandlung ein.

Unter Reduktion des Khatkonsums für eine Woche wurde dabei eine einschleichende dopaminagonistische Therapie für 2 bis 3 Wochen eingesetzt. Dadurch konnte die vegetative Symptomatik behoben werden. Der Patient fühlte sich angemessen gut. Seitdem er den Khatkonsum eingestellt hat, beklagt er keine körperlichen Beschwerden mehr, das Familienleben wird wieder als befriedigender erlebt, unter anderem auch dadurch, dass wieder mehr Zeit miteinander verbracht wird.

(21)

-21- Psychische Auswirkungen im Vergleich zu anderen Drogen:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt das Khat zu einer „nicht ernst suchterzeugenden Droge“. Ganz im Gegenteil trägt es seinen Teil zum gesellschaftlichen und politischen Leben bei und spielt auch innerhalb der nationalen wirtschaftlichen Interessen eine Rolle. Von besonderer Bedeutung aber sind seine zunehmenden psychosozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen.

Auf psychischer Ebene entfaltet das Khat dosisabhängig eine stimulierende Wirkung bei schädlichem Gebrauch und chronischem Genuss bis zur Euphorie, auf die dann allerdings depressive Verstimmungen folgen, die bis zu Depressionen und bei vulnerablen Menschen zu exogenen Psychosen führen können. Verantwortlich dafür können Schlafstörungen sein, die zu Rebound-Effekten führen, auf die Schlafmangeleffekte folgen.

In der Literatur wurden verschiedenste gesundheitliche Probleme in Verbindung mit dem Missbrauch von Pestiziden im Khatanbau erläutert und beschrieben. Dies ist jedoch nicht Bestandteil dieser Arbeit.

Die zurzeit auf dem jemenitischen Markt verkaufte Khatpflanze hat in ihrer Rolle eine Ähnlichkeit mit der neuen Designerdroge „Yaba“ aus Thailand.

Die Yaba heißt in Thailand auch „Schabu“ oder „Yaa-Baa“ und wird dort als „crazy drug“

bezeichnet und als Droge auf dem Schwarzmarkt in viele Länder verkauft. Diese halluzinogene Droge gehört zu den so genannten Leistungsdrogen, die eine anregende Wirkung auf den Organismus haben (http://www.drogen-aufklaerung.de).

„Yaba“ führt zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein, zu einem geringerem Schlafbedürfnis und erhöhter Denk- und Muskelaktivität. Diese Droge sorgt dafür, dass Konsumenten ohne Probleme tagelang wach bleiben können.

Sie verfügt über ähnliche Wirkeffekte wie das Cathinon, der Wirkstoff des Khats, und wird entweder als Tablette eingenommen oder als Tabak geraucht. Ihre Hauptsubstanz ist das Metamphetamin. Zu den Nebenwirkungen dieser Substanz gehören eine Euphorie während der Substanzwirkung, darauf folgen oft Interesselosigkeit, Pessimismus, „Null-Bock“- Stimmung, psychische und körperliche Störungen, Apathie, Kopfschmerzen, Magen- und Darmbeschwerden, Nieren- und Lungenschäden und in Einzelfällen sogar Herzstillstand.

Von den erwähnten negativen Bewertungen abgesehen, muss man sich mit weiteren, in verschiedenen Arbeiten angeführten Auswirkungen bzw. Behauptungen auseinandersetzen.

Die Art und Auswirkung der durch eine typische Droge induzierten Sucht mit ihren oft dramatischen Folgen ist beim Khat in dieser Form nicht sicher vorhanden bzw. konnte bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden. Im Vergleich zu anderen Genussmitteln sind bei der Khatpflanze allerdings noch viele medizinische Fragen offen.

(22)

-22-

1.7 Sozioökonomische und ökologische Auswirkungen des

Khatkonsums

Neben den medizinischen und sozialen Fragestellungen sind es aber vor allem ökonomische und ökologische Auswirkungen, die die jemenitische Regierung und Gesellschaft heute vor große Herausforderungen stellen.

Im Jemen stieg die Anbaufläche des Khat in den Jahren 1970 bis 2000 von ca. 8.000 bis auf 103.000 Hektar Agrarland an (Al-Thawra Newspaper 2008).

Die Einwohnerzahl der Republik Jemen betrug im Jahr 2004 22.024.867 Personen. Hier ein genauer Überblick über die Bevölkerungsstruktur zu diesem Zeitpunkt:

Alters-Struktur:

0-14 Jahre: 46,6 % (männlich 4.751.776; weiblich 4.582.277) 15-64 Jahre: 50,6 % (männlich 5.166.437; weiblich 4.973.543)

65 Jahre und darüber: 2,8 % (männlich 273.199; weiblich 277.635) (Stand: 2004) Geburtsrate:

43,16 Geburten/1000 Einwohner (2004), Sterberate:

8,78 Verstorbene/1000 Einwohner (2004)

Der ökologische Aspekt stellt sich folgendermaßen dar:

- Jeder Hektar Agrarland produziert ca. 3.483 Khatbündel pro Jahr.

Jede Khatpflanze ermöglicht durchschnittlich die Ernte von ein bis zwei Khatbündeln pro Jahr. Der durchschnittliche Preis für ein Khatbündel beträgt 3,5 $.

Der Preis der Gesamtproduktion pro Jahr beträgt 3,5 x 3.483 = 12.190,50 $ pro Hektar Die gesamten Ausgaben für den Khatanbau berechnen sich wie folgt:

- 12.190,50 $ x 81.000 Hektar = 987.430.500 Millionen $.

(23)

-23-

2. Methode und Fragestellung

Für diese Studie wurde eine halbländliche Khat-Anbaugegend im jemenitischen Hochland ausgewählt. Ideal geeignet war Wadi Dhahr, das 15 km nordwestlich der Hauptstadt Sana'a (Abbildung 2 und 3) gelegen ist. Das fruchtbare Tal mit verstreuten Oasen und kleinen Dörfern ist ein wichtiges Khat-Anbaugebiet. Die Testpersonen wurden getrennt an geschlechtsspezifischen sozialen Treffpunkten von Männern und Frauen von einem jemenitischen Befrager und einer jemenitischen Befragerin angesprochen. Sie wurden einzeln nacheinander über einen Zeitraum von drei Monaten im Jahr 2007 rekrutiert. Die Teilnahme war freiwillig und nicht mit einem Anreiz verbunden. Die Teilnehmer mussten mindestens vierzehn Jahre alt sein. Da der Anteil an Khatkomsumenten bei Männern und Frauen unterschiedlich hoch ist, wurde auf ein Quotenauswahlverfahren zurückgegriffen. Mit den ersten beiden Screening Fragen wurden die Teilnehmer in eine der vier gleichwertigen Gruppen von Khat-Konsumenten (aktive Khat-Konsumenten und Abstinente) beiderlei Geschlechts aufgenommen. Ehemalige Khat Konsumenten, die erst seit kurzer Zeit abstinent waren, wurden ausgeschlossen. Die Datenaufnahme für jede der vier Gruppen wurde geschlossen, nachdem 80 Personen befragt worden waren. Die Rekrutierung wurde beendet, wenn sich herausstellte, dass die entsprechende Gruppe in dieser Phase des Datensammlungsprozesses schon geschlossen war. Insgesamt wurden 320 Personen befragt.

Da ein standardisiertes Verfahren zur Durchführung von Befragungen über Khat nicht verfügbar ist, wurden die Frage-Items auf Basis von Hypothesen aus der entsprechenden Literatur und verbreiteten Ansichten erstellt. Die Befragung wurde mit 20 Personen vorgeprüft. Angaben über Häufigkeit und Dauer des Khat-Konsum wurden, so verfügbar, erfasst, ebenso Angaben darüber, wie lange der jeweilige Proband schon Khat konsumiert.

Auch Familienstand, Alter, Bildungsstand, Berufsausbildung, Berufstätigkeit und die Haupteinnahmequelle wurden erfragt. Der Hauptteil der Befragung bestand aus 57 Fragen betreffend die positiven und negativen Ansichten über Khat im allgemeinen, die physischen Auswirkungen und die Auswirkungen auf Mentalität und soziales Verhalten der Konsumenten. Die Anordnung der Fragen wurde randomisiert. Die Befragungen wurden in arabischer Sprache und unter Zuhilfenahme eines standardisierten Erhebungsbogen persönlich durchgeführt (mündlich für die Analphabeten). Eine vollständige Liste der Fragen ist in Tabelle 2 zu finden. Vier alternative Antworten waren möglich: „ja“, „teilweise“, „nein“

und „nicht sicher / keine Antwort“.

Die statistische Analyse wurde unter Anwendung des Statistical Package for the Social Sciences Version 18.0 durchgeführt. Eine Zustimmungsquote für die individuellen Befragungspunkte wurde für die betreffenden Strata berechnet. Dafür wurde angenommen, dass sich die drei möglichen Antwortalternativen auf einer linearen Skala befinden. Eine Zustimmungsquote von 100 % entsprach der Antwort „ja“ von allen Teilnehmern, die auf den entsprechenden Befragungspunkt geantwortet haben. Folglich entsprach eine Zustimmungsquote von 0 % einem „nein“ von allen Teilnehmern, die auf den entsprechenden Befragungspunkt geantwortet haben.

(24)

-24- Diese Skala wurde in drei Segmente gleicher Größe aufgeteilt. Die Befragungspunkte

wurden als zulässig akzeptiert betrachtet, wenn die Zustimmungsquote bei 66,7 % oder höher lag. Sie wurden bei Zustimmungsquoten von 33,3 % oder geringer als abgelehnt angesehen. Unter Anwendung dieser Methode musste die Zahl der Probanden, die einer Ansicht zustimmten, die der ablehnend eingestellten im Verhältnis 2:1 übertreffen (und umgekehrt). Gleichzeitig durfte die Zahl der nur teilweise zustimmenden Probanden die der vorgenannten nicht im Verhältnis 2:1 übertreffen, ansonsten waren sie unentschlossen / wurde von unklarer Akzeptanz ausgegangen. In einem zweiten Schritt wurde das Verhältnis der Bewertungen zwischen den Gruppen mit dem Mann-Whitney-U-Test auf einer ordinalen Skala getestet, um signifikant deutliche Unterschiede zwischen den Konsumenten und Abstinenzlern aufzuzeigen. Wo solche Unterschiede auftraten wurde im weiteren Verlauf von polarisierenden Ansichten gesprochen.

Die Analyse war auf vier vordefinierte Konfigurationen beschränkt: männliche Konsumenten verglichen mit männlichen Abstinenzlern, weibliche Konsumenten verglichen mit weiblichen Abstinenzlern, männliche Abstinenzler verglichen mit weiblichen Abstinenzlern, männliche Konsumenten verglichen mit weiblichen Konsumenten. Zusätzlich zu den p-Werten wurden z-Punkte bei z > 3,0 angesetzt, was einer beidseitigen statistischen Signifikanz von p <

0.0027 entspricht

In einem dritten Schritt wurde die logistische Regressionanalyse verwendet, um festzustellen, ob Befragungspunkte, die in einer univarianten Analyse eine statistische Signifikanz zeigten, geeignet waren, den Abstinenzstatus und das Geschlecht anzuzeigen.

Aus methodischen Gründen wurden nur die Befragungspunkte aufgenommen, die von mindestens 95 % der jeweiligen 160 Testpersonen beantwortet worden waren. Kovariaten wurden einbezogen mittels schrittweise fortschreitender Aufnahme gemäß Wahrscheinlichkeit (stepwise forward inclusion by likelihood ratio), um einen multivariaten Filter für die Frage-Items mit dem größten Vorhersagewert anzuwenden.

In dieser Arbeit wurde der Fragestellung nachgegangen, welche Rolle das Khat in der jemenitischen Gesellschaft spielt und wie Khatkonsumenten bzw. Nichtkonsumenten (Abstinenzlern) im Jemen ihre Situation einschätzen und die Auswirkungen des Khatkauens jeweils erleben. So wurden Fragen zu körperlichen sowie zu seelischen Auswirkungen, familiären und gesellschaftlichen Aspekten des Khatkonsums gestellt. Die Fragen waren jeweils innerhalb einer vierstufigen Skala zu beantworten, die die Möglichkeiten „Ja“,

„Teilweise“, „Nein“ und „Keine Angaben“ zuließ. Im letzteren Fall galt die Frage als nicht beantwortet und wurde aus der Auswertung ausgeschlossen. Da die Untersuchung im Jemen durchgeführt wurde, wurden die Fragen in Arabisch formuliert und von den Probanden beantwortet. Für die vorliegende Dissertation wurden sie anschließend ins Deutsche übersetzt.

Die Fragen im Fragebogen (6. Anhang ) selbst waren meist als Aussagesätze formuliert, weil sie so am besten zu den vier Antwortmöglichkeiten passten. Dabei wechselten sich Fragen zu den vier verschiedenen Themenbereichen jeweils ab. Wären die Themenbereiche jeweils nacheinander aufgeführt worden, so hätte die Gefahr bestanden, dass der Befragte das Schema „durchschaut“ hätte, nach welchem der Fragebogen aufgebaut ist, und somit eigene Schlussfolgerungen gezogen hätte, die das Ergebnis möglicherweise hätten verfälschen können.

(25)

-25- Aus diesem Grund wurden die Fragen zu den unterschiedlichen Themenbereichen

(Tabellen 4-7) gemischt dargeboten. Die Themenbereiche umfassten jeweils etwa die gleiche Anzahl an Fragen; lediglich der erste Themenbereich, der nach den körperlichen Auswirkungen des Khatkonsums (Tabelle 5) fragte, war etwas umfangreicher. Im Folgenden werden die vier Themenbereiche, auf die die Fragen sich bezogen, kurz beschrieben.

Der erste Themenbereich umfasste insgesamt 21 Fragen (Tabelle 4) zu den körperlichen Auswirkungen des Khatkonsums, z. B. danach, ob dieser süchtig macht oder zu Mangelernährung führt. Hier wurde also nach physischen Auswirkungen gefragt, die sich anhand von medizinischen Untersuchungen nachweisen und dokumentieren lassen. Solche körperlichen Folgen des Khatkonsums könnten unter Umständen zusammengenommen ein bestimmtes Krankheitsbild ergeben, anhand dessen sich leichter nachweisen lässt, ob und in welchem Ausmaß jemand Khat konsumiert. Möglicherweise lassen sich anhand eines solchen Krankheitsbildes auch bestimmte Behandlungsmethoden herausarbeiten, die gezielt auf die Symptomatik des Betroffenen einwirken können. Wenn es schließlich möglich wäre, solche Ergebnisse zu verallgemeinern, ließe sich auf diese Weise eine gezielte Therapie des Khatkonsums entwickeln.

Der zweite Themenbereich beinhaltete 13 Fragen (Tabelle 5) und erfasste die seelischen Auswirkungen des Khatkonsums auf den Betroffenen, etwa die Neigung zu Depressionen oder Angstzuständen oder auch die entspannende Wirkung. Eine der Fragen bezog sich hier auf die Auswirkungen auf andere Menschen, ob nämlich Khatkonsum der Eltern auch zu Verhaltensstörungen bei den Kindern führen kann (Frage 28). Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Khatkonsum oft nicht nur auf den Betroffenen selbst eine bestimmte Wirkung ausübt, sondern auch auf die Menschen, mit denen er eng zusammenlebt.

Schließlich wurde in diesem Themenbereich auch nach anderen negativen Auswirkungen, z.

B. mit Depressionen oder Panikattacken, gefragt, die ebenfalls in eine psychologische und oder psychiatrische Behandlung einbezogen werden müssten. Insgesamt ist es sehr wichtig, neben den körperlichen Auswirkungen des Khatkonsums auch die seelischen zu erfassen, um von jeden Betroffenen individuell ein ganzheitliches Bild zu erhalten. Gerade die seelischen Auswirkungen können sich zudem individuell stark unterscheiden und sollten deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht werden.

Der dritte Themenbereich, der insgesamt 12 Fragen (Tabelle 6) umfasst, bezieht sich auf die familiäre Situation des Betroffenen und betrachtet die möglichen Auswirkungen des Khatkonsums in diesem Bereich. Hier wird z. B. nach der Qualität der familiären Beziehungen gefragt (z. B. Frage 1, 25, 30) und insbesondere danach, ob sich der Khatkonsum auf die eheliche Beziehung auswirkt (z. B. Frage 19, 23, 26), aber auch danach, ob der Khatkonsum sich auf die finanzielle Situation der Familie (Frage 12) oder ihre Stellung auswirkt (Frage 3). Dadurch soll der Umstand mit einbezogen werden, dass der Khatkonsum sich nicht nur auf die Situation des Betroffenen selbst auswirkt, sondern auch auf diejenige Menschen, die ihm nahe stehen. Daraus können sich dann ggf. tiefer gehende Probleme entwickeln, auf die der Betroffene nur noch begrenzten Einfluss hat, wie z. B.

Verhaltensstörungen bei den Kindern oder eine Verschlechterung der gesellschaftlichen Position der Familie. Eine Behandlung des Khatkonsumenten kann unter Umständen auch diese Probleme lösen oder zumindest verbessern.

(26)

-26- Der vierte Themenbereich schließlich umfasste 12 Fragen und untersuchte die

gesellschaftlichen Aspekte des Khatkonsums im Jemen, wie z. B. seine gesellschaftliche Akzeptanz. Hier wurden Aussagen aufgegriffen, die in der jemenitischen Gesellschaft verbreitet sind, wie z. B. „Khatkonsum ist der beste Zeitvertreib“ (Frage 5) oder „Die Khatpflanze ist eine Droge“ (Frage 11).

Auch die gesellschaftliche Einstellung kann Einfluss darauf haben, ob jemand Khat konsumiert oder nicht. So wird jemand eher Khat kauen, wenn er die Erfahrung macht, dass dies gesellschaftlich akzeptiert ist und positiv bewertet wird, und er wird eher abstinent bleiben, wenn er die Erfahrung macht, dass die Gesellschaft das Khatkauen negativ bewertet. Generell könnte es dabei sogar zu einer Art „Gruppenzwang“ kommen. Wenn jemand sich z. B. im Freundeskreis befindet und alle Anwesenden Khat kauen, so könnte er sich leicht als Außenstehender fühlen, wenn er selbst darauf verzichtet. Auch die anderen Anwesenden könnten ggf. Druck auf ihn ausüben, sich dem Khatkonsum anzuschließen.

Den Probanden wurden in diesem Themenbereich sowohl positive als auch negative Aussagen zur Bewertung vorgelegt, um die gesellschaftliche Sichtweise des Khatkauens näher zu beleuchten.

Insgesamt umfassen die vier Bereiche somit ein breites Spektrum an unterschiedlichen Aspekten des täglichen Lebens, das eine ganzheitliche Betrachtung ermöglicht. Der Betroffene wird nicht nur unter einem einzigen Gesichtspunkt gesehen, z. B. als Patient, der bestimmte Medikamente braucht, sondern als Teil eines umfassenden Gefüges, das alle Bereiche umfasst, die für sein Leben von Bedeutung sind. Auf diese Weise gewinnt der Untersucher ein ganzheitliches Bild vom Khatkonsum, der es ermöglicht, alle relevanten Bereiche in eine mögliche Behandlung mit einzubeziehen.

Anzumerken ist schließlich noch, dass sich einige der Fragen generell mehreren Themenbereichen zuordnen lassen. So kann z. B. Frage 15 („Khatkonsum von Frauen bringt mehr Elend in die Familie und die Gesellschaft“) dem Bereich „familiäre Aspekte“ zugeordnet werden, ebenso aber auch dem Bereich „gesellschaftliche Aspekte“. In solchen Fällen wurde die Frage jeweils so zugeordnet, dass alle vier Themenbereiche etwa die gleiche Anzahl an Fragen hatten. Dass einige der Fragen zu mehreren Bereichen passen macht deutlich, wie eng die einzelnen Aspekte oft miteinander verflochten sind und wie wichtig es deshalb ist, die Zusammenhänge zwischen ihnen zu erkennen. Wird einer der vier Bereiche bei der Therapie außeracht gelassen, so kann dies dazu führen, dass wesentliche Hintergründe des Problems nicht erkannt werden, umso mehr, als jeder Mensch ein Individuum mit ganz besonderen, einzigartigen Lebensumständen ist. Für eine erfolgreiche Therapie sollten deshalb so viele Aspekte wie möglich erfasst werden, um möglichst viele Facetten des jeweiligen individuellen Problems zu erkennen und behandeln zu können.

Ein Teil der Fragen war eher negativ formuliert, wie z. B. „Khatkonsum löst Panikattacken aus“ (Frage 55), der andere eher positiv, z. B. „Beim Khatkonsum fühlt man sich wohl und entspannt“ (Frage 50). Auf diese Weise sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Khatkonsum nicht ausschließlich negative Auswirkungen auf den Betroffenen hat, sondern oft auch positive, die für ihn den Anreiz zum Khatkonsum bieten. Um ein umfassendes Bild von den Hintergründen und Auswirkungen des Khatkonsums zu gewinnen, müssen auch diese positiven Auswirkungen mit berücksichtigt werden.

(27)

-27- Oft können sie Anhaltspunkte dazu geben, was genau jemanden dazu veranlasst, Khat zu

kauen, und bei der Suche nach Alternativen helfen, die das gleiche positive Resultat erzielen wie der Khatkonsum. Wenn z. B. jemand Khat kaut, weil er sich danach entspannt oder auch angeregt fühlt, könnte gezielt nach anderen Mitteln und Wegen gesucht werden, um die gleiche Entspannung bzw. Anregung zu erreichen, so dass der Khatkonsum mit seinen möglichen negativen Folgen nicht mehr nötig ist und auf diese Weise der Betroffene allmählich vom Khatkauen abgebracht werden.

Zu Anfang der Befragung (6.Anhang) wurden zusätzlich eine Reihe soziodemographischer Merkmale erhoben, um herauszufinden, ob dieser Aspekt möglicherweise Auswirkungen auf den Khatkonsum oder Nichtkonsum der Befragten hat.

Um eine Vergleichsmöglichkeit zu haben, wurden sowohl Khatkonsumenten als auch Nichtkonsumenten befragt, und in beiden Gruppen wurde darauf geachtet, dass die Anzahl der befragten Männer und Frauen jeweils identisch war.

Durch diese Vorgehensweise ließen sich Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen für jede Frage genau erfassen, was es ermöglichte, verallgemeinernde Schlussfolgerungen zu ziehen. Herrscht z. B. bei den Antworten auf eine bestimmte Frage große Übereinstimmung zwischen den einzelnen Gruppen, so ist dies ein Zeichen dafür, dass diese Ansicht in der jemenitischen Gesellschaft stark verfestigt ist. Ein solcher Aspekt könnte sich ggf. später auch für eine Therapie nutzen lassen. Gibt es dagegen größere Abweichungen zwischen den Gruppen, so könnte dies darauf hindeuten, dass es gruppenspezifische Faktoren gibt, die bei der Beurteilung der Frage und ggf. auch für die Neigung zum Khatkonsum oder zur Abstinenz eine Rolle spielen.

In diesem Zusammenhang war zunächst zu überprüfen, welche signifikanten Gruppenunterschiede vorlagen. Dazu wurden die vier Gruppen folgendermaßen gegeneinander gerechnet:

Stichprobe 1 vs. Stichprobe 2

männliche Konsumenten vs. männliche Abstinente

weibliche Konsumenten vs. weibliche Abstinente

männliche Konsumenten vs. weibliche Konsumenten

männliche Abstinente vs. weibliche Abstinente

Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt in deskriptiver Form, da auf diese Weise die bestehenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Gruppen besonders detailliert erfasst werden können. So ist es z. B. denkbar, dass bestimmte Fragen von den einzelnen Gruppen besonders einheitlich beantwortet werden oder es andererseits besonders große Unterschiede zwischen ihnen gibt, was dann von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung wäre. Zudem lassen sich in deskriptiver Form die wesentlichen Ergebnisse besonders gut zusammenfassen.

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