von Reilly et al. (Lancet 1994; 344:
1601–1606) zeigte, dass die mit einer homöopathischen Präparation von Gras- pollen behandelten Patienten eine stär- kere Verbesserung ihrer Pollinosis- Symptome zeigten als diejenigen, die ein Placebo bekommen hatten. In der klinischen Doppelblindstudie von Wie- senauer und Lüdtke (Phytomedicine 1995; 2,1: 3–6) war Galphima glauca bei der Behandlung der Pollinosis dem Pla- cebo überlegen. Aabel behandelte Pati- enten, die unter Birkenpollenallergie leiden, mit dem homöopathischen Mit- tel Betula (British Homeopathic Jour- nal 2000; 89: 161–168). Sie zeigten dar- aufhin seltener und weniger schwere Symptome als die Patienten, die Place- bos erhalten hatten.
Auch im Vergleich mit anderen Me- dikamenten schneiden die homöopathi- schen Mittel gut ab. Das homöopathi- sche Nasenspray ist für die Behandlung des Heuschnupfens genauso wirksam und gut verträglich wie die herkömmli- che Therapie mit Chromoglicinsäure
(Weiser et al.: Forsch Komplemen- tärmed 1999; 6: 142–148). Und Taylor et al. veröffentlichten einen Aufsatz (BMJ 2000; 321: 471–476), nach dem bei Rhi- nitis allergica die homöopathische Be- handlung eine deutliche signifikante und klinisch relevante Verbesserung des nasalen inspiratorischen Peak flow (nasal inspiratory peak flow) bewirkte – etwa im gleichen Ausmaß, wie mit der topischen Anwendung von Steroiden zu erzielen ist.
Auch nach der 1997 von Linde veröf- fentlichten Meta-Analyse (Lancet 1997;
350: 834–843) weist ein Ergebnis größer als eins auf eine bessere Wirksamkeit der homöopathischen Therapie im Ver- gleich zu Placebo hin. In die statistische Analyse flossen 89 Studien ein, die Er- gebnisse von mehr als 10 500 Patienten wurden ausgewertet. „Die Ergebnisse unserer Meta-Analyse sind nicht mit der Hypothese vereinbar, dass die klini- sche Wirksamkeit der Homöopathie vollständig auf den Placebo-Effekt zu- rückzuführen ist.“ Vera Stadie
Multiple Sklerose
Entzündliche und degenerative Formen
Die multiple Sklerose (MS) ist wahr- scheinlich auf verschiedene Ursachen zurückzuführen und ihr Erscheinungs- bild nur das phänomenologische End- produkt dieser Vielfalt. Zu dieser Ein- schätzung kommt Prof. Wolfgang Brück vom Institut für Neuropathologie der Charité. Er hat in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Wien und Roche- ster/USA zeigen können, dass die Zer- störung der Markscheiden und der Ner- venzellfortsätze zwei voneinander un- abhängige Prozesse sind. Bisher nahm man an, dass die MS die Folge einer Autoimmunreaktion ist, bei der das Im- munsystem sich gegen Bestandteile der Markscheide von Nervenzellen richtet und die Hüllsubstanz mehr oder weni- ger großflächig zerstört.
Die Wissenschaftler fanden nun her- aus, dass Immunphänomene allein die MS nicht in ihrem ganzen Ausmaß er- klären können. Die Zerstörung der Oli- godendrozyten, welche die Markschei- den bilden, beruht auch auf Schäden oder Störungen im Stoffwechsel dieser Zellen. Diese Stoffwechselstörungen sind vermutlich auf Gendefekte zurück- zuführen. Die Forscher haben anhand histopathologischer Untersuchungen auch nachweisen können, dass bei einer größeren Gruppe von Patienten die Zerstörungen an den Achsenzylindern der Nervenzellen, die in der Magnet- Resonanz-Tomographie als „schwarze Löcher“ erscheinen und eine schlechte Prognose anzeigen, als degenerative Vorgänge einzustufen sind.
Mit der Kenntnis unterschiedlicher Arten der multiplen Sklerose kommen auch gezieltere Therapien in den Blick, die den zugrunde liegenden Krank- heitsmechanismus berücksichtigen – zumal Interferon als Immunpharma- zeutikum nur bei etwa einem Drittel der Patienten wirksam ist. Bei den de- generativen Vorgängen, die antient- zündlich nicht zu beeinflussen sind, wird man vermutlich versuchen, den Stoffwechsel der Oligodendrozyten zu verändern – zum Beispiel mit Wachs-
tumsfaktoren. EB
P O L I T I K
A
A832 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 13½½½½29. März 2002
Charakteristika der Behandlung
Charakteristisch für die Homöopathie ist, dass jeder Patient individuell und ganzheitlich behandelt wird. Es gibt nicht die Krankheit, sondern nur den indi- viduellen kranken Menschen – aus homöopathischer Sicht eine Einheit von Körper, Geist und Seele. Daher ist es für den homöopathischen Arzt wichtig, ein Gesamtbild vom Befinden des Patienten zu erhalten. Am Beginn der homöopathischen Behandlung steht eine ausführliche Befragung, die Erst- oder Basisanamnese. Neben den Krankheitssymptomen und dem körperlichen Befinden sind dabei charakteristische Beschreibungen des Patienten von Beschwerden und deren Begleitumständen, bisherige Erkrankungen und die Lebensumstände wichtig. Auch die psychische Verfassung, Gemütsregungen, Schlafverhalten und die Lebensumstände des Patienten spielen eine Rolle.
Eine anschließende körperliche Untersuchung ergänzt das Anamnese- Gespräch. Die Erstanamnese dauert mindestens eineinhalb Stunden. Zur Überprüfung der laufenden Behandlung ist eine etwa 30-minütige Folgeana- mnese vorgesehen.
Homöopathische Arzneien werden aus pflanzlichen, tierischen oder mine- ralischen Rohstoffen hergestellt und mit lateinischen Namen bezeichnet. Wur- zeln, Blätter, Blüten oder Samen von frischen oder getrockneten Pflanzen sind der Grundstoff der meisten Homöopathika. Bevor ein Stoff in die Reihe der homöopathischen Mittel aufgenommen wird, wird er einer Arzneimittelprü- fung unterzogen. Arzneimittelprüfungen an gesunden Probanden sind neben der Anamnese die Voraussetzung für die Anwendung des Simile-Prinzips. Die Prüfungen zeigen die Symptome, die der Wirkstoff bei Gesunden auslöst. Aus diesen Symptomen setzt sich das Arzneimittelbild zusammen. Die homöopa- thische „Materia Medica“ umfasst heute mehr als 2 000 Mittel. Weitere Infor-
mationen unter: www.homoeopathy.de. Vera Stadie