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Archiv "Multiple Sklerose: Wie Nervenzellen geschädigt werden" (20.02.2004)

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sich jedoch kein Wirksamkeitsnachweis ableiten lässt – aus keiner der begutach- teten Studien hervor. In der Mehrzahl handelt es sich um Therapiestudien oh- ne Vergleichsgruppen, bei ganz wenigen Studien wurde eine historische Ver- gleichsgruppe herangezogen, in keiner Studie wurde die Radiumchloridthera- pie jedoch mit einer Kontrollinterventi- on oder mit einer Placebobedingung verglichen. Die mögliche Wirkung von Begleittherapien wird nur in wenigen Studien überhaupt thematisiert, in kei- ner jedoch hinreichend kontrolliert, ob- wohl davon auszugehen ist, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle Begleit- therapien (nichtsteroidale Antiphlogi- stika und/oder physiotherapeutische Maßnahmen) durchgeführt wurden.

Trotz der berichteten Behandlungser- folge ist die Aussagekraft der vorliegen- den Studien aufgrund der zahlreichen methodischen Schwächen hochgradig eingeschränkt. Besonders bedenklich ist auch, dass Studien zur Bestimmung der

„minimal effective dose“ bislang offen- sichtlich nicht durchgeführt wurden, ob- wohl dies im Hinblick auf die Strahlen- risiken für die klinische Anwendung relevant sein könnte.

Studien zu Risiken von [224

Ra

]Radiumchlorid

Unter den Studien, die zur Abschätzung der unerwünschten Strahleneffekte ei- ner Radiumchloridtherapie durchge- führt wurden, sind zwei große Kohor- tenstudien hervorzuheben. Die so ge- nannte Spiess-Studie startete 1952 (bis 1973) und beobachtete ein dosisabhän- gig höheres Risiko für das Auftreten von Knochensarkomen nach Behandlung mit [224Ra]Radium. Eine auf den Ko- horten-Daten aufbauende Modellüber- prüfung von 1998 ermittelte außerdem ein erhöhtes Risiko unter anderem für Schilddrüsenkarzinome, Blasen- und Nierentumoren und insbesondere für das Auftreten von Mammakarzinomen.

Die zweite große Kohortenstudie (Euratom-Studie, gestartet 1971) hatte die Zielsetzung, die Spätrisiken einer [224Ra]Radium-Therapie in niedriger Dosierung zu untersuchen, wie sie bei der Behandlung der Spondylitis ankylo- sans eingesetzt wird. Die ersten Ergeb-

nisse deuteten unerwartet auf ein gerin- geres relatives Risiko für das Auftreten von Neoplasien in der Behandlungs- gruppe gegenüber dem Bevölkerungs- durchschnitt hin, wobei insbesondere die Lungenkrebsfälle in der Subgruppe der mit Radiumchlorid behandelten Männer signifikant unterhalb der er- warteten Anzahl lagen. Bei der Ergeb- nisinterpretation wurden mögliche Confounder (zum Beispiel Nikotinkon- sum) jedoch nicht berücksichtigt. Im weiteren Verlauf zeigten sich in der Be- handlungsgruppe die Inzidenzen von Blasenkrebs, Mammakarzinom und auch von Leukämien erhöht, in der letz- ten Studienauswertung mit Stand 2002 ist die Leberkrebsrate in der Behand- lungsgruppe signifikant erhöht.

Phase-III-Studie zwingend erforderlich

Zusammenfassend weisen die Studien zum Risiko überwiegend eine höhere methodische Qualität auf als die Studi- en zur Wirksamkeit der Radiumchlo- ridtherapie. Es gibt bisher lediglich Hin- weise für einen positiven therapeuti- schen Effekt der Radiumchloridthera- pie bei der Spondylitis ankylosans, aber keine prospektiv und systematisch er- hobenen Daten zur Erfassung von Wir- kungen und Nebenwirkungen. Ange- sichts des unsicheren Erkenntnisstandes zum klinischen Nutzen bei gleichzeitig nicht sicher ausschließbaren langfristi- gen Strahlenschäden kommt die HTA- Arbeitsgruppe deshalb zu dem Fazit, dass die Radiumchloridtherapie bei Spondylitis ankylosans ausschließlich im Rahmen klinischer Studien durchge- führt werden sollte, wie sie zur Erfül- lung der Zulassungsauflage durch das BfArM erforderlich sind.

Der HTA-Bericht zur Radium- chloridtherapie bei Morbus Bechterew ist abrufbar unter www.bundesaerzte kammer.de/30/HTA sowie unter www.

kbv.de/hta.

Dr. med. Regina Klakow-Franck, M. A.1 Doris Koch2

Dr. med. Beatrice Moreno2 Dr. med. Dorsay Novak1 Dr. med. Paul Rheinberger2 Dr. med. Hermann Wetzel, M. Sc.2

1Bundesärztekammer,2Kassenärztliche Bundesvereinigung M E D I Z I N R E P O R T

A

A482 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 820. Februar 2004

Multiple Sklerose

Wie Nervenzellen geschädigt werden

S

eit einigen Jahren weiß man, dass die Schädigung der Nervenzellen bei multipler Sklerose (MS) bedeutsamer ist als die Vernarbungen an den Mark- scheiden. Unklar bleibt, ob es einen Zu- sammenhang zwischen den Läsionen der Markscheiden und dem Untergang der Hirnnervenzellen gibt. Wissenschaftler der Charité Berlin und der Universität Magdeburg haben jetzt ein fehlendes Bindeglied in der Kette der Schädigung gefunden: Als Reaktion auf ein bisher noch unbekanntes Agens wandern T-Lymphozyten in das Gehirn und ins Rückenmark ein und zerstören das Myelin. Hierbei entstehen Abbaupro- dukte wie das 7-KetoCholesterol, das in hohen Konzentrationen im Liquor von MS-Patienten nachgewiesen werden kann, jedoch nicht bei Gehirnerkran- kungen nichtentzündlicher Art (Journal of Experimental Medicine 2003; 198:

1729–1740). Im Tiermodell zeigte sich, dass die MS umso ausgeprägter ist, je mehr 7-KetoCholesterol nachgewiesen werden kann. Im Gehirn von MS-Pa- tienten ließen sich große Mengen dieses Abbauproduktes nachweisen.

Den Wissenschaftlern gelang es zu klären, wie die Substanz indirekt am Untergang der Gehirnnervenzellen beteiligt ist: Im Rahmen der Entmar- kungsvorgänge werden die Mikroglia- zellen aus ihrem Ruhezustand erweckt.

Dies geschieht in einer Art Kettenreak- tion, deren Anstoß das 7-KetoCholeste- rol gibt. Es dringt in den Kern der ruhenden Mikrogliazellen vor und aktiviert dort ein Molekül (PARP-1).

Durch diesen Mechanismus gelingt es der Mikroglia, sich im Gehirn zu ver- breiten und Nervenzellen zu zerstören.

Für die praktische Medizin sehen die Autoren zwei Folgerungen aus ihren Erkenntnissen: Die Konzentration des 7-KetoCholesterols im Liquor ließe sich als Marker der Schwere der MS nutzen; durch Hemmung oder Blockie- rung von PARP-1 könnte der Unter- gang der Nervenzellen vemindert oder

verhindert werden. EB

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