• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Genitale Chlamydien-Infektionen" (03.02.1995)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Genitale Chlamydien-Infektionen" (03.02.1995)"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

EDIZIN DIE ÜBERSICHT

Genitale

Chlamydien-Infektionen

Chlamydien sind eine Gruppe von Bakterien, die je nach Art sehr unterschiedliche Erkrankungen auslösen können. Typisch für diese Erkrankungen ist der chronisch schleichende Verlauf mit meist nur geringer Symptomatik, weshalb die Diagnose häufig nicht oder erst sehr spät gestellt wird. Vor allem die sexuell übertragenen Chlamydien sind in Deutschland von besonderer Bedeutung. Sie lassen sich bei fünf bis zehn Prozent der jungen, sexuell aktiven Erwachsenen nachweisen. Das klinische Bild ist variabel und reicht von leichten Ausflußbeschwerden im Genital- bereich über wechselnde Abdominalbeschwerden, Konjunktivitis und Neugebore- nenpneumonie bis hin zur Arthritis und kann zu irreparablen Folgeschäden führen. Chlamydien sind die häufigste Ursache der infektionsbedingten Sterilität bei der Frau, wahrscheinlich auch beim Mann.

Eiko E. Petersen und Andreas Clad

C

hlamydien gehören zu den kleinsten Bakterien mit etwa 600 Genen und einem DNA- Plasmid. Sie besitzen einige Besonderheiten, die sie von anderen Bakterien unterscheiden. So sind sie durch ihre Unfähigkeit, energiereiche Verbindungen (ATP) zu bilden, auf eine Wirtszelle (Eukaryonten) und damit obligat auf intrazelluläre Ver- mehrung angewiesen (Abbildung 1).

Intrazellulär liegen sie in zwei ver- schiedenen Formen vor: den stoff- wechselaktiven Vermehrungsformen, den Retikulärkörperchen, und den stoffwechselinaktiven, infektiösen Ruheformen, den Elementarkörper- chen (15, 22, 23, 27).

Nur während der Replikations- phase (Retikulärkörperchen) sind die Chlamydien durch Antibiotika hemmbar. Als Elementarkörperchen können sie, wenn die akute Vermeh- rungsphase vorüber ist, in der Wirts- zelle auch längere Zeit überleben, oh- ne diese zu lysieren, so daß sie kurzfri- stige Antibiotikagaben mühelos über- stehen. Reaktivierungen wie bei ver- schiedenen Virusinfektionen werden angenommen. Antikörper können Chlamydien nur teilweise neutralisie- ren und schützen nicht vor Persistenz oder Reinfektion.

Infizierte Zellen zeigen wahr- scheinlich keine chlamydienspezifi-

schen Proteine auf ihrer Oberfläche, so daß Chlamydien — anders als Viren

— während des intrazellulären Zyklus von der Immunabwehr nicht be- kämpft werden können. Fehlende Neutralisation, mangelnde Eliminati- on infizierter Zellen und gering aus- geprägte Lysefähigkeit erlauben den Chlamydien eine jahrelange Persi- stenz in ihrem Wirtsorganismus, wo- durch ihre verhältnismäßig geringe Infektiosität und hohe Umweltemp- findlichkeit außerhalb der Wirtszelle kompensiert werden.

All diese Eigenschaften er- klären den chronischen, meist asym- ptomatischen Verlauf bei Chlamy- dienbefall.

Bis vor kurzem waren nur zwei Chlamydienspezies bekannt: Chlamy- dia trachomatis (nur beim Menschen vorkommend) und Chlamydia psitta- ci (vorwiegend bei Vögeln), die den Menschen nur gelegentlich in Form einer durchaus schweren Pneumonie befällt. Inzwischen ist eine neue Spe- zies hinzugekommen: Chlamydia pneumoniae (früher TWAR).

Chlamydia pneumoniae kann beim Erwachsenen eine eher milde Pneu- monie hervorrufen, besiedelt aber meist nur asymptomatisch den oberen

Universitäts-Frauenklinik der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg im Breisgau

Respirationstrakt und führt etwa sechs bis acht Wochen nach Infektion zu einer deutlichen Antikörperant- wort (14). Welche Erkrankungen und Folgeschäden durch Chlamydia pneu- moniae ausgelöst werden, möglicher- weise Koronarerkrankungen, ist noch nicht abschließend geklärt (13). Die wichtigste und größte Spezies stellt Chlamydia trachomatis dar. Diese Spezies wird in eine Reihe von ver- schiedenen Serotypen unterteilt (Ta- belle 1):

Chlamydia trachomatis, Biovar Trachom, Serotyp A—C

Dieses Biovar ist der Erreger des Trachoms, einer noch heute in der Dritten Welt hyperendemischen Er- krankung, welche vorwiegend durch Schmierinfektion übertragen wird und die Jahrzehnte nach der Primär- infektion durch Narbenkontrakturen zur Erblindung führt. Das Trachom ist weltweit die häufigste Ursache für vermeidbare Blindheit. Die Zahl der infizierten Menschen wird auf etwa hundert Millionen geschätzt, wovon etwa fünf Prozent erblinden. Durch die chronische Entzündung der Bin- dehaut, verbunden mit oberflächli- cher Vaskularisierung der Kornea (Pannus), kommt es zunehmend zur Vernarbung der Konjunktiven mit

(2)

Liddeformationen (Entropium) und Korneanarben, in deren Folge das Auge nach 10 bis 30 Jahren erblindet.

Durch rechtzeitige Antibiotikabe- handlung kann die Narbenbildung verhindert werden.

Chlamydia trachomatis, Biovar LGV, Serotyp LcL3 Diese Serotypen vermehren sich bevorzugt im lymphatischen Gewebe und sind die Erreger der tropischen Geschlechtskrankheit Lymphogranu- loma venereum (LGV).

Diese ist in Deutschland melde- pflichtig, aber selten, mit einer Er- krankung pro eine Million Einwoh- ner.

Auch hier handelt es sich um eine chronische Erkrankung, welche mit akuten und späten Manifestationen in drei Stadien abläuft:

Primärläsion: kleines Knötchen und Ulzeration, kaum Beschwerden.

Auch eine Zervizitis und Urethritis ist möglich.

Sekundärstadium (lnguinalsyn- drom): Rötung und schmerzhafte Lymphadenitis, inguinale Bubobil- dung und Fieber.

Tertiärstadium: Fistelbildung, Strikturen, genitale Elephantiasis.

,.,

... ,

DIE ÜBERSICHT

Tabelle 1: Einteilung der Chlamydien

C. trachomatis

Serotypen

A-C Trachom

LcL3 Lymphogranuloma venereum (LGV) D-K Urogenitalinfektion

Konjunktivitis Arthritis

Chlamydia trachomatis, Biovar Genitalinfektion, Serotyp D-K

Die Übertragung erfolgt meist durch Sexualkontakte, gelegentlich aber auch durch Schmierinfektion, und vaginal von der Mutter auf das Auge, die Lunge oder den Genitalbe- reich des Neugeborenen. Der Haupt- erkrankungsort ist das Genitale. Von dort kann die Infektion bei der Frau über die Tuben in den Abdominal- raum (Peritonitis, Perihepatitis) as- zendieren. Weitere Erkrankungen sind Arthritis, Konjunktivitis, Pneu- mome.

Tabelle 2: Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis 0-K

Frau Mann

~ Urethritis ~ Urethritis

~ Zervizitis ~ Prostatitis

~ Endometritis ~ Epididymitis

~ Salpingitis (subakut) ~ Prokitis

~ Peritonitis

~ Perihepatitis

~ Konjunktivitis ~ Konjunktivitis

~ Arthritis ~Arthritis

~ in der Schwangerschaft:

~ Frühgeburt

~ Endometritis post parturn

~ Infektion des Neugeborenen:

~ Konjunktivitis

~Pneumonie

~ Otitis media

~ Pharyngitis

~ chronische Genitalinfektion

C. pneumoniae C. psittaci (TWAR)

bisher keine Serotypen bekannt Pneumonie Pneumonie

Häufigkeit: Offizielle Daten hier- zu liegen nicht vor, da diese Infektion bisher weder melde- noch erfassungs- pflichtig ist. Nach neuesten Untersu- chungen an Schwangeren und asym- ptomatischen Wöchnerinnen (25), bei denen in etwa fünf Prozent Chlamydi- en im Zervixabstrich nachweisbar sind, muß die Zahl der Chlamydienin- fektionen in Deutschland auf über 300 000 pro Jahr geschätzt werden. In den USA rechnet man mit über drei Millionen Infektionen, in Schweden mit 40 000 pro Jahr (33).

Der Altersgipfel der Erstinfekti- on bei Frauen liegt zwischen 15 und 25 Jahren. Ein Grund hierfür ist die höhere Empfindlichkeit der Zervix für Keime in diesem Alter durch die physiologisch größere Ektopie, wel- che die Aufnahme der Chlamydien begünstigt (Publikation in Vorberei- tung).

Klinik der genitalen Chlamydieninfektion

Chlamydia trachomatis führt zu einer Reihe von Erkrankungen (Ta- belle 2), die sich nicht nur auf das Ge- nitale beschränken und die wegen der langsamen Ausbreitung oft erst Wo- chen, Monate oder Jahre nach der In- fektion symptomatisch werden, so daß der Beginn und somit die An- steckungsquelle oft nicht mehr festzu- stellen sind.

Die genitale Chlamydien- infektion bei der Frau

Bei der Frau beginnt die Infekti- on meist mit einer Zervizitis, die lange

(3)

MEDIZIN

Abbildung 1: Zellkultur mit Einschlußkörper, welcher mit Elementarkörperchen von Chlamydia trachomatis gefüllt ist (Giemsa-Färbung).

Zeit oder überhaupt weitgehend asymptomatisch bleiben kann. Sym- ptome der Zervizitis sind gelblich klebriger Ausfluß (Abbildungen 2 und 2 ct) und Kontaktblutungen (Ab- bildung 3). Bei chronischer Zervizitis ist die Zervix uteri gerötet, zum Teil uneben mit deutlicher Gefäßzeich- nung (Abbildung 4). Bei mindestens der Hälfte der infizierten Frauen kommt es aufsteigend zu einer Endo- metritis, die sich durch leichte Zwi- schenblutungen oder durch diskrete Schmerzen äußern kann (24). Im wei- teren Verlauf breitet sich die Infekti- on von Zelle zu Zelle weiter aszendie- rend aus und befällt die Eileiter, wo sie bei meist geringer Symptomatik zu einer erheblichen Zerstörung des Epithels führt.

In der Regel zeigt eine Chlamy- dienadnexitis wenig klinische Sym- ptome. Typisch sind wechselnde Un- terbauchbeschwerden mit nur leicht erhöhter BSG (zum Beispiel 20 mm 1.

Stunde) und gelegentlich leichter Leukozytose (< 12 000/p1).

Das relative Risiko der Sterilität oder der Eileiterschwangerschaft steigt nach einer Chlamydieninfek- tion auf mehr als das Zehnfache an.

Diese Spätschäden werden aber meist erst nach acht bis zehn oder mehr Jah- ren sichtbar, wenn der Kinderwunsch bei der Frau in den Vordergrund tritt (7, 21, 22, 32).

Eine Tubargravidität ist bei Frau- en über 30 Jahren fünf- bis zehnmal häufiger als bei 20jährigen (21). Die Chlamydieninfektion braucht im all- gemeinen offenbar Jahre, um Schä- den an den Eileitern hervorzurufen.

In Einzelfällen kommt es frühzei- tig (zwei bis zwölf Wochen) nach der Ansteckung direkt zu einer fieberhaf- ten symptomatischen Adnexitis, wo- bei hier nicht selten noch andere, aus dem Vaginalbereich mit aszendierte Keime beteiligt sind. Diese Frauen haben eine bessere Prognose, da ihre Infektion rechtzeitig diagnostiziert und auch behandelt wird und somit Spätschäden vermindert werden kön- nen. Bei 20 bis 50 Prozent der sta-

DIE ÜBERSICHT

tionär behandelten Patientinnen mit Adnexitis lassen sich heute in der Zer- vix (24, 28) oder auch im Tubentrich- ter (16) Chlamydien nachweisen.

Im weiteren Gefolge kann es zu einer Ausbreitung der Chlamydien im Peritonealraum und zu einer Perihe- patitis mit Schmerzen im rechten Oberbauch und im rechten Schulter- bereich kommen. Auch eine Genera- lisierung der Chlamydien kann erfol- gen, wobei dann Arthralgien auftre- ten können (23, 27).

Typisch ist, daß die Arthritis erst nach Monaten oder Jahren auftritt und die Patienten nicht selten bereits eine diagnostische Odyssee hinter sich haben. Wie beim Trachom kön- nen die Symptome durch Antibiotika gebessert werden. In manchen Fällen kommt es nach Absetzen der antibio- tischen Therapie wieder zu Beschwer- den, wenn auch leichterer Art.

Die Chlamydieninfektion in der Schwangerschaft

Ein besonderes Problem stellt die Chlamydienzervizitis in der Schwangerschaft dar, die bei etwa fünf Prozent der Schwangeren zu fin- den ist. Etwa 20 bis 40 Prozent der Kinder von Schwangeren mit einer Chlamydienzervizitis entwickeln oh- ne Therapie eine Konjunktivitis (Ab- bildung 5), die auch chronisch werden kann (29), und bis zu 20 Prozent eine Pneumonie, die wegen der Symptom- armut meist nicht erkannt wird, die

aber zu bleibenden Folgeschäden führen kann (23). Eigene serologische Untersuchungen (25) zeigen, daß das Infektionsrisiko des Neugeborenen bei der Vaginalgeburt über 50 Prozent liegt, wobei etwa die Hälfte der Infek- tionen beim Neugeborenen asympto- matisch verlaufen.

Ein generelles Screening auf Chlamydienantigen im Muttermund bei Schwangeren und eine entspre- chende Therapie wird daher empfoh- len. Die rechtzeitige Therapie beim positiven Antigennachweis in der Schwangerschaft verhindert die chro- nische Infektion des Kindes und trägt auch zur Senkung der Frühgeburten- rate bei (11). Eine chlamydienbeding- te Zervizitis oder gar Kolpitis bei klei- nen Mädchen wurde früher als Beleg eines sexuellen Mißbrauches gewer- tet. Heute sind sich die Experten dar- über einig, daß in der Mehrzahl dieser Fälle die Infektion bereits während der Geburt erfolgte und daß die Chlamydien über viele Jahre persi- stieren, vielleicht sogar nach der Pu- bertät zum Tubenverschluß führen können.

Die Chlamydieninfektion beim Mann

Beim Mann beginnt die Chlamy- dieninfektion üblicherweise mit einer Urethritis (26, 31). Früher wurde sie auch „postgonorrhoische Urethritis"

genannt, da sie trotz ausreichender Gonokokken-Therapie persistierte.

(4)

Heute weiß man, daß sie durch Chlamydien verursacht wird, für de- ren Beseitigung eine längere und an- dere Therapie benötigt wird.

Auch ist die Chlamydienurethri- tis milder als die gonorrhoische, so daß die Mehrzahl der Infizierten nichts oder nur anfänglich einen leicht eitrigen Ausfluß bemerkt. Eigene Untersuchungen an Sexualpartnern von Frauen, bei denen wir Chlamydi- en in der Zervix nachweisen konnten, erbrachten eine positive Nachweisra- te von fast 70 Prozent, wobei 80 Pro- zent hiervon angaben, keine Be- schwerden zu haben. Ebenso wie bei der Frau kann es über Wochen und Monate zum weiteren Aufsteigen der Chlamydien kommen. Prostatitis, Epididymitis (12, 25, 31) und mögli- cherweise auch Befall des Keim- epithels sind die Folge. Da bis heute kaum epidemiologische beziehungs- weise serologische Untersuchungen beim Mann vorliegen, ist über Häu- figkeit und Folgeschäden noch wenig bekannt.

Diagnostik

Genitale Chlamydieninfektionen werden durch den direkten Erreger- nachweis im Zervixabstrich, Ure- thralabstrich oder Urin nachgewie-

sen. Die Serologie gibt einen zusätzli- chen Hinweis auf eine Chlamydienin- fektion, wobei sich aber die Aktua- lität ohne Erregernachweis schlecht eingrenzen läßt.

Ein positiver Erregernachweis stellt heute immer eine Indikation zur Antibiotikatherapie dar. Bei klini- scher Symptomatik und negativem Erregernachweis ist der spezies- spezifische C.-trachomatis-Antikör- pernachweis sehr hilfreich.

Der direkte Erregernachweis ge- lingt gelegentlich nur nach mehrfa- chen Versuchen, was durch zu geringe Sensitivität des angewendeten Nach- weisverfahrens, wechselnde Qualität des Abstriches (Zyklustag oder ande- re Faktoren) oder starke natürliche Schwankungen der Erregermenge am Ort des Abstriches bedingt sein kann (1, 19, 20).

Gelingt der Erregernachweis bei positiver C.-trachomatis-spezifischer Serologie nicht und weisen klinische Symptome und Laborparameter (zum Beispiel BSG 20 mm 1. Stunde, Leukozyten 9 000 bis 11 000) auf eine genitale Chlamydieninfektion hin, so kann eine gegen Chlamydien wirksa- me, antibiotische Therapie durchge- führt werden.

Die Symptomatik sollte unter der Therapie dann allerdings langsam ab- klingen.

Erregernachweis

Kultur: Die 100prozentige Spe- zifität der Kultur hat diese Methode zum goldenen Standard gemacht. Die Sensitivität der Kultur liegt aber nur bei 60 bis 80 Prozent (1, 19), da die Überlebenszeit der Chlamydien außerhalb des Wirts kurz ist (Trans- portproblem) und die Chlamydien wenig infektiös sind.

Antigenteste: Hier spielt das Transportproblem keine Rolle, je- doch können diese Teste falsch positiv ausfallen, weshalb jeder positive An- tigentest durch einen zweiten unter- schiedlichen Test bestätigt werden sollte, um nicht fälschlich eine sexuell übertragbare Krankheit zu diagnosti- zieren (eventuelle Partnerprobleme).

Die Sensitivität der Antigenteste ist der Kultur vergleichbar.

Direkte Immunfluoreszenz (Micro Trak): Der direkte Fluores- zenztest (FT) mit monoklonalen An- tikörpern gegen Elementarkörper- chen stellt bei ausreichender Erfah- rung des Untersuchers eine zuverläs- sige Methode zum Nachweis genitaler Chlamydieninfektionen dar. In vielen Fällen — besonders bei geringer Zell- zahl im Zervikalbereich — werden je- doch unter zehn Elementarkörper- chen pro Abstrich nachgewiesen, was zu falsch negativen oder falsch positi-

Abbildung 2: 19jährige Patientin mit akuter Chlamycr Abbildung 2 a: Patientin wie Abbildung 2, vier Wo- Abbildung 3: 24jährige Patientin mit Kontaktblutung enzervizitis. Kaum Rötung, aber gelb-klebriges Sekret chen nach Therapie; Normalbefund bei Chlamydienzervizitis

(5)

MEDIZIN

ven Bewertungen führen kann. Die Zahl der Elementarkörperchen sollte deshalb immer vom Labor angegeben werden.

Enzymimmunoassay (zum Bei- spiel: Chlamydiazym, IDEIA): Für größere Probenaufkommen werden heute verschiedene Enzymteste ver- wendet. 10 bis 30 Prozent der Befun- de sind hierbei allerdings falsch posi- tiv (6). Das begründet die Forderung nach Bestätigungstesten.

Die auf dem Markt befindlichen Einzelteste auf der Basis des Enzym- tests (zum Beispiel Clearview Chla- mydia) sind bei symptomatischen Pa- tienten, wo oft eine hohe Zahl von Elementarkörperchen im Zervixab- strich zu finden ist, hilfreich. Sie wei- sen aber eine relativ geringe Sensiti- vität und Spezifität auf (18). Für Screeninguntersuchungen sind sie nicht geeignet.

DNA-Nachweis

DNA-Sonden: Theoretisch und praktisch erreicht der DNA-Sonden- Test (Pace 2) keine höhere Sensiti- vität oder Spezifität als die Antigente- ste (13, 34).

Polymerasekettenreaktion (PCR): Die erste kommerzielle PCR für den Chlamydia-trachomatis- Nachweis steht seit etwa einem Jahr zur Verfügung (Amplicor). Die PCR- Methode (5) ermöglicht im Prinzip den Nachweis eines einzelnen Ele- mentarkörperchens. In der Praxis ist die PCR nur 10 bis 20 Prozent sensiti- ver als die Kultur (3, 30), was durch Probenverdünnung und Inhibitoren (2, 10) bedingt ist. Der Amplicor-Test eignet sich mit seiner praktisch 100prozentigen Spezifität als Alterna- tive zur Kultur, ist aber als Screening- methode wegen des hohen Aufwan- des und noch nicht optimaler Sensiti- vität (noch) nicht geeignet.

Serologie

KBR: Sie stellte lange Zeit den einzigen Test zum Nachweis von An- tikörpern gegen Chlamydien dar. We- gen der Erfassung von Antikörpern gegen alle Chlamydien-Arten (Kreuz- reaktion) und ihrer geringen Sensiti- vität ist sie zum Nachweis von Chlamydia-trachomatis- oder Chla-

DIE ÜBERSICHT

Abbildung 4: Chronische Chlamydienzervizitis bei 26jähriger Patientin mit starker Gefäßzeichnung.

Antigentest negativ, aber hoher spezies-spezifischer Chlamydia-trachomatis-Antikörpertiter (IgG und IgA) mydia-pneumoniae-Antikörpern un- geeignet. Sie wird nur noch zur Diagnostik der C.-psittaci-Pneumo- nie eingesetzt.

Mikroimmunofluoreszenztest (MIF): Dieser Test ist spezies-spezi- fisch (golden standard), aber für die Routinediagnostik viel zu aufwendig.

Enzymteste

Peroxydasetest (Ipazym): Er ver- wendet mit C. trachomatis L2 infizier- te Zellkulturen, welche neben Ele- mentarkörperchen auch Retikulär- körperchen und LPS und somit Grup- penantigene, die C. trachomatis (An- tikörperprävalenz 10 bis 15 Prozent) und C. pneumoniae (Antikörper- prävalenz 60 bis 70 Prozent) gemein- sam sind, enthalten. Daher zeigt die- ser Test eine deutliche Kreuzreaktion, worauf von Kritikern der Chlamy- dien-Serologie verwiesen wurde (4).

Trotzdem war dieser Test hilfreich, denn bei negativem Titer ließ sich ei- ne Chlamydieninfektion weitgehend ausschließen.

Allerdings sind bei 40 Prozent der Gesunden im Ipazym Chlamy- dien-Antikörper nachweisbar, die zu mehr als 50 Prozent durch Chlamydia pneumoniae bedingt sind (1, 8).

Abbildung 5: 6 Wochen altes Kind mit zunächst un- auffälligem rechten Auge. Erst beim Schreien wird gelbes Sekret sichtbar. Es lassen sich bei der Geburt übertragene Chlamydien nachweisen.

In Hochprävalenzkollektiven, zum Beispiel Adnexitis- oder Steri- litäts-Patientinnen, ist bei hohen Ti- tern die Beteiligung von Chlamydia trachomatis mit großer Wahrschein- lichkeit anzunehmen, was sich unter anderem an der guten Korrelation zwischen Tubenverschluß und positi- ven Ipazym-Titern zeigt.

LPS-Test (rELISA): Dieser Test ist zur Differenzierung zwischen C.

pneumoniae und C. trachomatis un- geeignet. Die Sensitivität des rELISA ist nicht größer als die des Ipazyms.

Über 40 Prozent der Normalbevölke- rung weisen größtenteils C.-pneumo- niae-bedingte Antikörper in diesem Test auf.

ImmunoComb Chlamydia Biva- lent-Test: Dieser neue Test verwendet gereinigte L2-Elementarkörperchen, aus denen das LPS extrahiert wurde.

Der Bivalent-Test ist spezies-spezi- fisch und korreliert sehr gut mit dem MIF (9). Durch seine einfache Durch- führung ist er für die Routinediagno- stik gut geeignet.

Bei Chlamydia-trachomatis-An- tigen-positiven Patienten liegt die Antikörper-Nachweisrate wie beim Ipazym bei etwa 90 Prozent (9), während sie bei der Normalbevölke- rung nur bei 10 bis 15 Prozent liegt.

(6)

Praktisches

diagnostisches Vorgehen Bei Verdacht auf eine genitale Chlamydieninfektion sollte immer ein Antigennachweis versucht wer- den. Da nur in der akuten Vermeh- rungsphase Chlamydien in ausrei- chend hoher Konzentration im äuße- ren Genitale vorhanden und somit in Genitalabstrichen oder im Urin nach- weisbar sind, sollte gleichzeitig eine C.-trachomatis-spezifische Serologie durchgeführt werden, da ein negati- ver Titer in diesem Test eine Chlamy- dieninfektion mit 99prozentiger Si- cherheit ausschließt (eigene Daten).

Bei negativem Chlamydien-An- tigen-Nachweis mit positiven C.-tra- chomatis-spezifischen Titern und kli- nischem Verdacht sollte der Antigen- nachweis vor Therapie durch erneu- ten Abstrich versucht werden.

Bei jedem positiven Chlamydien- Antigennachweis wird eine Antibioti- katherapie auch für den Sexualpart- ner empfohlen. Kontrolluntersuchun- gen sind beim Erregernachweis eine Woche nach Therapieende und sero- logisch frühestens nach drei bis sechs

Monaten sinnvoll. Etwa 20 bis 25 Pro- zent der C.-trachomatis-positiven Pa- tienten zeigen Monate oder Jahre nach dem ersten Antigennachweis trotz zehntägiger Antibiotikatherapie (auch des Partners) wieder Chlamydi- en im Urogenitalabstrich (eigene un- veröffentlichte Daten), was eine wei- tere Beobachtung dieser Patienten ratsam erscheinen läßt.

Therapie

Mittel der Wahl sind Tetrazykli- ne (4x500 mg) und das besser verträg- liche Doxycyclin (1x200 mg). In der Schwangerschaft werden Makrolide empfohlen, zum Beispiel Erythromy- cin (4x500 mg) oder das neuere Roxy- thromycin, welches wirksamer und daher in niedriger Dosierung (2x150 mg) besser verträglich ist. Die moder- nen Chinolone (zum Beispiel Cipro- bay® 2x500 mg, Tarivid® 2x200 mg) sind ebenfalls gut wirksam. Auch an- dere Antibiotika (zum Beispiel Clin- damycin, Amoxicillin, Sulfonamide, Co-Trimoxazol) haben eine gewisse Wirkung auf Chlamydien, während

Cephalosporine völlig unwirksam sind (17).

Wichtig bei der Therapie der Chlamydieninfektion ist eine ausrei- chende Dosierung und Therapiedau- er. Bei der frischen Infektion wird ei- ne mindestens zehntägige Therapie empfohlen. In chronischen Fällen wie Adnexitis, Perihepatitis, Prostatitis, Epididymitis sollte die Therapie 20 Tage betragen. Bei Arthritis zeigen zum Teil erst deutlich längere Be- handlungszeiten (bis zu drei Mona- ten) eine Wirkung.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärzteb11995; 92: A-277-282 [Heft 5]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med. Eiko E. Petersen Dr. med. Andreas Clad

Universitäts-Frauenklinik Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg i. Brsg.

Genitalkarzinome, Brust- und Lungenkrebs

Die Zahl der an einem Genital-, Brust- oder Lungenkrebs verstorbe- nen Frauen stieg von 1977 bis 1990 in Bayern um 22,7 Prozent auf 4 691 Frauen an.

Bereits ab dem 30. Lebensjahr macht sich die altersspezifische Ster- berate für das Mammakarzinom be- merkbar. In der Altersgruppe der 45- bis 50jährigen Frauen ist im Un- tersuchungszeitraum keine Ände- rung zu verzeichnen. Die Anzahl der Brustkrebs-Todesfälle nahm von 1 884 auf 2 539 Frauen zu, wobei die Altersgipfel bei den 65- bis 69jähri- gen sowie den 75- bis 79jährigen Frauen liegen. Zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose sind an der Univer- sitäts-Frauenklinik Erlangen die Hälfte der Patientinnen 55 Jahre alt und jünger. Die Zahl der Fälle mit einem Carcinoma in situ der Cervix uteri hat zu, die der Patientinnen mit

einem invasiven Gebärmutterhals- krebs abgenommen. Dieser Trend spiegelt sich in der deutlichen Ab- nahme der Todesursache „Zervix- karzinom" um mehr als 60 Prozent wider. Das Korpuskarzinom weist in der Todesursachenstatistik mit 192 die geringste Patientenzahl auf, pro- zentual findet sich aber im Bezug auf die Sterberate mit 50 Prozent die höchste Steigerungsrate. Das Ovari- alkarzinom wird überwiegend erst im Stadium III diagnostiziert. Die Todesfallstatistik zeigt mit 8,5 Pro- zent eine geringe Zunahme. Welche Bedeutung das Vorsorge- und Ge- sundheitsbewußtsein der Frauen nach den Wechseljahren im Bezug auf den Verlauf der altersspezifi- schen Sterberaten hat, wird hinter- fragt. Auch das Problembewußtsein der untersuchenden Ärzte bei Pati- entinnen im höheren Lebensalter

scheint eine Rolle zu spielen. Die Daten für den Lungenkrebs werden einbezogen, da mit 48,1 Prozent die Zuwachsrate enorm gestiegen ist und diese Todesursache viermal so häufig vorkommt wie das Korpus- karzinom. Die mittlere Lebenser- wartung für eine 50jährige Frau be- trägt 30,72 Jahre, gesamt 80,72 Jah- re. Sie liegt drei Jahre höher als 1977.

Das vorliegende Datenmaterial ist umfangreich. Bei genauer Analy- se zeigt sich, daß trotz steigender To- desfallzahlen ein Teil der Patientin- nen ein Alter erreicht, welches der errechneten mittleren Lebens- erwartung nahekommt ptr

Paterok EM et al.: Genitalkarzinome, Brust- und Lungenkrebs. Gynäkologische Praxis 1994; 18: 613-624

Prof. Dr. E. M. Paterok, Universitäts- straße 21, Universitäts-Frauenklinik, 91054 Erlangen

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

A fall in the proportion of positive chlamydia test results in counties using Abbott or Roche test systems began in 2005 and continued in 2006, whereas posi- tivity rates in

Bei urogenitaler Chlamydia-Infektion ist die Wirksamkeit einer Behandlung mit Azithromycin (Einmaldosis von 1 g) der von Doxy cyclin (zweimal 100 mg/Tag für 7 Tage)

April 2008: Die Kassenärztliche Bundesver- einigung handelt mit den Krankenkassen eine Finanzierungsvereinbarung aus, mit der sicher - gestellt werden soll, „dass es für diese neue

Bei einer retrospektiven Un- tersuchung von mehr als 12 000 Serum- proben auf HSV-spezifische IgG-Anti- körper in Frankfurt wurde bei Män- nern mit 16,2 Prozent eine

Für Celecoxib ist diese Aussage nicht möglich, da die Studie nur über zwölf Wochen lief (4).. Aus der Ar- beit von Laine

Der Blutzu- cker kann aber, wie Diem erklärte, auch bei diesen Patienten durch Life - style-Massnahmen beeinflusst werden, empfehlenswert sei es zudem, die

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 13. September 2007 Änderungen der Richtlinien des Bundesaus- schusses der Ärzte und Krankenkassen zur Empfängnisregelung und

Von den 115 (20 Prozent) in der Kultur positiven Männer fand sich bei 106 im IFT ein gleiches Ergebnis. Von 461 kulturnegati- ven Patienten waren 444 im Di- rektnachweis