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Archiv "Betrug im Gesundheitswesen: Abschreckende Wirkung garantiert" (22.09.2006)

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A2436 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 38⏐⏐22. September 2006

P O L I T I K

E

s hatte den Anschein einer wohlüberlegten Inszenierung:

In Burgdorf bei Hannover schloss das Amtsgericht nach vierjähriger Er- mittlungsarbeit das Betrugsverfahren gegen 13 Ärzte einer früheren Ge- meinschaftspraxis per Strafbefehl mit Haftstrafen von jeweils einem Jahr auf Bewährung ab. Tags darauf, am 14. September, veranstaltete die Kaufmännische Krankenkasse in Hannover (KKH) eine juristische Fachtagung zum Thema Betrug im Gesundheitswesen.

Dies sei ein Zufall, merkte der KKH-Vorstandsvorsitzende Ingo Kailuweit an. Er verwies auf das langjährige Engagement seiner

Krankenkasse bei der Bekämpfung von Abrechnungsmanipulationen.

Gute Erfahrungen habe man etwa bei einem Modellprojekt für mehr Transparenz, durchgeführt in Ko- operation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, ge- macht. KKH-Versicherten seien in den Jahren 2003 bis 2005 unaufge- fordert die kompletten Aufstellun- gen ihrer Arztleistungen quartals- weise zugesandt worden. Damit ha- be man gezeigt, dass der Versicherte

als zentrales Korrektiv im Gesund- heitssystem fungieren könne. Mit vergleichsweise einfachen Mitteln sei es möglich, sagte Kailuweit, dem Betrug im Gesundheitswesen vorzu- beugen. Durch Vorlage des Perso- nalausweises bei jedem Arztbesuch ließe sich zum Beispiel der Miss- brauch der Krankenversichertenkar- te effektiv bekämpfen.

Für sehr viel schwieriger hält es Kailuweit, gezielten Manipulationen im Verhältnis von Pharmaindustrie, Ärzten, Apothekern und sonstigen Leistungserbringern auf die Spur zu kommen. Bei bestimmten Korrupti- onssachverhalten, etwa bei Pharma- Vertriebspraktiken in Form von Vor-

teilsgewährung gegenüber Ärzten, sei es immer noch umstritten, inwie- weit Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftli- chen Verkehr anwendbar sind auf die typischen sozialrechtlichen Bezie- hungen im Gesundheitsbereich. Kai- luweit fordert deshalb eine entspre- chende Erweiterung des Strafgesetz- buches (StGB).

Diese sei gar nicht notwendig – ar- gumentierte Dr. Oliver Pragal von der Prevent AG, einer Beratungsgesell-

schaft für Prävention und Aufklärung im Bereich von Wirtschaftskrimina- lität und struktureller Korruption. Er verwies auf einen Beschluss des Bun- desgerichtshofs (BGH) vom 25. No- vember 2003, wonach ein Vertrags- arzt Untreue begehe, wenn er wis- sentlich eindeutig nicht notwendige medizinische Leistungen verschrei- be. Der Vertragsarzt habe laut BGH eine Vermögensbetreuungspflicht ge- genüber der Krankenkasse, da er bei der Verordnung von Sachleistungen kraft der ihm durch das Kassenarzt- recht verliehenen Kompetenzen als ihr Vertreter handele. Führe man die- sen Argumentationsgang weiter und erkenne den Vertragsarzt als einen Beauftragten der Krankenkasse an, so könne der § 299 StGB „Bestech- lichkeit und Bestechung im geschäft- lichen Verkehr“ für die niedergelasse- nen Kassenärzte in gleicher Weise an- gewandt werden wie für Kranken- hausärzte. § 299 Abs. 1 StGB lautet:

Wer als Angestellter oder Beauf- tragter eines geschäftlichen Betrie- bes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstra- fe bestraft.

Noch hat diese Rechtsauffassung, Korruption im niedergelassenen Be- reich genauso zu verfolgen wie in Krankenhäusern, keinen Eingang in die juristische Praxis gefunden. Nach Auffassung von Pragal sind viele Staatsanwälte, auch wenn sie Sympa- thien dafür hegen, sehr vorsichtig beim Betreten von juristischem Neu- land. Derzeit warteten sie auf die Ent- scheidung eines Präzedenzfalles. I Thomas Gerst

BETRUG IM GESUNDHEITSWESEN

Abschreckende Wirkung garantiert

Viel Sympathie gab es auf einer juristischen Fachtagung für den Vorschlag, den Straftatbestand der Bestechlichkeit gemäß § 299 StGB auch gegenüber niedergelassenen Kassenärzten zur Anwendung zu bringen.

In der Diskussion:

Straftatbestand der Bestechlichkeit in den Beziehungen zwischen Niederge- lassenen und

Pharmaherstellern Foto:Photothek.net

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