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Roland Riesen – neuer Dozent für Önologie in Changins

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Academic year: 2022

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Jürg Gafner, Forschungsanstalt Agroscope Changins- Wädenswil ACW und Redaktion SZOW

juerg.gafner@acw.admin.ch

Nach Hansueli Pfenninger, dem ehemaligen Kellermeis- ter der Forschungsanstalt Wädenswil, hat ein weiterer Deutschschweizer den Sprung in die Dozentenschaft der EIC geschafft.Während aber Pfenninger dank seiner zür- cherischen Herkunft bei uns auf einen hohen Bekannt- heitsgrad zählen kann, ist Roland Riesen in der hiesigen weinbaulichen Praxis weitgehend unbekannt. Der Ber- ner Chemiker hat lange Jahre seines Berufslebens in den USA verbracht und war eigentlich nur Insidern als Wein- forscher bekannt. Jürg Gafner versucht, für die SZOW das Geheimnis seines Werdegangs in einem Interview zu lüften:

Jürg Gafner: Herr Kollega Riesen, wer sind Sie?

Ich habe einen «Spritzer welsches Blut» in den Adern. Ge- boren wurde ich nämlich in Vevey und die ersten sechs

Roland Riesen – neuer Dozent für Önologie in Changins

Seit Kurzem wirkt Roland Riesen (auf dem Foto rechts) als Dozent für Önologie an der Ecole d'Ingénieurs de Changins (EIC). Der langjährige Auslandschweizer mit Berner Wurzeln ist in der einheimischen Weinszene – und auch unserer Leserschaft trotz eines SZOW-Beitrags aus seiner Feder über den Asiatischen Marienkäfer im Jahr 2008 – vielleicht noch kaum bekannt. Grund genug für den Berichterstatter der «Roten», sich mit dem «Rückkehrer» eingehender zu beschäftigen.

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Lebensmonate verbrachte ich am Genfersee. Ich bin aber Berner, bin in Bern aufgewachsen und habe dort an der Universität in Chemie promoviert. Anschliessend hatte ich Gelegenheit, in den USA zuerst in Phoenix und da- nach in Boston als sogenannter Post-Doktorand zu ar- beiten. Nachdem ich schon alle Vorbereitungen für eine Rückkehr in die Schweiz getroffen hatte, bekam ich ein Angebot von der Ohio State University, als analytischer Chemiker in die Aromaforschung einzusteigen. Nach zwei Jahren wurde daraus die Leitung des Rebbau- und Weinprogramms. Insgesamt dauerte mein Amerika-Auf- enthalt schliesslich 24 Jahre. Fast ebenso unerwartet, wie ich damals in den USA blieb, kehrte ich 2010 in die Hei- mat, an die EIC in Changins zurück.

Sie haben Chemie studiert und waren weinbaulich unbelastet.

Wie kamen Sie zum Wein?

Unter uns Chemiestudenten hatte sich schnell herum- gesprochen, dass zwei Kurse besonderes Interesse ver- dienten: Die Lebensmittelchemie mit einer Einführung

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in die Weinkunde und dann ein Kurs, in dem der Berner Kantonschemiker mit seinem Weinwissen brillierte.

Auch waren wir Stadtberner schon immer stolz auf die

«Domaine de la ville de Bern» und verwöhnten hochran- gige Gäste gern mit ihren Weinen.

Ganz zufällig hat sich dann nach meiner Post-Doc- Zeit die Möglichkeit ergeben, eine Erntezeit auf einem Weingut im Staate New York zu verbringen. Eine Erfah- rung, die mich unglaublich faszinierte und motivierte. An der Ohio State University war ich später für die For- schung, die Organisation der praktischen Winzerbera- tung sowie für die rebbaulichen Einführungs- und Wei- terbildungskurse zuständig.

Sie kamen also eigentlich erst in den USA «richtig» zum Wein. Ohio ist ja aber nicht gerade eine Weinhochburg …

Ich beginne mit einem geschichtlichen Rückblick: Wohl erreichten die ersten Pioniere Ohio schon 1667, aber man hatte das Indianerproblem erst 1795 so weit im Griff, dass Landwirtschaft möglich wurde. Gerade rechtzeitig für Ni- colas Longworth, einen Anwalt aus New York, der 1803 in Cincinnati begann, nach einer guten Rebsorte für diese Region zu suchen. Er importierte über 200 Sorten aus Europa und baute in seinem Garten eine Sammlung von mehr als 100 amerikanischen Reben auf. Der Durch- bruch gelang 1825 mit der Entdeckung der Sorte Cataw- ba. Fast per Zufall produzierte er daraus den ersten Schaumwein Nordamerikas, den «Sparkling Catawba», der sehr populär wurde. 1859 war Ohio mit 22 000 hl der grösste Weinstaat der USA. Mehr als ein Drittel des ein- heimischenWeins wurde dort produziert, Cincinnati war die Weinhauptstadt Amerikas und der Ohio River wurde als «Rheinland von Amerika» berühmt. Dann aber breite- ten sich Krankheiten wie Graufäule und Echter Mehltau aus, gegen die noch keine Mittel zur Verfügung standen, und der Tod von Longworth beendete schliesslich das erste Wein-Kapitel Ohios.

Der Wiederaufschwung setzte nach Ende des 2. Welt- kriegs ein. Hinter dem klimatisch bevorzugten Kalifor- nien entwickelte sich Ohio unter Führung seiner grössten State University zum Leader der kleineren weinprodu- zierenden Bundesstaaten. 1982 wurde zum Meilenstein:

Die Regierung von Ohio verabschiedete ein Gesetz, das die Finanzierung von Weinforschung und Marketing durch eine steuerliche Belastung aller verkauften Weine vorschreibt. Dies eröffnete eine sichere Einnahmequelle, die Ohio ermöglichte, seine Rolle hinter den «Grossen» zu behaupten.

Welches waren die Schwerpunkte Ihrer 24-jährigen Tätigkeit in den USA?

Die Ohio State Universität besitzt eigene Rebberge und einen Versuchskeller. Zu Beginn meiner Arbeit als Leiter desViticulture-and-Enology-Programms lag der Schwer- punkt in Forschung und Praxis bei Seyval, Vidal, Cham- bourcin, Foch, Baco Noir und anderen Hybridsorten, die sich zwar durch ausgezeichnete Kältetoleranz auszeich- nen, qualitätsmässig aber höheren Ansprüchen nicht im- mer genügen.

Es war mein Ziel, die Weinqualität durch passende Standortwahl für Europäerreben und die Optimierung der Weinbereitung durch Berücksichtigung auch neuer

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Sorten zu verbessern.Während meiner zehnjährigen Tä- tigkeit führte ich unter anderem mit Erfolg den Pinot gris ein, veranlasste Klonenversuche mit Pinot noir und eva- luierte Unterlagen bezüglich Wachstums- und Reifepa- rametern von Cabernet Franc und Riesling.

Die Weingüter übernahmen aufgrund von Beispielen aus unserem Versuchskeller die Idee der Eisweinherstel- lung. Nach meinem Wechsel an die Youngstown State University stand die Weinanalytik im Vordergrund. Mit Hilfe moderner Analysegeräte entwickelten wir Metho- den zur Identifikation von Weindefekten wie Korkton und Brettanomyces-Aromen sowie zur Messung von Me- thoxypyrazinen (Inhaltsstoffen von Cabernet Sauvignon, Merlot und Sauvignon blanc) während der Traubenreife und im Wein. In Zusammenarbeit mit der Brock Univer- sity in Kanada gelang es uns auch, den Marienkäfer-Fehl- ton zu charakterisieren (SZOW 22/2008) und seine Aus- wirkungen auf Most und Wein zu erfassen.

Warum sind Sie in die Schweiz zurückgekehrt?

Ich fühlte mich in den USA sehr wohl und habe die Rück- kehr nicht aktiv gesucht. Aber die Stelle an der Ecole d’In- génieurs de Changins hat mich fasziniert. Dank den Um- strukturierungen in den letzten Jahren und der Einfüh- rung des Masterstudiums ist die EIC ausgezeichnet für die Zukunft gerüstet. Sie hat Potenzial und versucht, ih- ren Wirkungsbereich weiter auszudehnen, vor allem auch in die deutschsprachige Schweiz. Ich hoffe, mit meiner Erfahrung aus den USA etwas zum Erfolg bei- tragen zu können. Da ich mehr als 20 Jahre landesabwe- send war, dürfte man eigentlich nicht von einer Rückkehr sprechen. Für mich ist es ein Neubeginn.

Wie sehen Sie als «Auslandschweizer» die Weinproduktion, die Weinqualität und die Weinforschung in der Schweiz?

Auch in den USA habe ich immer mit einem (neutralen) Auge in die Schweiz geschielt. Einerseits weil ich den Kontakt mit Kollegen in der Weinforschung erhalten wollte, andererseits weil sich derVergleich mit Schweizer Weinen aufgrund der hüben wie drüben frischfruchtigen Aromen und säurebetonten Gaumen anbot. In den Ver- einigten Staaten gibt es nur wenige Konsumenten, die solche Weine bevorzugen. Die Mehrheit orientiert sich an den wuchtigen Produkten aus Kalifornien oder an den immer noch populären Süssweinen. Die Schweiz hat sich stilistisch eine Nische geschaffen, die ihrem Klima entspricht und auf die Individualität der «Terroirs» Rück- sicht nimmt.

Die Weinproduktion in Ohio und der Schweiz lassen sich gut vergleichen, da sie in beiden Fällen weitgehend auf kleineren Familienbetrieben beruht. Was Weinquali- tät und Ausbildung anbelangt, hat die Schweiz klare Vor- teile. Ich bin mir erst hier an der Schule und in Gesprä- chen mit Praxisvertretern bewusst geworden, wie hoch das Ausbildungsniveau ist. Die Weinqualität ist eine di- rekte Konsequenz der guten Ausbildung und der Hinga- be zum Beruf. Ich freue mich schon jetzt, meine ameri- kanischen Kollegen mit SchweizerWeinen verwöhnen zu können. Es wird für sie Neuland sein; exportiert wird der Schweizer Wein nämlich genauso wenig wie derjenige aus meinem alten Wirkungsgebiet. Gerade ein einziges Weingut aus Ohio ist in der Schweiz vertreten.

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R É S U M É

Roland Riesen – nouveau professeur d’œnologie à l’Ecole d’Ingénieurs de Changins

Le 1er mars 2010 Roland Riesen a été engagé comme nouveau professeur d’œnologie à l’école d’Ingénieurs de Changins (EIC). Bernois d’origine, il a fait ses études de chimie à l’université de Berne. Parti pour les Etats- Unis pour un postdoc d’un an, il y est resté 24 ans pen- dant lesquels il s’est engagé dans les domaines de l’œnologie et de la viticulture. A l’Ohio State University, il a été responsable du programme public d’œnologie et de viticulture pendant 10 ans. Alors que la recherche traditionnelle était basée habituellement sur des cépa- ges hybrides américains, Roland Riesen a préféré ori- enter sa recherche sur des cépagesvitis vinifera. Il a no-

tamment introduit en Ohio le Pinot Gris et a fait des es- sais de clones de Pinot Noir. Par la suite, lors de son em- ploi suivant à Youngstown State University, il s’est spé- cialisé sur l’analyse des arômes des vins et des raisins et a pris la responsabilité du centre analytique des vins de cette université. Son but à l’EIC, outre sa tâche principale de professeur d’œnologie et de futur doyen de la filière HES œnologie, consiste à renforcer les liens avec la Suisse alémanique et à motiver encore plus d’étudiants alémaniques à rejoindre l’EIC pour leur formation d’œnologue de haut niveau, unique en Suisse.

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Die Weinforschung ist ein etwas anderes Kapitel.

Schon in den USA habe ich das hohe Forschungsniveau der Schweiz bewundert. Erstaunlich hoch, darf ich hin- zufügen. Es scheint nämlich, dass die finanzielle und auch ideelle Unterstützung der Forschung hierzulande nicht ganz so ausgeprägt ist wie in den USA.

An der EIC sind Sie in Forschung und Lehre tätig – was macht Ihnen mehr Freude?

Eine Frage, die ich mir in meiner Tätigkeit immer wieder stellte. Und ich bin nie zu einer eindeutigen Antwort ge- kommen. Es ist das Zusammenspiel zwischen Lehre und Forschung, das mich fasziniert. Das Geben und Nehmen.

Die Unterstützung der Lehre durch Forschungsbeispiele motiviert die Studenten, weil sie dadurch Zusammenhän- ge erkennen und sich nicht in der Theorie verlieren. Es gelingt ihnen so besser, Tritt zu fassen. In der Forschung

besteht die Gefahr, dass man sich auf eine Denkweise fest- legt und sich darin verrennt. Durch den Kontakt mit den Studierenden wird man immer wieder mit neuen Ideen konfrontiert. Als die grössere Herausforderung empfinde ich zurzeit aber doch die Forschung, weil ich wie erwähnt bessere Rahmenbedingungen gewohnt bin.

Was sind Ihre Ziele?

Die Forschung wird sich nach den Anforderungen der Betriebe und der Schule richten. Aber die Analytik ist mir ans Herz gewachsen und ich möchte sie hier weiter vo- rantreiben. Sie ergänzt die Sensorik, die an der Schule sehr gut ausgebaut ist. Ich möchte sensorische Daten mit Hilfe der Analytik erklären. Mein Ziel ist, die chemi- schen Verbindungen, die für charakteristische Weinei- genschaften verantwortlich sind, zu identifizieren und

zu messen.

Was unternimmt die EIC, um für Önologie-Studenten aus der Deutschschweiz attraktiver zu werden?

Die Schule hat in den letzten Jahren bei der Anstellung neuer Mitarbeitender bewusst Wert auf Mehrsprachigkeit gelegt. Deutsch soll nicht nur verstanden, sondern auch gesprochen werden. Heute genügen fast alle Dozenten diesem Anspruch. Als Berner ge- hört Professor Roland Riesen ebenfalls dazu. Eine seiner Aufgaben ist die des Bindeglieds zur deutschsprachigen Schweiz.

Doch die Bemühungen der EIC zur Öffnung sind noch konkreter: Der Zugang wird dadurch erleichtert, dass die Aufnahmeprüfung in vier Sprachen (deutsch, französisch, italienisch, englisch) abgelegt werden kann. Auch Bachelor-Arbeiten können in Deutsch verfasst werden.

Deutschschweizer Interessenten werden zudem bei der Vermittlung von Praktika in der Westschweiz oder bei der Suche nach ge- eignetem Wohnraum unterstützt. Es studieren deshalb immer mehr deutschsprachige junge Leute in Changins. Der Anteil hat sich mittlerweile bei etwa 20% eingependelt. Da kann man sich anfänglich etwas an die Mitschüler anlehnen und Sprachhem- mungen verschwinden in der Regel schnell.

Und zum Schluss vielleicht noch ein etwas «philosophischer» Ansatz: Warum nicht den Exkurs in die Romandie als Abenteuer in- terpretieren, als Gelegenheit, eine neue Sprache, eine neue Denk- und Ausdrucksweise, eine neue Kultur kennenzulernen? Und auch die Möglichkeit, sich losgelöst vom Elternhaus in einer neuen Umgebung zu profilieren? Wem dies gelingt, dem wird später im Leben und im Beruf vieles etwas leichter fallen.

A U S B I L D U N G

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