TECHNIK FÜR DEN ARZT
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Fachmesse "Rehabilitation '94"
Die technische Hilfe geht bis ins Detail
Neue Hilfsmittel und Be- ratungsangebote für Behin- derte präsentierte die Fach- messe "Rehabilitation '94" in Erfurt. Fortschritte beruhen dabei weniger auf revolutio- nierenden Technologien als vielmehr auf wohldurchdach- ten, auf spezielle Behinde- rungen individuell fein abge- stimmten Weiterentwicklun- gen bereits vorhandener Grundkonzepte.
So machen beispielsweise Sondertastaturen modernste Computertechnologie auch für Behinderte zugänglich:
~ Großfeldtastaturen mit weiten Tastenabständen sind auf die Bedürfnisse von Menschen mit motorischen Störungen und Spastikern zugeschnitten. Eine Abdeck- platte verhindert Fehl- und Doppeleingaben, ein zusätz- licher Maussimulator trennt die komplexen Bewegungs- abläufe der normalen Maus in über Tasten leicht bedien- bare einzelne Richtungskom- ponenten auf.
~ Minitastaturen sind ge- eignet für Muskelschwache mit eingeschränktem Akti-
onsradius. Leichte Magnet- stäbe in unterschiedlichen Ausführungen sind die Be- dienungsinstrumente. Auch Mundschreiberstäbe können eingesetzt werden.
~ Zweigeteilte Tastatu- ren, einzeln höhenverstellbar für linke und rechte Hand, sind speziell für Contergan- geschädigte entwickelt wor- den.
Neue Rollstühle
Mit einem Anbaugerät lassen sich fast alle her- kömmlichen Rollstühle zu ei- nem Treppensteiger umrü- sten. Der TÜV-geprüfte Zu- satz kann mit einer Akkula- dung selbst enge (Wendel-) Treppen von bis zu 20 Stock- werken überwinden. Das Gerät ist leicht ein- und aus- haubar, wiegt knapp 20 kg und paßt zusammen mit dem Rollstuhl in den Kofferraum eines jeden Autos, in dem der Akku übrigens auch auf- geladen werden kann.
Sehbehinderte sollten sich eine Sehrestberatung nicht entgehen lassen. Die Rehabilitationseinrichtung für Sehgeschädigte (RES) der Deutschen Blindenstudi- enanstalt Marburg bietet nicht nur direkt die Möglich- keit, über Sehhilfen zu infor- mieren und zu beraten. Sie vermittelt bundesweit auch kompetente Beratungsinsti- tutionen vor Ort. Bekannt ist, daß Menschen, die trotz bestmöglichen Brillenaus- gleichs keine volle Sehschär- fe erreichen, eine Beratung über vergrößernde Sehhilfen brauchen. Was aber viele Be- troffene und deren An- gehörige nicht wissen, ist, daß Menschen oft noch über einen Sehrest verfügen, ob- wohl sie offiziell bereits zum Kreis der Blinden zählen.
Selbst bei stark herabgesetz- ter Sehschärfe von weniger als zwei Prozent oder bei Re- tinopathia pigmentosa mit Flintenröhrengesichtsfeld, sonst aber noch relativ guter Sehschärfe können Licht- schutzbrillen, kontraststei- gernde Lupen, Lupenbrillen, A-2608 (86) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 39, 30. September 1994
Fernrohrlupensysteme, Bild- schirmlesegeräte oder aber auch spezielle Lesebeleuch- tungssysteme weiterhelfen.
Insgesamt hat die Fach- ausstellung "Rehabilitation '94" gezeigt, daß sich die technischen Möglichkeiten zu einer menschenwürdige- ren Gestaltung des Alltags- lebens seit der Wende auch in den neuen Bundesländern enorm verbessert haben. Pa- radoxerweise aber hat das Verständis für die Situation Behinderter abgenommen.
So wurden in Bad Salzungen auf Bürgerproteste hin aku- stische Ampelsignale für Sehbehinderte in der Innen- stadt ausgeschaltet. In Dreißgacker, einem Ortsteil von Meiningen, hat sich im Mai eine Bürgerinitiative mit einer Unterschriftenak- tion gegen die Errichtung ei- nes Schwerbehindertenhei- mes gewendet. Allerdings konnte der Thüringische So- zialminister Dr. Frank-Mi- chael Pietzsch die Bevölke- rung vor Ort durch einge- hende Gespräche umstim- men und für grünes Licht für die Behinderteneinrichtung sorgen.
Kooperation
Die Fachmesse "Rehabi- litation '94" will mit ihrem Konzept ebenfalls einen Dia- log zwischen Behinderten und Nichtbehinderten forcie- ren. Als wichtiges Bindeglied könnte auch die Kooperati- onsstelle für Ärzte und Selbsthilfegruppen (KOSA) fungieren. Sie hat sich in Thüringen bei der Kas- senärztlichen Vereinigung zunächst in Form eines Mo- dellversuchs etabliert und hatte auf der Erfurter Messe erstmals einen größeren Auf- tritt in der Offentlichkeit.
Insgesamt bot die Ausstel- lung Behinderten wichtige Informationen zur Lebens- hilfe und Nichtbehinderten umfassende Einblicke in die Probleme der Alltagsbewäl- tigung ihrer behinderten Mit- menschen.
Martin Wiehl, Erfurt