DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Lungenfunktionsprüfungvon großen poliklinischen Ambu- lanzen, von Spezialkliniken und pneumologischen Rehabilita- tionseinrichtungen soll hier nicht näher eingegangen werden.
Eigenmessung des Patienten In Analogie zur Blutdruck-Eigen- messung des Hypertonikers und zur Urinzuckerkontrolle des Dia- betikers gibt es für den Patienten mit einer Bronchialobstruktion die Möglichkeit der Eigenmessung des exspiratorischen Peakflow (=
Spitzenfluß bei forcierter Exspira- tion).
Vor allem bei Asthma-Patienten ist der Obstruktionsgrad der Atemwege sehr variabel. In sol- chen Fällen von „Brittle-Asthma"
kann es vorteilhaft sein, dem Pa-
tienten ein einfaches Peakflow- Gerät in die Hand zu geben, mit dem er mehrfach am Tag seine Atemfunktion selbst überprüfen kann. Die Registrierung der ein- zelnen Werte in Form eines Peak- flow-Diagramms kann für die bronchospasmolytische Therapie eine große Hilfe sein.
Der leicht meßbare Peakflow ist in seiner Aussage zwar dem FEV, deutlich unterlegen, für einfache Vergleichsmessungen über einen längeren Zeitraum genügt er aber durchaus. Ein Peakflow-Protokoll, das der Patient mit in die Sprech- stunde bringt, sagt- oft über den Krankheitsverlauf und über das Ansprechen der Therapie mehr aus als eine zwar komplizierte, aber nur in größeren Abständen durchführbare Lungenfunktions- untersuchung.
Literatur
(1) Matthys, H.; Nolte, D.: Pneumologische Dia- gnostik, Dustri-Verlag, München (1981) — (2) Nolte, D.: Diagnostik der Atemwegsobstruk- tion — Was bringen Lungenfunktionsprüfun- gen?, Verlag Gedon & Reuss, München (1982)
— (3) Nolte, D.; Korn, V.: Oszillatorische Mes- sung des Atemwiderstandes, Dustri-Verlag, München (1979) — (4) Schnellbächer, F.: Lun- genfunktionsprüfungen mit der einfachen und der erweiterten Oszilloresistometrie, Haefner- Verlag, Heidelberg (1981) — (5) Ulmer, W. T.;
Reichel, G.; Nolte, D.; Islam, M.: Die Lungen- funktion. Physiologie und Pathophysiologie, Methodik. 3. Auflage, Thieme, Stuttgart (1983)
—Hinweis: Die hier dargestellten Lungenfunk- tionsprüfungen sind Inhalt des in Zusammen- arbeit mit dem Autor des Beitrages gedrehten Films: „Lungenfunktionsdiagnostik in der Pra- xis". Boehringer Ingelheim (1984)
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. Dietrich Nolte Städtisches Krankenhaus
Riedelstraße 5
8230 Bad Reichenhall
FÜR SIE GELESEN
Zur Ätiologie
der Geisteskrankheit:
Genetische Faktoren und Umwelteinflüsse
In der Diskussion, inwieweit gene- tische oder Umweltfaktoren für die Ätiologie schizophrener Er- krankungen relevant sind, vertei- digt Kety in einer Antwort auf Kriti- ker die Ergebnisse seiner Studien mit der Schlußfolgerung, daß für die Ätiologie schizophrener Er- krankungen genetische Faktoren signifikant wirksam sind. Kety und Mitarbeiter untersuchten die Prä- valenz der Schizophrenie bei den leiblichen und den nichtleiblichen Verwandten schizophrener er- wachsener Adoptivpersonen, die im frühen Kindesalter adoptiert wurden. Die Kontrollgruppe bilde- ten Angehörige von psychiatrisch unauffälligen Adoptierten, die nach Alter, Geschlecht, sozioöko- nomischem Status der Adoptivfa- milie und der Dauer des Zusam- menlebens mit den leiblichen El-
tern, den Indexpersonen (schi- zophren erkrankte Adoptivperso- nen) gleichgestellt waren.
In einer Kopenhagener Stichpro- be von 5500 erwachsenen Adop- tivpersonen wurden 34 schizo- phrene Adoptivpersonen identifi- ziert. Deren biologische und ad- optierte (nichtleibliche) Verwand- te (Eltern, Geschwister und Halb- geschwister) wurden ermittelt, die davon psychiatrisch Erkrankten erfaßt und deren Diagnose (nach DSM II) aus den Krankenberichten (1. Studie) und durch Interviews (2. Studie) in einer Blindstudie ge- wonnen.
Die Autoren fanden eine hoch si- gnifikante Häufung schizophrener Erkrankung bei den Blutsver- wandten der adoptierten schi- zophrenen Erwachsenen, wäh- rend sich für die drei anderen Po- pulationen (adoptiv Verwandte schizophrener Adoptivpersonen, die Kontrollgruppe der Adoptier- ten und deren Blutsverwandte) ei- ne Zufallsverteilung ergab.
Daß dieser Befund für die Wirk- samkeit genetischer Faktoren spreche, sieht Kety darin bekräf- tigt, daß die Schizophrenie bei den biologischen Halbgeschwi- stern, die mit den Indexpersonen weder intrauterine noch neonata- le Erfahrungen teilten, sondern eben nur in bestimmtem Maße ge- netisch überlappten, gehäuft sind.
Die Befunde wiesen auch darauf hin, daß ein Umweltfaktor — näm- lich eine manifeste schizophrene Erkrankung in der erziehenden Familie — für die Entwicklung der Erkrankung nicht erforderlich sei (im Durchschnitt erkrankten die biologischen Eltern erst 11 Jahre nach dem Adoptionsverfahren).
Eine unabhängige Blindstudie mit verändertem Diagnoseschema (DSM III) bestätigte Ketys Ergeb- nisse. wrk
Literatur
Kety, S. S.: Mental illness in the biological and adoptive families of adopted individuals who have become schizophrenic: a preliminary re- port based upon psychiatric interviews, in Ge- netic Research in Psychiatry. Am. J. Psychiatry 140 (1983) 720-727
1936 (60) Heft 24 vom 15. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A