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Archiv "Ätiologie und Pathogenese von Lungenfibrosen" (07.08.1989)

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(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

Durch Fortschritte in der Molekularbiologie ist das Verständ- nis für die pathophysiologisch ablaufenden Vorgänge bei der Lungenfibrose größer geworden. Insbesondere die Rolle von neu entdeckten Mediatorsubstanzen und deren Einfluß auf den interstitiell gelegenen Fibroblasten werden kritisch beleuchtet.

Erkrankungen der Lunge (17)

••

Atiologie und Pathogenese von Lungenfibrosen

Udo Schumacher und Ulrich Welsch;

Jürgen Barth und Wolfgang Petermann

:10)

ie interstitielle Lungen- fibrose zeichnet sich morphologisch durch eine Vermehrung des interstitiellen Bindege- webes im Bereich der Alveolarsep- ten aus. Mehr als hundert verschie- dene Ursachen sind als Auslöser ei- ner interstitiellen Lungenerkran- kung bekannt (1), die zu einer unter- schiedlich stark ausgeprägten Fibro- se führen können. Trotz der vielen möglichen bekannten Ursachen bleibt klinisch gesehen die exakte Ursache der Fibrose bei zwei Drit- teln der Patienten mit Lungenfibrose unbekannt (2).

Die zunächst so einfach erschei- nende Definition, es handele sich bei der Fibrose um eine Vermehrung von kollagenfaserhaltigem Bindege- webe, ist in letzter Zeit bestritten worden. So wurde von einigen Auto- ren keine Vermehrung von Kollagen in Biopsaten aus Lungengewebe bei an Fibrose erkrankten Patienten ge- funden (3). Obwohl die vorgelegten Befunde zum Teil aufgrund von me- thodischen Fehlern (fragliche Re- präsentativität des Biopsiematerials) zustande gekommen sein mögen (4), zeigen sie doch zumindest, daß die Frage nach dem exakten Ausmaß der Erhöhung des Kollagengehaltes in fibrotischen Lungen sowie auch die Zusammensetzung dieses Kolla-

gens nicht befriedigend geklärt sind.

Neben der Frage, wieviel und wel- ches Kollagen im Bindegewebe im Alveolarbereich vorliegt, ist es eben- so nicht endgültig geklärt, welche Zellen für die Stimulation der Kolla-

gensynthese durch Fibroblasten ver- antwortlich sind.

Wie bei jedem entzündlichen Prozeß werden auch bei der Lungen- fibrose als Endstadium einer Ent- zündung Lymphozyten, Monozyten/

Makrophagen, Mastzellen und neu-

Anatomische Anstalt, Lehrstuhl II (Direktor: Prof. Dr. rer. nat. Dr. med.

Ulrich Welsch) der Ludwig-Maximilians- Universität München;

I. Medizinische Klinik (Komm. Direk- tor: Prof. Dr. med. Hans-Dietrich Bruhn) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

trophile Granulozyten eine Bedeu- tung für die Initiation der Fibrose zugeschrieben (5). Den Lymphozy- ten und teilweise auch den Makro- phagen wird durch die Sekretion von diversen Mediatoren, meistens Wachstumsfaktoren, eher eine fibro- blastenstimulierende Rolle zuge- sprochen, während Neutrophile eher als abräumende und abbauende Zel- len angesehen werden.

Einfluß von Lymphozyten

auf Fibroblasten

Unter den zur Fibrose führen- den Lungenerkrankungen wurden insbesondere bei der Sarkoidose die Lymphozytensubpopulationen der broncho-alveolären-Lavage (BAL) schon recht genau untersucht.

Pathognomonisch bei der Sarkoidose ist eine Verschiebung des T-Helfer- zu T-Suppressor-Quotienten (6). Bei manifester Fibrose hingegen ist meist die Anzahl der T-Lymphozy- ten in der BAL erhöht, das T-Helfer/

T-Suppressor-Verhältnis jedoch nor- mal, auch sezernieren die T-Zellen in diesen Fällen keine Lymphokine (7, 8)•

Ob Lymphozyten also einen ent- scheidenden Beitrag zur Fibrose lie- fern, dürfte nach den oben geschil- derten Befunden auch von der zur Fibrose führenden Grundkrankheit abhängen. Bei anderen zur Fibrose führenden Erkrankungen dürften Lymphozyten ein Begleitphänomen mit allerdings erheblicher diagnosti- scher Relevanz darstellen. Die ge- Dt. Ärztebl. 86, Heft 31/32, 7. August 1989 (51) A-2227

(2)

T-Lymphozyt Makrophage

AMDGF PDGF I L-1

Fibroblasten

Produktion von Matrixkomponenten

(Kollagene, GAGs)

Proliferation

Sauerstoffradikale Peroxidase

Proteasen

Neutrophiler

Abbildung 1: Schematische Darstellung der bei der Lungenfibrose wichtigsten Zelltypen, die bei der Entstehung der Fibrose eine Rolle spielen, und der Beeinflussung der interstitiel- len Fibroblasten durch Mediatoren und Enzyme (AMDGF = Alveolar macrophage derived growth factor; FAF = Fibroblasten aktivierender Faktor; GAG = Glykosaminoglykane; IL-1

= Interleukin 1; PDGF = Platelet derived growth factor; TGFß = Transforming growth fac- tor ß)

naue Zuordnung, ob die Lymphozy- ten Begleitphänomen oder Ursache einer Fibrose sind, bleibt aber nach den bisher zitierten Befunden noch unklar. Es gibt jedoch in vitro Befun- de, die eindeutig für eine lymphozy- tenvermittelte Steigerung der Kolla- genproduktion sprechen. So konnten durch T-Lymphozyten, die durch di- nitrophenyliertes Ovalbumin spezi- fisch aktiviert waren, sowohl die Pro- liferation von Fibroblasten als auch die Kollagensynthese gesteigert wer- den (9). Ebenso ist ein Fibroblasten aktivierender Faktor (FAF) aus Concanavalin-A-aktiviert en T-Lym- phozyten des Menschen isoliert wor- den, der die Proliferation der Binde- gewebszellen aktiviert. Da dieser Faktor von Xenopus-Oozyten syn- thetisiert wurde, in die mRNAs der vorher aktivierten Lymphozyten mi- kroinjiziert wurden, ist eine Protein- kontamination (Lektin) weitgehend ausgeschlossen (10).

Diese Beobachtung ist deshalb wichtig, weil mit Lektinen aktivierte Lymphozyten im Überstand auch noch die gleichen Lektine enthalten, die ihrerseits wieder Fibroblasten in ihrer Aktivität modulieren können (11). Weiterhin wird von aktivierten T-Zellen ein transforming growth factor ß (TGFß) sezerniert, der die Synthese von Kollagen stimuliert, ein Effekt, der durch epidermal growth factor (EGF) und platelet derived growth factor (PDGF) nicht erreicht werden konnte (12). Umgekehrt kön- nen auch Fibroblasten wiederum Lymphozyten aktivieren (13). Ab- schließend läßt sich sagen, daß der Einfluß von Lymphozyten in der BAL auf die Fibrosetendenz bisher in einer prospektiven Studie nicht exakt untersucht ist, eine Reihe von experimentellen Befunden jedoch ei- nen Einfluß von Lymphozyten auf Fibroblasten wahrscheinlich sein läßt.

Die Rolle

der Makrophagen

Die zur Zeit am intensivsten un- tersuchte Zellpopulation der BAL bei fibrosierenden Lungenerkran- kungen stellen die Alveolarmakro- phagen dar. Sie sind besonders des- halb interessant, weil sie Wachs-

tumsfaktoren sezernieren, unter an- derem den alveolar macrophage derived growth factor und den PDGF. So wurde bei Alveolarma- krophagen, die von an Lungenfibro- se erkrankten Patienten stammten, eine wesentlich erhöhte Spontanse- kretion von PDGF im Vergleich zum Normalkollektiv festgestellt (14).

Ein weiterer von Makrophagen sezernierter Faktor, das Interleu- kin-1, stimuliert ebenso die Fibrobla- sten (15). Diese Beobachtung konnte auch an Fibroblasten aus der Synovia bestätigt werden (16); es dürfte sich also um einen im Körper ubiquitären Effekt handeln. Die Stimulierung

der Fibroblasten zur Proliferation durch aktivierte Monozyten/Makro- phagen darf als gesichert angesehen werden. Deshalb scheint den Makro- phagen eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Fibrose zuzukom- men.

Als letzte Mediatorzelle bei zu einer Fibrose führenden Lungener- krankungen sei die Mastzelle er- wähnt. Ihre Bedeutung ist gegenwär- tig schwer abzuschätzen, da nur we- nige Literaturangaben vorliegen (17). Das vermehrte Vorkommen von Mastzellen in der BAL soll gut mit dem Schweregrad der Fibrose korrelieren.

A-2228 (52) Dt. Ärztebl. 86, Heft 31/32 , 7. August 1989

(3)

Bedeutung der gesteigerten

Faserproduktion

Über die eigentlich wichtigste Zelle bei der Lungenfibrose, den Alveolarfibroblasten, der auch kon- traktile Eigenschaften besitzt, ist rela- tiv wenig bekannt. Untersuchungen an Fibroblastenzellinien aus norma- len und aus fibrotisch erkrankten Lungen ergaben, daß beide Popula- tionen auf Stimuli ähnlich reagieren (18). Deshalb scheint die Ursache der Fibrose primär nicht im Fibroblasten zu liegen. Auch dieses Faktum unter- stützt die Annahme eines Einflusses der Makrophagen und Lymphozyten als Vermittler der Fibrose.

Im Zusammenhang mit der Fi- brose stellt sich allerdings die zentra- le Frage, ob die Fibrose mehr durch eine Proliferation von Fibroblasten oder mehr durch eine vermehrte Fa- serproduktion schon im Alveolarbe- reich vorhandener Fibroblasten be- ruht, also mehr eine produktive als proliferative Erkrankung ist. Der normale Raum der Alveolarsepten umfaßt nämlich bereits zu ca. 35 Pro- zent interstitielle Zellen, von denen etwa die Hälfte Fibroblasten sind (19). Das läßt vermuten, daß primär die gesteigerte Faserproduktion für die Fibrose verantwortlich ist und nicht eine gesteigerte Proliferation.

Ferner gehen alle Testsysteme zur Messung von Kollagenproduktion in vitro von konfluenten, sich nicht mehr teilenden Fibroblasten aus, ein Befund, der sich mit Befunden in vi- vo deckt (Fibrome: viele Fasern, we- nig Zellen; hochmaligne Fibrosarko- me: viele Zellen, wenig Fasern).

Wir halten deshalb die Faser- produktion für wichtiger als die Zell- proliferation. Die bisher durchge- führten Untersuchungen haben sich wohl deshalb weniger auf die Fibro- blasten konzentriert, weil sie nicht so einfach durch eine Lavage zu erfas- sen sind. Trotzdem stellen sie die letztendlich wichtigste Zelle bei der Fibrose dar, auf die alle anderen Zellen einwirken.

Ebenso wie der Einfluß von Me- diatoren bei zur Fibrose führenden Erkrankungen auf die Aktivität der Fibroblasten unklar ist, sind auch die

Syntheseleistungen der Fibroblasten unklar. Dabei scheint es vom Stadi- um der Erkrankung abzuhängen, welcher Kollagensubtyp gebildet wird (20).

Die Rolle der

flüssigen Bestandteile Die Bedeutung der gelösten Ma- kromoleküle, die mit der Lavage als Marker oder Stimulus für fibrosie- rende Prozesse in der Lunge und als vermutliche Produkte der Fibrobla- sten gewonnen werden können, ist noch nicht so intensiv untersucht wie die der zellulären Bestandteile. Das mag an einem Mangel an standar- disierter Aufarbeitung der flüssigen Bestandteile liegen. Ein weiterer Grund für die zu geringe Beachtung, die die in der Flüssigkeit enthaltenen Makromoleküle in der Lavage gefun- den haben, dürfte darin liegen, daß bisher noch kein überzeugender Marker für die Menge der alveolar lining fluid gefunden wurde, so daß Verdünnungseffekte nur ungenü- gend berücksichtigt werden können.

Dieses Argument gilt allerdings ge- nauso für die zellulären Bestand- teile.

Von den flüssigen Bestandteilen haben in der letzten Zeit besonderes Interesse die Glykosaminoglykane gefunden. Insbesondere der Gehalt an Hyaluronsäure in der Lavage kor- reliert gut mit dem klinischen Schweregrad der Fibrose (21). Diese Tatsache paßt auch zu dem Befund, daß Fibroblasten in vitro während der Mitose vor ihrer Zellteilung Hy- aluronsäure synthetisieren (22).

Weitere hochmolekulare Proteogly- kane sind im Alveolarraum wahr- scheinlich bei Reparationsvorgängen beteiligt (23). Sie zu erfassen, dürfte vielleicht auch aus der Lavage mög- lich sein.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. rer. nat.

Dr. med. Ulrich Welsch Anatomische Anstalt der Universität München Pettenkoferstraße 11 8000 München 2

10-Jahres-Katainnese hospitalisierter

Anorexie-Fälle

Von 1973 bis 1975 wurden 38 Anorexie-Patientinnen des Kantons Zürich (definierte Region) hospitali- siert. Das Erkrankungsalter betrug im Mittel 16,3 Jahre. 28 Fälle konn- ten 1985 mittels halbstandardisier- tem Interview erneut untersucht werden. Darum wurden Fragen zur beruflichen Situation, zu zwischen- menschlichen Beziehungen, zur Wohnsituation, zu somatischen und psychischen Symptomen und zu The- rapien im Verlauf der Krankheit und zur Zeit der Nacherhebung gestellt.

Elf Prozent der Patientinnen können als symptomfrei, 71 Prozent als gebessert und 14 Prozent als un- verändert bezeichnet werden. Eine Patientin starb an den Folgen der Magersucht. Obwohl 64 Prozent der Frauen eine Gewichtsnormalisie- rung erreichten — die Zeit bis zur Normalisierung variierte zwischen wenigen Monaten und elf Jahren —, hatte mehr als die Hälfte der Patien- tinnen zum Zeitpunkt der Katamne- se noch Störungen des Eßverhaltens.

Auch erhebliche Beeinträchtigungen des psychischen Befindens waren häufig vorhanden, wobei Angste, de- pressive Verstimmungen und quä- lende Minderwertigkeitsgefühle im Vordergrund standen. Dagegen kor- relierte die körperliche Verfassung signifikant mit sozialer Integration und Sexualität. Auffällig war: Je kür- zer die Krankheitsdauer bis zur Erst- hospitalisation war, desto besser war das Katamneseergebnis.

Von Probandinnen mit gutem oder mittlerem Katamneseergebnis wurden am häufigsten Psychothera- pie, Partnerbeziehung, Lebenwille, Selbstbewußtsein und Milieuwechsel als entscheidend für den günstigen Verlauf betrachtet. mle

J. Willi et al.: 10-Jahres-Katamnese der 1973-1975 im Kanton Zürich erstmals hos- pitalisierten Anorexie-Fälle. Schweiz. med.

Wschr. 1989; 119: 147-155

Prof. Dr. J. Willi, Abteilung für Psychoso- ziale Medizin, Universitätsspital, CH-8091 Zürich

A-2230 (54) Dt. Ärztebl. 86, Heft 31/32, 7. August 1989

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