• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Autoimmunerkrankungen - Neues zu Ätiologie, Diagnostik und Therapie" (14.05.1999)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Autoimmunerkrankungen - Neues zu Ätiologie, Diagnostik und Therapie" (14.05.1999)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

om Immunsystem wird die Be- wältigung von zwei zentralen Aufgaben erwartet:

«das, was „fremd“ und gefähr- lich ist, zu erkennen und zu bekämp- fen, und

¬das, was „selbst“, also nicht ge- fährlich ist, nicht zu attackieren, son- dern zu schützen.

Zelluläre wie humorale Abwehr- mechanismen werden durch zwei T- Helferzellpopulationen, die TH1- und die TH2-Zellen, reguliert. Diese Dichotomie ist für das Verständnis autoimmuner Prozesse von besonde- rer Wichtigkeit, und zwar insofern, als man davon ausgehen darf, daß alle organspezifischen Autoimmuner- krankungen einer TH1-vermittelten Immunantwort unterliegen, während die systematischen Prozesse, insbe- sondere der Lupus erythematodes aber auch der Pemphigus vulgaris, wahrscheinlich vorwiegend TH2-ge- steuert sind.

Diese Konzepte eröffnen nicht nur interessante Einblicke in die Ätio- pathogenese und Diagnose autoim- muner Erkrankungen, sondern ver- mitteln auch Möglichkeiten für die Entwicklung oder den Einsatz neuer immunmodulatorischer Substanzen wie zum Beispiel Zytokine.

Autoimmunität versus Autoaggressivität

Für das Verständnis der Entste- hung autoimmuner Erkrankungen ist es wichtig zu wissen, daß im Blut je- des Individuums T-Zellen zirkulie- ren, die Selbstantigene beziehungs- weise Selbstepitope zwar erkennen können, aber keine Autoaggression auslösen, zumindest solange sie nicht durch kostimulierende Signale und

Adhäsionsmoleküle zur Proliferati- on angeregt werden. Dieser Zustand wird als „periphere Toleranz“ oder Anergie bezeichnet. Er beinhaltet, daß immer dann mit der Gefahr der Entstehung von Autoimmunerkran- kungen, das heißt einer Autoaggres- sivität, zu rechnen ist, wenn auto- reaktive T-Zellen oder B-Zellen ein zusätzliches Gefahrsignal erhal- ten. Dieses kann zum Beispiel von aktivierten Makrophagen ausgehen, die im Rahmen der Prozessierung von Mikroorganismen Selbst- und Fremdpeptide zusammen mit MHC- Molekülen (MHC = major histocom- patibility complex) den autoreakti- ven T-Zellen und B-Zellen präsentie- ren. Zu unterscheiden ist zwischen der Aktivierung der T-Helferzelle über den MHC-Klasse-II-Peptid- komplex und der Aktivierung zytoto- xischer CD8-T-Zellen via den MHC- Klasse-I-Peptidkomplex. Da MHC- Klasse-I-Moleküle von nahezu allen Zellen exprimiert werden können, kann sich die zytotoxische Immun- antwort gegen jede beliebige Körper- zelle richten; MHC-Klasse-II-Anti- gene kommen dagegen unter physio- logischen Bedingungen nur auf be- stimmten Zellen vor, nämlich den dendritischen Zellen, den Makro- phagen und den B-Zellen, und inso- fern sind diese für die Induktion der Immunantwort verantwortlich. Um zum Beispiel experimentell einen au- toimmunen Prozeß zu induzieren, muß das verwandte Autoantigen zu- sammen mit einem kompletten Freundschen Adjuvans (Emulsion aus Mineralöl und durch Hitze ab- getöteten Mycobacteria tuberculo- sis) entweder subkutan oder intra- dermal injiziert werden. Mykobakte- rien wie auch andere pathogene Bak- terien können Autoimmunerkran-

kungen somit im Rahmen eines in- fektiösen Prozesses auslösen. In ei- nem solchen Fall übernimmt das in- fektiöse Agens die Adjuvansfunkti- on und stellt damit die für die Umge- hung der T-Zelltoleranz notwendi- gen kostimulierenden Faktoren zur Verfügung. Eine bestehende T-Zell- Toleranz kann aber besonders leicht durchbrochen werden, wenn zusätz- lich eine Homologie zwischen einem Autoantigen und dem Fremdantigen besteht (molecular mimicry), so daß sich die Immunreaktionen gleichzei- tig sowohl gegen körpereigene wie auch körperfremde Proteine richten.

Außer durch Infekte lassen sich auch durch eine Interferon-alpha-(IFNα-)- Therapie, deren Ziel es ist, zytotoxi- sche T-Zellen zu aktivieren, auto- immune Prozesse auslösen, wie dies im Rahmen der IFNα-Therapie bei Patienten mit Hepatitis C beobachtet werden konnte.

Auch B-Zellen sind in der Lage, Antigene, vor allem lösliche Antige- ne, den T-Helferzellen zu präsentie- ren. Dieses Phänomen wird als cog- nate T/B cell interaction bezeichnet.

Dadurch werden die B-Zellen bei ent- sprechender gleichzeitiger Aktivie- rung durch kostimulierende und ak- zessorische Moleküle in die Lage ver- setzt, verstärkt antigenspezifische An- tikörper zu produzieren. Von der Ak- tivierung des jeweiligen T-Helfer-Sub- typs hängt es ab, welche Immunglo- bulin-Isotypen von den B-Zellen ge- bildet werden. Interferon-γführt zum Besipiel zu einer verstärkten Produk- tion komplementbindender Antikör- per (den IgG1-Isotypen), Interleukin- 4 und Interleukin-13 dagegen zur Bil- dung von nicht komplementbinden- den Antikörpern (IgG4) sowie zur Produktion von IgE-Immunglobuli-

nen. !

Autoimmunerkrankungen –

Neues zu Ätiologie, Diagnostik und Therapie

23. Interdisziplinäres Forum der Bundesärztekammer

„Fortschritte und Fortbildung in der Medizin“ vom 20. bis 23. Januar 1999

V

(2)

Klassifikation

autoimmuner Prozesse

Viele Klone von T-Helferzellen lassen sich in zwei Subtypen untertei- len: einen Subtyp, der präferenziell proentzündliche Zytokine produziert wie Interleukin-2, Interferon-γ und TNF sowie einen zweiten Subtyp, der präferenziell antientzündliche Zyto- kine bildet wie Interleukin-4, Inter- leukin-10 und Interleukin-13. Die ent- zündliche TH1-vermittelte Immunant- wort wird vor allem zur Abwehr intra- zellulärer Krankheitserreger benötigt und fördert die antivirale Zytotoxi- zität von T-Zellen; die TH2-vermittelte antientzündliche Immunantwort ist für die Kontrolle extrazellulärer Krankheitserreger verantwortlich.

Die Bedeutung dieser TH1/TH2-Balan- ce stand im Mittelpunkt des Referates von M. Röcken (München).

Er führte aus, daß über die Inter- aktion zwischen den TH1- beziehungs- weise TH2-Zellen und den antigenprä- sentierenden Zellen die Effektorre- aktion reguliert wird. Interferon-γ vermittelt vor allem die Makropha- gen-gesteuerte Entzündung durch Ausschüttung von TNF, Interleukin- 1, Interleukin-6 und Interleukin-12, aber auch durch die Produktion reak- tiver Sauerstoffradikale und NO, während Interleukin-4 diese entzünd- liche Reaktion gegenreguliert.

Für die Pathogenese vor allem von organspezifischen Autoimmuner- krankungen gilt, daß diese durch pro- inflammatorische Reaktionen unter- halten werden bei bestehender zu ge- ringer oder fehlender antientzündli- cher Gegenregulation.

Dagegen ist man sich über die Mechanismen, die zu den systemi- schen Autoimmunerkrankungen füh- ren, noch weitgehend im unklaren, doch wird davon ausgegangen, daß zum Beispiel der Lupus erythemato- des oder die Sklerodermie als TH2- vermittelte Immunerkrankungen auf- gefaßt werden können (Grafik). Bei allergischen Erkrankungen mit Eo- sinophilie und erhöhten IgE-Globuli- nen ist dagegen die Rolle der TH2-Im- munantwort unbestritten.

Dieses Konzept ist durch tierex- perimentelle Untersuchungen und auch durch Beobachtungen am Men- schen gut dokumentiert. Im Tiermo-

dell lassen sich beispielsweise die ex- perimentell induzierte Autoimmun- erkrankung wie die allergische Ence- phalomyelitis durch TH1-Zellen, aber nicht durch TH2-Zellen, induzieren oder auch passiv übertragen, und beim Menschen können in der frühen Phase, zum Beispiel der Psorias, TH1- ähnliche Lymphozyten aus den Haut- läsionen isoliert werden.

Für die Pathogenese einer au- toimmunen Erkrankung spielt also ei- ne wesentliche Rolle, welche T-Zell- Subpopulationen an dem entzündli- chen Prozeß beteiligt sind. So darf der Nachweis eines entzündlichen Infil-

trats bei organspezifischen Autoim- munerkrankungen keineswegs per se im Sinne eines zytotoxischen Prozes- ses interpretiert werden. Im Tiermo- dell ließ sich zum Beispiel zeigen, daß bei den an Diabetes mellitus erkrank- ten Mäusen zwischen einer nicht de- struktiven Inselzellentzündung durch TH2-Lymphozyten und einer destruk- tiven Inselzellautoimmunität durch TH1-Lymphozyten unterschieden wer-

den kann. Dominiert die TH2-Immu- nität, befindet sich die Erkrankung in einer latenten Phase; überwiegt die TH1-Immunität, kommt es zur Pro- gression der Inselzellzerstörung.

Diagnose von organspezifischen

Autoimmunerkrankungen

S. Martin (Düsseldorf) führte in seinem Referat über die Diagnose or- ganspezifischer Autoimmunerkran- kungen aus, daß durch die Charakte- risierung von organspezifischen Ziel-

antigenen (Tabelle) bessere Testsyste- me zum Nachweis dieser Erkrankun- gen entwickelt werden konnten. Dies ließ sich vor allem für die glutensensi- tive Enteropathie und den Diabetes mellitus Typ I zeigen. Er sieht in der Bestimmung der für die Sprue/Zö- liakie relevanten Antikörper gegen Gliadin und Endomysium bei Kin- dern mit rezidivierenden Bauch- schmerzen oder Verdauungsstörun-

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

TH1 IL-2/IFN-g-hoch IL-4-niedrig/negative

Zelluläre Immunität Komplementbindende

Antikörper

TH2 (IFN-g ±) IL-4-hoch Eosinophilen-assoziierte

Zytotoxizität IgE

Intrazelluläre Mikroorganismen

Tumoren

Extrazelluläre Parasiten

Kontaktallergie Organspezifische

Autoimmunität Psoriasis Allergische Enzephalitits

Typ I Diabetes Rheumatoide Arthritis

Thyroiditis Uveitis

Atopische Krankheiten Immunglobulin-mediierte

Autoimmunität Bullöse Autoimmunkrankheiten

Sklerodermien Nützlich

Schädlich Grafik

TH1- und TH2-assoziierte Immunität: Rolle von TH1- und TH2-Immunantworten bei Infektions-, Tumor- und Autoimmun- krankheiten (aus Röcken M: Die Rolle unterschiedlicher T-Zell-Populationen bei Autoimmunkrankheiten: die TH1- und TH2-Balance. In: Fortschritte und Fortbildung in der Medizin, Band 22, Deutscher Ärzte-Verlag 1999)

(3)

gen einen sinnvollen Einstieg zur wei- teren histologischen Abklärung die- ser Verdachtsdiagnose. Ähnliches läßt sich auch für die Diagnose des Diabe- tes mellitus Typ I aufzeigen. Während bisher der Nachweis der Inselzellanti- körper durch die indirekte Immunflu- oreszenz an humanem Pankreassub- strat erfolgte, können heute kommer- zielle Testsysteme unter Verwendung der zwei wichtigsten Autoantigene eingesetzt werden, nämlich der Gluta- matdecarboxylase (GAD) und der Thyrosinphosphatase IA-2. Hinsicht- lich ihrer Sensitivität und Spezifität sind sie dem immunfluoreszenzsero- logischen Nachweis von Inselzellanti- körpern (ICA) ebenbürtig.

Die Bestimmung von Typ-I-Dia- betes-spezifischen Autoantikörpern hat auch zu einer Verbesserung der Differentialdiagnose von Typ-I- und Typ-II-Diabetes-mellitus geführt. So wurde nicht zuletzt wegen der hohen Prävalenz dieser Autoantikör- per beim Typ-I-Diabetes von der amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) und der Weltgesundheitsorga- nisation (WHO) die Klassifikation des Diabetes mellitus überarbeitet und re- vidiert. Die Begriffe insulinabhängiger Diabetes und nicht insulinabhängiger Diabetes mellitus wurden ersetzt durch die Begriffe Typ-I- und Typ-II- Diabetes-mellitus. So kann ein Typ-I- Diabetes in der Frühphase oder bei Manifestation im Alter ohne Insu- lintherapie behandelbar sein, wie auch ein Typ-II-Diabetes in der Spätphase zu einem insulinabhängigen Diabetes wird. Sämtliche Formen des Diabetes werden also unabhängig von der Insu- linbedürftigkeit klassifiziert. Werden diabetesspezifische Autoantikörper nachgewiesen, wird der Diabetes un- abhängig von der Therapie als Typ-I- Diabetes bezeichnet. Der Begriff „la- tent autoimmune diabetes in adult- hood“ (LADA), der bis zur Neuklassi- fikation für eine Gruppe Erwachsener mit einem nicht insulinpflichtigen Dia- betes und gleichzeitigem Nachweis von diabetesspezifischen Autoantikörpern verwendet wurde, ist durch den Begriff

„spätmanifester Typ-I-Diabetes“ er- setzt worden. In einer kürzlich publi- zierten Studie konnte gezeigt werden, daß der Nachweis von Autoantikör- pern bei älteren seit kurzer Zeit mani- festen Diabetikern einen hohen prä-

diktiven Wert für eine frühe Insulinbe- dürftigkeit signalisiert. So waren in der Altersgruppe der 55- bis 65jährigen Diabetes-Patienten noch sieben Pro- zent GAD-positiv.

Das statistische Risiko für erst- gradig Verwandte, an einem Typ-I- Diabetes zu erkranken, liegt bei 40 Prozent. In der Normalbevölkerung kommt der Diabetes mellitus Typ I nur mit einer Häufigkeit von 0,1 bis 0,3 Prozent vor, das heißt, werden bei einem Angehörigen eines Kranken keine Antikörper im Blut nachgewie- sen, besteht kein erhöhtes Erkran- kungsrisiko. Dagegen signalisiert der Nachweis von diabetesspezifischen Autoantikörpern ein erhöhtes Diabe- tesrisiko, was allerdings auch eine ho- he psychische Belastung der betroffe- nen Familien bedeutet. Leider gibt es bisher noch keine gesicherte Thera- pie, um den Ausbruch des Typ-I-Dia- betes zu verhindern oder zu verzö- gern.

Bei Patienten mit einem Diabe- tes mellitus Typ I lassen sich auch an- dere organspezifische Autoantikör- per nachweisen, so zum Beispiel Schilddrüsenantikörper oder Anti- Gliadin-Antikörper. Allerdings zeigt nur ein Teil dieser Patienten relevan- te klinische Symptome, was wieder- um unterstreicht, daß Autoimmu- nität, das heißt das Vorliegen ei- ner „sterilen“ Autoimmunität gegen- über einem Zielorgan nicht gleichzu- setzen ist mit Autoimmunerkran- kung. Eine differenzierte Interpreta- tion entsprechender autoimmuner Phänomene ist also jeweils anzustre- ben. Ein wichtiges Forschungsziel in Zukunft wird sicher die bessere Cha- rakterisierung der hierbei beteiligten TH1- und TH2-relevanten Immunre- aktionen sein.

Nachweis diagnostisch spezifischer und relevanter Autoantikörper

Eine differenzierte Interpretati- on der bei organunspezifischen Auto- immunerkrankungen zu beobachten- den Phänomene ist von besonderer Wichtigkeit, da man zu leicht der Ge- fahr erliegt, aus dem Nachweis von Autoantikörpern auf eine Autoim- munerkrankung zu schließen. Dies

führte R. Klein (Tübingen) aus. Bei der serologischen Diagnostik sollte deshalb unterschieden werden zwi- schen solchen Autoantikörpern, die unabhängig von der klinischen Sym- ptomatik eine hohe diagnostische Re- levanz haben und solchen, die zur Be- stätigung einer Diagnose bei schon bestehenden relevanten klinischen Symptomen herangezogen werden können. Die Abgrenzung zu den natürlich vorkommenden Autoanti- körpern ist hierbei nicht immer ein- fach. Diagnostisch spezifische Auto- antikörper sind zum Beispiel die anti- mitochondrialen Antikörper bei der primär biliären Zirrhose sowie die Antikörper gegen das lösliche Leber- antigen oder das Leber-Pankreas-spe- zifische Antigen und die Antikörper gegen Leber-Nierenmikrosomen bei der autoimmunen Hepatitis. Obwohl sie keine Organspezifität zeigen, ist der Nachweis praktisch ein Beweis für das Vorliegen einer derartigen auto- immunen Lebererkrankung. Ähnli- ches gilt für die Antikörper gegen Doppelstrang-DNA oder Antikörper gegen das Sm-Antigen, die bevorzugt und fast ausschließlich beim systemi- schen Lupus erythematodes vorkom- men, ferner die Antikörper gegen das Ro- und La-Antigen beim Morbus Sjögren oder die Antikörper gegen Scl-70 sowie gegen Zentromere und Nucleoli bei Patienten mit Skleroder- mie. Auch der Nachweis der Proteina- se-3-spezifischen antineutrophilen zy- toplasmatischen Antikörper (cANCA) ist für das Vorliegen eines Morbus Wegener praktisch beweisend. Bei der mikroskopischen Polyangiitis sind pANCA positiv, und diese zeigen eine Spezifität für die Myeloperoxida- se. Antikörper gegen Granulozyten (pANCA) kommen allerdings auch bei der primär sklerosierenden Chol- angitis, der autoimmunen Hepatitis und chronisch-entzündlichen Darm- erkrankungen vor. Auch der Nach- weis von Anti-Phospholipid-Antikör- pern erlaubt nicht per se den Rück- schluß auf das Vorliegen eines klassi- schen Anti-Phospholipid-Syndroms, das durch die Trias rezidivierende thromboembolische Prozesse, Throm- bopenie und habituelle Aborte cha- rakterisiert ist.

Noch wenig erforscht ist die klini- sche Relevanz der bei verschiedenen

(4)

Tumorerkrankungen vorkommenden Autoantikörper. Sie stellen sicher ein seltenes Ereignis dar, sind allerdings ein Hinweis dafür, daß tumorassozi- ierte Prozesse auch zur Induktion von autoimmunen Reaktionen führen können. Beobachtet wurden vor al- lem bei Patienten mit kleinzelligem Bronchialkarzinom sowie bei Patie- nen mit Mammakarzinom und gynä- kologischen Tumoren Antikörper ge- gen neuronale und nukleäre Antigene sowie Onkogenprodukte und Tumor- suppressorgenprodukte.

Obwohl auch für eine große An- zahl von organunspezifischen Autoan- tikörpern die Zielantigene charakteri- siert werden konnten (Tabelle), ließen sich damit keine neuen Einblicke in die Ätiopathogenese und den Mecha- nismus dieser systemischen Autoim- munerkrankungen gewinnen. Ihre Be-

deutung resultiert nach wie vor aus der engen Korrelation zwischen dem Nachweis dieser Antikörper und dem Vorliegen bestimmter klar definierter klinischer Krankheitsbilder. Unbestrit- ten bleibt die Tatsache, daß die Bestim- mung der Autoantikörper für die Früh- diagnose derartiger Erkrankungen von entscheidender Bedeutung ist. Emp- fehlenswert ist es deshalb, den Nach- weis dieser Antikörper mit verschiede- nen Methoden durchzuführen, zum Beispiel im Immunfluoreszenztest, der Komplementbindungsreaktion, den ELISA-Methoden unter Verwendung gereinigter oder rekombinanter Anti- gene und, wenn notwendig und mög- lich, unter Einbeziehung der Methode des Westernblots. Die Absicherung ei- nes Antikörpernachweises durch we- nigstens zwei verschiedene Methoden vermindert die Gefahr, einen Autoanti-

körperbefund im Sinne des Vorliegens eines autoimmunen Prozesses falsch zu interpretieren.

Immunsuppressive versus immunmodulatorische Therapieformen

Das bessere Verständnis für die Pathophysiologie autoimmuner Pro- zesse hat auch zu neuen therapeuti- schen Konzepten geführt, wie dies bei- spielsweise schon bei der Beeinflus- sung der TH1/TH2-Balance angedeutet wurde. Neben den konventionellen Therapieformen mit Steroiden, Im- munsuppressiva und Zytostatika wie Azathioprin, Methotrexat, Ciclospo- rin, Cyclophosphamid werden heute auch immunmodulatorische Substan- zen eingesetzt wie monoklonale Anti-

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

Tabelle

Diagnose organspezifischer und organunspezifischer Autoimmunerkrankungen*

Erkrankung Autoantikörper gegen Zielantigen

a) organspezifisch

Autoimmunthyreoiditis Mikrosomen Thyreoperoxidase

perniziöse Anämie Parietalzellen H+,-K+-ATPase

Morbus Addison Nebennierenrinde 21-Hydroxylase

glutensensitive Enteropathie Endomysium Transglutaminase C

Typ-1-Diabetes Inselzellen Glutamatdecarboxylase

Tyrosinphosphatase IA-2 b) organunspezifisch

Primär biliäre Zirrhose Mitochondrien Untereinheiten des

α-Ketosäure-Dehydrogenase- Komplexes

Autoimmune Hepatitis Leber-Nieren-Mikrosomen (LKM) Zytochrom P450 II D6

Sklerodermie Scl-70 Topoisomerase

Nukleoli RNA-Polymerase I

Zentromere CENP-A-B-C

Polymyositis/Dermatomyositis Jo 1 Histidyl-t-RNA-Synthetase (50kD)

Lupus erythematodes Ro/SSA Ribonukleoprotein

enthaltende uridinreiche Nukleinsäure

DNA Doppelstrang-DNA

Morbus Sharp RNP Ribonukleoprotein-Komplex

und U1-sn-RNA

* Martin S: Neue Verfahren zur Diagnose und Therapie organspezifischer Autoimmunerkrankungen.

Klein R: Möglichkeiten und Grenzen der Diagnose organunspezifischer Autoimmunkrankheiten.

In: Fortschritte und Fortbildung in der Medizin. Band 22, Deutscher Ärzte-Verlag, 1999

(5)

körper oder Zytokine. Unter der Vor- stellung, daß autoimmune Prozesse T- Zell-vermittelt sind, wurden Anti- CD4-Antikörper (das CD4-Antigen charakterisiert phänotypisch vor allem die T-Helferzelle) bei der Behandlung der juvenilen rheumatoiden Arthritis in Pilotstudien eingeführt. Anhalten- de Remissionen wurden in einigen Fäl- len beobachtet; die Ansprechraten la- gen zwischen 50 und 100 Prozent, die Dauer der Remission war mit Zeiträu- men zwischen drei Wochen und ein bis zwei Jahren sehr unterschiedlich. Auf einem ähnlichen Prinzip der Unter- drückung der T-Zell-Antwort beruht auch der Einsatz von Antikörpern ge- gen Adhäsionsproteine. Ein signifi- kanter Rückgang von Morgensteifig- keit, Gelenkschwellung und Gelenk- schmerzhaftigkeit ließ sich durch diese Therapie in Phase-1-Studien errei- chen. Zytokine spielen bei der Patho- genese, wie oben ausgeführt, eine be- sondere Rolle, und bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ließ sich zei- gen, daß die TNF-α-Produktion von Makrophagen in den betroffenen Ge- lenken erheblich gesteigert ist. So lag es nahe, entweder Antikörper gegen TNF-αoder Rezeptoren für TNF (zur Bindung von TNF-α) einzusetzen mit dem Ziel, die Aktivität dieser proin- flammatorischen Zytokine einzudäm- men. Auf die Bedeutung dieser Thera- pieform ging G. R. Burmester(Berlin) in seinem Referat detailliert ein. In der Zwischenzeit sind entsprechende Präparate auf dem Markt (Infliximab, Etanercept), und zahlreiche kontrol- lierte Studien belegen die Wirksamkeit dieses neuen Therapieansatzes.

Aber auch die intravenöse hoch- dosierte Immunglobulinapplikation hat sich in bestimmten Situationen au- toimmuner Prozesse bewährt, so bei der therapierefraktären juvenilen chronischen Arthritis, der Derma- tomyositis, der Myasthenia gravis, dem Guillain-Barré-Syndrom, dem Coombs-Test-positiven Neugebore- nenikterus, der autoimmunen hämo- lytischen Anämie und der Immunneu- tropenie. Als gesicherte Indikation im Kindesalter gelten die immunthrom- bozytopenische Purpura und der Morbus Kawasaki. Verschiedene Wir- kungsmechanismen werden disku- tiert; eine Verminderung der Autoan- tikörpersynthese über eine antiidioty-

pische Blockade oder Fc-Rezeptor- blockade scheint wahrscheinlich.

Während gentherapeutische Stra- tegien, beispielsweise die Beeinflus- sung der lokalen Expression bestimm- ter Zytokine oder Zytokinantagoni- sten, erhebliche technische und kon- zeptionelle Probleme aufwerfen, könnte die autologe Stammzelltrans- plantation vor allem bei Patienten mit therapierefraktären Autoimmuner- krankungen neue therapeutische Mög- lichkeiten eröffnen. Dabei werden zunächst nach Konditionierung mit Cyclophosphamid und G-CSF autolo- ge Stammzellen aus dem Blut mittels Leukapherese und selektiver Anrei- chung von CD34-positiven Zellen ge- wonnen, anschließend das gesamte Im- munsystem des Patienten mit einer hochdosierten Chemotherapie und Antilymphozytenglobulinen zerstört und anschließend wieder durch die Reinfusion der zuvor gewonnenen Stammzellen aufgebaut. Bei der er- neuten Entwicklung des Immunsy- stems scheint sich eine Toleranz gegen zuvor irrtümlich als fremd erkannte körpereigene Substanzen zu entwicke- len, was für eine endgültige Heilung ei-

ner autoimmunen Erkrankung spre- chen könnte. Über Langzeiterfolge lie- gen bisher allerdings keine Daten vor.

Alles spricht dafür – und darauf wies Burmester besonders hin –, daß sich in Zukunft die Konzepte der The- rapie autoimmuner Erkrankungen grundlegend ändern werden. Ziel wird sein, wesentlich spezifischer in die fehl- geleitete Immunabwehr einzugreifen, sei es durch die Beeinflussung der Er- kennungsvorgänge von Autoantigenen oder die Unterdrückung spezifischer Effektorreaktionen. Neben der direk- ten Hemmung von proinflammatori- schen Mediatoren stellt zum Beispiel das Umlenken einer proentzündlichen in eine „sterile“ oder antientzündliche Autoimmunität einen interessanten Therapieansatz dar, wie bereits im Tier- experiment gezeigt, und die in vitro nachgewiesene Flexibilität der TH1/TH2-Zellen läßt hoffen, daß sich derartige Strategien einmal auch in der Humanmedizin verwirklichen lassen.

Prof. Dr. med. Peter A. Berg Medizinische Klinik, Abteilung II Otfried-Müller-Straße 10

72076 Tübingen

Etwa 25 Prozent der Bevölkerung klagen im Laufe eines Jahres über funktionelle Oberbauchbeschwerden;

auch wenn nur ein kleiner Teil den Arzt aufsucht, machen Dyspepsiesym- ptome doch fünf Prozent aller Haus- arztkonsultationen aus.

In zwei großen Studien (Bond und Opera) wurde der Einfluß des Protonenpumpenblockers Omeprazol bei 1 262 Patienten mit funktioneller Dyspepsie evaluiert. Vollständig be- schwerdefrei wurden 38 Prozent unter 20 mg Omeprazol, 36 Prozent unter 10 mg Omeprazol und 28 Prozent unter Plazebo (P = 0,002). Während Patien- ten mit einer Dyspepsie vom Moti- litätsstörungstyp von der Säureblocka- de nicht profitierten, wurden Patien- ten mit Dyspepsie vom Ulkustyp in 40 beziehungsweise 35 Prozent und Pa- tienten mit Dyspepsie vom Refluxtyp in 54 beziehungsweise 45 Prozent un-

ter dem Protonenpumpenblocker von ihren Beschwerden befreit (P < 0,05).

Ein Unterschied zwischen Helicobac- ter-pylori-positiven und Helicobacter- pylori-negativen Individuen war dabei nicht festzustellen. Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluß, daß Patienten mit einer funktionellen Dyspepsie von Omeprazol in einer Dosierung von 20 mg und 10 mg profi- tieren, wenn man den Einsatz auf ul- kusähnliche und refluxähnliche Sym-

ptome beschränkt. w

Talley N J, Meineche-Schmidt V, Pare P, Duckworth M, Räisänen P, Pap A, Kordecki H, Schmidt V: Efficacy of ome- prazole in functional dyspepsia: double- blind, randomized, placebo-controlled trials (the Bond and Opera studies).

Aliment Pharmacol Ther 1998; 12:

1055–1065.

Department of Medicine, University of Sydney, Nepean Hospital, Penrith, NSW 2751, Australien.

Protonenpumpenblocker

bei funktioneller Dyspepsie

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Während einige MAK gegen ein Epi- top im konstanten Bereich des Garn- ma/delta-T-Zellrezeptors gerichtet sind (und somit als „pan-Gamma/del- ta&#34;-Antikörper alle

Die Ele- mente des HIV-Genoms, die die Aktivierung steuern, sind nicht be- kannt, doch könnte die Expression durch eine Vielzahl von DNA-Ele- menten reguliert werden.. Die Auto-

B ekanntlich reagiert der Organismus auf Noxen wie (bestimmte, nicht al- le!) Bakterien, Tumorzellen, Viren mit einem fein abgestuften Ab- wehrsystem, in dem neben den ver-

Während heute weitere Marker wie Neuropilin−1, Fox−P3 oder CTLA4 zur genaueren Erfassung genutzt werden sollten [81, 82], zeigen die CD4+−Zellen einiger Patienten dieser Arbeit

Das Chemokinsystem wird ebenfalls über Inaktivierung von Tumor- suppressorgenen moduliert, so führt z.B eine Mutation des VHL (von Hippel-Lindau Tumorsuppressorprotein) in

Auf Transwell  -Membranen kultivierte LSEC wurden mit AMD3100 für 1 h in der unteren Transwell ® -Kammer behandelt, bevor eine Inkubation mit CXCL12 von

Wir konnten zeigen, dass, verglichen mit Patienten ohne häufige CMV-Reaktivierung / Infektion, Nierentransplantierte Patienten mit rezidivierender CMV-Infektion eine

Obwohl die exakten Wirkmechanismen der beiden rekombinanten Interferon-beta (1a und 1b) noch nicht gänzlich geklärt sind, konnte gezeigt werden, dass dieser Immunmodulator