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Archiv "Gesundheitspolitik: Koordinierungsausschuss verfassungswidrig?" (15.03.2002)

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A688 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 11½½½½15. März 2002

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ie baden-württembergischen Ärzte fühlen sich in den von der Verfas- sung garantierten Rechten „stark eingeschränkt und verletzt“, so der Prä- sident der Landesärztekammer, Prof.

Dr. med. Friedrich-Wilhelm Kolkmann, Stuttgart. Seit der Novellierung und Kodifizierung des Rechts der Gesetzli- chen Krankenversicherung im Sozial- gesetzbuch V (SGB V) sei zu beobach- ten, dass der Bund bei der Ausgestal- tung des Vertragsarztrechts immer häu- figer und detaillierter in Regelungs- bereiche eingreift, die in die Länder-

kompetenz fallen. So werde der regio- nale Gestaltungsspielraum durch eine detaillierte Regelungsdichte von Bun- desgesetzen stark eingeschränkt, was die Länderdomäne in diesem Bereich konterkariere.

Deshalb haben die Landesärzte- kammer und die Kassenärztlichen Vereinigungen in Baden-Württem- berg ein Gutachten in Auftrag gege- ben, das jetzt vorgestellt wurde. Prof.

Dr. jur. Eibe Riedel, Direktor am In- stitut für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mann-

heim, konstatiert, dass zentrale Rege- lungen des SGB V verfassungswidrig seien. Dies betrifft beispielsweise die Vorschriften zur Trennung von Haus- und Facharzt, zur Patienteneinwilli- gung in die Datenübermittlung sowie zur Pflichtweiterbildung vor Eintra- gung in das Arztregister. Verfassungs- widrig sei auch der Koordinierungs- ausschuss nach § 137e SGB V, des- sen wesentliche Aufgabe es ist, auf Grundlage evidenzbasierter Leitlini- en die Kriterien für eine im Hinblick auf das diagnostische und therapeuti- sche Ziel ausgerichtete zweck- mäßige und wirtschaftliche Lei- stungserbringung für minde- stens zehn Krankheiten pro Jahr zu beschließen.

Wenn es an einer Bundes- kompetenz fehle, dürfe der Bun- desgesetzgeber den Sachverhalt auch nicht regeln, selbst wenn ei- ne Erfordernis einer bundesein- heitlichen Regelung durchaus bestehen sollte, so Riedel. Das könnte allenfalls durch Ver- fassungsänderung geschehen, der jedoch enge Grenzen gezo- gen seien. So könnten die Qualitätssi- cherung oder der Datenschutz durch- aus ebenso gut auf Landesebene gere- gelt werden. Der Gefahr der Rechts- zersplitterung könnte dadurch begeg- net werden, dass Staatsverträge der Länder wie beim Rundfunk abge- schlossen werden oder eine Koordina- tion in den Konferenzen der Landesge- sundheits-, Arbeits- und Sozialminister oder durch Modellgesetze und Muster- entwürfe erfolgt. Die Einheitlichkeit der bundesweiten Regelung würde da- durch auch gewährleistet. Da auch im Zuge der Europäisierung des Rechts und der immer intensiveren Ausnut-

zung bestehender Bundeskompeten- zen die Landeszuständigkeiten oh- nehin schon schrumpften, verbleibe den Ländern immer weniger politi- scher Handlungsspielraum.

Mit dem Gutachten und den sich dar- aus ergebenden Konsequenzen wollen die ärztlichen Körperschaften im Süd- westen dazu beitragen, die Rahmenbe- dingungen für ärztliches Handeln zu verbessern, denn die Freiheit der Be- rufsausübung werde zunehmend durch ein Korsett politischer Regelungen ein- geschränkt, so Kammerpräsident Kolk- mann. Gleichzeitig gehe es darum, eine qualitativ hochwertige und an der Indi- vidualität der Patienten ausgerichtete Behandlung zu sichern, denn offenbar liege nicht mehr allein das Wohl des Patienten im Interesse des Staates, son- dern immer häufiger werde an erster

Stelle nach den Kosten einer Behand- lung gefragt. Daher rief Kolkmann die Landesregierung dazu auf, ihre Kom- petenzen vom Bund zurückzufordern.

Bislang wollen die Regierungsfraktion von CDU und FDP in Baden-Würt- temberg jedoch keine Konsequenzen aus dem Gutachten ziehen. Sozial- minister Dr. Friedhelm Repnik er- klärte, das Land sei gegen eine Verfas- sungsklage.

GDas Gutachten wird in der Schrif- tenreihe des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Me- dizinrecht, Gesundheitsrecht und Bio- ethik in Heidelberg und Mannheim ver- öffentlicht. Außerdem sollen die Inhal- te der Expertise in einem überregiona- len wissenschaftlichen Workshop mit Kammern und KVen vertieft und mög- liche Aktivitäten der Körperschaften diskutiert werden. Dr. med. Oliver Erens

Gesundheitspolitik

Koordinierungsausschuss verfassungswidrig?

Landesärztekammer Baden-Württemberg holt Rechts- gutachten bei Mannheimer Verfassungsrechtler ein.

Prof. Dr. med.

Friedrich-Wilhelm Kolkmann, Präsident der Landesärztekammer Ba-

den-Württemberg, Stuttgart

Prof. Dr. jur.

Eibe Riedel, Universität Mannheim

Fotos: Landesärztekammer Baden-Württemberg

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