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Archiv "Arzneimittel: Dreizehn „innovative“ Wirkstoffe in einem Jahr zugelassen" (02.02.2001)

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E

s wurden 30 neue Arzneimittel- wirkstoffe im Jahr 2000 in Deutsch- land zugelassen. 13 Substanzen er- hielten dabei die Bewertung „innovativ“

durch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. „Damit kamen überraschend viele Wirkstoffe mit inno- vativer Struktur oder neuartigem Wirk- prinzip auf den Markt“, berichtete Prof.

Uwe Fricke (Institut für Pharmakologie der Universität zu Köln) beim Therapie- Symposium 2000 der Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft in Frankfurt.

Als Beispiel aus dem Bereich der Analgetika/Antirheumatika nannte Fricke die Substanz Etanercept, ein re- kombinantes, lösliches humanes TNF␣- Rezeptor-Fusionsprotein mit ähnlichen Wirkungen und vergleichbarer klini- scher Wirksamkeit wie der

bereits im Vorjahr zuge- lassene Tumornekrosefak- tor-Antikörper Infliximab.

Problematisch sind unter Umständen schwere Neben- wirkungen, wie beispielswei- se eine aplastische Anämie, schwere Infektionen mit Sep- sis und neurologische Stö- rungen, bis hin zum Neuauf- treten oder der Verstärkung des akuten Schubes einer multiplen Sklerose, die of- fensichtlich auch bei anderen TNF␣-Antagonisten wie In- fliximab auftreten können.

Nicht als innovativ, son- dern als „Analogpräparat“

stufen die Pharmakologen

den Wirkstoff Celecoxib ein, der ähnlich wie das Rofecoxib als selektiver COX-2- Hemmer in der antirheumatischen The- rapie eingesetzt werden kann. Die klini- sche Wirksamkeit der Substanz ist derje-

nigen herkömmlicher NSAR vergleich- bar; auch gastrointestinale Nebenwir- kungen seien wohl ebenso häufig, erklär- te Fricke. Auffällig aber sei die deutlich geringere Rate schwerer gastrointesti- naler Komplikationen.

Dennoch bewertet die Arzneimittel- kommission die Coxibe noch zurück- haltend. So gibt es nach Fricke Hinwei- se auf eine verzögerte Ulkusheilung unter der langfristigen Einnahme der Substanzen sowie auf kardiovaskuläre Nebenwirkungen, auf Hautveränderun- gen und auch auf allergische Reaktio- nen, und das häufiger als unter den klas- sischen NSAR.

Bei den Antiinfektiva hob Fricke Quinupristin/Dalfopristin hervor, wo- bei die Kombination notwendig ist, weil Dalfopristin die Bindung von Quinupri-

stin fördert. Das antibakterielle Spek- trum des Antibiotikums entspricht unge- fähr demjenigen der Makrolide, erfasst darüber hinaus aber insbesondere auch Staphylococcus aureus und Erythromy-

cin-resistente Streptokokken. Die An- wendung erfolgt primär im klinischen Bereich bei multiresistenten Keimen;

die klinische Wirksamkeit wurde nach Fricke in einem weltweiten Notfallpro- gramm gut dokumentiert. Doch ist mit gravierenden Nebenwirkungen zu rech- nen von Arthralgien und Myalgien bis zu QT-Zeit-Verlängerungen im EKG.

Neues zur Diabetestherapie

Neuartige Wirkprinzipien wurden im Jahr 2000 auch bei der Diabetestherapie zugelassen, und zwar mit den beiden In- sulinsensitizern Rosiglitazon und Piogli- tazon. Sie wirken auf Kernrezeptoren (PPRA-Rezeptoren) und stimulieren über diesen Weg die Transkription von Genen, die für den Gluko- setransporter in den Zellen kodieren. Es kommt dadurch zu einer vermehrten Auf- nahme von Glukose in die Zellen und einem Sinken der Nüchternblutzuckerwer- te und des HbA1c-Wertes.

Unter der Therapie muss nach Fricke mit einer Ge- wichtszunahme (unter Pio- glitazon möglicherweise stär- ker ausgeprägt als unter Ro- siglitazon) gerechnet werden, mit einer Flüssigkeitsretenti- on und Ödemen.

Auswirkungen auf den Li- pidstoffwechsel sind nach bisherigen klinischen Erfah- rungen möglicherweise sub- stanzabhängig. Beide erhöhen das HDL-Cholesterin (Pioglitazon stärker als Rosiglitazon); Rosiglitazon erhöht auch das LDL-Cholesterin, wogegen Pioglitazon eher zu einer leichten Ab- P O L I T I K

A

A226 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 5½½½½2. Februar 2001

Arzneimittel

Dreizehn „innovative“ Wirkstoffe in einem Jahr zugelassen

Eine qualitative Beurteilung der Substanzen erfolgte auf dem Therapiesymposium 2000 der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in Frankfurt.

Medizinreport

Der Wettlauf um die Entdeckung und Produktion innovativer Wirkstoffe für das Jahr 2001 ist in vollem Gange. Foto: Bayer AG

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nahme des LDL-Cholesterins führt. Als weiteren Fortschritt erwähnte Fricke das Insulin-Glargin, das sich durch eine lange Wirkdauer und eine homogenere Wirkung gegenüber dem NPH-Insulin auszeichnet und folglich von der Arz- neimittelkommission als Substanz mit

„Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Eigenschaf- ten“ eingestuft wird.

Um ein neuartiges Wirkprinzip han- delt es sich bei dem Antiepileptikum Levetiracetam, das strukturelle Ähn- lichkeiten mit dem Piracetam aufweist, aber bei der Demenz nicht wirksam ist, sondern direkt antiepiletische Wirkun- gen entfaltet. In ihrer Wirksamkeit ist die Substanz dabei anderen Antiepilep- tika vergleichbar.

Als Neuerung wird ferner das Am- febutamon beurteilt, das die Raucher- entwöhnung erleichtern soll, wenngleich der Wirkmechanismus noch nicht völlig untersucht worden ist. Vermutet wird, dass Amfebutamon die Wiederaufnah- me von Noradrenalin und Dopamin hemmt und das Rauchverlangen über diesen Mechanismus mindert und Ent- zugserscheinungen abmildert. Aller- dings sind nach Frickes Angaben kaum höhere Abstinenzraten innerhalb eines Jahres zu erreichen als bei anderen Raucherentwöhnungsmitteln wie dem Nikotinpflaster, sodass der therapeu- tische Stellenwert noch unklar ist.

Zudem sind Nebenwirkungen häufig:

Mehr als 40 Prozent der Behandelten reagieren mit Schlafstörungen. Ferner sind Krampfanfälle, schwerwiegende kardiovaskuläre Komplikationen und Allergien bis hin zum anaphylaktischen Schock beschrieben.

Ulkus-Heilungsraten identisch

Als „Analogpräparat mit keinem oder nur mit marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten“ be- wertet die Arzneimittelkommission den neuen Wirkstoff Esomeprazol. Hierbei handelt es sich um einen Protonenpum- penhemmer, der nur S-Omeprazol ent- hält. Die Substanz weist nach Angaben von Fricke praktisch identische Ul- kus-Heilungsraten wie Omeprazol auf, wenngleich ihre Bioverfügbarkeit et- was höher ist. Christine Vetter

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 5½½½½2. Februar 2001 AA227

Z

wei bis 5,8 Prozent aller Kranken- hauseinweisungen erfolgen in den USA aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Bis zu acht Prozent der hospitalisierten Patienten erfahren eine Medikamenten-Neben- wirkung: Zahlen, die nachdenklich machen müssen. Allerdings seien töd- lich verlaufende Zwischenfälle mit 0,09 bis 1,54 Prozent aller Neben- wirkungen selten, wobei diese Zahl risikoreichere Therapieformen wie Lyse und onkologische Regime ein- schließe, berichtete Dr. Ernst Weid- mann (Wuppertal) bei einem Sympo- sium der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in Düsseldorf.

Nach Schätzungen der Food and Drug Administration sind 20 bis sogar 30 Prozent aller Nebenwirkungen ver- meidbar. Denn sie beruhen auf Na- mensverwechslung, fehlender Dosis- anpassung sowie auf Nichtbeachtung potenzieller Interaktionen.

Von einer unerwünschten Neben- wirkung ist nach Weidmann bei jedem Ereignis auszugehen, das im zeitlichen Zusammenhang mit der Arzneimittel- therapie steht, ohne dass ein kausaler Zusammenhang vorliegen muss. Eine

„unerwünschte Arzneimittelwirkung“

liege demgegenüber vor, wenn ein kau- saler Zusammenhang wahrscheinlich sei, und von einer schweren Nebenwir- kung werde bei tödlichem Ausgang ge- sprochen, bei einer bestehenden Le- bensbedrohung, bei der Notwendigkeit einer stationären Behandlung oder de- ren Verlängerung und bei bleibenden Behinderungen oder Beeinträchtigun- gen des Patienten.

Als häufigste unerwünschte Reak- tionen auf eine Arzneimitteltherapie nannte Weidmann allergische Re- aktionen, Agranulozytose, aplastische Anämie, das Steven-Johnson-Syndrom sowie die Toxic-Epidermal-Necrolysis.

Solche seltenen Nebenwirkungen wer- den im Rahmen der klinischen Zu- lassungsstudien meist nicht erkannt.

Die Spontanerfassung und Meldung an die Zulassungsbehörde, die Arznei- mittelkommission der deutschen Ärz- teschaft oder den pharmazeutischen Hersteller ist daher ein wertvolles In-

strument, seltene Reaktionen auf ein Medikament zu erfassen. Hilfreich ist es, wenn nicht allein die Tatsache der Nebenwirkungen mitgeteilt wird, son- dern auch alle Begleitumstände, die zur Bewertung der Reaktion erfor- derlich sein könnten.

So ist der zeitliche Zusammenhang und der Verlauf der unerwünschten Begleitreaktion ebenso bedeutsam wie die Frage, ob die Reaktion nach Be- endigung der Medikamenteneinnah- me abklang und was gegebenenfalls bei einer Reexposition passierte. Wich- tig sind auch Angaben zu Laborpa- rametern sowie zur Allergieanamnese des Patienten. „Der meldende Arzt muss auch damit rechnen, dass nach der Chargennummer des Präparates gefragt wird, und es ist sehr hilf- reich, wenn er Restbestände des Medikamentes aufbewahrt“, sagte Dr.

Gerhard Kremer (Boehringer Ingel- heim).

Verschlüsselung der Daten

So kann im Einzelfall geprüft werden, ob es sich um ein Problem bei der Her- stellung des Präparates handelt oder um eine substanzspezifische Neben- wirkung. Die Spontanmeldung sollte, sagte Kremer, aus Gründen des Daten- schutzes und auch vor dem Hinter- grund der ärztlichen Schweigepflicht durch den Arzt so anonymisiert wer- den, dass die Daten nicht zurückver- folgt werden können.

Sämtliche Meldungen werden, so Prof. Martin Stopp (Haar), mit einer Identifikationsnummer versehen, regi- striert und bei schwerwiegenden Er- eignissen in einer weltweiten Daten- bank erfasst. Dort sind die Daten spätestens zwei Werktage nach Be- kanntwerden der Nebenwirkungen do- kumentiert. Auf dem Boden weltweiter Beobachtungen kann dann eine Nut- zen-Risiko-Analyse erfolgen. Ist eine Kausalität wahrscheinlich, wird vonsei- ten des Herstellers geprüft, ob eigenver- antwortliche Maßnahmen – zum Bei- spiel eine Aktualisierung der Produkt- informationen – notwendig sind. CV

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

An der Spitze bei der Spontanerfassung:

Allergische Reaktionen

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