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Archiv "Psychiatrie-Entgeltsystem: Kleine Korrekturen genügen nicht" (16.05.2014)

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A 878 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 20

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16. Mai 2014

PSYCHIATRIE-ENTGELTSYSTEM

Kleine Korrekturen genügen nicht

Das neue pauschalierende Entgeltsystem für die Psychiatrie sollte mit Hilfe einer

multidisziplinären Expertenkommission grundlegend überarbeitet werden. Das forderten Sachverständige bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages.

E

igentlich sollte das pauscha- lierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) ab 2015 für alle Kliniken verpflichtend werden. Aufgrund der anhaltenden Kritik eines breiten Bündnisses aus leitenden Klinik- ärzten, Pflegekräften, Betroffenen und Angehörigen will die Regie- rungskoalition jetzt jedoch mit ei- nem Änderungsantrag zum Kran- kenhausfinanzierungsgesetz die so- genannte Optionsphase und die an- schließende budgetneutrale Phase um zwei Jahre verlängern. Das wur- de von den Sachverständigen, die zur Anhörung im Gesundheitsaus- schuss am 7. Mai geladen waren, einhellig begrüßt. Gehört wurden sie zu den Anträgen von Bündnis 90/Die Grünen („Das psychiatri- sche Entgeltsystem überarbeiten und das Versorgungssystem quali - tativ weiterentwickeln“) sowie der Linken („Einführung des neuen Entgeltsystems stoppen“).

„Die Mehrheit der Sachverstän- digen bestätigte, dass kleine Kurs- korrekturen am PEPP unzureichend sind und eine adäquate Versorgung besonders von schwer psychisch Kranken sowie Kindern und Ju- gendlichen gefährden würden. Sie begrüßten unsere Vorschläge für ei- ne grundlegende Strukturreform hin zu einem wohnortnahen, ver- netzten, ambulant orientierten und multiprofessionellen Versorgungs- angebot“, fasste Maria Klein- Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, die Anhö- rung zusammen. Das neue Entgelt- system begünstige stationäre Be- handlungen und bremse innovative Projekte aus.

„Es besteht kein Zweifel daran, dass wir ein neues Vergütungssys- tem brauchen“, sagte Prof. Dr. med.

Thomas Pollmächer, Ingolstadt, Vorsitzender der Bundesdirektoren-

konferenz – Verband leitender Ärz- te der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie. „Doch das darf nicht dazu führen, dass Kliniken Patienten mit bestimmten Störun- gen bevorzugen und schwer psy- chisch Kranke zu früh entlassen.“

Weiter kritisierte Pollmächer, dass der Gemeinsame Bundesausschuss, der Empfehlungen als Ersatz für die durch PEPP wegfallende Psychia- trie-Personalverordnung (PsychPV) erarbeiten soll, seine Arbeit noch nicht aufgenommen habe. Er sieht den Zeitrahmen gefährdet.

„Die PsychPV darf nicht wegfal- len, solange es keine andere ver-

bindliche Struktur gibt“, forderte Prof. Dr. med. Jörg Fegert, Ulm, Präsident der Deutschen Gesell- schaft für Kinder- und Jugend - psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Gerade in der noch personalintensiveren Kinder- und Jugendpsychiatrie seien ver- bindliche Personalvorgaben enorm wichtig. Fegert hält den Einsatz ei- ner Expertenkommission, die der Selbstverwaltung bei der weiteren Umsetzung von PEPP zur Seite steht, für notwendig. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie müsse dabei besonders berücksichtigt werden.

Eine multidisziplinäre Experten- kommission hält auch die Aktion Psychisch Kranke (APK) für not- wendig. „Die Zusammenarbeit zwi- schen der Selbstverwaltung und den Fachverbänden war ungenügend“, sagte Prof. Dr. med. Peter Krucken- berg, APK, bei der Anhörung. Nur mit Experten könnten sinnvolle Korrekturen an den Bewertungsre- lationen – orientiert am Schwere-

grad der Beeinträchtigung – vorge- nommen werden.

Auch die Bundespsychothera- peutenkammer, vertreten durch Dr.

rer. pol. Christina Tophoven, for- derte die Einrichtung einer Exper- tenkommission, die sich mit den Er- fordernissen einer besseren Versor- gung von psychisch Kranken mit komplexen Störungen befasst. Die- se brauchten eine sektorenübergrei- fende ambulant orientierte Versor- gung und möglichst kurze Klinik- aufenthalte. „Für schwer psychisch Kranke gibt es bisher nur Insellö- sungen“, sagte sie. Notwendig sei aber ein neues Versorgungsangebot,

in das die bisherigen Modellprojek- te, Verträge zur integrierten Versor- gung und die Institutsambulanzen integriert würden. „Die Regelungen könnten weitgehend in Analogie zu

§ 116 b SGB V (ambulante spezial- fachärztliche Versorgung) gestaltet werden“, schlug Tophoven vor.

„Die notwendige Weiterentwick- lung der gemeindenahen integrier- ten Versorgung von schwer psy- chisch Kranken wird durch PEPP aus den Augen verloren“, sagte Nils Greve vom Dachverband Gemein- depsychiatrie e.V. Das PEPP-Sys- tem sollte grundlegend so überar- beitet werden, dass ambulante Be- handlung und Home Treatment als gleichwertige Möglichkeiten mit ausreichender Finanzierung abge- bildet würden, so Greve. Die Ein- führung eines neuen Entgeltsys- tems in der Psychiatrie biete eine

„historische Chance“, die dysfunk- tionale Trennung der Sektorengren-

zen aufzuheben.

Petra Bühring

Die Einführung eines neuen Entgeltsystems in der Psychiatrie bietet eine ,historische Chance‘, die dysfunktionale Trennung der Sektorengrenzen aufzuheben.

Nils Greve, Psychiater

P O L I T I K

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