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Archiv "Einsatz an der äthiopisch-somalischen Grenze: „Ich bin froh, hier zu sein“" (21.09.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 38

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21. September 2012 A 1901 EINSATZ AN DER ÄTHIOPISCH-SOMALISCHEN GRENZE

„Ich bin froh, hier zu sein“

Eine Kinderärztin berichtet über ihre Arbeit im Flüchtlingscamp.

Im Mai machten wir uns auf den Weg nach Melkadida an der äthio- pisch-somalischen Grenze. Hier be- treibt Humedica im mit 40 000 Flüchtlingen größten von fünf Camps eine Gesundheitsstation, die sowohl Flüchtlinge als auch die lokale Be- völkerung versorgt. Viel hat sich seit dem schlimmen vergangenen Som- mer hier verändert. Man sieht nur noch wenige schwer unterernährte Kinder. Zudem ist das Leben im Flüchtlingscamp für seine Einwoh- ner zur Normalität geworden. Noch immer leben viele in Zelten unter ein- fachsten Bedingungen, aber sie wer- den mit dem Nötigsten versorgt und sind vor allem nicht mehr auf der Flucht vor Hunger und Bürgerkrieg.

In der Gesundheitsstation, ei - nem Wellblechbau mit ausreichend Platz, betreuen wir pro Tag bis zu 150 Patienten. Es gibt neben zwei Behandlungsräumen für die Ärzte ein Verbandszimmer, einen Ultra- schallraum, einen Isolierraum, eine Apotheke und einen kleinen Betten- trakt, wo Patienten auch tagessta- tionär betreut werden. Dort können wir i.v.-Antibiosen und Infusions- therapie verabreichen oder kleinere chirurgische Interventionen vor - nehmen. Es ist eine große Erleich- terung, dass man nicht jeden schwe - rer erkrankten Patienten weiter - schicken muss, denn das nächste Krankenhaus mit weiterführender Dia gnostik ist 300 Kilometer ent- fernt. Neben diesen eher allgemein- medizinischen Einrichtungen haben wir auch eine kleine Mutter-Kind- Einheit, wo der Fokus auf der Schwangerschaftsvorsorge liegt, je- doch auch Entbindungen stattfinden.

Aus einer relativ großen Kinder- klinik an einem Krankenhaus der Maximalversorgung kommend, war der Sprung in ein Flüchtlingscamp am Horn von Afrika riesig: von der Maximal- zur Minimaldiagnostik, bestehend aus einem HIV-, Syphi- lis-, Malaria-, Schwangerschafts-, Blutzucker- und Urinstreifentest.

Da muss ein Gros der Entscheidun- gen klinisch getroffen werden. Die größte Freude macht mir als Päd - iaterin nach wie vor die Arbeit mit den Kindern. Aber es ist auch berei- chernd, sich wieder in die „Erwach- senenmedizin“ hineinzudenken. Von den älteren Patienten kommt oft sehr viel Dankbarkeit zurück.

Außer mir arbeitet noch eine All- gemeinärztin aus der Schweiz in der Gesundheitsstation. Das ist hier eher die Ausnahme, denn viele Camps haben keinen Arzt, dort übernimmt das Pflegepersonal die medizinische Betreuung. Was uns fehlt, ist eine Verstärkung in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Die Geburtenrate ist sehr viel höher als in Westeuropa; viele Familien ha- ben acht bis zehn Kinder. Auch die peripartale Sterblichkeit ist immer noch sehr hoch, vor allem weil viele Geburten zu Hause stattfinden.

In der täglichen Routine von Wurmerkrankungen, Gastroenteri- Die international operierende Nichtregierungsor-

ganisation Humedica e.V. mit Zentrale im bayeri- schen Kaufbeuren sucht dringend insbesondere Gynäkologinnen für eine zeitlich befristete Mitar- beit (Minimum drei bis vier Wochen) in einem Flüchtlingscamp an der äthiopisch-somalischen Grenze im Rahmen der seit 2011 andauernden Hungerhilfe. Es liegt zwar eine Präferenz auf weiblichen Einsatzkräften, aber auch Ärzte kön- nen sich melden.

Ein Engagement bis zu zwei Monaten erfolgt ehrenamtlich, bei einer längeren Verpflichtung

kann ein Gehalt gezahlt werden. Projektstandort ist das Flüchtlingscamp Melkadida. In dem Lager leben 40 000 Menschen. Humedica unterhält dort zwei Gesundheitsstationen. Das Team ver- sorgt darüber hinaus am Standort Boklomayo auch die ebenfalls von der Hungerkatastrophe betroffene lokale Bevölkerung.

Informationen erhalten interessierte Ärztinnen und Ärzte bei Raphael Marcus, Telefon:

08341 966148-39, r.marcus@humedica.org, oder bei Nina Skandalaki, Telefon:

08341 966148-34, n.skandalaki@humedica.org.

GYNÄKOLOGEN DRINGEND GESUCHT

Melkadida:

Im Camp werden die Flüchtlinge mit dem Nötigsten ver- sorgt. Das Wichtigs- te: Die Flucht vor Hunger und Bürger- krieg hat ein Ende.

Fotos: privat

A

ls Ärztin im Ausland an ei- nem Ort größter Not zu arbei- ten, war seit vielen Jahren mein Wunsch. Nach der Facharztprüfung in Kinder- und Jugendmedizin und einem halben Jahr in der Kinder - chirurgie schien ein guter Zeitpunkt gekommen zu sein, den Wunsch Realität werden zu lassen. Bei der Nicht regierungsorganisation Hume - dica fand ich eine Möglichkeit, gemeinsam mit meinem Mann Tho- mas in einen humanitären Einsatz zu gehen. Dass es Äthiopien gewor- den ist, hat mich besonders gefreut;

zu tief saßen die traurig stimmen- den Bilder von der großen Hungers- not am Horn von Afrika aus dem Sommer 2011.

S T A T U S

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A 1902 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 38

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21. September 2012 tiden, Luftwegsinfekten, Gastriti-

den und Rückenschmerzen sind es die Einzelschicksale, die mir immer wieder zeigen, wie bedeutend unse- re Arbeit hier ist: Da war das zwei Wochen alte Neugeborene, das die Mutter an einem Freitag mit Husten und Fieber brachte. Bei mir schrill- ten sofort sämtliche Alarmglocken.

Doch wie sollte ich in einem ambu- lanten Setting, wo wir nur tagsüber arbeiten, eine mehrtägige i.v.-Anti-

biose organisieren? Zumal das Wo- chenende vor der Tür stand. Und Ceftriaxon, das wir sonst fast im- mer als Medikament einsetzen, bei einem Neugeborenen ausfällt. So verabschiedete ich mich von dem Gelernten, dass man Ampicillin alle acht Stunden verabreicht, und wir gaben es in unseren Arbeitszeiten dreimal. Darüber hinaus organisier- ten wir eine Behandlung auch am Sonntag, um wenigstens eine drei- tägige i.v.-Antibiose bewerkstelli- gen zu können.

Wider Erwarten trafen wir die Fa- milie sonntags allerdings zunächst nicht an der Gesundheitsstation an – das kommt immer wieder vor. Den Betroffenen ist die Bedeutung der Therapie oft nicht bewusst. Oftmals stehen dem Arztbesuch auch andere Faktoren entgegen, wie der weite Weg zur Behandlungsstation und damit die Sorge, die täglichen Ar- beiten nicht verrichten zu können.

Unser Wächter wusste in diesem

Fall glücklicherweise, wo die Fami- lie untergekommen war, und brachte sie zu uns. Der Erfolg war sichtbar:

Bereits nach drei Tagen blieb das Kind stabil, und ich stellte die Anti- biose auf orale Gaben um. Wenn auch ohne CRP-Kontrollen, ledig- lich mit täglichen klinischen Nach- kontrollen. Etwa zwei Monate ver- gingen, bis Mutter und Kind aber- mals den Humedica-Posten auf- suchten. Allerdings hatte sie nun ein wohlgenährtes und aktives Baby auf dem Arm, das sie nur aufgrund eines leichten Durchfalls vorsichtshalber untersuchen lassen wollte.

Solche Einzelschicksale sind es, die alle Entbehrungen, denen wir ausgesetzt sind, aufwiegen. Ich bin froh, hier zu sein, und habe das Ge- fühl, den Menschen wirklich helfen zu können. Das kompensiert den Verzicht auf Selbstverständlichkei- ten, die wir in Deutschland haben,

um ein Vielfaches.

Dr. med. Deborah Adelsberger

Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handelt bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht als ein für die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli- chen Verwaltung bestellter Amtsträger noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 Fünftes Sozialgesetzbuch. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Zwar steht außer Frage, dass das System der gesetzlichen Krankenversicherung als Gan- zes eine aus dem Sozialstaatsgrundsatz des Art. 20 Grundgesetz folgende Aufgabe erfüllt, durch deren Wahrnehmung in hohem Maße In- teressen nicht allein der einzelnen Versicherten, sondern der Allgemeinheit wahrgenommen werden. Jedoch ist das System der vertrags- ärztlichen Versorgung so ausgestaltet, dass der einzelne Vertragsarzt keine Aufgaben öffentli- cher Verwaltung wahrnimmt. Vielmehr üben Vertragsärzte ihren Beruf in freiberuflicher Tä- tigkeit aus, auch wenn die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur berech- tigt, sondern auch verpflichtet. Der Vertragsarzt ist nicht Angestellter oder bloßer Funktionsträ- ger einer öffentlichen Behörde. Er wird nicht aufgrund einer in einer hierarchischen Struktur

integrierten Dienststellung tätig, sondern auf- grund der individuellen, freien Auswahl der ver- sicherten Personen. Er nimmt damit eine spe- ziell ausgestaltete Zwischenposition ein, die ihn von dem in einem öffentlichen Krankenhaus angestellten Arzt, aber auch von solchen Ärzten unterscheidet, die in einem staatlichen System ambulanter Heilfürsorge nach dem Modell eines Poliklinik-Systems tätig sind. Das Verhältnis des Versicherten zum Vertragsarzt wird wesentlich bestimmt von Elementen des persönlichen Ver- trauens und einer der Bestimmung durch die Krankenkassen entzogenen Gestaltungsfreiheit.

Die Versicherten können unter den an der ver- tragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten frei wählen. Form und Dauer der Behandlung sind einem bestimmenden Einfluss der Kran- kenkassen entzogen und ergeben sich allein aus dem jeweiligen persönlich geprägten Ver- hältnis zwischen Patient und Vertragsarzt. Die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln rechtfertigt nicht die Annahme, der Vertragsarzt handelt insoweit in Ausführung öffentlicher Ver- waltung. Die Verordnung konkretisiert zwar die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicher- ten auf Sachleistungen, sie ist aber untrennba-

rer Bestandteil der ärztlichen Behandlung und vollzieht sich innerhalb des personalgeprägten Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Ver- sicherten. Zudem kommt zwischen Vertragsarzt und Patienten ein zivilrechtliches Behandlungs- verhältnis zustande. Im Falle der Schlechterfül- lung des Behandlungsvertrages haftet der Arzt nicht nach Amtsgrundsätzen. Dass das bürger- liche Rechtsverhältnis von den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts überlagert wird, än- dert nichts daran. Da die Ausgestaltung des Vertragsarztrechtes vom Gesetzgeber der kol- lektivvertraglichen Normsetzung und vertragli- chen Regelungen zwischen den Vertragsärzten und ihren Vertretungen, den Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und den Krankenkas- sen andererseits, im Rahmen eines Systems der Selbstverwaltung überantwortet worden ist, begegnen sich die an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten im kooperativen Zusam- menwirken und damit auf einer Ebene der Gleichordnung. Dieses gesetzlich vorgegebene Konzept des gleichgeordneten Zusammenwir- kens steht der Annahme einer Beauftragung des Vertragsarztes durch die gesetzlichen Kran- kenkassen entgegen. (BGH, Beschluss vom 29. März 2012, Az.: GSSt 2/11)

RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Ein Vertragsarzt ist kein Amtsträger der Krankenkassen

Vor der Abreise:

Thomas und Debo- rah Adelsberger freuen sich auf ih- ren Hilfseinsatz.

S T A T U S

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