A 580 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 11|
18. März 2011STUDIEN IM FOKUS
Parkinson-Patienten schlafen häufig schlecht: Unter anderem beein- trächtigt offenbar die therapeuti- sche pulsatile Stimulation der Dopaminrezeptoren die Struktur des Schlafs. Die vom Hersteller UCB-Pharma geförderte multizen- trische internationale Phase-III-Stu- die RECOVER hat deshalb unter- sucht, inwiefern der transkutan und damit kontinuierlich applizierte Dopaminagonist Rotigotin neben der motorischen Symptomatik auch Schlafstörungen bessert.
Dazu wurden 287 Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syn- drom und unzureichender Kontrolle morgendlicher Bewegungsstörun- gen im Verhältnis 2 : 1 randomisiert und erhielten doppelblind für zwölf Wochen entweder ein Rotigotin- Pflaster (2–16 mg/24 Stunden) oder
ein Placebopflaster. Die Unter- schiede zwischen beiden Gruppen waren klar erkennbar:
In Teil III der Unified Parkin- son‘s Disease Rating Scale, die morgendliche Bewegungsstörun- gen abbildet, ergab sich unter Roti- gotin ein hochsignifikant stärkerer Rückgang (–3,55 Punkte, 95-%-KI –5,37 bis –1,73; p = 0,0002). In der modifizierten Parkinson’s Disease Sleep Scale war der Unterschied mit –4,26 Punkten noch ausgepräg- ter (95-%-KI –6,08 bis –2,45;
p < 0,0001). Auch in der Parkin- son’s Disease Non-Motor Symp- toms Scale war der Dopaminago- nist mit –6,65 Punkten vs. Placebo im Vorteil (95-%-KI –11,99 bis –1,31; p = 0,015). Häufigste Ne- benwirkungen des Rotigotin-Pflas- ters waren Nausea (21 % vs. 9 %),
lokale Hautreaktionen an der Appli- kationsstelle (15 % vs. 4 %) und Benommenheit (10 % vs. 6 %).
Fazit: Viele Parkinson-Patienten mit ausgeprägten morgendlichen motorischen Problemen scheinen von der kontinuierlichen Applika - tion dieses Dopaminagonisten zu profitieren. Besonders interessant sei die deutliche Verbesserung der schlafbezogenen Outcome-Parame- ter, meint Prof. Dr. med. Günther Deuschl (Kiel). Und es bestätige sich einmal mehr die wichtige Rolle der kontinuierlichen Stimulation der Dopaminrezeptoren: Die Zu- kunft der pharmakologischen Par- kinson-Therapie werde durch die Entwicklung lang wirksamer Medi- kamente geprägt sein. Josef Gulden
Trenkwalder C et al.: Rotigotine effects on ear- ly morning motor function and sleep in Parkin- son’s disease: A double-blind, randomized, placebo-controlled study (RECOVER). Mov Dis 2010; vorab online doi: 10.1002/mds.23441.
SCHLAFSTÖRUNGEN BEI MORBUS PARKINSON
Kontinuierlicher Dopaminagonismus bessert Symptome
Zwischen 15 und 35 % der älteren Menschen leiden an Schlafstörun- gen. Eine kognitive Verhaltensthe- rapie ist zwar wirksam, hat sich aber wegen des hohen personellen und zeitlichen Aufwands noch nicht durchgesetzt. Deshalb wurde unter Praxisbedingungen die Effek- tivität einer abgekürzten Verhal- tenstherapie bei älteren Patienten untersucht.
79 chronisch Schlafgestörte (Durchschnittsalter 71,1 Jahre) wur- den randomisiert. Eine Gruppe (n = 39) erhielt eine verkürzte kognitive Verhaltenstherapie: Eine Schwester gab vier individualisierte Verhaltensanweisungen, zwei per- sönlich und zwei telefonisch. Die zweite Gruppe (n = 40) wurde schriftlich informiert. „Das Vorge- hen hat Vorteile“, meint Prof. Dr.
med. Winfried Randerath (Solingen):
Das Kurzprogramm sei gerade bei älteren Menschen besser umsetzbar, sie hätten weniger Termine. Inhaltli- che Schwerpunkte waren zirkadiane Mechanismen der Schlafregulation und folgende Empfehlungen:
●
Verringerung der Zeit im Bett●
Unabhängig von der Schlaf- dauer jeden Tag zur gleichen Zeit aufstehen●
nur müde zu Bett gehen●
nur zum Schlafen im Bett bleibenAlle Patienten protokollierten ihr Schlafverhalten und beantworteten Fragebogen zu Schlaf und Gesund- heit. Sie wurden vor und 4 Wochen nach Beginn der Behandlung akti- graphisch und polysomnographisch untersucht. Nach vier Wochen zeig- ten 67 % der mit Verhaltenstherapie behandelten Personen ein Anspre- chen, während es in der Vergleichs-
gruppe nur 25 % waren. 55 % der Personen in der Verumgruppe hat- ten keine Schlafstörungen mehr, in der Vergleichsgruppe waren es 13 %. Hieraus ergibt sich eine abso- lute Risikoreduktion von 42 % und eine number needed to treat von 2,4. Auch Tagebücher und Berichte der Patienten dokumentierten bes- seren Schlaf (> 6 Monate), ebenso die aktigraphischen, jedoch nicht die polysomnographischen Analysen.
Fazit: Mit einem strukturierten Trainingsprogramm lässt sich bei älteren Menschen mit chronischen Schlafstörungen die Symptomatik verbessern. Den Autoren zufolge fiel bei der Rekrutierung für die Studie eine hohe Zahl unbehandelter, schlafbezogener Erkrankungen wie Atemstörungen auf, die eruiert wer- den sollten. Dr. rer. nat Susanne Heinzl
Buysse DJ et al.: Efficacy of brief behavioral treatment for chronic insomnia in older adults.
Arch Intern Med. 2011; vorab online doi:10.1001/archinternmed.2010.535.
SCHLAFSTÖRUNGEN IM ALTER