• Keine Ergebnisse gefunden

Per aspera ad astraeam - Eine neue ikonographische Interpretation von B. Sprangers "Triumph der Weisheit"

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Per aspera ad astraeam - Eine neue ikonographische Interpretation von B. Sprangers "Triumph der Weisheit""

Copied!
12
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)
(2)

Bartholomäus Spranger oder Antwerpen und Florenz

Kare] van Manders Schilderung der Vita des Bartholomäus

Spranger wird durch eine per-aspera-ad-astra-Dramaturgie be­

stimmt. Der erstaunliche Erfolg des Prager Hofkünstlers verhält sich sozusagen proportional zu dessen strapaziösem Lebensweg:

Schlechte Lehrer, schwere Krankheiten, Neid u n d Verleum­

d u n g durch andere Künstler, schließlich sogar der T o d von Frau u n d Kindern, dies alles - so erzählt Van Mander - kann den Ant­

werpener Künstler nicht davon abhalten, schon zu Lebzeiten in den Tempel der Fama einzugehen.

Bevor auf das eigentliche T h e m a , eine neue ikonographische Interpretation von Sprangers Triumph der Weisheit zu sprechen zu k o m m e n ist, soll kurz auf die Bedeutung dieses flämischen Künstlers bzw. die Rolle Antwerpens im »Schilder-Boeck« u n d die schon skizzierte »misere professionelle d'artiste« eingegan­

gen werden.

2

Van Mander berichtet, daß Spranger am 21. März, d e m Palm­

sonntag des Jahres 1546, in Antwerpen geboren wird. Schon die N e n n u n g dieses christlichen Feiertages kann gleichermaßen als Hinweis auf T r i u m p h u n d Martyrium des Künstlers gedeutet werden. A u c h wenn dies selten geschieht, der flämische Bio­

graph weiß die Symbolik von Daten für seine Absichten zu nut­

zen. Der Leser erhält also schon im E x o r d i u m der jeweiligen Biographie Hinweise, die seine Lektüre vorstrukturieren sollen.

Unter den von Van Mander genannten zeitgenössischen Hof- künsdern ist Bartholomäus Spranger zweifelsohne der hellste Künstlerstern u n d der deutlichste Orientierungspunkt a m künstlerischen Firmament. Entsprechend d e m späteren Dienst am kaiserlichen H o f wird der Künstler zum neuen Apelles stili­

siert u n d die Arbeit für R u d o l f II. wird ihm geradezu zur schick­

salhaften Bestimmung. Konsequenterweise wird Spranger in verschiedenen Künstlerviten den j u n g e n Malern als nachah­

menswertes Vorbild hingestellt. U n d welchen .Rang der flämi­

sche Biograph d e m rudolfmischen Hofkünstler beimißt, wird z u m Ende seiner Vita überdeuüich:

»(...), en zijn wercken sullen als des Michel Agnels h e m tot kin- deren verstrecken / die zijnen naem in den T e m p e l der Farne d'onsterflijckheyt sullen opofferen / en daer d o e n schrijven / tot eerlijcke eeuwighe gedachtnis / (...).«

s

So k ü h n diese Gleichsetzung von Spranger u n d Michelangelo auch heute erscheinen mag, so legitim ist sie d o c h in rhetori­

scher Hinsicht. D e n n Van Mander bezieht sich auf einen für den florentinischen Künsüer geläufigen Topos in Vasaris »Vite«.

Dieser berichtet, daß Michelangelo auf den Vorwurf eines be­

freundeten Priesters, warum er nicht geheiratet u n d viele Kin­

der gezeugt habe, antwortet:

»lo h o moglie troppa, che e questa arte che m ' h a fatto sempre tribolare, et i miei figluoli saranno l'opere che io lasserö, (...).«

4

Die Vergleichbarkeit der beiden Künsder ist also insofern ge­

rechtfertigt, als beide ihr familiäres oder persönliches Glück der Kunst opfern, bzw. im Falle Sprangers die Kunst selbst dieses

O p f e r verlangt. Schon im E x o r d i u m der Sprangervita entwirft Van Mander ein allegorisches Eingangsbild, in welchem sich die

»freundliche Pictura« Spranger zuwendet u n d als Hochzeitsge­

schenk die drei Grazien mitbringt. Allerdings m u ß m a n sich den unterschiedlichen Charakter der Verwendung dieses Topos klarmachen: Bei Vasari betont Michelangelos Antwort dessen Schlagfertigkeit oder Geistesgegenwart u n d ist durchaus iro­

nisch zu begreifen, Van Mander hingegen gewinnt d e m T o p o s der »troppa moglie« im Leben von Spranger eine ganz neue Qualität ab. Die Malerei wird hier zur eifersüchtigen Medea, die Spranger Frau u n d Kinder raubt.

5

Diese tragödienhafte

6

Insze­

nierung hebt Spranger weit über alle anderen nordeuropäi­

schen Künstler: Er wird z u m tragischen Heroen.

Der direkte Hinweis auf Michelangelo u n d der indirekte H i n ­ weis auf Vasari läßt das zentrale kunsttheoretische Anliegen Van Manders in der Sprangervita vor A u g e n treten. Gehört Spran­

ger auch für uns zu den typischen Vertretern des flämischen Ro­

manismus - ausgebildet u n d geschult an italienischen Vorbil­

dern - , scheint Van Mander das Verhältnis Norden-Süden bzw.

Antwerpen-Florenz v o l l k o m m e n anders zu bewerten. U n d ha­

ben auch Künstler wie J a n Gossaert u n d J a n van Scorel die itali­

enische Kunst des Figurenmalens in den Norden gebracht, so ist doch für Van Mander die Generation der u m 1550 gebore­

n e n Maler nicht m e h r unter d e m Vorzeichen dieser Abhängig­

keit zu verstehen. I m Gegenteil, diesen Künstlern wird per Kunsttheorie die Aufgabe der »aemulatio« mit italienischer Kunst verordnet u n d auch der künstlerische Rang, den ihnen Van Mander beimißt, orientiert sich sowohl an der Uberwin­

d u n g als auch der A u t o n o m i e gegenüber italienischen Vorbil­

dern.

Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Sprangervita auf­

merksamer, so ist festzustellen, daß Van Mander einen geradezu idealen künstlerischen Werdegang für den Prager Hofkünstler konstruiert, der den italienischen Einfluß, wenn auch nicht voll­

k o m m e n bestreitet, so doch immerhin marginalisiert: Spranger lernt zwar etwas in Italien, aber - glaubt m a n Van Mander - , so lernt er nichts von italienischen Künstlern. Pars pro toto sei hier auf eine Stelle der Biographie verwiesen, in der Van Mander er­

wähnt, daß der Kardinal Farnese den späteren Prager H o f ­ künstler mit d e m Auftrag versieht, einige Landschaften in des­

sen Palast zu Caprarola zu malen. Das Motiv der Eigenständig­

keit Sprangers wahrt der flämische Biograph, i n d e m er sowohl die Mitarbeit der Gebrüder Zuccaro als auch die untergeord­

nete Rolle Sprangers verschweigt. Ebenso wichtig wie die Infor­

mationen, die Van Mander mitteilt, sind diejenigen, die er un­

terschlägt. W i e von selbst gelangt Spranger nach dieser Arbeit für Alessandro Farnese in den Dienst des Papstes Pius V.

Daß es sich bei der Frage nach dem Verhältnis Italien-Flandern

u m ein zentrales Problem handelt, j a vielleicht u m die zentrale

Motivation für Van Manders »opus magnum«, wird spätestens

durch j e n e Episode deudich, in welcher Vasari Spranger beim

Papst verleumdet u n d ihn der Faulheit bezichtigt:

(3)

»Hier naer / also Vasari schier den Sprangher in onghenade had gebrocht by zijn Heylicheyt / seggende / hem te wesen eene(n) Jongen / die niet veel en paste te doen / (...).«

7

Der kunsttheoretisch gebildete Leser erkennt natürlich das an­

tike Motiv der »calumnia des Apelles«.

8

Allerdings läßt es Van Mander nicht bei dieser kleinen und gelehrten Bösartigkeit - Vasari als neidischer Künstler - bewenden, sondern entwirft für den Autor der »Vite« eine große und handfeste Gemeinheit.

Denn die Episode findet folgende Fortsetzung: Um sich beim Papst zu rehabilitieren, malt Spranger auf eine Kupferplatte ei­

nen Garten von Gethsemane. Van Mander hält sich mit seiner Erzählung zwar strukturell an die antike literarische Überliefe­

rung. Jedoch rächt sich Spranger nicht wie Apelles durch ein Gemälde der »calumnia«, sondern übersetzt die Verleumdung in einen christlichen Horizont: Gethsemane als Ort des Verrats.

Mit einem Wort: Vasari wird durch diese rhetorische Wendung die Rolle des Judas und Spranger diejenige Christi zugewiesen.

Man muß sich an dieser Stelle vergegenwärtigen, mit welcher Schärfe und Polemik Van Mander seinem selbstgewählten Geg­

ner Vasari und dessen These vom »Ende der Kunst in Michelan­

gelo« entgegentritt, denn wahrscheinlich hat es in der frühen Neuzeit keine schlimmere Beleidigung gegeben, als einen Men­

schen mit dem Verräter Christi zu vergleichen. Vasaris Neid und die daraus resultierende Mißgunst erklären sich notwendig aus der Tatsache, daß der Papst, nach Farnese der zweite bedeu­

tende Mäzen, Sprangers Talent zum Figurenmalen erkennt und ihm den Auftrag für ein Gemälde des Jüngsten Gerichtes erteilt.

Bis dahin war Spranger nur mit den üblichen Arbeiten nordeu­

ropäischer Künstler in Italien aufgefallen: Bilder in der Bosch­

tradition und Landschaften. Folgt man also Van Mander, so ver­

mag Spranger das Vorurteil der Italiener: »Vlaminghen können gheen figuren maken«,

9

glänzend zu widerlegen. Und genau diese Erkenntnis bleibt auch Vasari nicht verborgen, der sich nicht mehr anders als durch Verleumdung zu retten weiß. Alle hier genannten Erkenntnisse werden von Van Mander nicht di­

rekt ausgesprochen, sondern sind lediglich im Text angelegt.

Der Leser muß die Schlüsse selber ziehen, die vermeintliche Wahrheit selbst aussprechen.

10

Mit anderen Worten: Um nicht selbst in den Verdacht der Verleumdung zu geraten, weist Van Mander diese Aufgabe seinem Vorgänger und Konkurrenten Vasari zu. Der eigenüiche Verleumder, Van Mander nämlich, setzt seinen Rivalen als ebensolchen in Szene und bleibt selbst unentdeckt. In der Spiegelung distanziert er sich von seinem ei­

genen Bild.

Van Manders Lebensbeschreibungen der niederländischen und deutschen Maler sind als streitbare Antwort auf den durch Vasari formulierten Hegemonialanspruch der florentinischen Kunst zu betrachten. Und auch wenn der Flame nicht Vasaris Vorstellung teilt, daß der Geburtsort über den Rang eines Ma­

lers entscheidet, so ist doch Antwerpen das nordeuropäische Äquivalent zu Florenz. Vor diesem Hintergrund erhält Spranger eine geradezu epochale Aufgabe, denn er erzieht Rudolf IL, ei­

nen Herrscher - so macht uns Van Mander glauben - , der ur­

sprünglich der Kunst nicht sehr zugetan war, zur Anerkennung der bildenden Kunst. Wenn Rudolf die Malerei per Majestäts­

brief in den Rang einer freien Kunst erhebt, so erscheint dies gleichermaßen als Leistung seines Hofkünstlers, aber auch der flämischen und der Antwerpener Malerei im Allgemeinen. In diesem Zusammenhang scheint es mir kein Zufall zu sein, daß Van Mander den prominentesten italienischen Hofkünstler in Prag, Giuseppe Arcimboldo, verschweigen mußte, um die Pra­

ger Eintracht und die unumschränkte Selbständigkeit der nord­

europäischen Malerei nicht zu gefährden. Natürlich instrumen­

talisiert der flämische Kunsttheoretiker in theoretischer Hin­

sicht die Prager Hofkunst und läßt ein ideales Gegenbild zu der durch die Gilden bestimmten Arbeitssituation in den nördli­

chen Niederlanden entstehen.

Zusammenfassend könnte man sagen, daß Van Mander die Künstlerbiographien als »implizite Kunsttheorie« für seine Ge­

schichte der Kunst zu nutzen weiß. Daß man die Künstlerbio­

graphik - mit Ernst Kris und Otto Kurz - stärker als literarisches Konstrukt

11

denn als authentische Schilderung dessen, wie es wirklich gewesen ist, zu begreifen hat, dürfte deutlich geworden sein. Allerdings ist kaum anzunehmen, daß sich in der Künst­

lerbiographik lediglich eine Handvoll archetypischer Topoi be­

nennen läßt, die eine Vita bestimmen. Im Gegenteil, Van Man­

ders erklärtes Ziel ist es, die Kunst dem Leben eines Malers an­

zugleichen: So lustig etwa Pieter Bruegel in seiner Kunst er­

scheint, so ausgelassen ist auch sein Leben. Auf ernstere Weise drückt sich dieses Konzept im Leben Hans Holbeins aus, dessen Biographie mit einem Hinweis auf die Totentänze beginnt und der an der Pest sterben wird. Ohne daß es dem Künstler selbst bewußt wäre, hält seine Kunst in Beziehung auf sein eigenes Ende einen prophetischen Hinweis bereit. Den Ausgangspunkt für einen solchen Angleichungsversuch von Kunst und Leben in der Sprangervita könnte das berühmte Gedenkblatt auf den Tod seiner Frau darstellen (Abb.l).

12

Der Hinweis im Exordium auf die Hochzeit von Spranger und Pictura, die tragödienhafte Inszenierung und schließlich die Ra­

che der Medea-Pictura in der Rolle der »eifersüchtigen Ehe­

frau« gehören so gesehen auf das Engste zusammen: All dies zeigt seine schicksalhafte Bestimmung, läßt sein Leben als Op­

fer für die Malerei erscheinen. Man mag solche Beobachtungen für akademisch halten, wissenschaftshistorisch sind sie es auf keinen Fall. Hans Joachim Raupp hat in seiner Untersuchung zur Bauernsatire zeigen können, wie einflußreich das Klischee des Bauern-Bruegel für die kunsthistorische Forschung gewe­

sen ist.

13

Noch die wissenschaftliche Textgattung der Monogra­

phie folgt dem Topos der wechselseitigen Spiegelung: »wie-das-

Leben, so-das-Werk«.

14

Zugespitzt formuliert, hat Van Mander

passend zum Werk eines Künstlers eine Biographie stilisiert, die

dann zur Grundlage für die kunsthistorische Interpretation des

Werkes werden konnte. In jedem Fall wird unser »Bild« der

Antwerpener Malerschule, zumindest was die erste Hälfte des in

der Ausstellung gesteckten Zeitraumes anbetrifft - also von

1550 bis 1600 - , immer schon durch Van Mander und den

Konflikt Antwerpen-Florenz mitbestimmt.

15

(4)

M a n k a n n d i e V i t e n i m » S c h i l d e r - B o e c k « d u r c h a u s als T a t s a­

c h e n b e r i c h t e l e s e n , w i e es j a a u c h g e s c h e h e n ist: D i e g r o ß e n K ü n s t l e r - L e x i k a , a l s o W u r z b a c h u n d T h i e m e - B e c k e r , e n t h a l t e n e i n e F ü l l e v o n T o p o i , d i e , als s o l c h e n i c h t e r k a n n t , i n d e n R a n g e i n e r f a k t i s c h e n W a h r h e i t g e l a n g t s i n d . D i e A u t o r i t ä t u n d h i s t o ­ r i s c h e O b j e k t i v i t ä t , d i e i h n e n d a d u r c h z u k o m m t , b l e i b t n i c h t f o l g e n l o s . I m G e g e n t e i l , d a s L e x i k o n g i b t n u n s o z u s a g e n d i e P e r s p e k t i v e , a u s d e r V a n M a n d e r z u l e s e n ist, v o r . D i e F r a g e n a c h d e m W e r t d e s T e x t e s als h i s t o r i s c h e Q u e l l e k a n n s o g a r n i c h t m e h r a u f t a u c h e n , d e n n d i e I n f o r m a t i o n e n b e s t ä t i g e n sich w e c h s e l s e i t i g . D o c h z u r ü c k z u r B i o g r a p h i e : U m d e n R a n g d e r M a l e r e i als f r e i e K u n s t n i c h t z u e n t w e r t e n , e n t w i r f t V a n M a n d e r e i n v o l l k o m m e n i d e a l i s i e r t e s B i l d d e r h ö f i s c h e n A r b e i t s s i t u a ­ t i o n . K e i n e s d e r g e n a n n t e n G e m ä l d e w i r d d i r e k t m i t e i n e m A u f ­ t r a g i n V e r b i n d u n g g e b r a c h t . S p r a n g e r ist k e i n e s w e g s d a s b l o ß a u s f ü h r e n d e O r g a n d e s v o r h e r g e h e n d e n H e r r s c h e r w i l l e n s , s o n d e r n m a l t n u r d a n n , w e n n e r L u s t d a z u h a t . G r o ß e K u n s t l ä ß t s i c h n i c h t b e s t e l l e n , n o c h w e n i g e r b e f e h l e n , sie ist e i n G e ­ s c h e n k , s c h ö n , w e n n m a n es e r h ä l t , a b e r k e i n e s f a l l s e i n k l a g b a r . D a ß d i e E n t s t e h u n g v o n S p r a n g e r s Triumph der Weisheit ( A b b . 2 ) n i c h t s m i t e i n e m s o l c h e n S c h a f f e n s p r o z e ß z u t u n h a t , ist n u n z u b e w e i s e n .

Zur Ikonographie von Sprangers Triumph der Weisheit

I m m e r w i e d e r w u r d e b e t o n t , d a ß d a s G e m ä l d e z u d e n S c h l ü s ­ s e l b i l d e r n d e r r u d o l f i n i s c h e n I k o n o g r a p h i e g e h ö r t u n d e n t ­ s p r e c h e n d h ä u f i g w a r es G e g e n s t a n d k u n s t h i s t o r i s c h e r F o r ­ s c h u n g : » I n t e r p r e t a t i o n o f t h e p a i n t i n g s m e a n i n g h a s , h o w e v e r v a r i e d w i d e l y . «1 6 I n V a n M a n d e r s S p r a n g e r - V i t a j e d e n f a l l s findet es k e i n e E r w ä h n u n g , a b e r m a n k a n n d a v o n a u s g e h e n , d a ß d e m B i o g r a p h e n i m m e r h i n d e r N a c h s t i c h S a d e l e r s ( A b b . 3 ) b e k a n n t war.

A u f a l l e n E b e n e n d e r K o m p o s i t i o n w e i s t S p r a n g e r s G e m ä l d e k o n t r a s t i e r e n d e , j a d r a m a t i s c h e E f f e k t e a u f . S c h l a g l i c h t a r t i g b e ­ l e u c h t e t , h e b t s i c h d i e G e s t a l t d e r M i n e r v a v o m d u n k l e n B i l d ­ h i n t e r g r u n d a b . I n g e l ä u f i g e r S i e g e r p o s e setzt sie d e n F u ß a u f d e n H a l s d e r d u r c h E s e l s o h r e n k e n n t l i c h g e m a c h t e n I g n o r a n - tia. D i e e i n z i g e O r i e n t i e r u n g s m ö g l i c h k e i t f ü r d i e s e n i n d i e F l ä c h e g e k l a p p t e n u n d ü b e r b e v ö l k e r t e n B i l d r a u m l i e f e r t d a s P o s t a m e n t , z u d e m s i c h a l l e F i g u r e n i n B e z i e h u n g s e t z e n las­

s e n .1 7

U n m i t t e l b a r v o r d e m P o s t a m e n t s i e h t m a n l i n k s B e l l o n a u n d r e c h t s C a l l i o p e o d e r C l i o . R e c h t s d e s P o s t a m e n t s d i e d r e i D i s e g - n o k ü n s t e : A r c h i t e k t u r , S k u l p t u r u n d M a l e r e i . L i n k s e r k e n n t m a n w e i t e r e F i g u r e n , d i e n i c h t a l l e d u r c h A t t r i b u t e a u s g e w i e s e n s i n d . D o c h l a s s e n s i c h i m m e r h i n n o c h M e r k u r , k e n n ü i c h a n F l ü ­ g e l h e l m u n d S c h r i f t r o l l e ,1 8 u n d d i e M u s e d e r A s t r o n o m i e , U r a ­ n i a , d i e a u f m e r k s a m d i e A r m i l l a r s p h ä r e b e t r a c h t e t , i d e n t i f i z i e ­ r e n . A u f f ä l l i g ist, d a ß k a n o n i s c h e Z a h l e n , w i e d i e S i e b e n - als H i n w e i s a u f d i e f r e i e n K ü n s t e - o d e r d i e N e u n - als H i n w e i s a u f d i e M u s e n - v e r m i e d e n w e r d e n .

F o r m a l w i r d d e r E i n d r u c k d e r A u s s c h n i t t h a f t i g k e i t d u r c h e i n d e m B i l d e i n g e s c h r i e b e n e s s p i t z w i n k l i g e s D r e i e c k z u r ü c k g e ­

n o m m e n , d a s i m K o p f d e r M i n e r v a s e i n e n S c h e i t e l p u n k t h a t . Es s c h e i n t , als w ä r e d a s G e m ä l d e o b e n u n d u n t e n l e i c h t b e s c h n i t ­ t e n : D e r H e l m b u s c h d e r M i n e r v a w i r d u n m o t i v i e r t a b g e s c h n i t ­ t e n u n d a u c h d a s B u c h d e r C a l l i o p e r e c h t s v o r d e m P o s t a m e n t m ü ß t e z u r B e t o n u n g d e r ä s t h e t i s c h e n G r e n z e - i m S i n n e e i n e s R e p o u s s o i r s , d a s i n d e n B e t r a c h t e r r a u m h i n e i n r a g t - d i r e k t a u f d e r u n t e r e n B i l d k a n t e a u f l i e g e n . E i n E f f e k t , d e n i m N a c h s t i c h S a d e l e r s d i e S c h r e i b f e d e r leistet.

A u s g e h e n d v o n d e r g r o ß e n B e d e u t u n g d e r A s t r o l o g i e a m H o f e R u d o l f II. s a h E r n s t D i e z i n d e m G e m ä l d e e i n e A p o t h e o s e d e r A s t r o l o g i e .1 9 I m R a h m e n s e i n e r D i s s e r t a t i o n stellte K o n r a d O b e r h u b e r d a s G e m ä l d e i n d i e T r a d i t i o n d e r P s y c h o m a c h i a - D a r s t e l l u n g e n , w o b e i i h n d i e v e r w a n d t e H a l t u n g d e r M i n e r v a u n d d e r C h r i s t u s f i g u r a u f d e m M ü l l e r - E p i t a p h ( A b b . 4 ) z u e i n e r n e o p l a t o n i s c h e n D e u t u n g f ü h r t e . S o h e i ß t es:

» D i e T r i u m p h d a r s t e l l u n g , S i e g e r g e s t e e i n e s h o h e n W e s e n s ist u n a b h ä n g i g v o m B e r e i c h a u s d e m es s t a m m t , j a , d a s P r o f a n e w i r d v o m C h r i s t l i c h e n n i c h t g e s c h i e d e n , b e i d e I d e e n , C h r i s t u s u n d M i n e r v a - S a p i e n t i a , w a r e n d e r Z e i t g l e i c h r a n g i g , s t a m m e n a u s d e r g l e i c h e n S p h ä r e , b e i d e s w a r e n M i t ü e r z u m a l l e r h ö c h ­ s t e n G o t t . «2 0

D i e i d e n t i s c h e W i e d e r h o l u n g d e s H a l t u n g s m o t i v s ist n a t ü r l i c h s c h l a g e n d . A l l e r d i n g s findet sich d e r H i n w e i s a u f d i e i k o n o g r a - p h i s c h e T r a d i t i o n d e r P s y c h o m a c h i a s c h o n i n M a t t h i a s W i n - ners2 1 U n t e r s u c h u n g d e s S a d e l e r s c h e n R e p r o d u k t i o n s t i c h s m i t d e m H i n w e i s a u f e i n e Z e i c h n u n g Z u c c a r o s ( A b b . 5 ) d e r porta virtutis.

D o c h s o n a h e l i e g e n d W i n n e r s D e u t u n g a u c h i m g r ö ß e r e n Z u ­ s a m m e n h a n g d e r P i c t u r a - A l l e g o r i e n s e i n m a g , S a d e l e r n u t z t f ü r d i e D a r s t e l l u n g d e r M i n e r v a e i n g e r a d e z u k a n o n i s c h e s V o r b i l d , n ä m l i c h d a s H a l t u n g s m o t i v v o n R a p h a e l s Galatea, w i e es v o n M a r c a n t o n i o R a i m o n d i ( A b b . 6 ) g e s t o c h e n w u r d e . O b w o h l S p r a n g e r als I n v e n t o r b e z e i c h n e t w i r d , h a n d e l t e s s i c h b e i d e m N a c h s t i c h o f f e n s i c h ü i c h u m alles a n d e r e als e i n e i d e n t i s c h e R e ­ p r o d u k t i o n d e s G e m ä l d e s .

D i e n ä c h s t e z u s a m m e n h ä n g e n d e D e u t u n g findet s i c h i n T e r e z G e r s z i s B u d a p e s t e r K o n g r e ß b e i t r a g , » D i e h u m a n i s t i s c h e n A l l e ­ g o r i e n d e r r u d o l f i n i s c h e n M e i s t e r « :

» D e m H e r m a t h e n a - T h e m a s c h l i e ß t s i c h S p r a n g e r s b e r ü h m t e s B i l d , d e r Triumph der Weisheit, a n . W i e b e r e i t s O b e r h u b e r g e z e i g t h a t , w e i s t d a s k u b u s a r t i g e P o s t a m e n t , a u f d e m d i e G ö t t i n s t e h t , a u f M e r k u r ; d e s h a l b ist d i e s e i g e n t l i c h a u c h e i n e v e r b o r g e n e H e r m a t h e n a - D a r s t e l l u n g . «2 2

B e t r a c h t e t m a n m i t G e r s z i d i e H e r m a t h e n a - I k o n o g r a p h i e ( A b b . 7) als d e n » i d e e l l e n A u s g a n g s p u n k t « S p r a n g e r s , w i r d a u c h d a s G e m ä l d e z u e i n e r a l l g e m e i n e n T u g e n d a l l e g o r i e , i n w e l c h e r d e r K u n s t d i e A u f g a b e z u k o m m t , d a s S c h i c k s a l u n d d i e M a c h t d e r F o r t u n a z u ü b e r w i n d e n . D o c h stellt s i c h b e i d e r v o r g e s t e l l t e n I n ­ t e r p r e t a t i o n g r u n d s ä t z l i c h d i e F r a g e , w e n n s c h o n d a s k u b u s a r ­ tige P o s t a m e n t e m b l e m a t i s c h a u f M e r k u r v e r w e i s t , w a r u m w i r d d i e s e G o t t h e i t d a n n n o c h e i n m a l e i g e n s l i n k s n e b e n d e m P o s t a ­ m e n t d a r g e s t e l l t ? D a C o s t a - K a u f m a n n f o l g t G e r s z i s D e u t u n g , h ä l t a l l e r d i n g s d i e T r a d i t i o n d e r P s y c h o m a c h i a - D a r s t e l l u n g e n f ü r ir­

r e l e v a n t u n d v e r w e i s t stattdessen a u f T r i u m p h - D a r s t e l l u n g e n :

(5)

»Terez Gerszi and O b e r h u b e r State that the V i e n n a painting ad- opts a psychomachia type. If we take the allegory o n the turkish war into consideration we can n o longer simply equate the Mül­

ler epitaph with the Triumph of Wisdom, however. Instead of being adaptations o f a psychomachia, all three paintings are m o r e properly speaking variations o f the triumph-type.«

23

Der Unterschied besteht im veränderten Akzent, der den Tri­

umphtypus für politische Aussagen prädestiniert.

21

D o c h gibt DaCosta-Kaufmann für das G e m ä l d e keine direkte politische Aussage an, sondern betont den »enzyklopädischen Charakter«

des Bildes, der sich auch allgemein in den Hermathena-Darstel- lungen finden läßt.

25

Uneinigkeit besteht außerdem darüber, o b sich das G e m ä l d e direkt auf R u d o l f II. beziehen läßt, wie es O b e r h u b e r vorgeschlagen hat: Bellona u n d Calliope verweisen für ihn auf den Kaiser als idealen Herrscher in Kriegs- u n d Frie­

denszeiten: einen »ex utroque caesar«. Ein wichtiges Detail hat L u b o m i r Konecny bedacht: In Beziehung auf das Motiv der aus­

gestellten Brüste verweist er auf die Tradition der »sapientia lac- tans«.

26

Im Z u s a m m e n h a n g aller skizzierten Interpretationen fällt auf, daß zwar allgemein auf die ikonographischen Traditionen der Psychomachia u n d der Triumphdarstellungen v e r w e s e n wird, o h n e daß j e d o c h für das G e m ä l d e konkrete Vorbilder b e n a n n t würden. I m folgenden möchte ich unter Z u h i l f e n a h m e druck­

graphischer Vorbilder u n d eines bisher übersehenen Details eine neue thematische Bestimmung des Gemäldes versuchen.

Der Schlüssel zur D e u t u n g besteht in der Darstellung eines Steinbockkopfes auf der Stirnseite des Postaments (Abb. 8).

Der Capricornus ist in der rudolfinischen Ikonographie ein gängiger Hinweis auf Augustus u n d die »pax augusta« i m Sinne des G o l d e n e n Zeitalters. D e n k t man an die Türkenkriegsallego­

rien Hans van Aachens oder prominenter an den Figurensockel der Kaiserbüste Adriaen de Vries', d a n n wird deutlich, daß es sich u m ein i m m e r wiederkehrendes Motiv der kaiserlichen Bildsprache handelt.

Die Geschichte des G o l d e n e n Zeitalters ist eine Geschichte der politischen U m d e u t u n g . D e n n in den Metamorphosen des Ovid läßt sich der Mythos von den Weltaltern noch im Sinne ei­

ner Zivilisationskritik verstehen, insofern die fortschreitende Zi­

vilisation zur A b n a h m e der T u g e n d führt. Erst in Vergils Aeneis wird dieser Mythos so umgedeutet, daß die weise Herrschaft des Augustus, Rudolfs erklärtes antikes Vorbild, ein neues goldenes Zeitalter entstehen läßt, das sich n u n allerdings durch die Blüte der Künste, also eine Z u n a h m e der Zivilisation auszeichnet. Die­

ses Konzept wird in der Renaissancepoesie z u m gängigen T o p o s der Herrscherpanegyrik. J a selbst Castiglione stellt im »Cortegi- ano« fest, daß wenn im Fürsten die nötige T u g e n d erweckt würde, sich automatisch »die richtige Art u n d Weise des Herr­

schens u n d Regierens (einstellt), wodurch das G o l d e n e Zeital­

ter Saturns wiedererstehen würde.«

27

Die Entdeckung des Steinbockkopfes

2 8

ist insofern von Bedeu­

tung, als die u m das Postament versammelten Figuren n u n in ei­

nen szenischen u n d erzählerischen Z u s a m m e n h a n g eingebun­

den sind: Es handelt sich u m den Sieg der Minerva über die Ig-

norantia u n d den Beginn des G o l d e n e n Zeitalters, weshalb sich überhaupt die Künste u n d Musen eingefunden haben. Diese D e u t u n g findet durch das dargestellte Astrolabium, ein gängi­

ger emblematischer Hinweis auf die Ewigkeit der habsburgi- schen Herrschaft - wie T h e a Wilberg Vignau-Schuurman

2 9

in ihrer Untersuchung zu Hoefnagel schreibt - , eine Fortsetzung.

Der vollbrachte Sieg führt also z u m G o l d e n e n Zeitalter, das von n u n an ewig dauern wird.

Ich meine, daß Spranger in seiner Darstellung der Minerva zwei druckgraphische Vorbilder synthetisiert. Für das Haltungsmotiv hat sich der Künstler an einer Marsdarstellung Schiavones ori­

entiert (Abb. 9). Das starke Ausschwingen der Hüfte, der ge­

zierte ins Profil gewendete K o p f u n d die plastische Durchbil­

d u n g des Körpers ü b e r n i m m t Spranger für seine Darstellung der Minerva. Dies betrifft j e d o c h lediglich die formale Gestal­

tung u n d hilft für die eigentliche ikonographische D e u t u n g nicht weiter, da es sich in der Terminologie D o n a t de Chapeau- rouges u m eine »bedeutungsneutrale Motivübernahme« han­

delt.

30

D o c h läßt sich die Ikonographie der Minerva, die hier meines Erachtens nicht nur als allgemeines Tugendbeispiel ge­

meint ist, n o c h näher präzisieren. Der folgende Deutungsvor­

schlag, Minerva als die Sternenjungfrau Astraea zu bestimmen, hat seine Grundlage in den bisherigen Interpretationsergebnis­

sen. Vor allem die Vorstellung v o m G o l d e n e n Zeitalter bildet hierbei die Brücke z u m T h e m a der Astraea.

31

Der Ursprung der literarischen Tradition der »virgo Astraea« ist nicht zu trennen von der Uberlieferung des Weltaltermythos': Ovid erzählt, daß im e h e r n e n Zeitalter, das durch Habgier u n d Sünde gekenn­

zeichnet ist, Astraea als letzte der Himmlischen die Erde verläßt u n d als Sternbild der J u n g f r a u den Menschen sichtbar bleibt. In der vierten Ekloge Vergils wird die Rückkehr der Astraea u n d der Beginn des G o l d e n e n Zeitalters beschworen.

32

Frances A . Yates hat in ihrer Untersuchung z u m »imperial theme in the sixteenth Century« darauf hingewiesen, daß in christlicher Tradition Vergils Hinweis auf das » k o m m e n d e Kind« direkt auf die A n k u n f t Christi bezogen wurde. Der Ge­

danke eines neuen G o l d e n e n Zeitalters also untrennbar ver­

b u n d e n war, mit der Aufgabe einer christlichen »renovatio«:

»A 'renovatio' of the empire will imply spiritual renovation, for in a restored world, in a new golden age o f peace and justice, Christ can reign.«

33

Erst vor diesem H i n t e r g r u n d läßt sich das konkrete ikonogra­

phische Vorbild Sprangers wirklich fassen. Es handelt sich u m eine Darstellung des Hl. Michael von Marco Dente da Ravenna (Abb. 10). Bringt m a n Sprangers Minerva-Astraea mit der Michaelsikonographie in Zusammenhang, so eröffnet sich eine Parallele von christlicher u n d antiker Uberlieferung. So wie Minerva-Astraea die Unwissenheit überwindet u n d fesselt, so bezwingt der Hl. Michael

34

den Satan, bindet ihn u n d wirft ihn in den Orkus, damit das tausendjährige Reich u n d die Rück­

kehr Christi - bezogen auf Astraea natürlich das G o l d e n e Zeit­

alter - beginnen kann.

35

A u c h in der Panegyrik der Zeit spielt diese Bildlichkeit eine

wichtige Rolle. Die bisher unbeachteten Texte des Pontanus a

(6)

Braitenberg, einflußreicher Jesuit und »poeta laureatus« am Kaiserhof, enthalten verschiedene Hinweise auf Astraea und die Vorstellung der »aetas aurea«. Hier soll nur das Ende der »Pa- negyris in Vellus Aureum« vorgestellt werden. Nach einer un­

endlich scheinenden dynastischen Genealogie schließt der Text, der kontinuierliche Hinweise auf das »neue Gesicht der Welt« besitzt:

»Collectique simul vestras ostendite vires, Altera ab Augusto redeant Saturnia secla.

Caesare Rudolpho consurgat gloria mundi.«

36

Die bisherigen Ausführungen betrafen die Ikonographie des Gemäldes, die eigentlich ikonologische Deutung steht noch aus. In jedem Fall wird deutlich, daß das ikonographische Ver­

fahren im Sinne einer Bildargumentation zu begreifen ist. Der allgemeine Hinweis auf die Psychomachia oder einen Triumph- Typus hilft nicht wirklich weiter. Erst der zusätzliche Hinweis auf den Kopf des Steinbocks ermöglicht es, die Interpretation zu präzisieren. Man könnte den ikonographischen Typus als Topos verstehen, aber nicht mit Curtius als ein Bedeutungsklischee, sondern als Anleitung zur Erkenntnis der Bildargumentation.

Ich schließe mich hier Lothar Bornscheuers Ausführungen zur Topik an:

»Jeder Topos ist 'an sich' unbestimmt-allgemein, eröffnet je­

doch in einem bestimmten Problemzusammenhang für die ver­

schiedenartigsten Interessen konkrete Argumentationsperspek­

tiven.«

37

Ein ikonographischer Typus oder ein bestimmtes Motiv steht also immer im Spannungsfeld eines allgemeinen Bezugsrah­

mens und einer konkreten und spezifischen Bildargumenta­

tion. Argumentation meint die Kombination allgemeiner Ty­

pen, die sich erst im Akt der Vermittlung zu einer Aussage prä­

zisieren. Mit einem Satz: Keine Topik ohne Kombinatorik. Be­

denkt man vor diesem Hintergrund das erwähnte Motiv der ausgestellten Brüste, kommt man zu anderen Ergebnissen als etwa Konecny, der auf Ecclesia, Pietä, Educazione, Natura, Poe- sia, Benignita, Sostanza und Speranza verweist, die alle etwas mit Sapientia gemeinsam haben, die in der Antike immer durch die Göttin Minerva repräsentiert wurde. DaCosta-Kaufmann lehnt diese Deutung ab und verweist auf die »bare-breasted fe- male saints«

38

der rudolfinischen Bildwelt, für die sich diese Tra­

dition nicht anbietet. Gemäß DaCosta-Kaufmann handelt es sich um eine »aesthetic attitude«, die durch die rhetorische Auf­

gabe des »delectare« legitimiert ist. Innerhalb der Bildargu­

mentation ist das Motiv der ausgestellten Brüste meines Erach­

tens zunächst einmal als Anleitung zur Bedeutungsfindung zu begreifen. Denn schon auf einer ersten anschaulichen Ebene wird der Bedeutungsgegensatz von eindeutiger Geschlechtlich­

keit der Ignorantia mit der bestimmt-unbestimmten Sexualität der »virago« deutlich inszeniert.

39

Der Betrachter wird sozusa­

gen aufgefordert, nach weiteren Bedeutungsgegensätzen zu su­

chen. Mit anderen Worten: Wenn Minerva-Astraea hier für die kaiserliche Sache steht, wer ist dann der überwundene Gegner?

In den »Christlichen Emblemen« der Georgette de Montenay wird die Personifikation der Impietas, also die Vermessenheit

des Unglaubens, als eselsohrige Figur dargestellt (Abb.ll).

Denkt man hier den passenden Gegensatz hinzu, verweisen die Brüste also auf die »pietas« und den wahren christlichen Glau­

ben. Dies macht vor dem Hintergrund meiner politischen Les­

art insofern Sinn, als es sich um einen direkten Hinweis auf die ungläubigen Türken handelt. Eine weitere aktuelle Lesart er­

gibt sich, wenn man die Eselsohren als Hinweis auf Avaritia liest und im Sinne des hier nötigen Gegensatzes auf Caritas verweist.

So wie schon Impietas als Hinweis auf die Türken als Feinde des Reichs eine konkrete Entsprechung hat, so auch Avaritia als möglicher Hinweis auf die geizigen deutschen Kurfürsten, ihre mangelnde Unterstüzung in den Türkenkriegen.

1

" Eliska Fuci- kova datiert das Gemälde in das Jahr 1595, jenes Jahr, in wel­

chem Rudolf die Malerei in den Rang einer freien Kunst erhebt, worauf die Anwesenheit der Disegnokünste verweisen könnte. "

Möglicherweise ist hier eine kunsttheoretische Ebene zu lesen, die den schlechten Kunstrichter Midas betrifft. Mehr Deutungs­

ebenen als die genannten lassen sich jedoch, will man nicht das Argument einer synkretistischen Götterauffassung - wie etwa bei Cartari - über Gebühr strapazieren, nicht finden.

42

Das Gemälde hat eine eindeutig politische Aussage, der alle weite­

ren Bedeutungen nachgeordnet sind. Es ist nicht wirklich viel­

deutig, sondern mehrfach eindeutig. Um nicht mit Konecny ei­

nen »ikonographischen overkill« zu begehen, muß man die un­

endlichen ikonographischen Assoziationen in einen formalen Zusammenhang bringen. Die Antithese der beiden Hauptfigu­

ren hilft, alle bloß assoziierten Bedeutungen auszuscheiden.

Dem Bild selbst sind Anleitungen zur Konkretion des Bildsinns zu entnehmen.

Erstjetzt kann man den Unterschied zwischen dem »Nachstich«

und dem Gemälde angemessen beurteilen.

43

Denn es gilt, ei­

nige signifikante Unterschiede festzustellen. Zunächst ist auffäl­

lig, daß im Kupferstich der Kopf des Steinbocks nicht abgebil­

det ist und damit der Kontext des Goldenen Zeitalters verloren geht. Aber auch das veränderte Haltungsmotiv erlaubt unter­

schiedliche ikonographische Bezüge. So ist es zum einen ein konkretes Raphael-Zitat, zum anderen - also im Falle des Gemäldes - hat man es mit einem allgemeinen Bezug auf die Michaelsikonographie zu tun.

Aber das Haltungsmotiv entscheidet auch über den szenischen Zusammenhang, insofern der Kupferstich die Fesselung als Ende - sozusagen als letzten Akt - des Kampfes darstellt, das Gemälde hingegen den vollbrachten Sieg. Alle diese Verände­

rungen führen dazu, daß in beiden Werken vollkommen unter­

schiedliche Aussagen existieren. Man kann durchaus sagen, daß der Stich die Allegorie entpolitisiert.

44

Dieser hat also keines­

wegs die Aufgabe, Rudolfs politische Selbsteinschätzung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und zu vervielfälti­

gen. Den Medien Ölmalerei bzw. Tafelbild und Kupferstich scheinen unterschiedliche Adressatenkreise zu entsprechen.

Dem exklusiven Gemälde eine höfische, dem Kupferstich eine bürgerliche Öffentlichkeit. Martin Warnke sieht als einen mög­

lichen Faktor zur Entstehung des Reproduktionsstiches das Be­

wußtsein der Künstler um eine eingeschränkte Wirkung durch

(7)

den institutionellen Rahmen der Produktion am Hof:

4

"* Um die Exklusivität ihrer Hofkünstler zu sichern, wurde deren Mög­

lichkeit, für andere Interessenten zu arbeiten, durch den Herr­

scher eingeschränkt. So stellt der Stich das ideale Instrument dar, verschiedenen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Auflage ermöglicht es, einem größeren Publikum das Selbstverständnis der Künsüer zu übermitteln, wahrt aber gleichzeitig den quali­

tativen Unterschied von Gemälde und bloß reproduzierender Graphik. Um es in der Logik des Herrschers zu sagen: Der Stich zeigt, was dessen Besitzer nicht hat.

Was die ikonologische Deutung des Gemäldes betrifft, also den geistesgeschichtlichen Status dieser Bildaussage, ist man auf apokalyptisch-millenaristische Geschichtsvorstellungen verwie­

sen. Wer einmal prophetische Schriften der frühen Neuzeit ge­

lesen hat, wundert sich über den gleichbleibenden Erfolg die­

ser Textgattung, die alle vier Jahre ein neues Ende der Welt vor­

aussagt. Aber die offensichtlich fehlerhaften Vorhersagen spra­

chen damals scheinbar weniger gegen das Deutungsmodell der Apokalypse, als vielmehr für die verrätselte Schrift Gottes und die Unfähigkeit der astrologischen Interpreten, diese zu verste­

hen. Die Ikonographie des Gemäldes stellt nicht nur ein allge­

meines Herrscherlob, sondern den Versuch dar, die Herrschaft des Kaisers in den göttlichen Heilsplan einzuschreiben. Dies hat weniger mit Propaganda als mit dem festen Glauben an das Ende der Welt zu tun. Natürlich wird Rudolf II. hier zum Frie­

denskaiser stilisiert, dessen Herrschaft das Tausendjährige Reich herbeiführt und dem wie dem Hl. Michael der Johannes­

apokalypse - um es mit Yates zu sagen - die »responsibility for supporting the entry of Christ into the world with the sword of temporal justice« zufällt.

46

Aber hier muß es den Herrschern, ja selbst einem Kaiser, genau so ergehen wie den Propheten des Weltendes: Sie alle stehen unter Wiederholungszwang!

Der französische König Heinrich II. hatte sich schon fünfzig Jahre früher mit einer weniger gelehrten und anspielungsrei­

chen Ikonographie als Rudolf, die gleiche Rolle und Aufgabe zugewiesen. Findet sich in dem Sprangergemälde eine Verbin­

dung im Sinne einer strukturellen Gleichartigkeit antiker und christlicher Uberlieferung, reicht es Heinrich aus, nur Michael zu sein, was der anläßlich seines Regierungsantritts entstandene Kupferstich von Jean Duvet deutlich zeigt (Abb. 12).

47

Anmerkungen

1 R u d o l f Distelberger, der mir e i n e erste u n d intensive E i n f ü h r u n g in d i e Pra­

ger H o f k u n s t gab, sei herzlich gedankt; i h m ist m e i n Beitrag gewidmet.

2 Z u e i n e r ausführlichen D e u t u n g der Spranger-Biographie vgl. J . Müller, C o n - c o r d i a Pragensis - Karel van M a n d e r s Kunsttheorie im Schilder-Boeck. Ein Beitrag zur R h e t o r i s i e r u n g v o n Kunst u n d L e b e n a m Beispiel der r u d o l f i n i - schen H o f k ü n s t l e r ( V e r ö f f e n t l i c h u n g e n des C o l l e g i u m C a r o l i n u m B d . 77), M ü n c h e n 1993, S. 164-196.

3 K van Mander, H e t Schilder-Boeck waer in v o o r eerst d e leerlusüghe J e u g h t d e n g r o n d t der Edel vry Schilderconst in verscheyden d e e l e n wort v o o r g h e - d r a g h e n , H a a r l e m 1604, 274r, 4 7 - 274v, 2.

4 G . Vasari, L e rite d e ' p i u eccellenti pittori, scultori e architettori nelle reda- z i o n i del 1550 e 1568, hrsg. v. R. T e t t a r i n i / P . Barocchi, 9 Bde., Florenz 1966-1987, Bd. 6, S. 120.

5 Z u m »erotischen Verhältnis« v o n Künstler u n d Malerei vgl. H . Peter-Raupp, Z u m T h e m a v o n 'Kunst u n d K ü n s ü e r ' in deutschen Z e i c h n u n g e n 1540-1640, in: Z e i c h n u n g in D e u t s c h l a n d . D e u t s c h e Z e i c h n e r 1540-1640, Katalog der Staatsgalerie Stuttgart, G r a p h i s c h e S a m m l u n g , B d . II, Stuttgart 1979, S.

2 2 3 - 2 3 0 , bes. S. 225.

6 Dies g e h t soweit, daß d e r flämische Kunsttheoretiker in der B i o g r a p h i e sogar a u f d r a m a t i s c h e Kunstmittel zurückgreift: Peripetie u n d A n a g n o r i s i s sind d e u t l i c h erkennbar. V g l . Müller ( A n m . 2 ) , S. 171.

7 V a n M a n d e r ( A n m . 3 ) , 271 r, 2 - 4 .

8 Z u r C a l u m n i a vgl. J.-M. Massing, L a c a l o m n i e d ' A p e l l e et son i c o n o g r a p h i e , Straßburg 1990.

9 V a n M a n d e r , D e n g r o n d t der edel vry schilder-const, I 72h, in: ders. ( A n m . 3).

10 Z u Van M a n d e r s r h e t o r i s c h e m V e r f a h r e n vgl. Müller ( A n m . 2 ) , S. 158-161.

11 E. K r i s / O . Kurz, D i e L e g e n d e v o m Künstler. Ein g e s c h i c h ü i c h e r Versuch, 2.

A u f l . , F r a n k f u r t / M . 1980.

12 Ausst.Kat.: M a n i e r i s m u s in H o l l a n d u m 1600. Kupferstiche, Holzschnitte u n d Z e i c h n u n g e n aus d e m Berliner K u p f e r s u c h k a b i n e t t . Staatliche M u s e e n Preus- sischer Kulturbesitz, Berlin 1979, S. 42, Nr. 42.

13 H.-J. R a u p p , Bauernsatiren. E n t s t e h u n g u n d E n t w i c k l u n g des b ä u e r l i c h e n G e n r e s in d e r d e u t s c h e n u n d n i e d e r l ä n d i s c h e n K u n s t ca. 1470-1570, Nieder­

zier 1986, S. 3 0 4 - 3 1 6 .

14 W . G . Müller, T o p i k des Stilbegriffs. Z u r Geschichte des Stilverständnisses von d e r A n t i k e bis zur Gegenwart, D a r m s t a d t 1981.

15 H . M i e d e m a , Kunst, K u n s t e n a a r en Kunstwerk bij Karel van M a n d e r , A l p h e n a a n d e n R i j n 1981, S. 91.

16 T . D a C o s t a - K a u f m a n n , T h e S c h o o l o f Prague. P a i n ü n g at the C o u r t o f R u d o l f I L , C h i c a g o / L o n d o n 1988, S. 265, n e n n t hier fast alle w e s e n d i c h e n D e u ­ tungsversuche. U . a. u n v e r ö f f e n t l i c h t e Kolloquiumsbeiträge, die mir leider nicht zugänglich waren.

17 Erscheint das G e m ä l d e auch an o b e r e r u n d unterer Bildgrenze beschnitten, sind links u n d rechts j e d o c h jeweils f ü n f Zentimeter angestückt w o r d e n , wor­

a u f bisher nicht hingewiesen w u r d e . D i e Farben in A n s t ü c k u n g u n d G e m ä l d e sind unterschiedlich n a c h g e d u n k e l t u n d entlang der Stoßkante f i n d e t sich ein pastoser Farbauftrag, u m die Nahtstelle zu verbergen.

18 D a ß M e r k u r hier nicht d u r c h d e n ü b l i c h e n C a d u c e u s - wie i m Nachstich - , s o n d e r n e i n e Schriftrolle g e k e n n z e i c h n e t wird, verweist a u f M e r k u r - T h o t , d e n E r f i n d e r der Schrift. »(...) C i c e r o n e scrive, che M e r c u r i o m o s t r o in Egitto le lettere, & le Leggi, & c h e ei f u n o m a t o da quelle genti T h o i t , o v e r o T h e u t , c o m e si legge appresso di Piatone.« V. Cartari, I m a g i n i delli dei d e gli antichi (Venezia 1647), N a c h d r u c k hrsg. v o n W. Koschatzky, Graz 1963, S. 172. D e r M y t h o g r a p h spielt a u f e i n e Stelle in Piatos P h a i d r o s (274c) an.

19 E. Diez, D e r H o f m a l e r B a r t o l o m ä u s Spranger, Jahrbuch der Sammlungen des Al­

lerhöchsten Kaiserhauses, 28, W i e n 1 9 0 9 / 1 0 , S. 9 3 - 1 5 1 .

20 K . O b e r h u b e r , D i e stilistische E n t w i c k l u n g i m W e r k B a r t h o l o m ä u s Sprangers, Diss., W i e n 1959, S. 151.

21 M . W i n n e r , D i e Q u e l l e n der Pictura-Allegorien in gemalten Bildergalerien des 17. J a h r h u n d e r t s zu A n t w e r p e n , Diss., K ö l n 1957, S. 83.

22 T. Gerszi, D i e h u m a n i s t i s c h e n A l l e g o r i e n der r u d o l f i n i s c h e n Meister, Actes du XXII' Congres international d'histoire de Varl, Budapest 1969: E v o l u t i o n generale et d e v e l o p p e m e n t s r e g i o n a u x en histoire d e l'art, Budapest 1972, Bd. I, S. 760.

23 T. D a C o s t a - K a u f m a n n , E m p i r e T r i u m p h a n t . Notes o n an Imperial A l l e g o r y by A d r i a e n d e V r i e s , Studies in the History of Art, 8, 1978, S. 71.

24 Z u m T r i u m p h m o t i v vgl. W . Weisbach, T r i o n f i , Berlin 1919, S. 7 f.

25 Eine z u s a m m e n h ä n g e n d e Darstellung der H e r m a t h e n a i k o n o g r a p h i e exi­

stiert nicht, d i e beste Übersicht findet sich bei T. W i l b e r g V i g n a u - S c h u u r m a n , D i e e m b l e m a t i s c h e n E l e m e n t e i m W e r k e J o r i s H o e f n a g e l s , 2 Bde., L e i d e n 1969, B d . 1, S. 1 9 5 - 1 9 8 u n d D a C o s t a - K a u f m a n n ( A n m . 16), S. 53. Allerdings m u ß b e t o n t werden, d a ß e i n e solch allgemeine B e s t i m m u n g der rudolfini­

schen H o f k u n s t als » h e r m a t h e n i s c h « , wie sie D a C o s t a - K a u f m a n n v o r n i m m t , z u u n b e s t i m m t bleibt u n d sich fast a u f die gesamte b i l d e n d e K u n s t u m 1600 b e z i e h e n ließe, da mit dieser I k o n o g r a p h i e d o c h w o h l nicht m e h r g e m e i n t ist, als F o r m ( M e r k u r ) u n d Inhalt ( M i n e r v a ) in ein Gleichgewicht zu b r i n g e n . 26 L . K o n e c n y , H a n s van A a c h e n a n d L u c i a n . A n essay in r u d o l f i n e iconography,

Leids Kunsthistorisch Jaarboek, 1, 1982, S. 2 3 7 - 2 5 9 .

27 B. Castiglione, Das B u c h v o m H o f m a n n . Übersetzt u n d erläutert von F. Baumgart.

Mit e i n e m Nachwort v o n R. Willemsen, M ü n c h e n 1986, S. 350. Allgemein zum G o l d e n e n Zeitalter vgl. W. Veit, Studien zur Geschichte des T o p o s der G o l d e n e n Zeit v o n der Antike bis z u m 18 J a h r h u n d e r t , Diss., K ö l n 1961, sowie B. Gatz, Welt­

alter, G o l d e n e Zeit u n d sinnverwandte Vorstellungen, Hildesheim 1967.

(8)

28 Z u m Steinbock als Motiv der Gemma augustea, die vor allem H a n s van A a c h e n i n seinen A l l e g o r i e n der Tü r k e n k r i e g e als Vorlage diente, vgl. R. C h a d r a b a , D i e G e m m a A u g u s t e a u n d die r u d o l f i n i s c h e Allegorie, Umeni, 18, Prag 1970, S. 2 8 9 - 2 9 1 . Natürlich ist dies kein S p e z i f i k u m der r u d o l f i n i s c h e n Herrscheri­

k o n o g r a p h i e . Z u m Steinbock als Sternkreiszeichen des A u g u s t u s u n d z u r Me- dici-Herrschaft als R ü c k k e h r der Aetas aurea vgl. T. Puttfarken, G o l d e n age a n d justice in sixteenth-century Poliücal t h o u g h t a n d imagery, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, 43, 1980 S. 130-150.

29 W i l b e r g V i g n a u - S c h u u r m a n ( A n m . 25), B d . 1, S. 2 4 - 2 6 .

30 D . d e C h a p e a u r o u g e , W a n d e l u n d Konstanz in der B e d e u t u n g e n t l e h n t e r M o ­ tive, W i e s b a d e n 1974, S. 4 7 - 5 4 .

31 Z u Astraea-Dike vgl. W. Pleister, D e r M y t h o s des Rechts, in: R e c h t u n d Ge­

rechtigkeit i m Spiegel der e u r o p ä i s c h e n Kunst, hrsg. v o n W. Pleister u. W.

Schild, K ö l n 1988, S. 8 - 3 6 , bes. S. 14 u. 18.

32 »Machtvoll aufs n e u e erhebt sich der Z u g der E p o c h e n z u m Kreislauf.

N u n m e h r k e h r e n die J u n g f r a u zurück u n d das Reich des Saturnus, steigt a u c h ein neues M e n s c h e n g e s c h l e c h t v o m H i m m e l hernieder, zeig dich n u r gnädig, d u k e u s c h e L u c i n a , d e m k o m m e n d e n K i n d e :

E n d e t mit seiner G e b u r t d o c h das Eiserne Zeitalter, leuchtet über die Erde das G o l d n e ; s c h o n waltet dein B r u d e r A p o l l o . « Publius Vergilius Maro, Hir­

tengedichte, in: Vergil, W e r k e in e i n e m B a n d , hrsg. u n d übersetzt v o n D . Ebe­

ner, Berlin 1987, I V 4 - 1 0 .

33 F. A . Yates, Astraea. T h e Imperial T h e m e in the Sixteenth Century, L o n d o n 1975, S. 4.

34 Zwei Szenen, d i e in der O f f e n b a r u n g des J o h a n n e s u n m i t t e l b a r a u f e i n a n d e r f o l g e n , n ä m l i c h Sieg u n d Fesslung, fallen in Sprangers G e m ä l d e z u s a m m e n , w o d u r c h g e n a u a u f d e n B e g i n n des T a u s e n d j ä h r i g e n Reiches angespielt wird:

»Er ergriff d e n D r a c h e n , der der Teufel u n d der Satan ist, u n d fesselte i h n auf tausend J a h r e . « O f f b g . 20, 2.

35 D e n Hinweis a u f d e n i n n e r e n Z u s a m m e n h a n g v o n Astraea u n d Hl. Michael v e r d a n k e ich W. Busch. Soweit ich sehe, ist bisher n u r in d e m k u r z e n Beitrag v o n G . I r m s c h e r die B e d e u t u n g dieser I k o n o g r a p h i e für die r u d o l f i n i s c h e H o f k u n s t e r k a n n t w o r d e n . Vgl. G . Irmscher, R ü c k k e h r der g o l d e n e n Zeit.

Zwei G e m ä l d e des H a n s van A a c h e n in der n e u e n D e u t u n g , Kunst und An­

tiquitäten, 5, 1988, S. 4 3 - 4 7 . V o r k u r z e m erschienen m i t ausführlicher Darle­

g u n g der »spirituellen aetas aurea«: G. Irmscher, Sine n o v u m i m p e r i u m insti- tuesque R u d o l p h e secunde. Z u e i n e m S u c h Matthäus Greuters nach N i k o l a u s Reimers, Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württenberg, 30, 1993, S. 2 4 - 4 4 .

36 G . B. P o n t a n u s ä B r a k e n b e r g , Panegyrica sacratissimo (...), Frankfurt 1593, S.

19. »Alle ( g e m e i n t sind alle V o r f a h r e n , die über R u d o l f s Geschick w a c h e n ) versammelt zeigt E u r e Kräfte zugleich. Es m ö g e seit A u g u s t u s z u m zweiten Mal das saturnische Zeitalter wiederkehren. D e r R u h m der Welt m ö g e u n t e r Kaiser R u d o l f sich erheben.« Für interessante Hinweise zur Panegyrik der Spätrenaissance u n d e i n e »sinngemäße« Übersetzung d a n k e ich N. T h u m . 37 L. B o r n s c h e u e r , T o p i k . Z u r Struktur der gesellschafüichen Einbildungskraft,

F r a n k f u r t / M . 1976, S. 99.

38 D a C o s t a - K a u f m a n n ( A n m . 16), S. 65.

39 Z u r 'virago' vgl. K O r c h a r d , A n n ä h e r u n g e n der Geschlechter. A n d r o g y n i e in d e r K u n s t des C i n q u e c e n t o , Diss., H a m b u r g 1992, S. 19-22.

40 D a C o s t a - K a u f m a n n ( A n m . 23), S. 6 9 - 7 1 .

41 Ausst.Kat.: Prag u m 1600. K u n s t u n d K u l t u r a m H o f e R u d o l f IL, Essen 1988, S.

280, Nr. 159.

42 E. W i n d , H e i d n i s c h e Mysterien in der Renaissance, übersetzt v o n C h . Müns­

t e r m a n n , 2. Aufl., F r a n k f u r t / M . 1984, S. 7 4 - 7 6 .

43 Ich v e r m e i d e hier d e n A u s d r u c k »Reproduktionsstich«. D e n n i m A n s c h l u ß an m e i n Referat stellte sich die f o l g e n d e Frage: W e n n i m Such der S t e i n b o c k k o p f nicht dargestellt ist, ist nicht d a d u r c h auch die D e u t u n g des G e m ä l d e s hinfäl­

lig? M a n k a n n sicherlich darüber diskutieren, o b die G a t t u n g des R e p r o d u k ­ tionsstichs sich n u r auf diejenigen Stiche beziehen läßt, die ein G e m ä l d e iden­

tisch w i e d e r h o l e n bzw. auch a u f solche, die sich - trotz leichter A b w e i c h u n g e n - e r k e n n b a r a u f v o r h a n d e n e Kunstwerke beziehen.

44 Matthias W i n n e r hat den Stich mit g u t e m G r u n d als Kunstallegorie gedeutet:

»Damit rückt diese Darstellung in die N a c h f o l g e der mit M a n t e g n a a n h e b e n ­ d e n Virtus-Illustrationen unter d e m b e s o n d e r e n Gesichtspunkt der Künste als Tugendmittler.« W i n n e r ( A n m . 21), S. 74. Vor diesem H i n t e r g r u n d erhält das Raphael-Zitat seinen Sinn.

45 »So ehrenvoll sich H o f k ü n s t l e r in der N ä h e h o h e r Fürsten b e h a n d e l t u n d d o ­ tiert sehen m o c h t e n , so sehr k o n n t e n sie sich d o r t auch isoliert u n d einge­

schränkt wissen. Es gibt A n z e i c h e n dafür, daß d e n H o f m a l e r n , die i m I n n e n ­ dienst der Paläste absorbiert waren, die B e s c h r ä n k u n g ihrer W i r k s a m k e i t auf die fürsdiche Privatsphäre bewußt w e r d e n k o n n t e . « M. W a r n k e , H o f k ü n s d e r . Z u r Vorgeschichte des m o d e r n e n Künstlers, 2. Aufl., K ö l n 1986, S. 303 f.

46 Yates ( A n m . 33), S. 3.

47 Das i k o n o g r a p h i s c h e Motiv des siegreichen Michael-Heinrich bildet das letzte Blatt v o n Duvets »Apocalypsis c u m figura«. Vgl. B. Walbe, Studien zur Ent­

wicklung des allegorischen Porträts in Frankreich v o n seinen A n f ä n g e n bis zur Regierungszeit K ö n i g H e i n r i c h s IL, Diss., F r a n k f u r t / M . 1974, S. 121 f. Al­

lerdings übersieht d i e Verfasserin d e n H i n t e r g r u n d millenaristischer Vorstel­

l u n g e n .

(9)
(10)

Abb. 5 Federico Zuccari, Porta virtulis, Zeichnung, New York, Sammlung Janos Scholz

Abb. 7 Aegidius Sadeler d. J. nach Hans van Aachen, Hermathena, um 1590, Kupferstich

Abb. 6 Marcantonio Raimondi nach Raffael, Galathea, Kupferstich

Abb. 8 Bartholomäus Spranger, Triumph der Weisheit, um 1595, Wien, Kunsthistorisches Museum, Detail

(11)
(12)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Durch unseren Einsatz können wir folgendes erreichen: Wir können den Staaten helfen, sich der unbedingten Notwendigkeit der Einhaltung der Menschenrechte bewusst zu werden,

„Unter tazitem Wissen  versteht man menschliches Wissen, das der 

Gegen Liebermanns Satz (von 1932), Van Gogh sei zwar ein Genie gewesen, aber seine dämonische Leidenschaft habe Vollendetes verhindert, muss man zeigen, dass es doch zu

Ulrich war Schwiegervater des Ulmer Münsterbaumeisters Hans Kun. Sein ältes- ter Sohn Kaspar war nachweislich ebenfalls am Ulmer Münster beschäftigt und arbeitete eventuell auch

Nachdem van Mander die Provenienz genannt hat, er- wähnt er das Format. Dadurch ist das Gemäl- de auf eine nahsichtige Betrachtung angelegt, was auch für seine

core bien loin de ce qu'il serait nécessaire de faire pour venir à bout des drames qui marquent ces régions depuis des années.» En 1983, pour en finir avec les chiffres, le CICR

Positionsnaht – eine neue Methode zur intraoralen Markierung der idealen Implantatposition Implant position suture – a new method for intraoral marking of the ideal implant

Bald begabe er sich auf das Mahlen und ließe seine erlernete Kunst in einen nakenden Adam und Eva im Paradeiß sehen, wie nicht weniger durch die Sündfluth und Untergang der Welt, die