• Keine Ergebnisse gefunden

Was genau bedeutet «Sonderstatut des Berner Juras»? 2

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Was genau bedeutet «Sonderstatut des Berner Juras»? 2"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

c:\program files (x86)\neevia.com\document converter\temp\convert_555037099e544fe5ad8c92f44ef0ec1d.doc

I 167/2001 STA 17. Oktober 2001 42C

Interpellation

3224 Voiblet, Reconvilier (SVP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 04.09.2001

Sonderstatut oder progressive Autonomie: Wortspiele des Regierungsrates?

Der Regierungsrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:

1. Was genau bedeutet «Sonderstatut des Berner Juras»?

2. Welche Perspektiven kann dieses Sonderstatut dem Berner Jura bieten?

3. Was genau bedeutet «fortschreitende Autonomisierung»?

4. Warum wurde der Regionalrat mit einem Reflexionsprozess zur Realisierung der fort- schreitenden Autonomisierung des Berner Juras beauftragt, wenn der Regierungsrat heute durch Herrn Regierungsrat Mario Annoni verlauten lässt, dass er dieses Vorge- hen nicht mehr anerkennt, und nur noch von einem Sonderstatut spricht?

5. Warum hat der Regierungsrat — angesichts der Kantonsverfassung von 1993 und der besonderen Stellung des Berner Juras — nach Inkrafttreten der neuen Verfassung bei- spielsweise die Arbeitslosenkasse oder andere rechtliche Strukturen der Region Biel- Seeland zugeteilt?

Begründung:

Gemäss Handbuch des bernischen Verfassungsrechts (S. 19 ff.) wollte die Bevölkerung des Kantons Bern mit der Änderung der Kantonsverfassung von 1993 dem Berner Jura einen Sonderstatus gewähren. Die bisherige Staatsverfassung hätte dem Berner Jura be- sondere Mitwirkungs-, Antrags- und Anhörungsrechte zuerkannt. Die neue Kantonsverfas- sung definiere Ziele, die der Sonderstatus des Berner Juras zu verwirklichen habe. Dieser Sonderstatus sei daher offen gehalten und könne den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden. Er könne sogar neu gestaltet werden, wenn die vom Gesetzgeber vorgesehenen Modalitäten die Erfüllung der vorgezeichneten Ziele nicht mehr zu gewährleisten vermögen.

Der Sonderstatus solle eine Verschmelzung im Sinne einer kantonalen Vereinheitlichung verhindern. Er bedinge auch, dass der Kanton davon absehe, diese Gebietskörperschaft zu zersplittern und die einzelnen Amtsbezirke unterschiedlichen regionalen Organisationen zuzuteilen. Der Kanton müsse im Berner Jura die Zusammenarbeit im Hinblick auf den Vollzug von Aufgaben fördern. Der Sonderstatus des Berner Juras könne aber auch weit über die Rechte, die in der alten Verfassung verankert waren, hinausgehen. Nichts hindere den Gesetzgeber daran, einem Organ, das den Berner Jura vertrete, Entscheidungsbefug- nisse zu übertragen, beispielsweise im Kulturwesen oder bei der interkantonalen Zusam- menarbeit.

(2)

2

Der Regierungsrat hat den Regionalrat am 28. Januar 1998 ersucht, sich mit der Art und Weise auseinander zu setzen, wie die fortschreitende Autonomisierung des Berner Juras realisiert werden könne. Im Verlaufe des Jahres 2000 hat der Regionalrat einen entspre- chenden Bericht vorgelegt. Anlässlich einer Stellungnahme hat Regierungsrat Mario Annoni im Namen des Gesamtregierungsrates vor kurzem wissen lassen, dass es heute nicht mehr um eine progressive Autonomie, sondern um ein Sonderstatut des Berner Juras geht.

Man fragt sich, was da oben in Bern los ist...

Antwort des Regierungsrates Zu den Fragen 1 und 3

Die fortschreitende Autonomisierung ist einer der beiden Wege, die von Dominique Haenni in seinem Bericht von 1993 über die Romands im Kanton Bern vorgeschlagen wurden.

Nach Aussagen des Experten ging es darum, Massnahmen zu ergreifen, die es der fran- kophonen Minderheit im Kanton erlauben würden, nach und nach mehr Verantwortung zu übernehmen, sich besser Gehör zu verschaffen und sich mehr an der kantonalen Politik zu beteiligen. Der Regierungsrat hat auf der Grundlage dieses Expertenberichts ein politi- sches Vorgehen ausgearbeitet, das der Region ermöglichen soll, im Rahmen dessen, was als fortschreitende Autonomisierung bezeichnet wurde, nach und nach Erfahrungen zu sammeln. Vor diesem Hintergrund und unter dem Regime der alten Staatsverfassung, die bis zum 31. Dezember 1994 in Kraft war, wurde auch das Gesetz vom 19. Januar 1994 über die Verstärkung der politischen Mitwirkung des Berner Juras und der franzö- sischsprachigen Bevölkerung des Amtsbezirks Biel (Gesetz über die politische Mitwirkung, MBJG; BSG 104.1) erlassen. Es sei an dieser Stelle an Artikel 1 dieses Gesetzes erinnert:

Art. 1 Dieses Gesetz regelt bis zur Annahme einer anderen Regelung im Sinne von Artikel 5 der Kantonsverfassung vom 6. Juni 1993 [BSG 101.1]

a die politische Mitwirkung der Bevölkerung des Berner Juras und der französischsprachigen Be- völkerung des Amtsbezirks Biel in der Vorbereitungsphase sämtlicher Vorhaben, die sie beson- ders betreffen können,

b die Konferenz der Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten des Berner Juras und des Amtsbezirks Biel sowie

c die Finanzhilfe für die französischsprachigen lokalen und regionalen Veranstalter von Radiopro- grammen im Berner Jura und im Amtsbezirk Biel.

Das heisst mit anderen Worten, dass das Gesetz über die politische Mitwirkung Bestand- teil der fortschreitenden Autonomisierung ist. Bei dieser Autonomisierung handelt es sich um einen Prozess, mit dem der Region die Möglichkeit gegeben werden soll, nach und nach die Erfahrung der politischen Mitwirkung zu machen, und der mittels eines Ausführungsgesetzes zu Artikel 5 der Kantonsverfassung vom 6. Juni 1993 mit der Errichtung eines Sonderstatuts abgeschlossen wird.

Zu Frage 2

Die Perspektiven, die das Sonderstatut dem Berner Jura bietet, sind in der oben genann- ten Verfassungsbestimmung festgelegt. Es geht darum, dem Berner Jura zu ermöglichen, seine Identität zu bewahren, seine sprachliche und kulturelle Eigenart zu erhalten und an der kantonalen Politik aktiv teilzunehmen. Wie bereits in der Begründung der Interpellation erwähnt, werden diese Perspektiven auch im Handbuch des bernischen Verfassungs- rechts (Walter Kälin und Urs Bolz [Herausgeber], Verlage Haupt und Stämpfli, Bern 1995, S. 19 ff.) analysiert. Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass dieses Statut offen und anpassungsfähig sein muss. Er glaubt aber in Anlehnung an die Erfahrungen, die im Zusammenhang mit den Mitwirkungs- und Antragsrechten gemacht wurden, dass dieses Statut nicht bereits nach einer zu kurzen Zeit wieder in Frage gestellt werden sollte. Er erinnert vor allem daran, dass es an der Region und am neuen Organ, das den heutigen

(3)

3

Regionalrat ablösen soll, sein wird zu entscheiden, ob und wann eine Anpassung nötig sein wird.

Zu Frage 4

Der Regierungsrat hat den Regionalrat am 28. Januar 1998 beauftragt, sich mit der Frage zu befassen, wie die fortschreitende Autonomisierung des Berner Juras zu realisieren sei.

Die Idee bestand darin, im Prozess, der schliesslich zur Errichtung eines Sonderstatuts führen wird, einen oder mehrere Schritte weiter zu gehen. Nun zeigt aber der Regionalrat mit den Massnahmen, die er in seinem Bericht vom 27. September 2000 vorschlägt, dass die Region schon heute bereit ist, die Verantwortung im Zusammenhang mit dem Sonderstatut zu übernehmen. Aus diesem Grund beabsichtigt der Regierungsrat, im kommenden Winter den Entwurf für ein Sonderstatut vorzulegen.

Daraus folgt, dass der Regierungsrat den 1998 eingeleiteten Prozess nicht etwa bremst, sondern sich nach dem vom Regionalrat vorgelegten Tempo richtet.

Zu Frage 5

Der Regierungsrat hat die Reorganisation der Verwaltungsstrukturen bereits in seiner Antwort auf die Motion 172/1996 von Grossrat André Lecomte behandelt (vgl. Tagblatt des Grossen Rates 1996, S. 1001). Er erinnerte dabei im Wesentlichen daran, dass er sich den Verpflichtungen, die sich aus Artikel 4 und 5 der Kantonsverfassung ergeben, bewusst sei, und dass es ausser Frage stehe, die dezentrale Verwaltung im Berner Jura anzu- tasten. Er fügte dem jedoch hinzu, dass die Strukturen anpassungsfähig bleiben müssen, wobei Massnahmen, die sich nur auf den Berner Jura beziehen, ausgeschlossen seien. So erfolgte auch die vom Interpellanten erwähnte Zusammenlegung der Arbeitslosenkasse des Berner Juras mit derjenigen der Region Biel-Seeland im Rahmen einer Strukturanpassung im ganzen Kanton. Dabei ist aber zu beachten, dass die eigentlichen Anlaufstellen für Stellensuchende, also die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV), trotz einer starken Abnahme der Arbeitslosigkeit in La Neuveville, Saint-Imier, Tavannes und Moutier nicht geschlossen wurden und weiterhin betrieben werden.

An den Grossen Rat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Regierungsvereinbarung sieht ebenfalls vor, dass die Gemeinden in einem zwei- ten Schritt ihr Recht geltend machen können, über ihre Zugehörigkeit zu einem der beiden Kantone

58a (neu) 1 Die Stimmberechtigten der Verwaltungsregion Ber- ner Jura beschliessen in einer regionalen Volksabstimmung, ob sie den Regierungsrat beauftragen wollen, das zur

Der Regierungsrat steht ebenfalls hinter diesem Ziel und will gesetzliche Grundlagen ausarbeiten, welche die interkantonale Zusammenarbeit begünstigen, und zwar

Gemäss Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung über das Sonderstatut des Berner Juras und über die französischsprachige Minderheit des zweisprachigen Amtsbezirks Biel

Dank dieser Erhöhung können eine Fach- person Information und Dokumentation angestellt (CHF 75 000.-), die Konservierung audiovisueller Dokumente sichergestellt (CHF

Gemäss Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung über das Sonderstatut des Berner Juras und über die französischsprachige Minderheit des zweisprachigen Amtsbezirks Biel

Anpassung der Anzahl Sitze der Deputation des Berner Juras an die Realität Der Regierungsrat

Gemäss Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung über das Sonderstatut des Berner Juras und über die französischsprachige Minderheit des zweisprachigen Amtsbezirks Biel