Hans Walser, [20140107]
Parabel vierten Grades
Anregung, Idee und Hinweise: B. v. P., O.
1 Worum geht es?
Die Parabel vierten Grades mit zwei reellen Wendepunkten hat Schrägspiegelsymmetrie sowie einige Verhältniseigenschaften. Insbesondere kommen der Goldene Schnitt und das DIN-Format vor. Die beiden Wendepunkte spielen eine wichtige Rolle.
2 Beispiel
Die folgenden Abbildungen basieren auf der Parabel mit der Gleichung:
y= 801 x4 −15x3+109 x2 −25x+25
Die festgestellten Eigenschaften gelten aber für alle Parabeln vierten Grades mit zwei reellen Wendepunkten.
Beweise im nächsten Abschnitt.
2.1 Parabel
Die Parabel der Abbildung 1 hat auf den ersten Blick keine Symmetrie.
Abb. 1: Parabel vierten Grades x y
1 5
5
2.2 Wendepunkte
In der Abbildung 2 sind die beiden Wendepunkte eingetragen. Die Gerade durch die beiden Wendepunkte nennen wir Wendepunktgerade. Durch den Mittelpunkt der beiden Wendepunkte zeichnen wir eine zur y-Achse parallele Gerade.
Abb. 2: Wendepunkte
Die Abbildung 2 lässt vermuten, dass die Parabel eine Schrägspiegelsymmetrie hat. Die Achse ist die zur y-Achse parallele Gerade, die Spiegelrichtung ist durch die Wende- punktgerade gegeben.
2.3 Spezielle Tangenten
In der Abbildung 3 ist zusätzlich unten die Tangente eingetragen, welche die Parabel zwei Mal berührt. Diese Tangente überbrückt die konkave Einbuchtung der Parabel. Die Tangente ist parallel zur Wendepunktgerade.
Abb. 3: Untere Tangente x y
1 5
5
x y
1 5
5
Man beachte, dass die beiden Berührungspunkte der unteren Tangente nicht die lokalen Tiefpunkte der Parabel sind.
In der Abbildung 4 ist weiter die innere Tangente eingezeichnet, welche durch den Schnittpunkt der Achse mit der Parabel verläuft. Diese innere Tangente ist ebenfalls parallel zur Wendepunktgerade.
Abb. 4: Innere Tangente
Der Berührungspunkt der inneren Tangente ist nicht der lokale Hochpunkt der Parabel.
2.4 Teilverhältnisse 2.4.1 Wendepunktgerade
Die Wendepunktgerade teilt den durch die untere und die innere Tangente gegebenen Streifen (Abb. 4) im Breitenverhältnis 4 : 5. Dies gilt nicht nur für unser Beispiel, son- dern für alle Parabeln vierten Grades mit zwei reellen Wendepunkten.
x y
1 5
5
2.4.2 Goldener Schnitt
Die vier in der Abbildung 5 eingezeichneten Punkte auf der Wendepunktgeraden, also die beiden Wendepunkte und die beiden äußeren Schnittpunkte der Wendepunktgeraden mit der Parabel, teilen im Verhältnis des Goldenen Schnittes, und zwar in der Reihen- folge Minor-Major-Minor (der Dicke in der Mitte). Über den Goldenen Schnitt verglei- che (Walser, 2013a).
Abb. 5: Goldener Schnitt Wir können das mit Goldenen Rechtecken illustrieren (Abb. 6).
Abb. 6: Goldene Rechtecke x y
1 5
5
x y
1 5
5
2.4.3 DIN-Format
Der Abschnitt der inneren Tangente zwischen den beiden äußeren Schnittpunkten mit der Parabel ist 2 mal so lang wie der Abschnitt der unteren Tangente zwischen den beiden Berührungspunkten. Hier kommt das Seitenverhältnis des DIN-Formates ins Spiel. Über das DIN-Format vergleiche (Walser, 2013b). Die Abbildung 7 illustriert das mit einem Rechteck im DIN-Format.
Abb. 7: Rechtecke im DIN-Format x y
1 5
5
Natürlich lässt sich das auch mit rechtwinklig gleichschenkligen Dreiecken illustrieren (Abb. 8).
Abb. 8: Rechtwinklig gleichschenklige Dreiecke 2.5 Flächenverhältnisse
2.5.1 Flächengleichheit
Die beiden roten Flächen (Abb. 9) sind gleich groß und zusammen so groß wie die zy- anfarbene Fläche. Diese wird durch die Achse halbiert.
Abb. 9: Gleiche Flächen x y
1 5
5
x y
1 5
5
2.5.2 Nochmals die Quadratwurzel aus 2
Die beiden grünen Flächen (Abb. 10) sind gleich groß und zusammen 2 mal so groß wie die gelbe Fläche.
Abb. 10: Flächenfaktor Wurzel aus 2 3 Beweis
3.1 Affine Invarianz
Die in unseren Feststellungen verwendeten Begriffe Wendepunkt, Parallelität, Teilver- hältnis und Flächenverhältnis sind affin invariant. Bei einer affinen Abbildung, welche die Richtung der y-Achse invariant lässt, ist auch der Begriff Parabel vierten Grades invariant.
3.2 Affine Standardisierung
Wir standardisieren die Parabel vierten Grades mit einer affinen Abbildung so, dass die beiden Wendepunkte auf die Punkte mit den Koordinaten
( )
1,0 und(
−1,0)
zu liegen kommen. Ferner soll die Parabel durch den Punkt( )
0,1 verlaufen. Wir beschreiben die Parabel also in dem in der Abbildung 11 angedeuteten blauen Koordinatensystem.x y
1 5
5
Abb. 11: Affin verzerrtes Koordinatensystem Aus dem Ansatz
y= f x
( )
=ax4+bx3+cx2+dx+e′
y = f x′
( )
=4ax3+3bx2+2cx+d′′
y = f′′
( )
x =12ax2+6bx+2cerhalten wir:
0=a+b+c+d+e (Koordinaten Wendepunkt 1,0
( )
)0=12a+6b+2c (Wendepunktbedingung dazu) 0=a−b+c−d+e (Koordinaten Wendepunkt
(
−1,0)
)0=12a−6b+2c (Wendepunktbedingung dazu) 1=e (Parabel geht durch 0,1
( )
)Dieses Gleichungssystem hat die Lösung:
a= 15, b=0, c=−65, d=0, e=1 x x
y y
1
0 1 1 –1
5 5
In diesem blauen Koordinatensystem erhält die Parabel also die standardisierte Glei- chung:
y= f x
( )
= 15x4 −65x2+1Dies ist eine gerade Funktion, womit die Symmetrie durch die Schrägspieglung nach- gewiesen ist.
Die Funktionsformel lässt sich faktorisieren:
y= f x
( )
= 15( )
x2−1( )
x2−5 =15(
x+1) (
x−1) (
x+ 5) (
x− 5)
Freude herrscht, weil 5 erscheint.
3.2.1 Teilverhältnisse
In orthonormierten kartesischen Koordinatensystem sieht diese Parabel gemäß Abbil- dung 12 aus. Es sind auch die Koordinaten der relevanten Punkte eingetragen, ein Eldo- rado in Quadratwurzeln. Aus diesen Koordinaten lassen sich alle oben festgestellten Teilverhältnisse ablesen.
Abb. 12: Standardisierte Parabel x y
1 1
0 –1
–1 2 3
3, 45
( )
3, 45
( )
( )
6,1(
6,1)
5 5
3.2.2 Flächenverhältnisse
Die Abbildung 13 illustriert das erste Flächenverhältnis.
Abb. 13: Erstes Flächenverhältnis Für die rote Fläche erhalten wir:
Arot =
(
15x4−65x2+1)
dx1
∫
5 = −1625 =1625Für die zyanfarbene Fläche ergibt sich:
Azyan=2
(
15x4 −65x2+1)
dx0
1
∫
= 3225Damit haben wir die Flächenverhältnisse in der Reihenfolge 1 : 2 : 1.
x y
1 1
0 –1
–1 2 3
5 5
Die Abbildung 14 illustriert das zweite Flächenverhältnis.
Abb. 14: Zweites Flächenverhältnis Für die grüne Fläche ergibt sich:
Agrün=
(
1−(
15x4 −65x2+1) )dx
0
∫
6 = 62425Für die gelbe Fläche ergibt sich:
Agelb =2
( (15x4−65x2+1)
+45)
dx
0
∫
3 =2 32425 = 2 6 2425Somit haben wir die Flächenverhältnisse in der Reihenfolge 1 : 2 :1. Literatur
Walser, Hans (2013a). Der Goldene Schnitt. Mit einem Beitrag von Hans Wußing über populärwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. 6. Auflage.
Leipzig: Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-85-1.
Walser, Hans (2013b): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Tra- pez – DIN-Quader. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig 2013. ISBN 978-3- 937219-69-1.
x y
1 1
0 –1
–1 2 3
3, 45
( )
3, 45