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Förderplanung im Unterricht

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Academic year: 2022

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Förderplanung im Unterricht

Verena Schindler, Georg Bühler und Michael Eckhart

1 Gütekriterien

Zu den Zielen einer guten Schule gehört die Entwicklung einer Lerngemein- schaft, die Vielfalt integriert. Damit verbunden ist die Förderung eines indivi- dualisierten Unterrichts, der alle Schülerinnen und Schüler mit einem ihrem Lern- und Entwicklungsniveau entsprechenden Lernangebot herausfordert. Bei der Realisierung dieser Zielsetzungen wird bei einigen Schülerinnen und Schü- lern eine detaillierte Förderplanung notwendig.

Was ist dabei zu beachten? Wie kann konkret vorgegangen werden? Es sind vielfältige Wege möglich. Stets ist eine Förderplanung jedoch Teil eines Kreis- laufs. Dazu gehören die begründete Entscheidung, zu welchem Förderbereich Beobachtungen und Erfassungen durchzuführen sind, wie und was nachvoll- ziehbar dokumentiert und theoriegeleitet interpretiert wird und welche Förder- ziele formuliert werden sollen. Der Kreislauf charakterisiert sich durch ver- schiedene Aspekte, die bei jeder Förderplanung zu beachten sind.

Diagnose und Förderung im Prozess

Die Förderung von Schülerinnen und Schülern basiert nicht auf einer einmali- gen, abgeschlossenen Bestandsaufnahme, sondern auf einem Mosaik von kontinuierlichen Beobachtungen und Datenerhebungen. Förderdiagnose ist stets auch Begleitdiagnose, interessiert an den Entwicklungsprozessen des Lernens, offen für neue, auch erwartungswidrige Erkenntnisse und für individu- elle Anpassungen von Förderzielen und -massnahmen.

Für die Lehrperson bedeutet das: Sie vermeidet statische Zuschreibungen und nimmt in verschiedenen Bereichen Entwicklungsschritte wahr.

Alltagsereignisse und Schülerprodukte

Alltagsereignisse und Schülerprodukte bieten bei der Datenerhebung vielfältige Chancen. Unterrichtsintegriert lassen sich Vorgehensweisen beobachten. Lau- tes Denken der Schülerinnen und Schülern und die Analyse von schriftlichen Produkten geben Einblick in deren Lern- und Denkprozesse (bspw. bei Texten;

mathematischen Lösungswegen). Gespräche ermöglichen Einblicke in emotio- nale Befindlichkeiten und soziale Vorgänge.

Für die Lehrperson bedeutet das: Förderdiagnostische Tätigkeit ist stets auch integrierter Bestandteil des pädagogischen Handelns im Unterricht.

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Theoriebezug als Verstehensgrundlage

Im Prozess der Datenerhebung ermöglicht theoretisches Wissen die Erfassung der für einen bestimmten Förderbereich relevanten Informationen. Zu diesem Wissen gehören pädagogische, (fach-)didaktische sowie lern- und entwick- lungspsychologische Kenntnisse. Theorie trägt hier zu einer differenzierten Wahrnehmung bei.

Im Prozess der Dateninterpretation ergeben sich durch den Theoriebezug die Kriterien zur Analyse von Lernprozessen, Schülerprodukten und Situationen.

Brauchbare förderdiagnostische Instrumente legen diesen Theoriebezug offen.

Für die Lehrperson bedeutet das: Ohne Theoriebezug lassen sich diagnosti- sche Informationen weder verstehen noch begründet für die Förderplanung nutzen.

Ressourcen und behindernde Bedingungen

Der förderdiagnostische Prozess fokussiert nicht auf Defizite und Lernschwä- chen der Schülerinnen und Schüler. Gesucht wird nach Ressourcen und An- knüpfungspunkten des Lernens. Dabei interessieren sowohl die fördernden wie auch die behindernden Bedingungen des Lernens. Mit welchen Lernbedingun- gen sieht sich das Kind bzw. der/die Jugendliche konfrontiert - sowohl in sei- nem sozialen und materiellen Umfeld, wie in Bezug auf seine eigenen Lernvor- aussetzungen?

Für die Lehrperson bedeutet das: Zu fragen ist, welche Bedingungen wie be- einflusst werden können und welche der Kompensation bedürfen.

Mehrperspektivität im Team

Förderdiagnose beruht auf einer mehrperspektivischen Sichtweise. Nicht alle sehen, erleben und verstehen gleich. Es gibt verschiedene Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Deutungsweisen. Mehrperspektivität ergibt sich zum einen durch den Einbezug mehrerer am Bildungsprozess der Schülerinnen und Schüler be- teiligter Personen. Zum andern lässt sie sich durch eine bewusste Ausweitung der theoretischen Perspektiven und möglichen Interpretationen erreichen. Zur Mehrperspektivität gehört z.B. der Einbezug der Perspektive der Schülerin bzw. des Schülers und der Eltern.

Für die Lehrperson bedeutet das: Mehrperspektivität gilt es bewusst herzustel- len.

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Transparente Vorgehensweisen

Förderdiagnose spielt mit ‚offenen Karten’. Die Entstehung einer Förderpla- nung sowie die Festlegung von Förderzielen sind ein für alle Beteiligten nach- vollziehbarer Prozess. Förderdiagnostisches Arbeiten bedingt Klarheit in Bezug auf die Dokumentationsformen. Der Einsatz von Erfassungsinstrumenten wird offen gelegt, Beobachtungen, Test- und Erfassungsresultate sowie deren In- terpretation werden transparent kommuniziert. Dies ermöglicht ein konstrukti- ves Mitdenken aller Beteiligten.

Für die Lehrperson bedeutet das: Sowohl gegenüber der Schülerin bzw. dem Schüler wie gegenüber anderen Lehrpersonen und Eltern ist grösstmögliche Transparenz anzustreben.

2 ICF – eine Internationale Klassifikation

An einer Förderdiagnose sind häufig verschiedene Fach- und Lehrpersonen beteiligt. Eine solche interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert eine gemein- same Sprache. Im internationalen und nationalen Kontext setzt sich zuneh- mend die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch, im Schulbe- reich insbesondere die Version für Kinder und Jugendliche (ICF-CY). Auch die hier vorgestellte Förderdiagnose bedient sich zentraler Begrifflichkeiten aus der ICF. Damit soll die Kommunikation zwischen allen Beteiligten verbessert wer- den.

ICF – das Modell

Das zentrale Ziel der Förderdiagnose besteht in der Feststellung des individu- ellen Förderbedarfs einer Schülerin oder eines Schülers. Allerdings lässt sich der individuelle Förderbedarf meistens nicht einfach bezogen auf eine Ursache bestimmen. In Anlehnung an das Standardisierte Abklärungsverfahren (SAV), das im Auftrag der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdi- rektoren (EDK) entwickelt wurde, wird im Folgenden davon ausgegangen, dass der Förderbedarf aus Wechselwirkungen und komplexen Beziehungen zwi- schen verschiedenen Faktoren resultiert. Beteiligt sind verschiedene umwelt- und personenbezogene Einflussgrössen, die mit Körperfunktionen und - strukturen, Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe) interagieren, was sich wie- derum in Störungen und besonderen Herausforderungen im Lernen ausdrü- cken kann.

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Abbildung: ICF-Modell

> Link zu „Einheitliche Terminologie für den Bereich der Sonderpädagogik von der EDK“;

> Detailliertere Beschreibung des ICF-Modells mit Beispielen

3 Umsetzung

Das komplexe Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Personen in den viel- fältigen Prozessen des schulischen Alltags erfordert einen einfachen und kla- ren Ablauf, damit Förderplanung gelingt. Das hier vorgestellte Vorgehen be- schreibt den Kreislauf der Förderplanung in vier Schritten.

Abbildung: Förderplanung in vier Schritten

Förderplanung 1.

Entwicklungs- bereich definieren

2.

Theoriebezug offen legen

3.

Diagnose stellen & Ziele

formulieren 4.

Förderung durchführen

& evaluieren

(5)

1. Schritt: Entwicklungsbereich definieren

Zu Beginn wird die Entscheidung gefällt, in welchem Bereich die Förderung ansetzen soll. Im Sinne der Mehrperspektivität beteiligen sich an diesem Schritt alle Beteiligten: z.B. Eltern, Schülerin bzw. Schüler, Lehrperson, IF-Lehrperson und andere involvierte Fachpersonen. Fokussiert wird auf für das schulische Lernen relevante Entwicklungsbereiche der ICF:

- Allgemeines Lernen

- Spracherwerb und Begriffsbildung - Lesen und Schreiben

- Mathematisches Lernen - Umgang mit Anforderungen - Kommunikation

- Bewegung und Mobilität - Für sich selber sorgen - Umgang mit Menschen

- Freizeit, Erholung und Gemeinschaft

-> Link zu den Beschreibungen der Bereiche

Im Rahmen eines Standortgesprächs definieren die Beteiligten gemeinsam ein oder zwei Entwicklungsbereiche, die den Schwerpunkt der Diagnostik und För- derung für die nächste Phase bilden werden.

-> Link zum Formular für das Standortgespräch

2. Schritt: Theoriebezug offen legen

Im zweiten Schritt wird bestimmt, welche Informationen erhoben werden müs- sen. Ziel ist es, auf Grund einer Erfassung sichtbar zu machen, wo die Schüle- rin bzw. der Schüler im definierten Entwicklungsbereich steht und in welche Richtung die Entwicklung führt. Dies muss auf der Basis eines theoretischen Modells erfolgen, das dem definierten Entwicklungsbereich zu Grunde liegt.

Weil oft mehrere Fachpersonen in Unterricht und Förderung einer Schülerin bzw. eines Schülers involviert sind, gehören Diskussionen und Einigungspro- zesse zu theoretischen Ansätzen zum Alltag.

-> Link zu Dokumenten, Literaturhinweisen/Grundlagenartikel, hier werden fortlaufend theoriegelei tete Dokumen- te zu verschiedenen Aspekten erstellt.

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3. Schritt: Diagnose stellen

Nachdem der Theoriebezug offen liegt, können die Informationen erhoben und theoriegeleitet interpretiert werden. Die Beobachtungen zum Entwicklungsbe- reich erfolgen während des Unterrichts und werden festgehalten. Beteiligte Fachpersonen tauschen sich über Beobachtungen immer wieder aus.

Als methodische Vorgehensweisen im Schulalltag bieten sich Fehleranalysen, Beobachtungsbogen und Lernstanderfassungen an. Für einige Bereiche exis- tieren fachlich gut begründete förderdiagnostische Konzeptionen mit Screening und/oder Tests. Für andere Bereiche müssen, ausgehend vom theoretischen Modell, eigene Aufgaben und Fragen zusammengestellt werden.

-> Link zu Empfehlungen für förderdiagnostische Konzeptionen: Besmath, BasisMath, Materialienliste Lesen, Schreiben und Mathematik

4. Schritt: Förderung durchführen und evaluieren

Konkrete Förderziele werden in Absprache mit den involvierten Fachpersonen und unter Einbezug des Kindes und seiner Eltern formuliert. Sie orientieren sich an den theoretischen Grundlagen des Entwicklungsbereichs.

Die Umsetzung der Förderung geschieht im Unterricht. Jede Lehrperson, die im Entwicklungsbereich (z.B. Schreiben) mit dem Kind bzw. Jugendlichen ar- beitet, richtet sich danach.

In sinnvollen Zeitabständen, mindestens halbjährlich, wird die Förderung hin- sichtlich ihrer Wirksamkeit evaluiert und falls notwendig angepasst.

-> Link: Formular ,Förderplanung’

Version 4; Januar 2013

Referenzen

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