Prof. Dr. Moritz Kaßmann Fakultät für Mathematik
Wintersemester 2015/2016 Universität Bielefeld
Klausur Maß- und Integrationstheorie (240021) 2. Termin am 8. April 2016
Aufgabe 1 (5+5+5 Punkte)
SeienΩ ={a, b, c, d, e} undM ={{a},{a, b}}.
(a) Geben Sieσ(M) an.
(b) Geben Sie eineσ-AlgebraA überΩan mit A ⊃σ(M)und A 6=σ(M).
(c) Geben Sie zwei Maße auf σ(M)an, welche nicht identisch sind, wohl aber auf M übereinstimmen.
Lösungsvorschlag:
(a) Es gilt
σ(M) ={{a},{b},{a, b},{a, c, d, e},{b, c, d, e},{c, d, e},∅,Ω}.
(b) Eineσ-Algebra mit den gewünschten Eigenschaften istP(Ω).
(c) Seien µ1 definiert durch µ1(A) = 0 für alle A ∈σ(M) und µ2 definiert durch µ2(A) =1{c∈A}. Dann gilt für alleA∈M µ1(A) =µ2(A), aber µ16=µ2.
Aufgabe 2 (10 Punkte)
Formulieren Sie den Satz von der majorisierten Konvergenz (Satz von Lebesgue).
Lösungsvorschlag:
Seien (Ω,A, µ) ein Maßraum und (fn) eine Folge A-messbarer Funktionen fn : Ω → R. Die Folge (fn) konvergiere µ-fast überall gegen eine A-messbare Funktion f. Ferner gebe es eine µ-integrierbare Funktion g derart, dass
|fn| ≤g µ-fast überall.
Dann sindf und fn µ-integrierbar und es gilt
n→∞lim Z
Ω
|fn−f|dµ= 0,
sowie
n→∞lim Z
Ω
fndµ= Z
Ω
fdµ.
Aufgabe 3 (10 Punkte)
SeiD={(x, y)∈R2|x2+y2 <1}. Berechnen Sie Z
D
e−|z|2dz .
Lösungsvorschlag:
Da die Funktionz7→e−|z|2 rotationssymmetrisch ist, verwenden wir Polarkoordianten und erhalten
Z
D
e−|z|2dz= 2π
1
Z
0
re−r2dr=−2π 1
2e−r2
1 0
=π(1−e−1).
Aufgabe 4 (5+5 Punkte)
Seien f, g ∈ L2(Rd)∩L1(Rd). Entscheiden Sie jeweils, ob die Aussage wahr oder falsch ist und begründen Sie Ihre Entscheidung.
(a) Z
Rd
f gdλ2
≤Z
Rd
f2dλZ
Rd
g2dλ
(b) Z
Rd
f gdλ≤Z
Rd
fdλ Z
Rd
gdλ
Lösungsvorschlag:
(a) Die Aussage folgt direkt aus der Hölderschen Ungleichung fürp=q = 2 Z
f gdλ≤ Z
f2dλ
1/2Z g2dλ
1/2
durch Quadrieren beider Seiten.
(b) Wir betrachten die Funktionf =1(0,1) undg=−1(−1,0). Dann istf g≡0und damit auchR
f gdλ= 0.
Auf der rechten Seite erhalten wir aber Z
fdλ Z
gdλ
= 1(−1) =−1.
Aufgabe 5 (4+4+12 Punkte) Betrachtet werde die durch
fn=
n
X
k=1
k−11[k,k+1)
definierte Funktionenfolge(fn)auf [1,∞)⊂R. Untersuchen Sie, ob diese Folge (a) λ-punktweise fast überall,
(b) dem Maßeλnach,
(c) in der Norm vonL1(dλ),L2(dλ) bzw.L3(dλ) konvergiert.
Lösungsvorschlag:
a) Die Funktionenfolge (fn)n∈N konvergiert λ-fast überall gegen die durch
f(x) =
∞
X
k=1
k−11[k,k+1), (1)
definierte Funktionf : [1,∞)→R, denn fürx∈[1,∞) undn >dxegilt
|fn(x)−f(x)|=
∞
X
k=n+1
k−11[k,k+1)= 0.
b) Die Folge konvergiert dem Maßeλnach gegen die Funktionf aus (1). Sei hierzuδ >0beliebig. Dann gilt für allen > 1δ
{x∈[1,∞)| |fn(x)−f(x)|> δ}={x∈[n+ 1,∞)| |f(x)|> δ}=∅.
Also
n→∞lim λ({x∈[1,∞)| |fn(x)−f(x)|> δ}) = 0.
c) Die Funktionenfolge konvergiert nicht in derL1(dλ)-Norm, denn es gilt
n→∞lim Z
[1,∞)
fn dλ= lim
n→∞
n
X
k=1
1 k =∞.
Die Funktionenfolge konvergiert inL2(dλ) gegen die Funktion f wie oben definiert, denn
kfn−fk2L2(dλ)= Z
[n+1,∞)
f(x)2dλ=
∞
X
k=n+1
1 k2 −→
n→∞0.
Die Funktionenfolge konvergiert in derL3(dλ)-Norm gegen die Funktion f wie oben definiert, denn Z
[1,∞)
|fn−f|3 dλ=
∞
X
k=n+1
1 k3 −→
n→∞0.
Aufgabe 6 (5+5+5+10 Punkte)
(a) SeiB die Einheitskugel im R3. Beweisen Sie Z
B
x2yd(x, y, z) = 0 = Z
B
xd(x, y, z).
(b) Sei wie üblichS2=∂B die Einheitssphäre imR3. Geben Sie die äußere Einheitsnormale ν an S an.
(c) Geben Sie eine FunktionF :R3→R3 an mit der Eigenschaft
hF(x, y, z), ν(x, y, z)i=x4y+y2z2+xz2
für (x, y, z)∈ S2.
(d) Berechnen Sie das Integral
Z
S2
x4y+y2z2+xz2dO,
indem Sie den Satz von Gauß und (a)-(c) verwenden.
Hinweis:Lösen Sie möglichst viele Teilaufgaben, wenn Sie nicht alle Teilaufgaben lösen können.
Lösungsvorschlag:
(a) Aufgrund von Symmetrieeigenschaften der Einheitskugel gilt Z
B
x2yd(x, y, z) = Z
B∩{y>0}
x2yd(x, y, z) + Z
B∩{y<0}
x2yd(x, y, z)
= Z
B∩{y>0}
x2yd(x, y, z)− Z
B∩{y>0}
x2yd(x, y, z) = 0
und
Z
B
xd(x, y, z) = Z
B∩{x>0}
xd(x, y, z) + Z
B∩{x<0}
xd(x, y, z)
= Z
B∩{x>0}
xd(x, y, z)− Z
B∩{x>0}
xd(x, y, z) = 0.
(b) Es gilt für alle(x, y, z)∈ S2 ν(x, y, z) = (x, y, z).
(c) Aus (b) folgt, dass
F(x, y, z) = yx3, yz2, xz
die gewünschte Eigenschaft besitzt.
(d) Mit dem Satz von Gauß gilt Z
S2
hF(x, y, z), ν(x, y, z)idO= Z
B
divF(x, y, z)dV.
Damit folgt unter Verwendung von Teil (a) und Übergang zu Kugelkoordinaten Z
S2
x4y+y2z2+xz2dO= Z
B
3yx2+z2+xdV = 0 + Z
B
z2dV+ 0
= 2π
π
Z
0 1
Z
0
r4sin(θ) cos2(θ)drdθ= 2 5π
π
Z
0
sin(θ) cos2(θ)dθ= 4π 15.
Aufgabe 7 (8+2 Punkte)
(a) Fürn∈Nsei fn:R→R eine messbare Funktion. Beweisen Sie, dass dann auch die beiden Funktionen lim sup
n∈N
fn und lim inf
n∈N
fn
messbar sind.
(b) Sei f : R → R, f(x) = P
k∈Z
1[2k,2k+1)(x). Für n ∈ N sei fn(x) = f(2nx). Geben Sie für die beiden Funktionen
lim sup
n∈N
fn und lim inf
n∈N
fn
eine einfache Darstellung an. Ein Beweis ist nicht erforderlich.
Lösungsvorschlag:
(a) Wir definieren die Hilfsfunktionen g1(x) = inf
n∈N
fn(x) und g2(x) = sup
n∈N
fn(x).
Sei jetztr ∈R beliebig. Wegen
{sup
n∈N
fn≤r}=
∞
\
n=1
{fn≤r} ∈ B(R)
istg2 messbar. Analog folgt aus
{inf
n∈N
fn≥r}=
∞
\
n=1
{fn≥r} ∈ B(R)
die Messbarkeit vong1. Da die Verknüpfung messbarer Funktionen messbar ist folgt die Aussage, denn lim sup
n∈N
fn= inf
n∈N
sup
k≥n
fk und lim inf
n∈N
fn= sup
k∈N k≥ninffk.
(b) Es gilt
lim sup
n∈N
fn= 1 und lim inf
n∈N
fn= X
l,k∈Z
1{l2k}.