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Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eines Privatgläubigers a) Grundsätzliche Rechtslage in GmbH und KG

V. MAßNAHMEN DRITTER

1. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eines Privatgläubigers a) Grundsätzliche Rechtslage in GmbH und KG

aa) Rechtslage in der KG788

Die Pfändbarkeit des Anteils richtet sich nach § 859 I 1 ZPO. Diese Bestimmung spricht zwar explizit nur von der Zwangsvollstreckung in Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts nach § 705 BGB. Sie wird jedoch nach nahezu einhelliger Meinung aufgrund der Bestimmungen der §§ 161 II, 105 III HGB auch auf die Anteile an Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG angewendet und zwar unabhängig davon, ob die Übertragung der Beteiligung im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist,789 oder ob die übrigen Gesell-schafter widersprochen haben.790 Die Pfändung des Anteils erfolgt nach § 857 ZPO (iVm. § 829 ZPO).791 Sie richtet sich nicht nach § 857 II ZPO als drittschuldnerloses Recht. Strittig ist, wer als Drittschuldner anzusehen ist.

785 Über § 1069 I BGB erfolgt die Verweisung ins Abtretungsrecht, so dass die dortigen Ausführungen grundsätzlich greifen. Daher auch Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 105 Rn. 186.

786 Vgl. Binz, GmbH & Co., § 5 Rn. 8; Hesselmann/Tillmann, GmbH § Co. Rn. 101.

787 Vgl. bereits oben 2. Kapitel: IV.2.b)bb)(1), S. 76. Vgl. daher die Klausel zum GmbH-Vertrag oben 2. Kapitel: IV.2.b)bb)(2)(c), S. 78 so-wie Reichert, Der GmbH-Vertrag, § 10 Variante 1 Alternativen 2 und 4; Sudhoff-Reichert, GmbH & Co. KG, § 63 – Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG, § 17 II. Auch Hopt-Volhard/Weber Form II.B.2. Anm. 12 a. E.

788 Denkbar ist im Falle der hier diskutierten echten GmbH & Co. KG nur der Zugriff des Privatgläubigers eines Kommanditisten auf dessen Anteil, da die GmbH selbst nicht eigenwirtschaftlich tätig ist, ihr Zweck vielmehr auf die Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben als Komplementärin der KG beschränkt ist, vgl. oben 1. Kapitel: IV.1, S. 5. Denkbar sind somit nur Ansprüche, die in einem Rechtsver-hältnis mit der Gesellschaft wurzeln. Hierfür ist das Kündigungsrecht nach § 135 HGB nicht erforderlich, da Gesellschaftsgläubiger direkt gegen die Gesellschaft vorgehen und in deren Vermögen vollstrecken können. Ein auf § 128 HGB basierender Titel berechtigt daher nicht zur Kündigung nach § 135 HGB, Baumbach/Hopt, § 135 Rn. 4; Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 135 Rn. 4. Die Problematik des Wegfalls des einzigen Komplementärs stellt sich somit an dieser Stelle nicht, vgl. zu diesem Problemkreis ausführlich unten 3. Kapitel:

I.4.a)aa)(5), S. 210.

789 Vgl. oben 2. Kapitel: IV.2.a)aa), S. 60.

790 BGH, Urteil vom 8.12.1971, WM 1972, 81; BFH, Urteil vom 13.1.1987, NJW 1987, 2703; Baumbach/Hopt, § 124 Rn. 21; Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 12; Thomas/Putzo-Putzo, § 859 Rn. 2; MünchHandbuchKG-Rodin, § 31 Rn. 11; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co.KG, § 44 Rn. 14; jetzt auch Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 IV. [vgl. aber noch Karsten Schmidt, JR 1977, 177 ff. sowie AcP 182 (1982), 481, 495: Bei allen Arten von Personengesellschaften erfasse die Pfändung des Anteils nur die nach § 717, 2 BGB übertragbaren Ver-mögensrechte; dagegen ausdrücklich BGH, Urteil vom 21.4.1986, BGHZ 97, 392, 394; hierzu genauer unten Fn. 795]; Zöller-Stöber, § 859 Rn. 6, 10; GroßkommentarHGB-Ulmer, § 105 Rn. 290; nach anderer, heute nicht mehr vertretener Auffassung scheidet eine Anwen-dung von § 859 ZPO aus, so dass eine PfänAnwen-dung nur dann in Betracht kommt, wenn eine Übertragung des Anteils nicht ausgeschlossen ist, da ansonsten die Bestimmung des § 851 I ZPO entgegensteht, vgl. Furtner, MDR 1965, 613, 616 f.; Rupp/Fleischmann, Rpflerger 1984, 223 f.

791 Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 3; Zöller-Stöber, § 859 Rn. 7.

Nach Ansicht des BGH ist dies die Gesellschaft als Gesamthand, so dass die Pfändung durch Zustellung an die-se, vertreten durch ihre geschäftsführenden Gesellschafter, bewirkt wird.792 Es empfiehlt sich jedoch, zusätzlich die übrigen Gesellschafter als Drittschuldner zu behandeln,793 zumal diese im Schrifttum teilweise als alleinige Drittschuldner angesehen werden.794 Rechtsfolge ist nach der nunmehr kaum noch angezweifelten Auffassung der Zugriff auf die Mitgliedschaft als solche.795 Nach h. M. stehen dem Gläubiger eines KG-Gesellschafters somit verschiedene Zugriffsobjekte zur Verfügung. Der Gläubiger kann zum einen Einzelansprüche des Gesellschafters pfänden lassen, so insbesondere den Gewinnanspruch sowie den Anspruch auf das Auseinandersetzungsgutha-ben. Dies ist kein Fall des § 859 I 1 ZPO, da diese Einzelansprüche selbständig übertragbar sind und somit in diese auch vollstreckt werden kann, §§ 161 II, 105 III HGB iVm. §§ 717 2 BGB, 851 I ZPO. Daneben hat er die Möglichkeit der Pfändung des Gesellschaftsanteils selbst gemäß § 859 I 1 ZPO.796

Die Verwertung ist im Wege der Veräußerung des gepfändeten Gesellschaftsanteils möglich, stellt allerdings den absoluten Ausnahmefall dar und setzt voraus, dass entweder der Anteil an der KG frei veräußerbar ist oder dass alle Mitgesellschafter zugestimmt haben. Der gesetzlich vorgesehene Weg der Verwertung des Anteils ist die Kündigung nach §§ 135, 161 II HGB.797 Die Bestimmung des § 135 HGB ist freilich im Hinblick auf die Gesell-schafteridentität problematisch, weil sie dem Privatgläubiger das Recht einräumt, bei Vorliegen der Vorausset-zungen die Gesellschaft zu kündigen. § 135 HGB erfasst nach seinem Wortlaut zwar nur die Pfändung und berweisung des Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben. Es genügt allerdings die Pfändung und Ü-berweisung des Anteils als solchem, da dies die Gesamtheit der Gesellschafterrechte erfasst, soweit sie der Pfändung unterliegen, insbesondere also den Auseinandersetzungsanspruch, § 717 2 BGB, § 851 I ZPO.798 Rechtsfolge ist entgegen § 131 Nr. 6 a. F. HGB nicht die Auflösung der Gesellschaft, sondern die Fortsetzung derselben bei gleichzeitigem Ausscheiden des Schuldnergesellschafters zum Ende des Geschäftsjahrs, §§ 161 II, 131 III 1 Nr. 4 iVm. III 2, 135 HGB.799 Der Gesellschaftsanteil wächst dabei automatisch den verbleibenden Ge-sellschaftern anteilig, entsprechend dem bisherigen Beteiligungsverhältnis, an. Eines besonderen Übertragungs-aktes bedarf es nicht, §§ 161 II, 105 III HGB iVm. § 738 I 1 BGB.800 Das Pfändungspfandrecht des Gläubigers setzt sich dann an dem Abfindungsanspruch fort, der dem Ausscheidenden zusteht. Das gepfändete Abfindungs-guthaben ist an ihn auszukehren.801

792 BGH, Urteil vom 21.1.1986, BGHZ 97, 392, 396. So auch Staudinger-Habermeier, § 725 Rn. 9; Thomas/Putzo-Putzo, § 859 Rn. 3; Sud-hoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Fn. 15; Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 12; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 IV.3.a).

793 Stöber, Forderungspfändung Rn. 1584.

794 Staudinger-Keßler, 12. A., § 725 Rn. 6; überwiegend wird jedoch auch von denjenigen, die die Mitgesellschafter als Drittschuldner anse-hen, in der Zustellung an die Gesellschaft die Bewirkung der Pfändung geseanse-hen, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann,

§ 859 Rn. 3; Zöller-Stöber, § 859 Rn. 7; Stöber geht dagegen in Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 12 i.V.m. 3 davon aus, dass die Gesell-schaft Drittschuldner ist, lässt es aber letztendlich wohl offen und geht den sichersten Weg, indem er sowohl die GesellGesell-schaft als auch die Mitgesellschafter kumulativ als Drittschuldner aufführt, Stöber, Forderungspfändung Rn. 1584 i. V. m. Rn. 1552. Dem ist zu folgen.

795 Die Frage, welcher Umfang dem Pfandrecht beizumessen ist, war lange Zeit heftigst umstritten. Dieser Streit dürfte allerdings seit der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.4.1986, BGHZ 97, 392, als überholt zu bezeichnen sein. Nach der vom Gesetzgeber zugrundegelegten Auffassung, die noch von der Unübertragbarkeit der Mitgliedschaft an einer Personengesellschaft (vgl.

oben Fn. 612) ausging, konnte die Anteilspfändung bei der Personengesellschaft nur verstanden werden als globale Pfändung sämtlicher mitgliedschaftlicher Forderungsrechte, vgl. Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 9; ders., Gesellschaftsrecht, § 19 IV.3.; vgl.

noch Karsten Schmidt, JR 1977, 177 ff. sowie AcP 182 (1982), 481, 495. Nach der nunmehr herrschenden Meinung ist allerdings davon auszugehen, dass nur noch von einer Vinkulierung der Gesellschaftsanteile kraft Gesetzes auszugehen ist, die Übertragbarkeit also nur noch als Zustimmungsbedürfnis zu verstehen, vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 IV.3. sowie oben 2. Kapitel: IV.2.a)aa), S.

60. In Konsequenz dieser Erkenntnis folgert auch der Bundesgerichtshof und ihm folgend die h.M., dass die Anteilspfändung eben im wahrsten Sinne des Wortes als Zugriff auf die Mitgliedschaft zu verstehen ist, BGH, Urteil vom 21.4.1986, BGHZ 97, 392, 394; Baum-bach/Hopt, HGB, § 124 Rn. 21; Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 135 Rn. 11; MünchHandbuchKG-Rodin, § 31 Rn. 12; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 IV.3., § 45 IV.2.b); Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 9; MünchKomm-Ulmer, § 725 Rn.

8. Primärer Verwertungsgegenstand sind allerdings auch hier die Ansprüche auf Gewinn und Liquidationserlös, BGH, Urteil vom 5.12.1991, BGHZ 116, 222, 229; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 IV.2.b). Nicht zuletzt deshalb zeigt sich ein Unterschied zwi-schen beiden Auffassungen ohnehin nur dann, wenn rechtsgeschäftliche Verfügungen über die abtretbaren Forderungen mit Pfändungs-maßnahmen kollidieren, Rodin, in MünchHandbuchKG, § 31 Rn. 13.

796 Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 9; ders., Gesellschaftsrecht, § 45 IV.1. und 2.

797 Baumbach/Hopt, HGB, § 124 Rn. 21; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 22; das Vollstreckungsgericht kann dann durch Be-schluss die Veräußerung nach §§ 844, 857 III ZPO anordnen, MünchHandbuchKG-Rodin, § 31 Rn. 18; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG,

§ 44 Rn. 22; Schlegelberger-Karsten Schmitt, HGB, § 135 Rn. 14; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 IV.3.c).

798 BGH, Urteil vom 5.12.1991, BGHZ 116, 222, 229; Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 17; ders., Gesellschaftsrecht, § 45 IV.3.c); GroßkommentarHGB-Ulmer, § 105 Rn. 290. Teilweise wird auch aus der Tatsache, dass die Bestimmung des § 135 HGB auf den Wortlaut des § 126 ADHGB zurückgeht, deren Ungenauigkeit gefolgert. Nach dieser Auffassung ist diese Bestimmung wie § 725 BGB zu lesen, mithin als Pfändung des Gesellschaftsanteils zu verstehen, Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 135 Rn. 4; Eben-roth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 135 Rn. 11.

799 Die Gesellschaft wird somit auch ohne explizite Fortsetzungsklausel unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt, Sudhoff-Schlitt,

§ 44 Rn. 21.

800 HM. Baumbach/Hopt, HGB, § 131 Rn. 39; HGB Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 135 Rn. 20 i.V.m. § 131 Rn. 56; nach a. A. folgt dies schon aus der Tatsache, dass die Gesamthandsgesellschaft selbst Rechtsträgerin ist, § 124 HGB, so dass § 738 I 1 BGB nur etwas aus dieser Sicht selbstverständliches zum Ausdruck bringt: Das Gesellschaftsvermögen steht immer der Gesellschaft zu, unabhängig da-von, wie viele Gesellschafter beteiligt sind, so dass sich nur der in Zahlen ausgedrückte Wertanteil der einzelnen Gesellschafter verän-dert, vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 II.5. Der Streit dreht sich letztlich um die Frage, ob mit der Anwachsung ein Rechts-übergang verbunden ist, Karsten Schmidt, § 45 II.5., hat jedoch keinerlei praktische Relevanz, Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 131 Rn. 56.

801 Baumbach/Hopt, HGB, § 135 Rn. 10; Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 135 Rn. 20.

bb) Rechtslage in der Komplementär-GmbH

Anders ist die Situation in der Komplementär-GmbH. Da die Kommanditisten gleichzeitig Gesellschafter der Kom-plementär-GmbH sind, wird der Gesellschaftergläubiger zugleich ein Interesse daran haben, auch diesen Anteil pfänden zu lassen.802 Die Pfändung von GmbH-Anteilen richtet sich nach §§ 857 I, 829 III ZPO. Es kann heute als weitgehend unstreitig angesehen werden, dass die GmbH als Drittschuldner im Sinne des § 857 II ZPO anzuse-hen ist, weil der Geschäftsanteil Rechte an der Gesellschaft vermittelt und durch die Pfändung Interessen der Gesellschaft berührt werden können. Folglich kann die Pfändung erst dann als bewirkt angesehen werden, wenn der Pfändungsbeschluss nicht nur dem Schuldner, sondern auch der Gesellschaft zugestellt worden ist.803 Der Gläubiger hat allerdings im Gegensatz zum Recht der Personengesellschaften nicht die Möglichkeit der Kündi-gung. Die Verwertung des gepfändeten GmbH-Anteils erfolgt nämlich normalerweise im Wege der Veräußerung gemäß § 844 ZPO auf Anordnung des Gerichts. Die Zulässigkeit ist für veräußerliche Rechte, worunter auch der GmbH-Anteil nach § 15 I GmbHG fällt, in § 857 V ZPO geregelt.804 Von der Pfändung erfasst werden jedenfalls auch die Surrogate des Anteils, vor allem das Auseinandersetzungsguthaben. Umstritten ist allerdings, ob, wie im Recht der Personengesellschaften, auch Ansprüche, die den Geschäftsanteil nicht surrogieren, wie Gewinnan-sprüche, von der Pfändung des Anteils erfasst werden.805 Deshalb ist es aus Gründen der Rechtssicherheit zu empfehlen, diese ausdrücklich mitzupfänden.806

Eine gerichtliche Überweisung des Geschäftsanteils zur Einziehung an den Privatgläubiger scheidet dagegen grundsätzlich ebenso aus wie die Überweisung an Zahlung statt zum Nennwert, § 835 ZPO. Dem Geschäftsanteil kann kein Nennwert beigemessen werden, der dem einer Geldforderung entspricht. Lediglich die Ansprüche auf Gewinn, Abfindung oder Auskehrung des Auseinandersetzungsguthabens können zur Einziehung überwiesen werden.807 Eine Überweisung zur Einziehung darf allerdings nach richtiger Auffassung nicht generell ausge-schlossen werden. Die Ablehnung der Überweisung zur Einziehung wird zwar teils mit dem Argument betrieben, dass eine Fremdverwaltung eben nur an Sachen und Rechten möglich ist, der Geschäftsanteil dagegen aber als Gesamtheit aller mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten verstanden wird.808 Richtigerweise kann dies der Ü-berweisung nicht entgegenstehen. Es muss vielmehr jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die Veräußerung oder sonstige Verwertung nach § 844 ZPO möglich und günstiger ist als die Überweisung. Hier kann es insbe-sondere eine Rolle spielen, ob nach § 60 II GmbHG die Kündigung als Auflösungsgrund vereinbart ist, da diese dann als Nebenrecht i.S.d. § 401 BGB nach Überweisung des Gesellschaftsanteils zur Einziehung auch vom Pfändungsgläubiger geltend gemacht werden könnte.809 In diesem Fall kann der Sinn und Zweck der Überwei-sung zur Einziehung, der in einer Befriedigung des Gläubigers zu sehen ist, erreicht werden.810 Ansonsten geht die Überweisung ins Leere, weil es sich bei dem GmbH-Anteil gerade nicht um eine Geldforderung handelt, die der Gläubiger im Wege der Geltendmachung im eigenen Namen beim Drittschuldner eintreiben kann,811 sondern um die Mitgliedschaft selbst. Im Falle eines Kündigungsrechts nach § 60 II GmbHG, dessen Geltendmachung zur

802 Vgl. Sudhoff-Jäger, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 30.

803 Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 236; Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 15 Rn. 59; Lutter/Hommelhoff, § 15 Rn. 51; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Rowedder/Bergmann, § 15 Rn. 134; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 30 f.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 II.2.; Wiedemann, Mitgliedschaft, S. 425 f.; Scholz-Winter, § 15 Rn. 172; Hachenburg-Zutt, Anh. § 15 Rn. 78, 82; vgl. auch Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 18. Vgl. zur alten Auffassung, die die Drittschuldnereigenschaft der GmbH verneinte, RG, Urteil vom 26.4.1904, RGZ 57, 414, 415 sowie die weiteren Nachweise bei Scholz-Winter, § 15 Rn. 172, Fn. 726. Vgl. allgemein zur Drittschuldnereigenschaft i. S. d.

§§ 857 II, 829 III ZPO BGH, Beschluss vom 18.12.1967, BGHZ 49, 197, 204 f.

804 LG Berlin, Beschluss vom 9.3.1987, GmbHR 1988, 70; Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 21; Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 241; Baum-bach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 15 Rn. 62; Lutter/Hommelhoff, § 15 Rn. 51; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Rowedder/Bergmann, § 15 Rn.

142; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 34; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 II.2.; Scholz-Winter, § 15 Rn. 175; Ha-chenburg-Zutt, Anh. § 15 Rn. 82; vgl. ausführlich auch Kranz, S. 59 f., nach der die Anordnung der Veräußerung neben §§ 857 I, 844 ZPO auch auf § 857 V ZPO gestützt werden kann. Die Verwertung erfolgt dann meist in der Form der öffentlichen Versteigerung, oder bei besonderer gerichtlicher Anordnung auch durch freihändigen Verkauf, Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 241; Kranz, S. 60; Lutter/Hommelhoff, § 15 Rn. 51; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Rowedder/Bergmann, § 15 Rn. 142; Scholz-Winter, § 15 Rn. 177; Hachenburg-Zutt, Anh. § 15 Rn.

83. Der Erwerb erfolgt im Falle der Versteigerung mit Zuschlag durch den Gerichtsvollzieher, §§ 817 I ZPO, § 156 BGB (die §§ 816 ff.

ZPO finden entsprechende Anwendung, vgl. Thomas/Putzo-Putzo, § 844 Rn. 3; Schuschke/Walker-Schuschke, § 844 Rn. 4), wobei den Ort das Vollstreckungsgericht bestimmt, Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 241; Hachenburg-Zutt, Anh. §15 Rn. 83.

Einer Abtretung in der Form des § 15 III GmbH bedarf es nicht mehr. Der freihändigen Verkauf erfolgt allerdings durch dingliche Abtretung in der Form des § 15 III GmbHG, an deren Stelle im Falle der Versteigerung der Zuschlag des Gerichtsvollziehers tritt. Der Form des § 15 III GmbHG bedarf es nur bei Veräußerung durch einen Gesellschafter, die bei der Versteigerung jedenfalls nicht gegeben ist, vgl. RG, Ur-teil vom 22.6.1940, RGZ 164, 162, 169 f.; Lutter/Hommelhoff, § 15 Rn. 51; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Rowedder/Bergmann, § 15 Rn.

143; Scholz-Winter, § 15 Rn. 184; Hachenburg-Zutt, Anh. § 15 Rn. 83.

Vgl. zur Verwertung ausführlich Kranz, S. 59 ff.

805 Dafür Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 32; Zöller-Stöber, § 859 Rn. 13; Wiedemann, Mitgliedschaft, S. 439. Dagegen Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 239; Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 15 Rn. 61; Rowedder-Rowedder/Bergmann, § 15 Rn. 138; Scholz-Winter, § 15 Rn. 187; Hachenburg-Zutt, Anh. § 15 Rn. 79; differenzierend dagegen Raiser, Kapitalgesellschaften, § 30 Rn. 32: Es werden auch Ge-winnansprüche erfasst, mit Ausnahme derjenigen, die bereits vor der Pfändung fällig geworden und sich somit bereits soweit verselb-ständigt haben, dass sie der gesonderten Pfändung, auch durch andere Gläubiger, offen stehen.

806 Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 18; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 32; Zöller-Stöber, § 859 Rn. 13.

807 Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 241; Heuer, ZIP 405, 406; Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 15 Rn. 62; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 35.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 II.2.; Scholz-Winter, § 15 Rn. 176; Hachenburg-Zutt, Anh. § 15 Rn. 82; für die ge-nerelle Möglichkeit der Überweisung zur Einziehung dagegen Kalbfleisch, S. 115 ff.; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 30 Rn. 34.

808 Heuer, ZIP 1998, 405, 406.

809 LG Berlin, Beschluss vom 9.3.1987, GmbHR 1988, 70; Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 20; Stöber, Forderungspfändung Rn. 1624 i.V.m.

602; vgl. allgemein auch Brox/Walker Rn. 639.

810 Stein/Jonas-Brehm, § 835 Rn. 1; Brox/Walker Rn. 633; MünchKommZPO-Smid, § 835 Rn. 3.

811 Stein/Jonas-Brehm, § 835 Rn. 14; Brox/Walker Rn. 639; MünchKommZPO-Smid, § 835 Rn. 12; Stöber, Forderungspfändung Rn. 589 ff.

Auflösung der Gesellschaft bzw. zum Ausscheiden des Gesellschafters und somit letztlich zur Umwandlung des Anteils in Geld im Wege der Liquidation führt,812 gilt etwas anderes. Darüber hinaus kommt die Überweisung zur Einziehung auch dann in Betracht, wenn die Veräußerung nach §§ 857 I, V, 844 ZPO ausscheidet, die GmbH also aufgelöst wird oder der Anteil einzuziehen ist.813

Geht man folglich vom Normalfall der Verwertung nach §§ 857 V, 844 ZPO aus, so stellt sich das Problem, dass genau eine der Pfändung der KG-Beteiligung gegenteilige Entwicklung eintritt. Im Recht der Personenhandelsge-sellschaften ist der Privatgläubiger grundsätzlich814 gehalten, nach § 135 HGB die Kündigung der Gesellschaft unter Ausscheiden des Vollstreckungsschuldners zu betreiben und sich aus dem überwiesenen Auseinanderset-zungsguthaben des Gesellschafterschuldners zu befriedigen. Die Befriedigung im Wege der Anteilsveräußerung ist ihm dagegen verwehrt. Den verbleibenden Gesellschaftern wird dagegen kein weiterer Gesellschafter aufge-nötigt.815 Der Gesetzgeber stuft demgegenüber im GmbH-Recht das Befriedigungsinteresse des Privatgläubigers als vorrangig gegenüber dem Interesse der Gesellschafter am Schutz vor Überfremdung ein. Es besteht die Ge-fahr, dass nicht nur, wie im Recht der Personengesellschaften, der Gesellschafterschuldner ausscheidet, sondern dass darüber hinaus eine Störung der Gesellschafteridentität dadurch eintritt, dass eine dritte, von den auf Wah-rung der Beteiligungsverhältnisse bedachten übrigen Gesellschaftern nicht gewollte Person Gesellschafter wird.

Es kann der Privatgläubiger das Eindringen eines Dritten, nämlich des Käufers, gegen den Willen der übrigen GmbH-Gesellschafter bewirken. Er hat darüber hinaus sogar die Möglichkeit, selbst analog §§ 816 IV ZPO, 1239 I BGB die Nachfolge des Gesellschafterschuldners anzutreten, indem er den Anteil ersteht.816

b) Gesellschaftsvertragliche Gestaltung des GmbH-Vertrages

Für den Kautelarjuristen stellt sich die schwierige Frage, wie sich ein Auseinanderdriften der Gesellschafter- und Beteiligungsverhältnisse in beiden Gesellschaften vertragsgestalterisch verhindern lässt.

Es kann weder die Kündigung seitens des Privatgläubigers in der KG nach §§ 161 II, 135 HGB aufgrund des zwingenden Charakters des § 135 HGB abbedungen werden,817 noch besteht die Möglichkeit, die Pfändung des Anteils an der Komplementär-GmbH auszuschließen oder einzuschränken.818 Insbesondere können weder der Pfändung noch der Verwertung819 des Geschäftsanteils Abtretungsbeschränkungen nach § 15 V GmbHG entge-gengehalten werden. § 15 V GmbHG sieht nur für den Fall der freiwilligen Veräußerung die Möglichkeit der Be-schränkung vor. Die EinBe-schränkung der Verfügungsbefugnis über § 15 V GmbHG stellt somit eine lex specialis zu

§ 137 BGB dar.820 Schon daraus erklärt sich die fehlende Anwendbarkeit auf die Zwangsvollstreckung im Wege der Pfändung, zumal dies zumindest eine wesentliche Erschwerung der Anteilsverwertung zu Lasten des Pfän-dungsgläubigers zur Folge hätte. Im Umkehrschluss daraus verbietet diese Bestimmung bei grundsätzlicher Ver-äußerlich- und Pfändbarkeit des Geschäftsanteils jede andere Erschwerung für Fälle, die über den Regelungsbe-reich des § 15 V GmbHG hinausgehen.821 Dafür, dass dies auch für den vollständigen Ausschluss der Abtretbar-keit gilt, lässt sich insbesondere § 851 ZPO anführen, der über § 857 ZPO Anwendung findet, da der Anteil an der GmbH gerade keine Trennung von Leistungsgegenstand und Forderung kennt, wie dies § 851 II ZPO voraus-setzt. Dies hat zur Folge, dass das Gesamtrecht pfändbar sein muss und nicht nur diejenigen Ansprüche, die als selbständige Rechte ohne den Geschäftsanteil frei veräußerlich sind, der Pfändung unterworfen sind.822

812 Vgl. ausführlich oben 2. Kapitel: IV.1.c)aa)(2), S. 53.

813 Stein/Jonas-Brehm, § 859 Rn. 20 i.V.m. Fn. 111; Stöber, Forderungspfändung Rn. 1624.

814 Vgl. zu den Ausnahmen, in denen auch hier eine Veräußerung in Betracht kommt, oben Fn. 797.

815 Vgl. Heuer, ZIP 1998, 405 (zu § 131 Nr. 6 HGB a. F.).

816 Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 242; Heuer, ZIP 1998, 405, 406; Scholz-Winter, § 15 Rn. 184; vgl. zur entsprechenden Anwendung von §§

816 ff. ZPO Thomas/Putzo-Putzo, § 844 Rn. 3; Schuschke/Walker-Schuschke, § 844 Rn. 4.

817 Baumbach/Hopt, HGB, § 135 Rn. 12; Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 135 Rn. 1; Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB,

§ 135 Rn. 25; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 23; Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 6.

§ 135 Rn. 25; Sudhoff-Schlitt, GmbH & Co. KG, § 44 Rn. 23; Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 135 Rn. 6.