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Gesellschaftsvertragliche Gestaltung

VI. TOD EINES GESELLSCHAFTERS

2. Gesellschaftsvertragliche Gestaltung

Die unterschiedliche Situation in GmbH und KG nach dem Erbfall ist unbefriedigend. Ein Ausschluss der Vererb-lichkeit des Gesellschaftsanteils würde die Problematik lösen. Doch ist diese MögVererb-lichkeit nur für die Kommandit-beteiligung anerkannt, weil § 177 HGB schon nach seinem Wortlaut dispositiv ist.1724 Die Vererblichkeit des GmbH-Anteils kann dagegen weder ausgeschlossen noch beschränkt werden.1725 Teilweise wird allerdings ver-sucht, den Ausschluss der Vererblichkeit indirekt zu erreichen, indem in der Satzung eine mit dem Todesfall au-tomatisch wirkende, so genannte statutarische Einziehung vorgesehen wird.1726 Diese Lösung ist aber rechtlich nicht haltbar. Zwar mögen in der Tat dann, wenn die Einziehung unentgeltlich erfolgt, mithin der Abfindungsan-spruch ausgeschlossen ist, was insbesondere für den Fall des Todes als zulässig angesehen wird,1727 die grund-sätzlichen Bedenken einer entsprechenden Regelung entkräftet sein.1728 Im Falle der Vererbung kann dies aller-dings nicht gelten, da ansonsten die zwingende Gewährleistung der Vererblichkeit des Geschäftsanteils nach § 15 I GmbHG umgangen würde. Zudem ist die Regelung schon wegen ihrer Starrheit nicht zu empfehlen.1729 Es bleibt daher nur die Möglichkeit, die Zersplitterung des Kommanditanteils vertraglich zu beseitigen, um we-nigstens eine in der GmbH bereits aufgrund der Berechtigung der Erbengemeinschaft selbst bestehende Rechts-lage auch für die KG zu schaffen.1730 Erforderlich ist eine Regelung, durch die die Rechte der Kommanditisten

„gebündelt“ werden, damit die Gesellschaft nicht lahm gelegt wird. In Betracht kommt zur Gewährleistung der einheitlichen Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte die Anordnung der gemeinsamen Vertretung aller Erben, eine so genannte obligatorische Gruppenvertretung. Zu denken ist aber auch an das Instrument der Testaments-vollstreckung. Es muss im Hinblick auf eine bestmögliche und praktikable Fortführung der Geschäfte nach dem Erbfall eine Lösung gesucht werden, die notfalls auch über die bereits bestehende gesetzliche Lage in der GmbH hinausgeht und einen Gleichlauf der Gesellschaften gewährleistet.

a) Gestaltung des KG-Vertrages

aa) Obligatorische Gruppenvertretung1731

Die obligatorische Gruppenvertretung beruht auf einer Vertreterklausel1732, nach der es den Erben versagt ist, die Mitgliedschaftsrechte einzeln wahrzunehmen, diese mithin nur durch einen Vertreter einheitlich ausgeübt werden

1722 BGH, Urteil vom 2.10.1957, BGHZ 25, 275, 279; MünchKomm-Brandner, Vor § 2197 Rn. 6.

1723 Klumpp, ZEV 1999, 305, 307; ders., in Bengel/Reimann, Testamentsvollstreckung, 6. Kapitel Rn. 315; Staudinger-Reimann, § 2218 Rn.

37. Vgl. dazu unten 2. Kapitel: VI.2.a)bb)(3)(g), S. 196.

1724 Vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 177 Rn. 7; Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 177 Rn. 5; GroßkommentarHGB-Schilling, § 177 Rn. 24; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 V.4.; Ebenroth/Boujong/Joost-Strohn, HGB, § 177 Rn. 10; vgl. schon zu § 177 a.

F. Heymann-Horn, HGB, § 177 Rn. 13; Schlegelberger-Karsten Schmidt, HGB, § 177 Rn. 10. Es würde dann wieder die Rechtsfolge des

§ 131 III 1 Nr. 1 HGB greifen: Vererbt würde dann nur der Anspruch auf das Abfindungsguthaben (§§ 161 II, 105 III HGB, § 738 I 2 BGB), während der Anteil des verstorbenen den verbleibenden Gesellschaftern zuwüchse, §§ 161 II, 105 III HGB, § 738 I 1 BGB, Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 177 Rn. 5; Ebenroth/Boujong/Joost-Strohn, HGB, § 177 Rn. 10 i.V.m. Ebenroth/Boujong/Joost-Lorz, HGB, § 131 Rn. 42.

1725 OLG Koblenz, Urteil vom 19.1.1995, GmbHR 1995, 586, 587; Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 15 Rn. 21; Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 22;

Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 15 Rn. 12; Sudhoff-Jäger, GmbH & Co. KG, § 34 Rn. 17; MünchHandbuchGmbH-Jasper, § 25 Rn. 2;

Lutter/Hommelhoff, § 15 Rn. 2; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Rowedder/Bergmann, § 15 Rn. 114; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 II.3.a); Wiedemann, Mitgliedschaft, S. 93; Scholz-Winter, § 15 Rn. 22; Hachenburg-Zutt, § 15 Rn. 5; a. A. Kesselmeier, Ausschlie-ßungs- und Nachfolgeregelung, S. 259 ff. 269.

Wenn das Reichsgericht (Urteil vom 8.10.1912, RGZ 80, 175, 179) daher aus § 15 V GmbHG ableitet, „daß die Veräußerlichkeit und Vererblichkeit der Geschäftsanteile durch Gesellschaftsvertrag beschränkt und auch gänzlich ausgeschlossen werden kann (vgl. auch § 17 VI GmbHG).“, so verkennt es die Rechtslage. § 15 V GmbHG erfasst nur die Abtretung, worunter sich die Vererbung nicht subsumie-ren lässt, Scholz-Winter, § 15 Rn. 20. Zwar wurde teilweise dennoch aus § 15 V GmbHG sowie vor allem §§ 38, 40 BGB das Gegenteil abgeleitet, vgl. Vins, ZHR 86 (1923), 325, 328 f.; vgl. auch die weiteren Nachweise bei Scholz-Winter, § 15 Rn. 21 Fn. 66. Eine solche Analogie ist jedoch mit dem geltenden GmbH-Recht nicht in Einklang zu bringen. Rechtsfolge wäre ein Erlöschen des GmbH-Anteils mit dem Tode des Gesellschafters, so dass sämtliche Leistungspflichten, vor allem auch die Leistung der Stammeinlage (§ 19 GmbHG), ent-fielen, was in Konflikt mit den Bestimmungen zur Kapitalaufbringung gerät. Ein Erlöschen des Geschäftsanteils ohne Einziehung nach § 34 GmbHG ist dem GmbH-Recht fremd, vgl. Scholz-Winter, § 15 Rn. 21.

1726 Vgl. die Nachweise oben Fn. 992.

1727 Vgl. oben 2. Kapitel: V.1.b)ee)(3)(b)(bb), S. 110.

1728 Vgl. hierzu oben 2. Kapitel: V.1.b)ee)(1)(f)(bb), S. 101, auch ausführlich zu den Gegenargumenten.

1729 Michalski-Ebbing, § 15 Rn. 7; Scholz-Winter, § 15 Rn. 21.

1730 Hesselmann/Tillmann, GmbH & Co. Rn. 103.

1731 Vgl. hierzu ausführlich Schörnig, S. 47 ff.

können.1733 Über die Gruppenvertretung wird die Willensbildung in Bezug auf den gesplitteten Kommanditanteil vereinheitlicht, indem der Gruppenvertreter die Rechte der einzelnen Erben gebündelt wahrnimmt, ohne gleich-zeitigen Übergang der Mitgliedschaft als solcher, die anteilig bei den Erben bleibt.1734 Auf diese Weise kann ver-hindert werden, dass der Gang der Geschäfte durch eine heterogene Gruppe neuer Gesellschafter mit eventuell unterschiedlichen Interessen und Zielrichtungen erschwert wird.1735

(1) Zulässigkeit der Gruppenvertretung1736

Da der maßgebliche Einfluss der Kommanditisten über ihr Stimmrecht erfolgt, darf die Bestellung eines Gruppen-vertreters insbesondere diesbezüglich nicht zu beanstanden sein. Die generelle Möglichkeit eines Gruppenvertre-ters kann wohl als kaum mehr streitig bezeichnet werden.1737 Die Zulässigkeit der Vertreterklausel ist keine Frage der Geschäftsführungsbefugnis oder der Vertretungsmacht des Komplementärs, sondern vielmehr im Zusam-menhang mit den Schranken gesellschaftsvertraglicher Gestaltung zu bewerten, da die Klausel das Innenverhält-nis betrifft.1738 Die (freiwillige) Stellvertretung einer Gruppe von Gesellschaftern an sich wirft grundsätzlich keine Probleme auf. Voraussetzung ist aber eine entsprechende Zulassung im Gesellschaftsvertrag bzw. die Zustim-mung der übrigen Gesellschafter. Denn das Stimmrecht ist ein höchstpersönliches Recht, das grundsätzlich nur von den Gesellschaftern ausgeübt werden kann.1739 Fraglich ist aber, welche Grenzen der Vereinbarung im Hin-blick auf die Ausgestaltung der Klausel als obligatorisch entgegengehalten werden können und müssen.1740 (a) Ruhen des Stimmrechts

Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Vertreterklausel deshalb unzulässig ist, weil sie zu einem Ruhen des Stimmrechts der Erben führen kann. Denn den Gesellschaftern bleibt nur die Möglichkeit, ihre Rechte durch ei-nen Vertreter wahrzunehmen oder gar nicht.1741 Doch steht dies der Zulässigkeit nicht entgegen, weil selbst ein Ausschluss des Stimmrechts möglich ist.1742 A maiore ad minus muss daher auch das Ruhen des Stimmrechts

1732 Die Bezeichnung „Vertreterklausel“ ist wohl geprägt worden durch Alfred Hueck, vgl. ZHR 125 (1963), 1, 4; üblich ist auch die Bezeich-nung als obligatorische Gruppenvertretungsklausel, vgl. Schörnig, S. 48.

1733 GroßkommentarHGB-Schilling, § 163 Rn. 15; Scholz-Karsten Schmidt, Anh. § 45 Rn. 44; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 526;

ders. Gesellschaftsrecht, § 21 II.5.a); Schörnig, S. 48; vgl. zu einer entsprechenden Klausel Münchener Vertragshandbuch I-Riegger, III.3, § 14 IV.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II.5.a).

1734 Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 161 Rn. 21; Schlegelberger-Martens, HGB, § 161 Rn. 79; ausführlich Schörnig, S. 81

1735 ff. Klumpp, ZEV 1999, 305.

1736 Es stellen sich dabei hinsichtlich der Kommanditisten weit weniger Probleme, als dies bei OHG-Gesellschaftern oder Komplementären der Fall ist; der Kommanditist ist nach § 164, 1 HGB grundsätzlich von der Geschäftsführung und nach § 170 von der Vertretung ausge-schlossen. Für ihn kommt im Hinblick auf § 170 HGB jedenfalls keine organschaftliche Vertretungsmacht in Frage (Baumbach/Hopt, HGB, § 170 Rn. 1; Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 170 Rn. 1, 8; Ebenroth/Boujong/Joost-Weipert, HGB, § 170 Rn. 1, 5 mit weiteren Nachweisen vor allem auch auf die Rechtsprechung in Fn. 1; vgl. hierzu auch unten Fn. 1901), so dass auch kein Konflikt mit den Grundsätzen der Selbstorganschaft droht, Schörnig, ZEV 2002, 343, 347 sowie unten Fn. 1887; vgl. dagegen zu den persönlich haftenden Gesellschaftern Schörnig, ZEV 2002, 343, 345 f.

1737 BGH, Urteil vom 12.12.1966, BGHZ 46, 291; Urteil vom 17.10.1988 – II ZR 18/88, GmbHR 1989, 120, 121; Beschluss vom 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 199 (obiter dictum); Beschluss vom 6.10.1992, BGHZ 119, 346, 353 f.; OLG München, Urteil vom 11.10.1991, OLGR München 1993, 7; OLG Hamm, Urteil vom 20.1.1997, NJW-RR 1998, 1045; Baumbach/Hopt, HGB, § 163 Rn. 10; Röhricht/Graf von Westphalen-von Gerkan, HGB, § 161 Rn. 21; Hesselmann/Tillmann, GmbH § Co. Rn. 103; Heymann-Horn, HGB, § 164 Rn. 16; Hueck, ZHR 125 (1963), 1, 7; Klumpp in Bengel/Reimann, Testamentsvollstreckung, 6. Kapitel Rn. 315; ders., ZEV 1999, S. 305; Sudhoff-Liebscher, GmbH & Co.KG, § 16 Rn. 162; Schlegelberger-Martens, HGB, § 161 Rn. 80; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 530;

ders, Gesellschaftsrecht, § 21 II.5.a); Scholz-Karsten Schmidt, Anh. § 45 Rn. 44; Schörnig, S. 47 ff.; ders., ZEV 2002, 343, 344; Münch-HandbuchKG-Weipert, § 9 Rn. 18 ff.; a. A. Reuter, Perpetuierung, S. 212 ff., insbesondere S. 221; vgl. auch MünchKomm-Reuter, § 32 Rn. 3.

1738 Richtiger Ort für die Vertreterklausel ist daher der Gesellschaftsvertrag; die obligatorische Gruppenvertretung kann gerade nicht kraft Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis angeordnet werden, Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 530, Fn. 29 unter Hinweis auf Hueck, ZHR 125 (1963), 1, 11.

1739 Vgl. RG, Urteil vom 12.2.1929, RGZ 123, 289, 299 f.; BGH, Urteil vom 10.11.1951, BGHZ 3, 354, 357 f.; Urteil vom 1.12.1969, NJW 1970, 706; Baumbach/Hueck, HGB, § 119 Rn. 20; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 14; Hesselmann/Tillmann, GmbH & Co. Rn. 319, Fn. 1;

Ebenroth/Boujong/Joost-Weipert, HGB, § 163 Rn. 14; fehlt die vertragliche Zulassung, so kann nach wohl h.M. die Versammlung den Vertreter zurückweisen. Nur, wenn dies unterbleibt, kann die Unzulässigkeit der Stimmabgabe nicht mehr geltend gemacht werden, weil dieses Verhalten dann als konkludente Zustimmung oder Verwirkung ausgelegt werden kann, RG, Urteil vom 12.2.1929, RGZ 123, 289, 300; Ebenroth/Boujong/Joost-Goette, HGB, § 119 Rn. 17; Hesselmann/Tillmann, GmbH & Co. Rn. 319, Fn. 1; in besonderen Fällen kann es aufgrund der Treuepflicht für die Mitgesellschafter sogar geboten sein, der Ausübung des Stimmrechts zuzustimmen, wenn der Vertre-ter vertrauenswürdig ist, BGH, Urteil vom 1.12.1969, NJW 1970, 706; Ebenroth/Boujong/Joost-Goette, HGB, § 119 Rn. 17.

Weitergehend dagegen Scholz-Karsten Schmidt, Anh. § 45 Rn. 42, der aus strukturellen Gründen für die GmbH & Co. KG anlässlich der Verzahnung der Gesellschaftsverträge für eine Ausrichtung der Stimmrechtsvollmacht an den Grundsätzen des § 47 III GmbHG plädiert, hierzu a.a.O, § 47 Rn. 76 ff.

1740 Hueck, ZHR 125 (1963), 1, 11; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 530.

1741 Vgl. Klumpp, ZEV 1999, 305, 306; GroßkommentarHGB-Schilling, § 163 Rn. 16; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 530; Münch-HandbuchKG-Weipert, § 9 Rn. 21; Ebenroth/Boujong/Joost-Weipert, HGB, § 163 Rn. 19; H. P. Westermann, S. 348; a. A. Reuter, Perpe-tuierung, S. 214, Fn. 174, vgl. hierzu genauer unten Fn. 1747.

1742 Vgl. BGH, Urteil vom 14.5.1956, BGHZ 20, 363, 367 ff.; Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rn. 13; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn.

37; Scholz-Karsten Schmidt, Anh. § 55 Rn. 40; MünchKomm-Ulmer, § 709 Rn. 58. Auch für die Gesellschafter in der GmbH, vgl. BGH, Urteil vom 14.7.1954, BGHZ 14, 264, 269; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, § 47 Rn. 16; Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 4; Mi-chalski-Römermann, § 47 Rn. 344; Scholz-Karsten Schmidt, § 47 Rn. 11. Vgl. zum Stimmrechtsausschluss der KomplementärGmbH in der KG bereits ausführlich oben 2. Kapitel: I.3.c)cc), S. 24.

als Konsequenz der aus der Vertreterklausel folgenden Alternative „Stimmverzicht oder Vertreterbestellung“

grundsätzlich zulässig sein. Es darf nicht übersehen werden, dass die Einschränkung der Ausübungsmöglichkeit der Gesellschafterrechte infolge der Klausel das Ergebnis einer auf einer Willensübereinstimmung der Gesell-schafter beruhenden gesellschaftsvertraglichen Regelung ist.1743

Fraglich ist allerdings, ob sich an diesem Ergebnis etwas ändert, weil hier die Erben betroffen sind, die die Ge-sellschafterstellung erst mit dem Tod des Erblassers erlangen und somit bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Einfluss auf die vertragliche Gestaltung nehmen konnten, wenn sie nicht schon vor dem Erbfall Gesellschafter waren. Mit anderen Worten ist zu klären, inwieweit durch eine Vertreterklausel die Gesellschafterrechte letztlich aufschiebend bedingt durch den Tod des Gesellschafters zu Lasten der Erben beschränkt werden können. Reu-ter will darin einen unzulässiger Vertrag zu Lasten DritReu-ter1744 sehen, weil der Erblasser Pflichten zu begründen sucht, die nur seine Erben treffen. Der Erblasser könne den Erben nur dann eine bestimmte Verwaltung des Nachlasse auflasten, wenn er dies im Wege einer letztwilligen Verfügung anordne.1745 Dieser Ansatz ist aber wohl schon dogmatisch nicht haltbar. Reuter geht letztlich davon aus, dass der Gesellschaftsanteil dinglich umgestaltet wird. Doch bleiben die einzelnen Erben Inhaber der Rechte aus dem jeweiligen Gesellschaftsanteil.1746 Es wird lediglich die Ausübungsmöglichkeit beschränkt.1747

Es ist somit vielmehr davon auszugehen, dass die Verpflichtung des Erblassers, die Rechte aus seinem Anteil bei mehreren Erben nur durch einen Gruppenvertreter ausüben zu lassen, lediglich – weil der Gesellschaftsvertrag bei rechtlicher Betrachtung nichts anderes als ein mehrseitig verpflichtender schuldrechtlicher Vertrag zwischen allen Gesellschaftern ist – eine rechtsgeschäftliche Bindung darstellt, die gemäß den Grundsätzen der Universal-sukzession nach §§ 1922, 1967 BGB auf die Erben übergeht.1748 Aus diesem Grunde ist auch die Zustimmung der Erben selbst als Gesellschafter, die grundsätzlich für die Beschränkung von Gesellschafterrechten erforder-lich ist,1749 nicht notwendig, weil sie an diejenige des Erblassers gebunden sind.1750 Die Gesellschafter schreiben durch die Vertreterklausel die Stellung des vererblichen Gesellschaftsanteils fest.1751 Die Bindung aus der Klausel trifft bei richtigem Verständnis nicht erst den Erben, sondern bereits den abschließenden Erblasser, da er an die Vereinbarung schon aus vertragsrechtlichen Grundsätzen gebunden ist und diese nicht ohne Beteiligung der übrigen Gesellschafter verändern kann.1752

(b) Abspaltungsverbot

Fraglich ist allerdings, inwieweit §§ 161 II, 105 III HGB iVm. § 717 1, 719 I BGB einer obligatorischen Gruppen-vertretung entgegenstehen. Die Mitgliedschaft stellt sich dar als die Summe der Rechte und Pflichten des einzel-nen Gesellschafters, die die Gesamthand ausmachen. Die Mitgliedschaft kann daher von iheinzel-nen nicht getrennt werden. Dies folgt letztendlich aus § 717 1 BGB und für die vermögensrechtliche Seite aus § 719 BGB. Dieses insbesondere aus § 717 1 BGB folgende so genannte Abspaltungsverbot ist zwingend, was zur Folge hat, dass im Gesellschaftsvertrag nicht wirksam die Übertragung der Verwaltungsrechte, insbesondere des Stimmrechts vereinbart werden kann. Die Mitgliedschaftsrechte sind somit im Gegensatz zu einzelnen aus ihnen folgenden Ansprüchen nicht sonderrechtsfähig. Von diesem Abspaltungsverbot ist auch die GmbH & Co. KG nicht ausge-nommen.1753

1743 Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 530; Schörnig, S. 72; Ebenroth/Boujong/Joost-Weipert, HGB, § 163 Rn. 19; MünchHandbuchKG-Weipert, § 9 Rn. 22.

1744 Vgl. oben Fn. 1252.

1745 Reuter, Perpetuierung, S. 212.

1746 Vgl. die Nachweise oben Fn. 1734. Es darf schließlich auch nicht übersehen werden, dass durch die Anordnung einer Gruppenvertretung letztlich genau die Rechtslage geschaffen wird, die der Gesetzgeber an anderer Stelle, nämlich in § 18 GmbHG, als interessengerechte Lösung sieht, Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 532. Es bestehen freilich grundlegende Unterschiede zwischen dem Recht der Personengesellschaften und demjenigen der Kapitalgesellschaften, vgl. oben Fn. 513. Diese gehen allerdings nicht so weit, dass etwas an einer Stelle als interessengerecht und gesetzeskonform gesehen wird, was an anderer Stelle, bei grundsätzlich gleicher Interessenla-ge, nunmehr gegen Grundprinzipien verstoßen soll.

1747 Schörnig, S. 59. Aus diesem Grund verfehlt ist auch die Annahme Reuters, die fehlende Bestellung eines Vertreters habe nicht nur ein Ruhen der Rechte zur Folge, sondern, dass die Erben ersatzlos aus der Gesellschaft ausscheiden, weil sich der Gesellschaftsanteil in ein Abfindungsguthaben verwandelt, das in den Nachlass fällt, Reuter, Perpetuierung, S. 214, Fn. 174. Aufgrund seines dinglichen Verständ-nisses der Gruppenvertreterklausel, geht er davon aus, das Verfügungsrecht der Gesellschafter über die Vererblichkeit decke nur Rege-lungen des Inhalts der Gesellschafterposition; sie könnten nur Bedingungen für die Gesellschafterfähigkeit in Form von Voraussetzungen aufstellen, nicht jedoch in Form von Pflichten, a.a.O. S. 214. Der Gesellschaftsvertrag könne daher nur die Aufnahme der Erben davon abhängig machen, dass sie sich durch einen Gruppenvertreter repräsentieren lassen, a.a.O., S. 214, Fn. 174. Etwas anderes sei eben Sache des Erblasser in Form der letztwilligen Verfügung, a.a.O. S. 212.

Dem kann zudem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sich auf diese Weise jeder Erblasser durch die Anordnung einer Auflage nach

§ 1940 BGB etc. über den Gesellschaftsvertrag ohne Mitwirkung der anderen Gesellschafter hinwegsetzen könnte, vgl. Michalski, Gestal-tungsmöglichkeiten, S. 174.

1748 Michalski, Gestaltungsmöglichkeiten, S. 176; Schörnig, S. 57.

1749 Vgl. oben 2. Kapitel: I.3.a)aa)(5), S. 15.

1750 BGH, Urteil vom 12.12.1966, BGHZ 46, 291, 295.

1751 Hueck, ZHR 125 (1963), 1, 7; Michalski, Gestaltungsmöglichkeiten, S. 176; Karsten Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 532; Schörnig, S. 57 ff.; Ebenroth/Boujong/Joost-Weipert, HGB, § 163 Rn. 19; MünchHandbuchKG-Weipert, § 9 Rn. 22.

1752 Schörnig, S. 60 unter Hinweis auf den Grundsatz „pacta sunt servanda“, vgl. hierzu Larenz/Wolf, AT, § 2 Rn. 32.

1753 BGH, Urteil vom 10.11.1951, BGHZ 3, 354, 355; Urteil vom 14.5.1956, BGHZ 20, 363; Urteil vom 25.2.1965, BGHZ 43, 261, 267; Urteil vom 17.11.1986, WM 1987, 70; BayObLG, Beschluss vom 21.11.1985, GmbHR 1986, 87; Baumbach/Hopt, HGB, § 109 Rn. 16, § 119 Rn. 19; Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 14 Rn. 19; Sudhoff-Liebscher, GmbH & Co. KG, § 16 Rn. 132, 162; Lutter/Hommelhoff, § 14 Rn. 11; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 33; Hachenburg-Raiser, § 14 Rn. 32; Michalski-Römermann, § 47 Rn. 49;

MünchHand-In der Ermächtigung Dritter durch den Gesellschaftsvertrag ist keine Verletzung des Abspaltungsverbots zu se-hen, da sich der Vertreter im Rahmen des übertragenen Aufgabenkreises zu halten hat, er insbesondere keine Erweiterung oder Verlängerung seiner Vertretungsmacht selbständig vornehmen kann. Auch bleibt das Recht des Vertretenen gewahrt, jederzeit selbst handeln zu können. Anders ist die Rechtslage allerdings, wenn die Voll-macht zeitlich unbegrenzt ist, vom VollVoll-machtgeber also nicht unterbrochen werden kann, weil sie unwiderrufbar oder durch den Vertreter selbst verlängerbar ist, mithin ihre Wurzel, das Recht des Vollmachtgebers, verdrängt.

Damit findet eine Annäherung an die Übertragung des Rechts statt, was durch das Abspaltungsverbot gerade vermieden werden soll.1754 Der Bundesgerichtshof hat daher mehrfach die Erteilung einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht unter gleichzeitigem Verzicht auf das eigene Stimmrecht einer Stimmrechtsübertragung gleichgestellt und somit einen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot angenommen.1755

Zwar ist die obligatorische Gruppenvertretung zu diesen Vertragsgestaltungen nicht immer leicht abzugrenzen.

Dennoch steht sie mit dem Abspaltungsverbot im Einklang. Die formale Begründung liegt in dem Argument, dass der Vertreter keine eigenen Rechte ausübt, sondern vielmehr nur die der Erben. Der Gruppenvertreter ist gerade nicht Organ der Gesellschaft1756, sondern Bevollmächtigter der Gruppenmitglieder. Er handelt somit im Namen der Gesellschafter und nicht aus eigener Kompetenz als Organ der Gesellschaft.1757 Es liegt jedenfalls keine Ab-tretung vor, mithin keine Trennung von formeller und materieller Mitgliedsstellung, die einen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot zur Folge hätte.1758

buchGmbH-Schiessl, § 31 Rn. 29 ff.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III.4.a); Scholz-Karsten Schmidt, Anh. § 45 Rn. 43, § 47 Rn. 20; Ebenroth/Boujong/Joost-Weipert, HGB, § 163 Rn. 8 f.; H. P. Westermann, S. 442; Wiedemann, Mitgliedschaft, S. 283 ff.; Scholz-Winter, § 15 Rn. 7; MünchHandbuchGmbH-Wolff, § 38 Rn. 5; Baumbach/Hueck-Zöllner, § 47 Rn. 28. Das Abspaltungsverbot sieht sich jedoch auch Kritik ausgesetzt, vor allem in der älteren Literatur: Vgl. Erman, in FS Nipperdey I, S. 277, 286 unter Hinweis auf die Rechts-lage beim Testamentsvollstrecker; Hachenburg-Schilling, 7. AufRechts-lage, § 14 Rn. 31 mit Hinweis u. a. auf ein wirtschaftliches Bedürfnis. Die h. M. ist jedoch der richtige Weg, da eine Abspaltung die Selbstbestimmung und -steuerung in der Gesellschaft gefährden würde, Flume, juristische Person, § 7 II, S. 201 f.; Hachenburg-Raiser, § 14 Rn. 32; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III.4.a).

Differenzierend Fleck, in FS Robert Fischer, S. 107 ff.; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, § 47 Rn. 22; Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 2: Sie sehen nur die dauerhafte und unwiderrufliche Stimmrechtsabspaltung als unzulässig an. Die zeitlich von vornherein begrenzte oder kündbar ausgestaltete Übertragung sei dagegen nach einer Auffassung unbedenklich, so Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, § 47 Rn. 25. Nach anderer Auffassung sei zudem erforderlich, dass der Stimmrechtsträger hinreichend eng und rechtssi-cher an das Gesellschaftsinteresse gebunden sei, was dann der Fall ist, wenn er wirtschaftlich die Stellung eines Gesellschafters habe oder weisungsgebunden aufgrund eines jederzeit widerruflichen Auftrags sei, Fleck, in FS Fischer, S. 107 ff., 128 f.; Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 2.

Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Insbesondere im Hinblick auf das Mitgliedschaftsrecht, käme die gegenteilige Auffassung einem Systembruch gleich, da es isoliert würde. Daran ändert weder die zeitliche Komponente etwas, da es gerade um diesen Trennungszeit-raum geht und nicht um eine mögliche Beendigung dieses Zustands. Ein systemwidriger Zustand wird nicht dadurch rechtmäßig, dass er nur kurz andauert. Noch führt eine gesellschafterähnliche Stellung zu einer anderen Beurteilung, da das Stimmrecht mit der Mitgliedschaft verknüpft ist und nicht mit einer dieser vergleichbaren Rechtsstellung, Michalski-Römermann, § 47 Rn. 49. Vor allem ist die Gegenauffas-sung aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit abzulehnen. So soll nämlich das Stimmrecht, falls der Kernbereich der Mit-gliedschaft berührt wird, wieder dem Anteilseigner selbst zustehen, Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, § 47 Rn. 26; Lut-ter/Hommelhoff, § 47 Rn. 2. Eine exakte Abgrenzung der Stimmrechtsbefugnisse ist dann kaum möglich, Michalski-Römermann, § 47 Rn.

49. Dem wollen Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 2 zwar durch eine klare Befugnisabgrenzung entgegnen, lassen aber offen, wie sie dies be-werkstelligen wollen, Michalski-Römermann, § 47 Rn. 49.

1754 BGH, Urteil vom 10.11.1951, BGHZ 3, 354, 357 ff. (Personengesellschaft); Urteil vom 11.10.1976, DB 1976, 2295, 2297 (GmbH); OLG Hamburg, Beschluss vom 22.2.1989, GmbHR 1990, 42, 43 (GmbH); Hueck, § 11 II.3.; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, § 47

1754 BGH, Urteil vom 10.11.1951, BGHZ 3, 354, 357 ff. (Personengesellschaft); Urteil vom 11.10.1976, DB 1976, 2295, 2297 (GmbH); OLG Hamburg, Beschluss vom 22.2.1989, GmbHR 1990, 42, 43 (GmbH); Hueck, § 11 II.3.; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, § 47