Zusammenfassend wurden zahlreiche Purin - basierte 2´-Deoxynucleotide auf ihre Anwendbarkeit für die Detektion von 5mC getestet, wodurch Position 6 als am vielversprechendsten für weitere Modifizierungen identifiziert wurde. Daraufhin wurde eine Vielzahl an 6-modifizierten dGTP Analoga synthetisiert, die sowohl variierende H-Brückenbindungs-Eigenschaften, als auch verschieden große Modifikationen mit unterschiedlichen sterischen Ansprüchen aufweisen.
Da nun eine Vielzahl an verschiedenartig modifizierten Nukleotiden zur Verfügung stand, wurden diese in Bezug auf ihr Diskriminierungsverhalten zwischen C und 5mC getestet. Eine Diskriminierung sollte durch den Einbau dieser Nukleotide mit Hilfe von verschiedenen DNA-Polymerasen zustande kommen. Alle modifizierten Nukleotide wurde von allen getesteten DNA-Polymerasen (KlenTaq, KOD exo- und 9° Nord exo-) akzeptiert, auch wenn die modifizierten Derivate mit verminderter Effizienz umgesetzt wurden. Die Anwendung der KlenTaq DNA-Polymerase führte zu keinen nennenswerten Unterschieden der Einbaueffizienzen gegenüber C und 5mC. Im Gegensatz dazu, konnten für beide B-Familien DNA-Polymerasen vielversprechende Tendenzen mit bevorzugtem Einbau gegenüber C beobachtet werden. Im Allgemeinen wurde eine erhöhte Diskriminierung erreicht, wenn die Sperrigkeit der in Position 6 eingeführten Modifikationen bis zu einem gewissen Grad erhöht wurde, auch wenn die Einbaueffizienzen gleichzeitig sanken. Diese Entdeckungen legen nahe, dass das Erkennen von 5mC ein generelles Phänomen ist, das nicht an eine bestimmte Modifikation oder eine bestimmte DNA-Polymerase gebunden ist.
Die beste Diskriminierung zwischen C und 5mC konnte durch die DNA-Polymerase KOD exo- und das Nukleotid O6-Ethyl-dGTP 1b erzielt werden. Diese Ergebnisse wurden durch steady-state Kinetiken bestätigt, die einen 4.2 fach effizienteren Einbau gegenüber C als gegenüber 5mC zeigten.
Nachfolgende Selektivitäts-Studien offenbarten einen Selektivitäts-Verlust von allen in Position 6 modifizierten Nukleotiden zwischen C und T. Dadurch wird die Anwendung dieser Ergebnisse für eine Sequenzierung durch einen einzigen Lauf verhindert. Diese Effekte können jedoch in der positions-
spezifischen Detektion von 5mC Anwendung finden.[1]
Da die Arbeit mit Radioaktivität offensichtliche Nachteile birgt und die Analyse von Primer-
Verlängerungs-Reaktionen über denaturierende PAGE den Durchsatz erheblich beeinträchtigt, haben wir durch den Einsatz von Fluoreszenz-markierten Primern und Kapillarelektrophorese eine neue Methode entwickelt. Durch die Optimierung der Lauf-Parameter konnten wir eine Einzel-Nukleotid-
Auflösung erreichen und somit eine robuste Methode präsentieren, die die gleichzeitige Analyse von über hundert Reaktionen ermöglicht. Diese Methode wurde genutzt um alle modifizierten Nukleotide in Kombination mit der DNA Polymerase 9° Nord exo- für den Einsatz zur 5mC Detektion zu testen.
Beachtliche Unterschiede in Einbaueffizienzen gegenüber C und 5mC konnten durch den Einsatz von modifizierten Nukleotiden erreicht werden. Die besten Effekte konnten hierbei durch die in Position 6 modifizierten Nukleotide erzielt werden. Diese zeigten jedoch keine Selektivität zwischen C und T. Eine andere Klasse an modifizierten Nukleotiden - modifiziert in Position 8 - zeigt weniger
5. Zusammenfassung 98
ausgeprägte Trends in Bezug auf Diskriminierung, weist jedoch Selektivität für C auf. Daher wurde beschlossen, diese Modifikationen zu kombinieren, um Nukleotide zu erhalten, die unter Erhalt ihrer Selektivität für C eine erhöhte Diskriminierung zwischen C und 5mC aufweisen. Nach Synthese dieser in Position 6 und 8 doppelt modifizierten Nukleotide, wurden diese auf ihr Einbauverhalten durch DNA-
Polymerasen untersucht. Hierbei musste jedoch festgestellt werden, dass diese Nukleotide von KOD exo- zwar eingebaut wurden, jedoch weder erhöhte Diskriminierung, noch Selektivität für C aufwiesen.
Durch den Verlust der Selektivität der diskriminierenden Nukleotide, können sie ausschließlich zur positions-spezifischen Detektion von 5mC eingesetzt werden. Daher wurde im nächsten Schritt ein Fokus auf die Modifikation der verwendeten DNA-Polymerase gelegt. Hierzu sollten DNA-
Polymerasen Mutanten identifiziert werden, die eine erhöhte Diskriminierung zwischen C und 5mC aufweisen. Da DNA-Polymerasen 5mC normalerweise ohne Probleme replizieren können und die Methylgruppe in Position 5 nicht mit der Watson-Crick Basenpaarung interferiert, ist dies jedoch eine herausfordernde Aufgabe. Claudia Huber und Martina Adam haben hierzu 34 verschiedene KOD exo-
Bibliotheken generiert, in dem sie verschiedene Positionen in unterschiedlichen Domänen über „site-
directed“ Mutagenese variiert haben. Nachdem diese Mutanten auf ihre Aktivität getestet worden waren, wurden ihre Diskriminierung zwischen C und 5mC untersucht. Hierfür wurden dGTP und 8-
vinyl-dGTP 3 eingesetzt. Die Position G245 wurde als vielversprechendste Stelle gefunden. Durch die Umsetzung von 3 konnte keine verbesserte Diskriminierung erzielt werden. Die Einbaueffizienzen sanken jedoch deutlich. Daher wurde der Fokus im Folgenden auf die Umsetzung von dGTP gelegt.
Nachdem steady-state Kinetiken für den Einbau von dGMP gegenüber von C und 5mC durchgeführt wurden, konnte die Mutante G245D als Variante mit den besten Diskriminierungs-Eigenschaften bestätigt werden. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Selektivität dieser Mutante für C erhalten geblieben war. Um diese Effekte für Sequenzierungen anwenden zu können, wurde ein weiteres Nukleotid synthetisiert, an dessen terminalem Phosphat ein Fluoreszenz-Farbstoff angebracht wurde (32). Das Verhalten dieses Nukleotides in DNA-Polymerasen-katalysierten Experimenten wurde wiederum anhand von steady-state Kinetiken untersucht. Diese Studien haben gezeigt, dass Nukleotid 32 von G245D mit einer 4.1 fach höheren katalytischen Effizienz (kcat) gegenüber C als gegenüber 5mC eingebaut wird. Allerding wurde ebenfalls gezeigt, dass der Einsatz des modifizierten Nukleotides 32 die DNA Polymerasen deutlich verlangsamt hat. Um die Anwendung dieser Ergebnisse in SMRT Sequenzierungen zu ermöglichen, muss die Effizienz des Umsatzes des Nukleotids 32 durch die KOD exo- Variante verbessert werden. In der Literatur wurde bereits gezeigt, dass eine zusätzliche Phosphatgruppe in der Phosphatkette des Nukleotids die Fähigkeit der DNA-
Polymerasen diese Nukleotide umzusetzen erheblich gesteigert wird. Aus diesem Grund sollten in der Zukunft weitere Derivate des Nukleotids 32 mit zusätzlichen Phosphatgruppen synthetisiert werden.
Aktuelle Forschungen legen die Vermutung nahe, dass 5hmC nicht nur als Intermediat in der Demethylierung von 5mC, sondern auch selbst als epigenetischer Marker dient. Da wir eine Vielzahl an modifizierten Nukleotiden synthetisiert haben, sollten diese ebenfalls für die Detektion von 5hmC getestet werden. Für die Diskriminierung zwischen C oder 5mC und 5hmC wurden ähnliche
Tendenzen beobachtet. Alle Nukleotide wurden von allen DNA-Polymerasen eingebaut, wenn auch mit verminderter Effizienz. Durch die DNA-Polymerase KlenTaq konnte keine bedeutende Diskriminierung beobachtet werden. Im Gegensatz dazu wurden wiederum deutliche Diskriminierungen zwischen C, 5mC und 5hmC beobachtet, wenn die B-Familien DNA-Polymerasen KOD exo- und 9 °Nord exo- eingesetzt wurden. Hierbei konnte gezeigt werden, dass alle Nukleotide -
einschließlich dGMP - deutlich schlechter gegenüber 5hmC als gegenüber von C eingebaut wurden.
Modifizierte Nukleotide sind nicht nur in DNA sondern auch in RNA bekannt. Über 150 verschiedene Modifikationen konnten bereits in zellulärer RNA nachgewiesen werden, wobei diese teilweise sehr geringe Konzentrationen aufweisen. Dies erschwert deren Detektion erheblich. Nina Blatter entwickelte eine KlenTaq Mutante (RT-KTq2), die DNA ausgehend von einem RNA Templat synthetisieren kann. Daher entschieden wir, die Vielzahl an modifizierten Nukleotiden in Kombination mit dieser Mutante zur Detektion von RNA-Modifikationen einzusetzen.
Die Methylierung der 2´-OH Gruppe der Ribose ist eine der weitverbreitetsten RNA-Modifikationen.
Daher haben wir alle modifizierten Nukleotide für die Anwendung zur Detektion von RNA-
Modifikationen in Verbindung mit der KlenTaq Mutante RT-KTq2 getestet. Wie wir bereits beobachten konnten, nahm die Einbaueffizienz der modifizierten Nukleotide mit zunehmender Größe der Modifikationen ab. Manche Nukleotide konnten auch nach deutlicher Erhöhung der DNA-Polymerasen Konzentration nicht eingebaut werden. Interessanterweise konnte bereits für das unmodifizierte dGMP ein 1.42 höherer Einbau gegenüber C als gegenüber 2´-OMe-C beobachtet werden. Die höchste Diskriminierung (Faktor 7.40) konnte allerdings durch den Einbau des Nukleotids 3 erzielt werden.
Wiederum wurden alle Nukleotide bevorzugt gegenüber dem unmodifizierten C eingebaut.
Eine weitere wichtige RNA-Modifikation, Pseudouridin Ψ, konnte mittlerweile mit verschiedenen menschlichen Krankheiten assoziiert werden. Daher sind auch zur Detektion dieser Modifikationen einfache und robuste Methoden von Nöten. Da bereits erkannt wurde, dass in 6-Position modifizierte Nukleotide bevorzugt gegenüber von T eingebaut werden, wurden diese Nukleotide auch in Bezug auf die Detektion von Ψ untersucht. Nicht alle modifizierten Nukleotide konnten von RT-KTq2 gegenüber von U oder Ψ eingebaut werden. Die Nukleotide, die eingebaut wurden zeigten jedoch sehr interessante Effekte. Derivate, welche der Struktur von dATP und dessen H-Brücken Basenpaarungsmuster mehr glichen als dem von dGTP zeigten einen bevorzugten Einbau gegenüber von U. Andere Nukleotide hingegen bewiesen einen bevorzugten Umsatz gegenüber von Ψ. Dies ist somit das erste Mal, dass ein effektiverer Einbau eines Nukleotides gegenüber einer Nukleinsäure-
Modifikation und somit eine invertierte Diskriminierung beobacht werden konnte. Nachdem diese Effekte durch steady-state Kinetiken verifiziert werden konnten, erwies sich Nukleotid 9n mit einem 15-fach effektiverem Umsatz gegenüber Ψ als gegenüber U als vielversprechendstes Derivat. Diese beachtliche Diskriminierung konnte im Folgenden für die Entwicklung einer neuartigen Detektionsmethode auf artifizieller RNA eingesetzt werden. Um diese sehr viel versprechende Methode auf RNA Extrakte übertragen zu können, müssen jedoch noch einige Untersuchungen angestellt werden, da Nukleotid 9n nicht gegenüber von RNA Extrakten als Templat umgesetzt werden konnte.
5. Zusammenfassung 100
Zusammenfassend wurde eine Vielzahl an verschiedenartig modifizierten Nukleotiden synthetisiert und ihre Einbaueffizienzen durch DNA Polymerasen gegenüber unterschiedlicher Nukleinsäure-
Modifikationen getestet. Da die biologische Auswirkung dieser Nukleinsäure-Modifikationen zurzeit intensiv untersucht wird, sehe ich ein sehr großes Potential in der Anwendung dieses Ansatzes zur Detektion von modifizierten Nukleotiden in DNA, wie auch in RNA.