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3 Sozioökonomischer Erklärungsansatz der Un- Un-ternehmensentstehung

3.5 Zusammenfassung und Auswertung

In diesem Kapitel wurden prägnante Ansätze analysiert, die den Vorgang der Unternehmensentstehung transparent machen. Hauptaugenmerk lag dabei auf der sozioökonomischen Theorie, die verhaltenswissenschaftli-che und sozioökonomisverhaltenswissenschaftli-che Elemente vereint. Hierbei wurden wichtige Determinanten der Unternehmensentstehung untersucht und zwischen persönlichen Faktoren, Persönlichkeitsfaktoren sowie mikro- und makro-soziales Umfeld unterschieden. Die persönlichen Faktoren haben kaum Einfluss auf den Gründungsentschluss. Die Persönlichkeitsfaktoren um-fassen motivationale, affektive, kognitive und soziale Gegebenheiten.

Bei den motivationalen Merkmalen ist das Unabhängigkeitsmotiv be-sonders wichtig für den Wechsel in die Selbständigkeit. Eine hohe Leis-tungsorientierung sowie eine mittlere Ausprägung des Machtstrebens und des Risikoverhaltens sind für die Gründungsentscheidung von hoher Relevanz. Dies gilt auch für eine ausgeprägte internale Kontrollüberzeu-gung (Machbarkeitsdenken). Die kognitiven Persönlichkeitsmerkmale, wie Kreativität und Wissen, haben weniger auf die Gründungsentschei-dung und mehr auf den GrünGründungsentschei-dungserfolg Einfluss. Bei den affektiven Faktoren handelt es sich um Belastbarkeit, Antriebsstärke und emotio-nale Stabilität. Diese werden die bei einem Unternehmensgründer stark in Anspruch genommen und sollten deshalb eine entsprechende Ausprä-gung aufweisen. Durchsetzungsvermögen und integrative Fähigkeiten gehören zu den sozialen Persönlichkeitsfaktoren. Auch hier ist eine mittlere Ausprägung für die Gründung positiv.

Das mikrosoziale Umfeld wurde in eine Pre- und in eine Gründungs-phase unterteilt, um so die unterschiedlichen Determinanten deutlicher zu charakterisieren. In der Pre-Gründungsphase wirkt sich ein Vorbild für die Gründungsentscheidung positiv aus. Hierbei kann es sich um selbständige Vorbilder aus der Familie oder dem Bekanntenkreis han-deln oder, bei entsprechender Größe des Unternehmens, um den Gründer des Betriebes, in dem man angestellt ist. Die Funktion eines solchen Vorbildes liegt im Abbau von Informationsdefiziten. Die Selbständigkeit wird so zu einer realisierbaren beruflichen Alternative und die subjektiv empfundene Erfolgswahrscheinlichkeit wird erhöht.

Die Gründungsphase wird durch einen auslösenden Moment initialisiert.

Dieser kann unterschiedliche Ursachen haben. Bei den Pullfaktoren han-delt es sich um Gegebenheiten, die auf eine unternehmerisch aktive Per-sönlichkeit hindeuten, die die Selbständigkeit als Mittel zur Selbstver-wirklichung sieht. Es sind Faktoren wie das Entdecken einer profitablen

Geschäftsidee, der Abschluss einer Ausbildung oder das Aufrechterhal-ten einer Familientradition. Bei den Pushfaktoren handelt es sich im Ge-gensatz dazu um den Ausdruck eines ungewollten Unternehmertums.

Dies wird häufig mit dem Begriff "Flucht in die Selbständigkeit" um-schrieben und meint damit die Unternehmensgründung aufgrund eines drohenden oder bereits eingetretenen Arbeitsplatzverlustes. Somit ist die Gründung Ergebnis einer wirtschaftlichen Überlebensstrategie und nicht einer inneren Berufung.

Da die Gründung immer in einem spezifischen sozio-kulturellen Umfeld stattfindet, ist das makrosoziale von besonderer Bedeutung. Die Grün-dungsaktivität wird durch diese "Kultur der Selbständigkeit" hervorge-bracht, gefördert oder gehemmt und wirkt simultan auf sie zurück. In-nerhalb dieser Kultur spielt das Image des Unternehmers eine große Rolle, denn dies steht in engem Zusammenhang mit grundsätzlichen Einstellungen bezüglich notwendiger Rahmenbedingungen eines selb-ständigen Unternehmertums.

Doch nicht nur die Unternehmensentstehung, sondern auch der ökono-mische Erfolg einer Gründung ist von entscheidender Bedeutung. Bei der Betrachtung wurden zunächst verschiedene Indikatoren der Erfolgs-messung untersucht, um dann aufgrund der besseren Vergleichbarkeit des empirischen Materials das Umsatzwachstum, den Anstieg der Be-schäftigtenzahl und das Überleben nach fünf Jahren heranzuziehen. Die gründungsrelevanten Persönlichkeitsfaktoren spielen für die erfolgreiche Unternehmensgründung insofern eine Rolle, als dass sie die Grundlage für die erfolgsrelevanten Verhaltensmuster sind. Welche Verhaltens-muster eine Person tatsächlich ausprägt, hängt von den situativen Gege-benheiten und den persönlichen Handlungszielen ab. Bei den erfolgsre-levanten Verhaltensweisen handelt es sich im Kern um das Vorhanden-sein einer Vision, die Selbständigkeit als Berufung anzusehen und mit Hingabe dafür zu arbeiten. Der Gründer tritt als Macher auf, der sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und das Risiko nicht scheut. Er über-nimmt Verantwortung, entdeckt Möglichkeiten der Gewinnerzielung und wendet seine Erfahrung und sein Wissen kreativ an. Diese Verhaltens-weisen zeigen deutlich ihren Zusammenhang mit den Persönlichkeits-faktoren und erlauben eine Charakterisierung unterschiedlicher Unter-nehmertypen, wie sie zum Beispiel SCHUMPETER beschrieben hat.

Entscheidend bei der Frage nach dem Gründungserfolg sind neben der Person des Gründers auch betriebliche Faktoren. Eine gute Planung, eine großzügige Kapitalausstattung und eine bestimmte Unternehmensgröße

haben einen großen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit. Dar-über hinaus spielen die Rechtsform, das Unternehmensalter und die Frage, ob es sich um eine Vollgründung handelt, eine wichtige Rolle.

Weitere Determinanten des Erfolges liegen in dem Mikro- und Makro-umfeld. Innerhalb des Mikroumfeldes sind es der Konkurrenz- und Wettbewerbsdruck einer Branche sowie die private Sphäre des Gründers, die wesentlich zur Überlebenswahrscheinlichkeit beitragen. Auch der Standort, das unbürokratische Verhalten von Behörden und die Markt-dynamik sind relevant. Das Makroumfeld bezieht sich auf die formalen Institutionen, d.h. Gesetze und Verordnungen, die konjunkturelle Lage und die Gründungsförderung. Es scheint, als würde nur eine spezifische Kombination von positiven Einflussfaktoren zum beabsichtigten Erfolg führen.276

In der anschließenden empirischen Untersuchung wird überprüft, ob die Ergebnisse der theoretischen Überlegungen auf handwerkliche Existenz-gründungen übertragen werden können. Das Handwerk wurde bei den zitierten Untersuchungen größtenteils vernachlässigt277, was primär dar-auf zurückzuführen ist, dass der überwiegende Teil diesbezüglicher Stu-dien aus dem US-amerikanischen Raum stammt.278 Dabei ist gerade die-ser Berufszweig aufgrund seiner Besonderheiten (Großer Befähigungs-nachweis, handwerkliche Tradition u.a.) und seiner wirtschaftlichen Be-deutung ein äußerst interessantes Untersuchungsobjekt.

Insbesondere wird hier den Fragen in Bezug auf die Stärke der Grün-dungsmotivation, die Ausprägung des Pull- und Pushunternehmertums und selbständigkeitsrelevanten Persönlichkeitsfaktoren sowie den Ein-fluss des Mikro- und Makrosozialen Umfeldes nachgegangen. Der

276 Wobei es allerdings einen gewissen Spielraum bezüglich der Ausprägung der Einzelfaktoren gibt.

277 Welter, F. (1996) hat in ihrer Studie zumindest einen Teil der Faktoren unter-sucht. Müller, G.F. (1999a) untersucht das Handwerk im Rahmen seiner Stich-probe, aber differenziert nicht danach, sondern subsumiert es unter der Branche Handwerk/Produktion/Technik. Klandt, H. (1984) betrachtet das Handwerk in seiner Erhebung gar nicht gesondert. Koller, T. et al. (1989) führen lediglich eine oberflächliche Untersuchung der gründungsrelevanten Persönlichkeitsfaktoren durch. Müller, K./Heyden, M. (1999) untersuchen diese gar nicht und stellen, wie Beyer, H.H./Hambüchen, K. (2001), ausschließlich auf die erfolgreiche Gründung ab.

278 Chell, E./Harworth, J./Brealey, S. (1991), Timmons, J.A./Smollen, L.E./Dingee, A.L. (1977), Begley, T./Boyd, D. (1987), McClelland, D. (1986), um nur einige Untersuchungen exemplarisch zu nennen. In den USA wird das Handwerk nicht gesondert ausgewiesen, sondern ist ein Teil des Gewerbes an sich.

handwerkliche Gründungsprozess und seine maßgeblichen Determinan-ten werden somit transparent und können als Grundlage entsprechender wirtschaftspolitischer Einflussnahmen dienen.

4 Empirische Überprüfung der