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3 Sozioökonomischer Erklärungsansatz der Un- Un-ternehmensentstehung

3.1.2 Die Sozioökonomie im Spektrum grundsätzlicher Theorien zur Unternehmensgründung

Kennzeichnend für die neoklassische Theorie ist der methodologische Individualismus: Die Rekonstruktion gesellschaftlicher Sachverhalte unter Rückgriff auf die Motive, Handlungen und Entscheidungen von Individuen, die entscheidungslogische Fundierung wirtschaftlicher Phä-nomene. In erster Linie ist die neoklassische Theorie an der Erklärung langfristiger Gleichgewichte der Wirtschaft interessiert. Im Fall der freien Konkurrenz sind diese durch eine einheitliche Kapitalrendite (Pro-fitrate) auf den Angebotspreis der Kapitalgüter gekennzeichnet. Unter-nehmensgründungen bzw. Markteintritte tragen zur Erreichung des lang-fristigen Gleichgewichts bei.

Bei Annahme der vollständigen Konkurrenz herrscht freier Marktzu-gang. Sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite liegt eine atomistische Marktstruktur vor. Dies bedeutet die Existenz einer großen Anzahl von Anbietern und Nachfragern, die jeweils einen sehr kleinen Marktanteil haben.16 Die Teilnehmer haben eine vollständige Markttransparenz hinsichtlich der zustande kommenden Preise und ver-fügen über keinerlei Präferenzen hinsichtlich bestimmter Partner auf der Marktgegenseite. Die Anbieter verhalten sich gewinnmaximierend und die Haushalte als Nachfrager nutzenmaximierend. Diese Annahmen füh-ren dazu, dass auf dem Markt ein homogenes Gut zu einem einheitlichen Preis gehandelt wird. Es lässt sich das Kriterium der statischen Effizienz herleiten, welches beinhaltet, dass im langfristigen Marktgleichgewicht alle Anbieter im Betriebsgrößenoptimum produzieren und der

15 Vgl. Klandt, H. (1984), S. 31, Joos, T. (1987), S. 5.

16 Folgende Ausführungen basieren insbesondere auf nachfolgenden Werken: Hen-derson, J./Quant, R. (1973), Schneider, H. (1986) und Schumann, J. (1992).

preis den Grenzkosten und den totalen Durchschnittskosten der Produk-tion entspricht. Bei der ProdukProduk-tion werden keine Gewinne erzielt, die Produktionsfaktoren werden zu ihren Grenzproduktivitäten entlohnt, so-mit kommt es zu einer Verzinsung des eingesetzten Kapitals zum lan-desüblichen Zinssatz und unter Berücksichtigung des kalkulatorischen Unternehmerlohns.

Relevant bezüglich möglicher Erklärungsansätze von Existenzgründun-gen sind die Markteintritte. Es wird anExistenzgründun-genommen, dass die oben be-schriebene gleichgewichtige Ausgangslage gestört wird. Dies kann bei-spielsweise durch technologischen Fortschritt der Fall sein. Mit Hilfe neuer Technologie sind einige Anbieter in der Lage, Gewinne zu erzie-len, da sie zu niedrigeren Kosten produzieren können als ihre Konkur-renten. Aufgrund der Gewinne werden andere Anbieter angeregt, in den Markt einzutreten, um an selbigen zu partizipieren. Aufgrund des freien Marktzutritts ist dies auch ohne weiteres möglich. Die Wahl der Be-triebsgröße bleibt den Unternehmen überlassen, wobei sie sich an der langfristigen Durchschnittskostenkurve orientieren. Sie produzieren folglich mit der beim neuen Stand der Technik optimalen Betriebsgröße.

Durch die Markteintritte kommt es zu einer Angebotsausdehnung und damit zu einem Sinken der Marktpreise, bis die Gewinne wieder auf Null sinken. Bereits am Markt operierende Anbieter, die zu höheren Kosten aufgrund der alten Technologie produziert haben, müssen sich entweder an die neuen Produktionsverhältnisse anpassen oder aus dem Markt aus-scheiden. Die Motivation, aufgrund derer es zu einer Gründung kommt, ergibt sich allein aus der Annahme, dass sich der Marktteilnehmer ratio-nal und gewinnmaximierend verhält und darüber hinaus vollständige Markttransparenz gegeben ist. Aufgrund dieser Annahmen ist er dazu in der Lage, sämtliche Handlungsalternativen zu erfassen und zu bewerten.

So stellt die Gründung eine Handlungsalternative zur abhängigen Be-schäftigung dar. Der potenzielle Gründer kann die Gewinne aus den al-ternativen Handlungsoptionen im Voraus ermitteln und wählt aufgrund dieser Basis die Alternative, mit der er das maximale Einkommen erzie-len kann. Alleiniges Gründungsmotiv ist die Gewinnmaximierung.

Sind am Markt Gewinne zu realisieren, kommt es zu Unternehmens-gründungen, wobei die Gründungsfähigkeit als gegeben vorausgesetzt wird. Solange am Markt Gewinne erzielt werden, erhöht sich das Ange-bot (unter anderem auch durch andere Gründungen) bis die Gewinne wieder auf Null sinken. Ein erfolgreicher Gründer ist mithin einer, der so rechtzeitig den Markteintritt vollzieht, dass er zumindest noch

geringfü-gige Gewinne zum sinkenden Marktpreis realisieren kann. Der erfolgrei-che unterserfolgrei-cheidet sich von anderen Gründern dadurch, dass er einen ge-nügend langen Überblick über die Datenänderung hat und sich nicht täuscht.

Der Erklärungsansatz von Markteintritten bei vollständiger Konkurrenz bildet lediglich Teile des Gründungsprozesses ab und diese auch nur eindimensional. So wird als alleinige Gründungsmotivation die Ge-winnmaximierung unterstellt. Die Gründung ist Ausdruck individuellen Maximierungsverhaltens unter Sicherheit, denn die Wirtschaftssubjekte entscheiden sich allein nach dem Vergleich alternativer Einkommenshö-hen für oder gegen eine Gründung. Hierbei wird vernachlässigt, inwie-weit die unterschiedliche Befähigung zum Unternehmertum diese Ein-kommenshöhen beeinflussen könnte.

Mit seinem Aufsatz "The Nature of the Firm"17 begründete COASE im Jahr 1937 die Transaktionskostenökonomik. In dieser Abhandlung wer-den zwei Fragestellungen untersucht: Warum existieren Unternehmen überhaupt und warum gibt es nicht nur eine einzige große Unterneh-mung? COASE nimmt an, dass die Nutzung des Preismechanismus für Marktteilnehmer nicht kostenfrei sei und betont, dass die Marktteilneh-mer unvollständige Informationen haben, so dass die Inanspruchnahme des Preismechanismus sehr wohl Kosten verursacht.18 Sie entstehen durch die Suche nach dem Preis, beim Aushandeln und Abschluß von Verträgen sowie einer möglicherweise nachträglich erforderlichen Kon-kretisierung der Leistung, die vom Vertragspartner erwartet wird.19 Diese sogenannten Transaktionskosten sieht COASE mithin als Ursache für die Existenz von Unternehmungen. Eine Einsparung der Kosten kann näm-lich erfolgen, wenn die Transaktion innerhalb einer Unternehmung durchgeführt wird und nicht über den Markt. Dass eine Unternehmung nicht unendlich wächst, ist auf Organisationskosten zurückzuführen.

Hierunter versteht BÖSSMANN Kosten, die im Rahmen der in einer Un-ternehmung erfolgenden Koordination entstehen.20 COASE unterstellt eine Zunahme der Organisationskosten bei wachsendem Transaktions-volumen. Die Expansion einer Unternehmung setzt sich solange fort, wie Transaktionskosten eingespart werden können.

17 Vgl. Coase, R.H. (1937).

18 Vgl. Coase, R.H. (1937), S. 387f.

19 Vgl. Coase, R.H. (1937), S. 391f.

20 Vgl. Bössmann, E. (1982), S. 665.

Als alleinigen Grund für die Unternehmensexistenz nennt COASE die Kosteneinsparung durch die Internalisierung von Markttransaktionen.

Hierbei werden die Transaktionen allerdings weder hinsichtlich ihres In-haltes noch hinsichtlich ihres Zustandekommens näher betrachtet. Dar-aus ist zu folgern, dass eine profitable Geschäftsidee als gegeben vorDar-aus- voraus-gesetzt werden muss. Darüber hinaus wird auch von Problemen der Um-satzaufnahme in der Frühentwicklungsphase abstrahiert, da die Transak-tionskosten für die Suche nach Marktpartnern zur Absatzseite hin als ge-geben angesehen werden. Somit kann die COASE´SCHE Transaktions-kostenökonomik zwar eine Erklärung für die Existenz von Unterneh-mungen geben, aber da der Ansatz die Geschäftsidee, den Gründungs-entschluss und Probleme der Umsatzaufnahme weitgehend vernachläs-sigt, kann die Unternehmensentstehung nicht nachvollzogen werden.

WILLIAMSON hat die Transaktionskostenökonomik weiterentwickelt, in-dem er eine differenzierte Betrachtungsweise der einzelnen Transaktio-nen einführt. Diese ist notwendig, da WILLIAMSON untersucht, mit wel-cher Vertragsform die gesamten Transaktionskosten einer Geschäftsbe-ziehung minimiert werden können. Hierzu untersucht er die einzelne Transaktion daraufhin, welche Kosten sie verursacht. WILLIAMSON un-terscheidet dabei folgende transaktionskostenverursachende Eigen-schaften:21

- Unsicherheit - Häufigkeit - Faktorspezifität.

Die Unsicherheit beeinflusst die Transaktionskosten, da zukünftige Ereignisse eintreten können, die nicht im ursprünglichen Vertrag gere-gelt sind, weil beispielsweise die Gestaltung eines ausreichend differen-zierten Vertrages zu aufwendig gewesen wäre. Im Falle der Häufigkeit sinken die Kosten, je häufiger eine Transaktion durchgeführt wird. Die Faktorspezifität bezieht sich auf den möglichen Umstand, dass Produkti-onsfaktoren durch eine bestimmte Verwendung eine Festlegung erfahren und nur noch schwer in andere Verwendungen transferiert werden kön-nen. Dies führt zu starren Bindungen an bestehende Transaktionsbezie-hung. Darüber hinaus macht WILLIAMSON noch zwei weitere Annahmen bezüglich des Verhaltens der Wirtschaftssubjekte: Sie verfügen über eine begrenzte Rationalität und verhalten sich opportunistisch.

21 Vgl. Williamson, O. (1990), S. 59ff.

WILLIAMSON ordnet den Transaktionen mit unterschiedlichen Eigen-schaftsausprägungen Vertragsformen zu.22 Der klassische Vertrag ist optimal für Transaktionen, bei denen alle wichtigen Vertragsbedingun-gen und ProdukteiVertragsbedingun-genschaften erschöpfend geregelt werden können. Der neoklassische Vertrag eignet sich für langfristige Geschäftsbeziehungen unter Unsicherheit, die wiederholte Austausche beinhalten und spezifi-sche Investitionen erforderlich machen. Der relationale Vertrag ist adä-quat bei Transaktionsbeziehungen, die hohe spezifische Investitionen und seltene Austausche erfordern.

WILLIAMSONS detaillierte Betrachtung kann als Gestaltungshilfe im Gründungsfall dienen, jedoch bietet sie nur ein heuristisches Entschei-dungsmuster. Der Transaktionsbegriff beinhaltet unterschiedlichste Ge-schäftsbeziehungen. Die in der neoklassischen Theorie gemachten An-nahmen der Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung werden durch realisti-scheres Verhalten der Wirtschaftssubjekte ersetzt, für das WILLIAMSON

allerdings keine Formalisierung anbietet. Die von ihm beschriebenen menschlichen Eigenschaften Opportunismus und begrenzte Rationalität werden nicht als Gründungsmotivation aufgefasst. Das eigentliche Mo-tiv, das den Gründer veranlasst, die Selbständigkeit zu wählen, bleibt im Dunkeln. Die Annahmen über das menschliche Verhalten und das Phä-nomen der fundamentalen Transformation tragen jedoch zur Erklärung der Markteintrittsprobleme von Gründungsunternehmen bei. WIL

-LIAMSONS Beitrag bietet keine geschlossenen Ursache-Wirkungszusam-menhänge, sondern stellt ein „offenes Modell“ dar, das eine Vielzahl von Aussagen ermöglicht.

Der sozioökonomische Ansatz besteht einerseits aus verhaltenswissen-schaftlichen Elementen und andererseits aus rein ökonomischen Ele-menten. Als einer der ersten Wegbereiter des sozialwissenschaftlichen Basiskonzepts in den Wirtschaftswissenschaften wird SCHUMPETER an-gesehen. Begründet wird dies mit seiner Aussage, dass der Gewinn nicht als alleiniges Motiv für die Erklärung unternehmerischen Verhaltens ausreicht, sondern vielmehr ein Motivbündel die Basis des Unterneh-merverhaltens ausmacht. Eine genauere Untersuchung des Motivbündels des Gründers erfolgt in Abschnitt 3.3.2.1. Zunächst werden die grundle-genden Voraussetzungen einer Unternehmensentstehung aufgezeigt. An-schließend erfolgt eine Untersuchung der verschiedenen Faktoren der Unternehmensentstehung. Dabei wird eine Differenzierung nach

22 Vgl. Williamson, O. (1990), S. 77ff.

ren, die generell zu einer Unternehmensentstehung führen, und solchen, die zu einer erfolgreichen Unternehmensentstehung beitragen, vorge-nommen.

3.2 Grundlegende Voraussetzungen einer