• Keine Ergebnisse gefunden

ÄGYPTISCHES MINISTERIUM FÜR ERZIEHUNG UND UNTERRICHT Bezirksregierungen

5. Darstellung und Diskussion der Ergebnisse

5.1 Meinungen der Sportlehrerinnen und Sportlehrer

5.1.4 Zusammenfassende Diskussion

Zunächst ist festzustellen, dass sich insgesamt in Bezug auf Geschlecht und Schulform kaum Unterschiede in den Meinungen der Sportlehrkräfte herauskristal-lisierten. Lediglich punktuelle marginale Differenzen konnten aufgedeckt werden, auf die gleich eingegangen wird. Weiterhin zeigt sich in den drei erhobenen Kate-gorien Erziehungsziele, methodisches Vorgehen und Rahmenbedingungen insge-samt eine überaus deutliche Zustimmung. Vor dem Hintergrund der kulturellen Bedingungen ist diese starke Zustimmung -, die darauf schließen lässt, dass die einzelnen zerlegten Kategorien als Leitlinien verinnerlicht sind, - jedoch zu relati-vieren: Grundsätzlich gilt es in Ägypten als höflich, einer Aussage zunächst zuzu-stimmen. Kommt nun jemand von einem Sportinstitut und fragt nach den (letztlich dort gelehrten und) zu vermittelnden Zielen, Methoden und notwendigen Rahmen-bedingungen, so werden sie folglich eher als wichtig beurteilt. Falls dies nicht den Tatsachen entsprechen sollte, wäre dies kaum überprüfbar. Besonders bedeut-sam sind daher die Befunde, wo die Daten eine geringe Ablehnung zeigten; sie wiegen gewissermaßen schwerer als in den USA oder Deutschland. Die Ergeb-nisse seien nacheinander anhand der drei übergeordneten Kategorien resümiert und kommentiert.

Die Erziehungsziele des Sportunterrichts dienen als übergeordnete Leitlinien – u.a, um ein vermehrtes Sporttreiben zu fördern (vgl. FARAG, 1999). Sie lassen sich nach den vorliegenden Ergebnissen nun in zwei Gruppen einteilen. Zur ersten Gruppe gehören psychische Eigenschaften, Gesundheit und Freude / Spaß / Be-geisterung. Sie spiegelt in erster Linie den Charakter des Sporttreibens wider, der in Ägypten eher leistungsorientierter Wettkampfsport und gezieltes Training be-deutet. In dieser Gruppe waren kaum ablehnende Haltungen zu beobachten (mit übergreifenden Durchschnitten in den Unterkategorien von 1,2 – 1,4). Hervorzu-heben sind hier lediglich die Befunde, dass die Sportlehrerinnen der Ausbildung von Führungsqualitäten ihrer Schülerinnen und ihre Vorbildfunktion geringer als ihre durchschnittlich etwas älteren männlichen Kollegen bewerten, jedoch stärker Hilfestellungen und Rückmeldungen geben wollen. Ursachen für die ersten beiden Ergebnisse lassen sich sicherlich in den kulturellen Bedingungen suchen, während Ursachen für die letzten beiden Ergebnisse noch offen bleiben müssen.

Als zweite Gruppe lassen sich Freizeit, Sozialverhalten sowie sportspezifische Kenntnisse zusammenfassen. Sie weisen stärker auf Grundlagen eines selbstän-digen Sporttreibens hin. In dieser Gruppe tauchten immer wieder ablehnende Sta-tements auf und so resultierten insgesamt höhere durchschnittliche Ergebnisse in den Unterkategorien (1,6 – 1,85). Hierzu wurde bereits gefolgert, dass entweder eine situationsabhängige Beurteilung vorgenommen wurde oder aber Unsicherhei-ten bei den SportlehrkräfUnsicherhei-ten bestehen. Möglicherweise wird den Erziehungszielen, die sich gewissermaßen wie von selbst bzw. nebenbei ergeben, auch per se ringere Bedeutungen zugeschrieben und sie sind in der Ausbildung „zu kurz ge-kommen“. Deutlich schwerer wiegt jedoch die Vermutung, dass die geringere Be-wertung auf die faktische Bedingung der großen Klassen zurückzuführen ist. Hier erscheint es zudem häufig auch unmöglich, selbständiges Lernen zu kanalisieren – obwohl dies auch eindeutig gewünscht wird. Interessant ist in dieser zweiten Gruppe der Befund, dass v.a. bei den weiblichen Lehrkräften ablehnende Haltun-gen zu beobachten waren. Neben der Funktion des Sportunterrichts als Mittel der Förderung eines freizeitsportlichen Engagements (Schulsport) bezog sich dies auf selbständige Konfliktlösungen der Schüler(innen) und eigene Lernerfahrungen.

Zwar ergaben sich wie gesagt meist deutliche Zustimmungen (und hier insbeson-dere bei sozial- und sportbezogenen Kenntnissen wie Sprache, Zusammenarbeit und Akzeptanz der Erfolge anderer sowie der Förderung des Schulsports), jedoch lassen sich die anderen aus pragmatischen Gründen bei über 40 SchülerInnen nur schwer umsetzen und dies stimmte wohl manche(n) um. Trotz übergreifender Zu-stimmung und trotz des ägyptischen Sportsystems besteht scheinbar gerade hier entsprechend Nachholbedarf für die Ausbildung.

Die Ergebnisse zum methodischen Vorgehen spiegeln diese Annahmen teilwei-se wider. Obwohl hier die Zustimmung ebenfalls hoch war (mit übergreifenden Durchschnittswerten von 1,4 – 2,4), ergab sich insbesondere im Hinblick auf As-pekte der sozialen Interaktion eine zwar zahlenmäßig gering ausgeprägte aber von der Bedeutung her nicht ungewichtige Ablehnungsquote. Dies zeigte sich ins-besondere bei individuellen vs. kollektiven Methoden (mit dem höchsten Durch-schnittswert von 2,4), wobei der Vorzug individueller Methoden zwar vielfach er-kannt aber kaum umsetzbar scheint.

Während die Wichtigkeit der allgemeinen Methoden Rückmeldung, Anleitung, Vormachen und Wettkämpfe ein weiteres Mal ein leistungssportliches Verständnis zum Vorschein kommen lassen (bei Sportlehrerinnen und Lehrkräften der Ober-schule etwas stärker ausgeprägt), findet sich hier wiederum eine geringe Bedeut-samkeitsbewertung von selbständigem Handeln der Schüler (Prüfungsvorberei-tung und Problemlösung) und Wettkämpfen in allen Sportarten, die bei den Sport-lehrerinnen ausgeprägter ist. Zusammen mit obigen Befunden kann vermutet wer-den, dass sich die weiblichen (und etwas jüngeren) Sportlehrkräfte der Problema-tiken einerseits stärker bewusst sind, andererseits aber auch eher den gesell-schaftlichen Konventionen folgen wollen.

Ähnliches gilt für die Inhaltlichen Schwerpunkte. Zwar wird die breite sportspezifi-sche Zielstellung des Sportunterrichts erkannt (Zustimmung der Frauen wieder stärker!), jedoch sollen eher Grundfertigkeiten denn spezielle Fertigkeiten gelehrt werden. Da sich dies insbesondere auch in der Oberschule zeigt, kann gefolgert werden, dass es der Sportunterricht aus Grund- und Mittelschule bisher nicht ver-standen hat, solche Grundfertigkeiten zu vermitteln. In kausaler Hinsicht ist hier ebenso auf die (methodische) Ausbildung zu verweisen oder aber auf die großen Klassen.

Weil in der ägyptischen Sportpädagogik häufig betont wird, dass es keine für je-den Fall geeignete Unterrichtsmethode gibt (vgl. z.B. ABD EL AZIZ, 1998), ist nicht verwunderlich, dass die Ergebnisse zur Methodik bei der sportartspezifi-schen Fertigkeitsvermittlung streuten. Einerseits wird „sowohl die Ganzheitsme-thode als auch die TeilmeGanzheitsme-thode“ als Item von den SportlehrerInnen favorisiert, je-doch ist eine gezielte Kombination von Methoden – wie die Ergebnisse zur Ganz-Teil-Methode zeigen – andererseits kaum passend nach der Auffassung der Sportlehrkräfte. Vermutlich scheint hier nicht ganz klar, in welcher Vermittlungsart Kombinationen von Teilen und Ganzem effizient und gewinnbringend angewandt werden können.

Auch für Bewertungsmethoden (als Teil der Ausbildung) besteht ein Bewusstsein.

Ihnen wird ein hoher Wert beigemessen, obwohl keine Noten im Zeugnis erschei-nen – sie dieerschei-nen lediglich zur Sicherung des Lernerfolges. In Bezug auf regelmä-ßige Bewertungen ist wiederum eine Unsicherheit festzustellen bzw. in Bezug auf Zwischenbewertungen eine erhebliche Ablehnung. Entweder scheuen die Sport-lehrkräfte den zusätzlichen Aufwand oder aber die Auffassung YA´QUUTs (1992),

ist weiter verbreitet als die von El HAMAHMI & EL CHOULI (1990) oder RIDWAN (1997) (siehe S. 76). Bei der Bewertung sollten auch aus Sicht der SportlehrerIn-nen weiterhin die zentralen Bewegungsmerkmale herangezogen, allerdings wer-den Notizen nur von etwa einem Drittel als wichtig betrachtet. Dementsprechend scheint das Ziel von Bewertungen nicht sehr klar. Dafür spricht weiterhin die ge-ringe und breit verteilte Bedeutsamkeitsbewertung gesundheitlicher (eher Sport-lehrer) oder sozialer Aspekte (eher Sportlehrerinnen). Für die Ausbildung wäre entsprechend zu folgern, dass hier zielgenauere Methoden vermittelt werden soll-ten.

Bei nochmals geringen Unterschieden ist auch die Zustimmung im Hinblick auf erwünschte Rahmenbedingungen insgesamt groß (Durchschnitt 1,4). Hier ist jedoch davon auszugehen, dass sich nicht nur die Vorgaben des Lehrplans, son-dern auch die Erfahrungen aus der Praxis deutlich auf dieses Meinungsbild nie-derschlagen. Einziger geschlechter-unterscheidender Befund liegt in adäquaten Umkleideräumen. Sportlehrerinnen sehen darin eine noch wichtigere Bedingung als Sportlehrer, womit die Neigung zu gesellschaftlicher Konformität wieder als bestätigt angesehen werden kann.

Betrachtet man die Befunde zu den einzelnen Kategorien im Hinblick auf Über-schneidungen, so lassen sich zu den Meinungen der Sportlehrkräfte folgende Punkte resümieren:

1. Mittel- und Oberschullehrer unterscheiden sich praktisch nicht, jedoch orientie-ren sich Sportlehrerinnen etwas stärker als Sportlehrer an gesellschaftlichen Konventionen und erkennen Problemlagen scheinbar etwas deutlicher.

2. Erziehungsziele, die mit freudvollem Leistungssport/Trainieren verbunden sind, werden höher gewichtet.

3. Eine stärkere Berücksichtigung von Sozialverhalten im Sportunterricht und von spezifischen Methoden (sportartspezifische Vermittlung und Bewertung) für die Ausbildung scheint empfehlenswert. Dies betrifft neben Konfliktlösungen selb-ständiges Lernen und Handeln der SchülerInnen, die variantenreiche Anwen-dung der Ganz-Teil-Methode und den effektiven Umgang mit großen Klassen.