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ÄGYPTISCHES MINISTERIUM FÜR ERZIEHUNG UND UNTERRICHT Bezirksregierungen

3. Hauptteil B: Schulung sportartspezifischer Fertigkeiten

3.4 Rahmenbedingungen und Hilfsmittel

3.5.3 Fachpraktische Ausbildung

In der fachpraktischen Ausbildung lernen die Studenten zunächst selbst die wich-tigsten Sportarten, um sie daraufhin selbst auf gehobenem Niveau vermitteln zu können. Einerseits sind die Mannschaftssportarten Fußball, Basketball, Volleyball, Handball und Hockey und andererseits die Individualsportarten Leichtathletik, Tur-nen, Schwimmen, Tischtennis, Boxen, Ringen und Fechten zu nennen. Daneben werden Gymnastik und Kleine Spiele gelehrt.

Durch diese praktische Vermittlung bekommen die Studenten auch ein entspre-chendes Bild davon, wie sie selbst die Sportarten in den Schulen lehren können.

Dabei geht es in erster Linie um das Wie (s.o.). Im 3. und 4. Semester erfolgen zusätzlich schon erste kurze Lehrversuche (etwa 15 Min.) mit den Kommilitonen.

Die eigene Erfahrung mit dem Unterrichten wird dann weitergehend in die dungsstruktur integriert, denn es werden Praktika gefordert. Im dritten Ausbil-dungsjahr besuchen die Studenten wöchentlich eine Mittelschule und im vierten Ausbildungsjahr wöchentlich eine Oberschule, wo sie unterrichten. In der vorle-sungsfreien Zeit muss zwischen dem 5. und 8. Semester weiterhin ein dreiwöchi-ges Praktikum in einer Schulform absolviert werden. Hier sollen die Studenten ihre Kenntnisse erproben, Selbstvertrauen gewinnen, ein Vorbild für die Schüler wer-den und sich im Sozialsystem Schule zurechtfinwer-den, wozu auch die Beziehungs-pflege zu den Eltern gehört. Abschließend werden die Studenten von den Schul-lehrern beurteilt und sollen selbst einen Bericht schreiben.

3.6 Fazit

In diesem Kapitel wird der Sportunterricht anhand einiger Strukturmerkmale cha-rakterisiert. Er ist maßgeblich von den ausformulierten Richtlinien des ÄGYPTISCHEN MINISTERIUMS FÜR ERZIEHUNG UND UNTERRICHT be-stimmt, die in erster Linie für das Unterrichten durch die Sportlehrer gedacht sind.

Zum Sportlehrer selbst (als direkter Vermittler dieser Richtlinien) werden einige wünschenswerte Persönlichkeitseigenschaften und vor allem seine Aufgaben for-muliert. Neben der Vermittlung bestimmter Inhalte nach bestimmten Methoden unter bestimmten Rahmenbedingungen (s.u.) scheint hier wesentlich, dass nicht nur der Sportunterricht, sondern vielmehr auch der Schulsport durchgeführt wer-den soll. Letzterer dient zu Showeinlagen bei Feierlichkeiten oder einem leis-tungssportlichen Trainieren. Aufgrund des Gewichtes des Schulsports (im Hinblick auf die Sportstruktur Ägyptens und die Reputation von Lehrern) ist zu vermuten, dass dies auch deutliche Auswirkungen auf die Gestaltung des Sportunterrichts hat. Mit ihm können und sollen Grundlagen für den Schulsport gelegt werden.

Vergleichbar ist die große Zielrichtung des ägyptischen Sportunterrichts mit einer frühen Phase der deutschen Leibeserziehung und Sportpädagogik, zu der GRÖ-ßING (1997, 19f) bemerkt: „In der Begründung als Unterrichtsfach tritt das päda-gogische Argument zurück (…) – aus der Erziehung durch Sport wird die Erzie-hung zum Sport.“ Wesentliche Ursachen für heutige Unterschiede liegen in der verschiedenartigen Kultur, insbesondere aber der differenten Struktur des Sport-systems (siehe Kapitel 3.2.7).

Die Persönlichkeitseigenschaften der Sportlehrer lassen sich nun als erste konkre-te Voraussetzungen für das Unkonkre-terrichkonkre-ten heranziehen. Allerdings sind die themati-sierten Eigenschaften kaum einer empirischen Prüfung zugänglich. Aus diesem Grunde erscheint es zweckmäßig, diese Voraussetzungen einerseits auf die Ein-stellung zum Sportunterricht einzuengen, andererseits aber auch zu präzisieren.

So wird also hier davon ausgegangen, dass die Einstellung eine wesentliche Dis-position zum Lehrerhandeln darstellt, die sich in verschiedene handlungsspezifi-sche Meinungen bzw. Überzeugungen zu konkreten Merkmale des Sportunter-richts (hier: Erziehungsziele, Inhalte, Methoden, Rahmenbedingungen und Hilfs-mittel) zerlegen lässt (vgl. dazu beispielsweise AJZEN 1991; 2001).

Die Analyse der Einstellung bzw. der Meinungen der Lehrer zum Sportunterricht eröffnet dann Aussagen zu mindestens drei Aspekten. Erstens können die perso-nellen Handlungsvoraussetzungen zur Umsetzung der Richtlinien als günstig oder ungünstig beurteilt werden – beispielsweise im Hinblick auf die Akzeptanz von Er-ziehungszielen oder methodischen Empfehlungen. Zweitens können Aussagen über die Qualität der Ausbildung getroffen werden und drittens sollten sich Schlussfolgerungen darüber ziehen lassen, inwieweit die gewünschten Aspekte des Lehrplans tatsächlich in die Praxis der ägyptischen Schule passen.

Daraufhin ist aber auch die Wirklichkeit des ägyptischen Sportunterrichts, d.h. die tatsächliche Umsetzung der Richtlinien, zu prüfen. Auch hier stellen die Sportleh-rer einen wesentlichen Ansatzpunkt dar, denn sie sind nicht nur für die Umsetzung der Lehrpläne zuständig, sondern beobachten die Schüler bei der Sportausübung, kennen die auftretenden Schwierigkeiten, wissen welche Sportarten und Übungen den Neigungen der Schüler entgegenkommen und welche aufgrund der vorhan-denen Möglichkeiten umsetzbar sind – kurzum: sie kennen und adaptieren den praktischen Alltag des Sportunterrichts. Im Sinne einer ersten Exploration kann dies dann mit den Lehrermeinungen konfrontiert werden, was unter Berücksichti-gung der strukturellen BedinBerücksichti-gungen insgesamt Aussagen zur Optimierung des ägyptischen Sportunterrichts und seiner Richtlinien erlauben sollte. Zusammen-fassend richtet sich die nachfolgende empirische Analyse (Befragung der Lehrer) damit auf zwei zentrale Fragen:

1. Wie sollte der Sportunterricht in der Arabischen Republik Ägypten aus Sicht der Sportlehrer sein? und

2. Wie läuft er tatsächlich in der Praxis ab?

Diese zentralen Fragen sind auf die dargestellte Struktur des Sportunterrichts zu beziehen, deren Kategorien sich wiederum unterschiedlich zerlegen lassen. Zu-nächst betrifft dies die Erziehungsziele. Die einzelnen Analyseeinheiten oder Un-terkategorien wurden bereits am Ende von Kapitel 3.2.7 (S. 62 unten) zusammen-gefasst und seien hier nicht nochmals wiederholt.

Ebenso sind Inhalte und Methoden zu analysieren, die eng miteinander verknüpft sind (vgl. auch BADIR, 1998). Mit der Jahresplanung sind die Inhalte der Sportar-ten und mit der rigiden Strukturierung der einzelnen Unterrichtseinheit die

einzel-nen Abläufe seit Jahren festgelegt und so eignet sie sich wenig als Kriterien für eine Analyse. Da die unterschiedlichen Teilaspekte der Inhalte wie technische und taktische Fertigkeiten der Sportarten einerseits, sowie die konditionellen Fähigkei-ten im Rahmen der Gymnastik andererseits weiFähigkei-ten Spielraum lassen, sollen diese als inhaltliche Schwerpunkte untersucht werden. Damit ist also keine Jahrespla-nung gemeint, sondern die konkrete schwerpunktmäßige Ausgestaltung der Unter-richtseinheiten nach Zielbereichen. Dies könnte beispielsweise Aufschluss darüber geben, ob unverhältnismäßig wenige koordinative Fähigkeiten gegenüber Kraftfä-higkeiten geschult oder ob mehr technisch-taktische Finessen gegenüber grundle-genden motorischen Mustern vermittelt werden.

Daneben lässt auch die Strukturierung der Unterrichtseinheiten immer noch gro-ßen Spielraum für unterschiedliche Unterrichtsmethoden. Festzustellen ist jedoch, dass die Methodenfrage in der ägyptischen Sportpädagogik bisher wenig syste-matisch aufgearbeitet wurde, was sich auch in den Lehrplänen des ÄGYPTISCHEN MINISTERIUMS FÜR ERZIEHUNG UND UNTERRICHT nieder-schlägt. Zwar kann vermutet werden, dass der Sportunterricht trainingsorientiert abläuft, jedoch ist noch nichts über das Wie bekannt18. Dies macht deutlich, dass die Methodenfrage nicht isoliert, sondern verbunden mit anderen Einflussgrößen und Aufgaben des Unterrichts zu betrachten ist (s.o.; vgl. MEYER, 1989, 35). Mit MEYER wird daher zunächst davon ausgegangen, dass die Frage nach den Vor- und Nachteilen einzelner methodischer Maßnahmen im praktischen Unterricht in den Hintergrund tritt und Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, ob die Aufga-benstellung von den Schülern verstanden wurde, die Übung begriffen oder ob der Zeitrahmen vergrößert werden muss. Insofern sind zunächst Aspekte der allge-meinen Methodik in den Blick zu nehmen. In Anlehnung an die Empfehlungen der ägyptischen Sportdidaktik (siehe Kapitel 3.3.3 und 3.5.2) scheinen hier folgende Kategorien fruchtbar: Vormachen der Übungen, schülergerechte Anweisungen, Rückmeldungen (richtig/falsch), Prüfungen zur Vermittlung von Erfolgserlebnissen, Prüfungsvorbereitungen, selbständige Problemlösungen, Wettkampfdurchführun-gen und sportgerechte Kleidung. Bei der Analyse einer solchen allgemeinen

18Mit Blick auf die Erziehungsziele konnte gezeigt werden, dass die Unterrichtsstruktur sich explizit auf sportspezifische Ziele und Gesundheit richtet und nur implizit auf Sozialverhalten, psychische Eigenschaften oder Freude an der Bewegung.

thodik kann die Analyse jedoch nicht stehen bleiben und so gewinnen ebenso As-pekte an Bedeutung, die der sportspezifischen Methodik zuzuordnen sind. Dabei steht die Frage im Vordergrund, inwieweit die „großen Methoden“ der Sportdidak-tik (Ganzheitsmethode, Teilmethode und Ganz-Teilmethode) bei der Vermittlung sportartspezifischer Fertigkeiten Anwendung finden und ob sich bei den verschie-denen Sportarten Unterschiede ergeben. Daneben scheint noch interessant, in-wiefern die Sportlehrer bei den großen Klassen noch individuell auf die Schüler eingehen können und wollen. Schließlich wurde in Kapitel 3.4 und 3.5 auf die Notwendigkeit von Bewertungsmethoden hingewiesen. Aufgrund der fehlenden Sportnoten im Zeugnis ist auch hier fraglich, inwieweit sie Anwendung finden. Um hierüber Aufschluss zu bekommen, wird danach gefragt, ob in der Praxis bewertet wird und welche Kriterien für eine solche Bewertung herangezogen werden soll-ten. Insgesamt wird die Methodenfrage also auf vier Unterkategorien bezogen, nämlich auf allgemeine Methoden, auf sportspezifische Methoden, auf Bewer-tungsmethoden und auf inhaltliche Schwerpunkte.

Schließlich sind die Rahmenbedingungen und Hilfsmittel des Sportunterrichts an-hand der Lehrerbefragung zu erheben. Darüber können die Voraussetzungen da-für geprüft werden, ob der Sportunterricht die an ihn gestellten Erwartungen grundsätzlich erreichen kann. Ist beispielsweise kein Basketballkorb vorhanden, wird die Vermittlung von Basketball praktisch unmöglich. Dies bedeutet, dass die Checklisten der Bezirksleiter noch keinen Aufschluss über das tatsächliche Vorlie-gen der RahmenbedingunVorlie-gen und Hilfsmittel zulassen. Für die Untersuchung sol-len nun allerdings nicht alle im Lehrplan genannten Hilfsmittel herangezogen wer-den, sondern nur solche, die der Autor als Voraussetzung zu einer abwechslungs-reichen Umsetzung der Richtlinien betrachtet.