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3 Empirischer Teil – Quantitative Analyse der Umfrage

3.1 Ziele & Hypothesen

Wie aus den vorigen Teilen der Arbeit abgeleitet werden kann, verfügt ein lastorientiertes Krafttraining im Kindes- und Jugendalter über das Potential einer sportartspezifischen Leistungssteigerung als auch einer akuten und langfristigen Verletzungsprävention. Da Krafttraining im Fußball in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Vergleich zu anderen Sportarten eher stiefmütterlich behandelt wurde (besonders im Kinder- und Jugendbereich), wird die Hypothese aufgestellt, dass auch heutzutage noch zu wenig in Richtung Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen im Nachwuchsleistungssport, speziell im Fußball, gemacht wird. Mit einem entsprechenden Fragebogen soll herausgefunden werden, ob und inwieweit Krafttraining in den U-15-Akademien von Österreich, Schweiz und Liechtenstein durchgeführt wird und welchen Stellenwert dieses einnimmt. Als weitere

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Zielstellung galt die Überprüfung von Zusammenhängen zwischen lastorientiertem Beinkrafttraining und Überlastungserscheinungen wie Sehnenansatzentzündungen.

Null-Hypothese 1: Obwohl es Empfehlungen gibt, ein spezifisches Krafttraining zweimal pro Woche durchzuführen, wird dies vom Großteil der Mannschaften (>50% aller Mannschaften) nicht umgesetzt bzw. weniger oft trainiert.

Alternativ-Hypothese 1: Der Großteil der Mannschaften (>50%) führt ein Krafttraining mindestens zweimal pro Woche durch.

Null-Hypothese 2: Es besteht kein Zusammenhang von lastorientiertem Beinkrafttraining und auftretenden Überlastungserscheinungen wie Sehnenansatzentzündungen.

Alternativ-Hypothese 2: Bei Spielern jener Mannschaften, die weniger Wert auf Krafttraining legen bzw. auch kein Beinkrafttraining durchführen, sind häufiger Überlastungserscheinungen zu beobachten.

3.2 Methodik

3.2.1 Vereins-/Probandenbeschreibung

Im Frühjahr 2019 wurden die Chef- und Athletiktrainer der U-15-Mannschaften aller zwölf österreichischen Akademien via E-Mail kontaktiert. Es handelte sich dabei um die Akademien STMK – Sturm Graz, Burgenland, FC Flyeralarm Admira, SK Rapid Wien, FK Austria Wien, St. Pölten NÖ, LASK Juniors OÖ, SV Ried, Red Bull Akademie, RZ Pellets WAC, Tirol und Vorarlberg. Zusätzlich erhielten fünf U-15-Mannschaften aus der Schweiz (FC St.

Gallen, FC Luzern, FC Basel, BSC Young Boys, Grasshoppers Zürich) und einer Mannschaft

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aus Liechtenstein (FC Vaduz) eine Anfrage für die Teilnahme. Da der Fußball in diesen beiden Ländern einen ähnlichen Stellenwert hat wie in Österreich, konnten diese Akademien bzw.

Mannschaften als Referenz verwendet werden, um Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede in der Nachwuchsarbeit zu detektieren. Es standen insgesamt 18 Cheftrainer (allesamt männlich) und 16 Athletiktrainer (15 Männer, eine Frau) zur Verfügung, die einen Fragebogen erhalten haben.

67 3.2.2 Beschreibung des Fragebogens

Nachdem mit den Trainern Kontakt aufgenommen und ihnen die Sachlage erklärt wurde, erhielten diese in den Sommermonaten 2019 einen Online-Fragebogen versehen mit der Bitte, diesen ehestmöglich und nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. Die Umfrage wurde mit dem Programm LimeSurvey, das Studierenden der Karl-Franzens-Universität Graz zur Verfügung steht, erstellt (https://survey2.edu.uni-graz.at/admin). Sowohl der Fragebogen für die Cheftrainer als auch jener für die Athletiktrainer beinhaltete 20 Fragen, die sich in der Fragestellung jedoch zum Großteil unterschieden.

Beim ersten Teil des Cheftrainer-Fragebogens wurde nach dem derzeitigen fußballspezifischen Ausbildungsstand sowie etwaigen Zusatzausbildungen im Bereich Konditions-/Athletiktraining gefragt. Der nächste Block behandelte bereits das Thema Athletiktraining – ob überhaupt ein Athletiktrainer zur Verfügung steht, was die Inhalte des Athletiktrainings sind und wie die Sinnhaftigkeit von diversen Trainingsmethoden (z. B.

Plyometrisches Training, Krafttraining mit Langhantel, Krafttraining mit Widerstandsbändern) beurteilt wird. Weiters beantworteten die Trainer noch Fragen über Umfang, Dauer und Art (rein fußballspezifische, konditionell-athletische oder regenerative Einheiten) der Trainingseinheiten pro Woche. Abschließend wurde noch die Frage nach der Anzahl der aktuell verletzten Spieler und die Art der Verletzung gestellt, also ob akute Verletzungen wie Bänderrisse, muskuläre Probleme oder chronische Überlastungserscheinungen wie Sehnenansatzentzündungen selten oder gehäuft bei den Spielern auftreten.

Ähnlich wie beim Fragebogen der Cheftrainer handelte der erste Teil des „Fragebogen Athletiktrainer“ über die Bekanntgabe des aktuellen Wissens- und Ausbildungsstandes (z. B.

universitäre Ausbildung im Bereich Sportwissenschaft/Training und/oder Zusatzausbildungen) im Bereich Kondition-/Athletiktraining. Dann folgte ein großer Teil bezüglich der in der Praxis angewendeten Inhalte des Athletiktrainings und wie die Sinnhaftigkeit von verschiedenen

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Trainingsmethoden gesehen wird. Weiter ging es mit den Fragen nach Umfang und Dauer von rein konditionell-athletischen bzw. aktiv regenerativen Einheiten pro Woche, mit der Unterscheidung zwischen Vorbereitung und Meisterschaft. Als nächstes waren die Trainer angehalten, ein Ranking bezüglich Priorität folgender Muskelgruppen, Hinblick auf Verletzungsprävention und Leistungssteigerung, zu erstellen: Rumpfmuskulatur, Beinmuskulatur vordere Kette, Beinmuskulatur hintere Kette, obere Rückenmuskulatur und Schulter-/Armmuskulatur. Der abschließende Teil bezog sich auf das Krafttraining: Anzahl von reinen Krafttrainingseinheiten pro Woche (Vorbereitung und Meisterschaft), Angaben zur Kräftigung der Beinmuskulatur mit Zusatzlast (z. B. Kniebeugen mit Langhantel) sowie durchschnittlich durchgeführte Wiederholungen pro Satz. Die Frage nach verletzten Spielern stellte ich auch den Athletiktrainern, um mögliche Tendenzen zu erkennen, ob bei Mannschaften, die mehr Wert auf Krafttraining legen und auch ein Beinkrafttraining mit Zusatzlast durchführen, weniger Überlastungserscheinungen wie Sehnenansatzentzündungen auftreten.

3.2.3 Statistische Auswertung

Die Fragenbögen wurden zum Teil mit dem Programm LimeSurvey selbst, zum überwiegenden Teil jedoch mit Microsoft Office Excel 2016 ausgewertet. Die Mittelwerte (±

Standardabweichung) dienten hauptsächlich zur übersichtlicheren Darstellung der einzelnen Ergebnisse. Zur Überprüfung von signifikanten Unterschieden (p < 0.05) zwischen zwei Gruppen kam der T-Test für unabhängige Stichproben zur Anwendung, nach einer Prüfung auf Normalverteilung der Daten mittels Q-Q-Plot und Histogramm.

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3.3 Ergebnisse

Die Compliance der Teilnehmer war mit 16 von 18 (88,90%) vollständig ausgefüllten und auswertbaren Fragebögen bei den Cheftrainern und 14 von 16 (87,50%) bei den Athletiktrainern überraschend gut. Ein zusätzliches Erinnerungsmail war bei 6 Chef- und 8 Athletiktrainern notwendig, um alle gewünschten Antworten zu erhalten. Eine telefonische Kontaktaufnahme war nicht notwendig.

3.3.1 Cheftrainer

Wie in Abbildung 6 erkennbar, erfüllen 13 der insgesamt 16 Trainer (81,25%), die den Fragebogen vollständig ausgefüllt haben, die österreichische Mindestanforderung des UEFA-A-Diploms. Jene drei Trainer, die weder das UEFA-A-Diplom noch das UEFA-Elite-Junioren-A-Diplom innehaben, sind bei Akademien in der Schweiz beschäftigt, bei denen es in der Klasse U-15 noch nicht Voraussetzung ist. Weiters besitzen mit zwei Akademietrainern aus Österreich und einem aus Liechtenstein drei Nachwuchs-Coaches den höchstmöglichen Ausbildungsgrad des UEFA-Pro-Diploms. 6 Trainer gaben noch Zusatzausbildungen in Form von universitären Ausbildungen (z. B. Training und Sport an der FH Wiener Neustadt, Sport- und Bewegungswissenschaften) oder Instruktorenausbildungen der Bundessportakademie an.

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Die meisten Chef-Trainer (81,25%) sind weniger als zwei Jahre im Amt und verfügen über eine durchschnittliche Kadergröße von 22,88 ± 3,33 Spielern. 14 der 16 Cheftrainer dürfen einen Athletiktrainer zu ihrem Trainerstab zählen, deren Zusammenarbeit und Kommunikation im Hinblick auf Trainingsplanerstellung sowie notwendigen Anpassungen im Trainingsprozess als „sehr gut“ (62,50%), „gut“ (18,75%) und „mittelmäßig“ (6,25%) bewertet wird. Weiters geben die Chef-Coaches an, dass 68,75% ihrer Athletiktrainer „definitiv“ über die Inhalte der fußballspezifischen Einheiten Bescheid wissen. Umgekehrt sind 62,50% der Cheftrainer der Überzeugung, dass sie „definitiv“ wissen, was die Inhalte des Athletiktrainings sind.

Alle Akademiemannschaften trainieren in der Meisterschaft durchschnittlich 4,94 ± 0,90 Mal pro Woche im rein fußballspezifischen Bereich zu großteils (68,75%) 60-90 Minuten pro Einheit. In der Vorbereitungsphase finden tendenziell mehr und etwas längere Einheiten statt.

Laut Angaben der Cheftrainer absolvieren 11 Mannschaften (68,75%) während der Meisterschaft einmal wöchentlich eine rein konditionell-athletische Trainingseinheit, fünf Teams führen zwei oder drei Einheiten durch. In der Vorbereitung wird auch in diesem Bereich

43,75%

Abbildung 6: Relative Häufigkeit von verschiedenen fußballspezifischen Ausbildungsgraden in Bezug auf die Gesamtheit der am Fragebogen teilnehmenden Trainer.