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4.1 Einordnung der Ergebnisse

4.1.10 Zelluläre Seneszenz

Wie zu Beginn der Arbeit erläutert wurde, beschreibt der Begriff zellulärer Seneszenz einen permanenten und irreversiblen Zellzyklusarrest, bei dem die metabolische Aktivität der Zelle erhalten bleibt (20, 21). Es werden zwei Wege unterschieden, die zur Einleitung zellulärer Seneszenz führen: Ein intrinsischer Weg, der bei kritischer Telomerverkürzung eingeleitet und auch als replikative Seneszenz bezeichnet wird sowie ein extrinsischer Weg, der bei Schädigung der Zelle durch äußere Stressoren greift, auch STASIS (stress and abberant signaling induced senescence) genannt (12). Bei der intrazellulären Signaltransduktion kommt den Zellzyklusinhibitoren

p21WAF/CIP1 und p16INK4a, die in der vorliegenden Arbeit als Repräsentanten der Seneszenzwege untersucht wurden, eine zentrale Rolle zu (72, 73, 85).

4.1.10.1 p21WAF/CIP1 - Marker für replikative Seneszenz

Kommt es zu einer kritischen Telomerverkürzung, vermittelt p21WAF/CIP1 über eine Induktion des Transkriptionsfaktors p53 einen irreversiblen Zellzyklusarrest (72). Die genaue Bedeutung und Funktion dieses Weges ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Die Inaktivierung von p21WAF/CIP1 verhindert in humanen Fibroblasten während des Zellzyklus den Übergang in die Seneszenz trotz DNA-Schadens, wobei weder die Einleitung der Apoptose noch die genomische Stabilität beeinträchtigt wird (83). Eine Induktion von p21WAF/CIP1 konnte nach experimentell induzierter Glomerulonephritis, nach durch Cisplatin ausgelöstem akutem Nierenschaden und nach Ureterobstruktion beobachtet werden (122, 123). Auch renale Ischämie von 30-45 Minuten hat eine konstante Erhöhung von p21WAF/CIP1 zur Folge (124). Diese Erkenntnisse lassen auf eine Schutzfunktion schließen, die einen Wiedereintritt geschädigter Zellen in den Zellzyklus verhindert (20). Andere Studien an p21WAF/CIP1 -Knockout-Mäusen zeigten das Ausbleiben von Glomerulosklerose oder chronischem Nierenversagen nach partieller Nephrektomie, was auf eine Regulatorfunktion des p21WAF/CIP1-Gens bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Hyperplasie und Hypertrophie des Nierengewebes schließen lässt (125). In neueren Studien von Choudhury et al. konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die Inaktivierung von p21WAF/CIP1 einen Überlebensvorteil bietet, ohne die Karzinogenese zu beschleunigen. Diese Untersuchungen legen die Bedeutung von p21WAF/CIP1 für die Regeneration und Aufrechterhaltung der Organhomöostase bei chronischen Erkrankungen sowie für mit Telomerverkürzung assoziierte Erkrankungen des Alterns nahe (126). Joosten et al. beobachteten bei einem allogenen Nierentransplantationsmodell an Ratten einen transienten Anstieg des p21WAF/CIP1 -Levels an Tag 7 nach Nierentransplantation, der allerdings an Tag 14 bereits deutlich zurück gegangen war (127). Dies ist möglicherweise auch in dem hier vorgestellten Modell der Fall. Unsere Daten zeigen eine signifikante höhere Expression von p21WAF/CIP1 in den nicht transplantierten Nieren der KO-G4-Tiere, verglichen mit den KO-G1- und KO-G3-Tieren. Dies ist ein Hinweis auf die vermehrte replikative

Arbeitsgruppe zeigte sich ebenfalls eine Zunahme der p21WAF/CIP1- Expression in den höheren Generationen junger Telomerase-Knockout-Mäuse, jedoch waren die Unterschiede hier nicht signifikant (unveröffentlichte Daten). Nach Transplantation wird p21WAF/CIP1 bei den KO-G4-Tieren vermehrt exprimiert, was auf die Belastung durch die Transplantation zurückgeführt werden kann. Auch die Tx-Nieren der KO-G4-Tiere zeigen eine Tendenz zu mehr p21WAF/CIP1-Expression, was ebenfalls auf eine höhere Anzahl seneszenter Zellen schließen lässt.

4.1.10.2 p16INK4a - Marker für STASIS

Der Zellzyklusinhibitor p16INK4a spielt eine wesentliche Rolle bei dem durch extrinsische Faktoren ausgelösten Weg zellulärer Seneszenz. Registriert die Zelle am Kontrollpunkt einen DNA-Schaden, wird die Expression von p16INK4a induziert.

Dadurch wird die Phosphorylierung des Rb-Proteins verhindert, was schließlich einen irreversiblen Zellzyklusarrest zur Folge hat (87). Jedoch scheinen der intrinsische und extrinsische Seneszenzweg miteinander verknüpft zu sein (128-130).

Verschiedene Studien zeigten, dass auch eine Telomerverkürzung zu einem Anstieg der p16INK4a-Expression führen kann (131, 132). Dies lässt vermuten, dass sowohl p21WAF/CIP1 als auch p16INK4a zum Übergang in die Seneszenz notwendig sind (133).

Te Poele et al. vermuteten, dass p53 und p21WAF/CIP1 bei der Induktion zellulärer Seneszenz eine Rolle spielen, während p16INK4a an deren Erhaltung beteiligt ist (129).

2004 stellten Melk et al. fest, dass von mehreren untersuchten Seneszenzmarkern die Expression von p16INK4a sowohl in humanen Nieren (85) als auch in Mäuse- und Rattennieren (88) am stärksten mit dem Alter korreliert. Des Weiteren besteht ein positiver Zusammenhang zwischen dem Anstieg von p16INK4a und dem Nachweis des Seneszenzmarkers senescence-associated-ß-galactosidase (88), einem häufig genutzten Marker seneszenter Zellen (12,134). Durch Hydronephrose, interstitielle Nephritis, polyzystische Nierenerkrankung und Pyelonephritis konnte eine Akkumulation von p16INK4a in der Niere nachgewiesen werden (20). Akute Schädigung durch renale Ischämie-Reperfusion bei Mäusen führt ebenfalls zu einem Anstieg von p16INK4a (124). Neuere Studien von Wolstein et al. zeigten, dass

INK4a-Knockout-Mäuse nativ und nach Ureterobstruktion mehr interstitielle Fibrose ausbilden als Wildtypen. Des Weiteren fand man bei den INK4a-Knockout-Mäusen eine Zunahme der tubulären und interstitiellen Proliferation (135). Diese Erkenntnisse lassen die Überlegung zu, dass eine erhöhte p16INK4a-Expression nach akutem Nierenschaden dazu dient, eine überschießende Proliferation und Inflammation zu verhindern, was zu einer Reduktion des fibrotischen Umbaus führt (136). Dies widerspricht allerdings der These von Halloran et al., wonach eine zunehmende Anzahl seneszenter Zellen die Ausbildung chronischer histologischer Schäden wie interstitieller Fibrose zur Folge hat (10).

Auch die Bedeutung von p16INK4a im Rahmen der Nierentransplantationen wurde bereits untersucht. Um die Auswirkungen des Spenderalters auf die Transplantatfunktion zu beurteilen, nahmen Melk et al. allogene und isogene Nierentransplantation an Mäusen vor, wobei sie die Transplantate von älteren und jüngeren Spendern hinsichtlich histologischer Veränderungen und p16INK4a -Expression verglichen. Es zeigte sich nach allogener Transplantation von Nieren älterer Spender eine Zunahme histologischer Schädigungsmerkmale sowie ein starker Anstieg der p16INK4a-Expression. In den Nieren jüngerer Spender war der p16INK4a-Anstieg hingegen deutlich geringer. Nach isogener Transplantation ließen sich keine Unterschiede bezüglich der p16INK4a-Expression mehr erkennen (137).

Ergebnisse von Joosten et al. bestätigten diese Beobachtung. Sie entdeckten, dass es nach allogener Nierentransplantation bei Ratten zu einem transienten p21WAF/CIP1 -Anstieg kommt, welchem ein permanenter p16INK4a-Anstieg folgte (127). Weiterhin konnte festgestellt werden, dass sowohl eine akute Abstoßung bei Mäusen (137), als auch eine chronische Abstoßung bei Ratten eine Zunahme der p16INK4a-Expression zur Folge haben (127). Neuere Studien zeigen, dass die Expression von p16INK4a zum Zeitpunkt der Implantation besser mit der Transplantatfunktion sechs und zwölf Monate nach Transplantation korreliert als das chronologische Alter des Organs allein. (138, 139).

Sowohl Zellen von alternden als auch von transplantierten, geschädigten und erkrankten Nieren zeigen eine gesteigerte Expression von p16INK4a. Dies macht eine gemeinsame Endstrecke dieser Vorgänge möglich, welche auch die zelluläre

INK4a

Transplantation oder Krankheit hat den irreversiblen Zellzyklusarrest vieler Zellen zur Folge. Dieser Umstand bedeutet eine reduzierte Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Organintegrität in zukünftigen Belastungssituationen (140). P16INK4a scheint nicht nur ein Biomarker, sondern auch ein Effektor des Alterungsprozesses zu sein, insbesondere durch Limitierung der Regenerationsfähigkeit verschiedener Gewebe (141).

In der hier untersuchten Gruppe wie auch in Vorarbeiten unserer Arbeitsgruppe findet sich eine Induktion der p16INK4a-Expression in den N-Nieren der KO-G4-Tiere, verglichen mit Wildtypen und KO-G1-Tieren (unveröffentlichte Daten).

Unsere Daten zeigen weiterhin eine Induktion von p16INK4a nach Transplantation in allen Gruppen, was als Hinweis auf die Aktivierung des extrinsischen Wegs zellulärer Seneszenz gewertet werden kann. Es findet sich jedoch kein signifikanter Anstieg von p16INK4a in den transplantierten Nieren höherer Generation. Es ist denkbar, dass eine stärkere Schädigung im Rahmen der Transplantation, zum Beispiel durch längere Ischämiezeiten, durch eine eingeschränkte Transplantatfunktion zu einer stärkeren Zunahme der p16INK4a -Expression führt. Dies müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.