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Die „Zeckenschutzimpfung“ – FSME-Impfung

Die sogenannte Zeckenschutzimpfung schützt vor der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) und nicht vor der Lyme-Borreliose. [54]

In Österreich ist jede fünfte Zecke mit Borrelien verseucht und jährlich werden geschätzte zwölftausend Menschen mit Borrelia burgdorferi infiziert. Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragbare Erkrankung. [56]

8.3.1 Die Impfstoffentwicklung

Einen Humanimpfstoff zu entwickeln, gestaltet sich schwieriger als zunächst angenommen. Wegen schwerwiegender Komplikationen musste ein für Nordamerika entwickelter OspA-Humanimpfstoff wieder aus dem Handel genommen werden. Das Problem bei der Entwicklung ist unter anderem, dass Borrelia burgdorferi seinen Phänotyp laufend wechselt. Im Darm der Zecke ist

OspA raufreguliert. OspA wird mit dem einströmenden Blut des Wirtes in den Zeckendarm runterreguliert. Es kommt in der Speicheldrüse der Zecke und im humanen Blut nur selten vor. Bei der Übertragung verlieren die Borrelien ihre Anfälligkeit bezüglich OspA-Antikörper. Der Phänotyp ist auch vom zeitlichen Verlauf der Infektion abhängig. Im Zeckendarm sind OspC-Antigene nicht exprimiert. Sie werden mit dem einströmenden Blut des Wirtes raufreguliert, da sie bei der Migration durch die Darmwand in die Speicheldrüse und zur Übertragung auf den Wirt benötigt werden. Ob OspC im weiteren Verlauf der Infektion raufreguliert bleibt, wurde noch nicht herausgefunden.

Ein weiteres Problem ist, dass die einzelnen Genotypen von Borrelia burgdorferi verschiedene Genexpressionen besitzen. Es gibt Borrelienarten, die weder OspA noch OspC exprimieren. Somit sind sie für Antikörper nicht angreifbar. Zusätzlich sind Antigene vorhanden, wie z. B.: das Oberflächenprotein VIsE (variable major protein like sequence, expressed), die ihre antigene Oberfläche nach ein paar Tagen wieder verändern.

Da in Nordamerika Borrelien eines Typs vorkommen, enthält der Impfstoff nur eine spezifische Variante des OspA als wirksames Antigen. In Europa hingegen kommen drei Spezies vor, die insgesamt sieben OspA-Serotypen aufweisen. [14]

Die OspA-Strukturen weichen stark voneinander ab. Daher benötigt man einen Impfstoff, der alle wichtigen OspA-Varianten als Antigene enthält. [57]

Die OspA-Impfstoffe der 1. Generation bewirken, dass die Borrelien im Zeckendarm durch OspA-Antikörper lysiert werden. Diese Antikörper gelangen mit dem Blut des Wirtes in den Zeckendarm. In der Folge werden keine Borrelien mehr übertragen. Es wurde das gentechnisch in E. coli hergestellte L-OspA verwendet. Dieser Impfstoff war in den USA zugelassen (Präparat Lymerix).

Mittlerweile wurde er wieder vom Markt genommen, da vermutet wurde, dass es durch den Impfstoff zur Entwicklung von Autoimmunerkrankungen, vor allem der Autoimmunarthritis, kommt. Bis heute konnte kein Zusammenhang mit der Impfung bewiesen werden. [14,58]

Um die Autoimmunreaktion der OspA-Impfstoffe der 1. Generation zu verhindern, wurde das Impfantigen verändert (OspA-Impfstoffe der 2. Generation).

Im Gegensatz zu den OspA-Impfstoffen, werden bei dem OspC-Impfstoff die Borrelien erst nach der Infektion im Wirt angegriffen. Im Tierversuch konnte nachgewiesen werden, dass die Applikation eines OspC-Immunserums nicht nur Borrelis burgdorferi im Gewebe beseitigt, sondern auch zur Heilung einer Arthritis führt. Hier besteht im Unterschied zu den OspA-Impfstoffen nicht nur die Möglichkeit der Prophylaxe, sondern auch der Behandlung. [14,59]

8.3.2 FSME

Die Frühsommermeningoenzephalitis wird wie die Lyme-Borreliose durch Zecken übertragen. Die Viruserkrankung führt zu einer Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute und des zentralen Nervensystems. [55]

Die FSME-Viren (Flavivirus der Familie Flaviviridae) befinden sich in den Speicheldrüsen der Zecken. [17,53] Sie vermehren sich nach dem Zeckenstich vorerst lokal im Wirt und gelangen dann ins Blut. Das Virus wird lokal durch Granulozyten, Makrophagen und Langerhans-Zellen aufgenommen, vermehrt sich dort und durch virämische Ausbreitung folgt nach 7-10 Tagen der erste Krankheitsgipfel. Die folgende 2. Virämie führt zu Organmanifestationen im Gehirn und in den Meningen. Die Inkubationszeit beträgt bei der Frühsommermeningoenzephalitis 7-14 Tage. Bei den apparent12 verlaufenden Formen wird zwischen 2 Phasen unterschieden. Bei 90% der Infizierten entwickeln sich im Primärstadium uncharakteristische Symptome wie Glieder-, Kopf- und Kreuzschmerzen, ähnlich eines grippalen Infektes. Die 1. Phase dauert ca. 2-4 Tage, wobei die Körpertemperatur selten über 38˚C steigt. Anschließend folgt ein beschwerdefreies Intervall von ca. 1-20 Tagen. Die 2. Phase ist durch den Befall des zentralen Nervensystems gekennzeichnet und kann sich als Meningitis (Gehirnhautentzündung), Meningitis mit Radikuloneuritis, Meningoenzephalitis oder Meningoenzephalomyelitis äußern. Liegt eine Meningitis vor, treten heftige Kopfschmerzen auf, die mit Fieber bis 40˚C einhergehen. Hyperkinesien, Bewusstseintrübungen bis hin zur Bewusstlosigkeit treten unter Mitbeteiligung des Gehirns auf. Die Spätlähmungen treten im Bereich der oberen Extremitäten, sowie des Halses und Schultergürtels auf. Bei Erwachsenen überwiegt die

12 sichtbar

enzephalitische und bei Kindern die meningitische Form. [6] Eine kausale Therapie, die die Krankheitsursache beseitigt, das heißt, die direkt am Erreger ansetzt und ihn unschädlich macht, ist bis heute bei der FSME nicht möglich. Der einzige sichere Weg sich vor der Infektion zu schützen, ist der aktive Impfschutz.

Bei der aktiven Immunisierung wird ein Totimpfstoff verwendet. Der Körper kann dadurch einen eigenen Infektionsschutz aufbauen. Die für Erwachsenen und Kinder unterschiedlichen Impfstoffe müssen nach einem bestimmten Impfschema appliziert werden. Die Impfung besteht aus drei Teilimpfungen.

Die 2. Teilimpfung wird 1-3 Monate nach der 1. Teilimpfung verabreicht, bevorzugt in der kalten Jahreszeit. Die 3. Teilimpfung folgt nach 5-12 Monaten. Bei der Behandlung der FSME werden die recht unterschiedlichen Beschwerden gezielt therapiert. [55,75,81]

9 Rückfallfieber: Eine weitere durch Borrelien hervorgerufene Erkrankung

Das durch Borrelien verursachte Rückfallfieber ist eine akute, mit wiederholt auftretenden Fieberschüben verlaufende Infektion. Borrelia recurrentis verursacht das epidemische Läuse-Rückfallfieber und Borrelia hermsii, sowie mindestens 15 weitere Borrelienarten lösen das endemische Zecken-Rückfallfieber aus. Bereits seit mehr als hundert Jahren sind die Erreger und Überträger des Rückfallfiebers bekannt. Morphologisch zeigt Borrelia recurrentis sowie die anderen Borrelienarten den gleichen Aufbau wie Borrelia burgdorferi. Jedoch zeigen im Gegensatz zu Borreila burgdorferi die Rückfallfieber-Borrelien eine größere Variabilität der Oberflächenproteine auf. Den Erregern ist es möglich, durch antigene Variation im Wirt, der Immunantwort zu entgehen. [6,9]

„Eine einzige Borrelie kann etwa 30 antigene Varianten bilden, die ein bestimmtes

„variable major protein“ (Vmp) bilden, das in zwei Klassen vorkommt: als „variable large proteins“ (Vlps, etwa 36 kDa) und als „variable small proteins“ (Vsps, etwa 20 kDa).“

(Krauss H./ A. Weber/ M. Appel/ B. Enders/ A. v. Graevenitz/ H. D. Isenberg/ H. G.

Schiefer/ W. Slenczka/ H. Zahner; Zoonosen, 3. Vollständige überarbeitete und erweiterte Auflage 2004, S. 225, siehe Abschn. 2.3.2)

Die Spirochätenpopulation besteht in jedem Stadium der Spirochätämie größtenteils aus einem Serotyp. Beim Rückfall jedoch, dominiert ein anderer Serotyp. Dieser unterscheidet sich vom vorherigen. [9]