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2 Schrifttum

2.8 Wirtschaftliche Bedeutung

Paratuberkulose verursacht erhebliche ökonomische Verluste für Besitzer von Rinderbeständen sowohl in der Milchvieh- wie auch in der Mastviehhaltung. Die schwersten finanziellen Auswirkungen entstehen durch die Anwesenheit infizierter Tiere mit klinischen Symptomen, aber bereits subklinisch betroffene Rinder haben Produktionseinbußen (HASONOVA u. PAVLIK, 2006). In den USA wird der jährliche Verlust für die Milchwirtschaft durch MAP-infizierte Tiere auf 200-250 Millionen Dollar geschätzt (RIDEOUT et al., 2003).

Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Paratuberkuloseinfektion beim Rind lassen sich in direkte „out-of-pocket“ Kosten und indirekte ökonomische Verluste einteilen (HASONOVA u. PAVLIK, 2006; LOMBARD, 2011). Bei dem Ziel, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Paratuberkulose in einem Betrieb zu minimieren, sollte die Summe beider Gruppen reduziert werden. Zudem steigen die ökonomischen Verluste im Betrieb stetig mit der Zeit an, in der keine Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung durchgeführt werden (GARCIA u. SHALLOO, 2015).

Direkte wirtschaftliche Verluste entstehen vor allem durch sinkende Milchproduktion, steigende Mastitisanfälligkeit, Veränderungen in den Milchparametern, erhöhte

somatische Zellzahlen, Fortpflanzungsstörungen, schlechte Futterverwertung, verkürzte produktive Lebenszeit, niedrigere Schlachterlöse und generelle Anfälligkeit gegenüber anderen Erkrankungen (HASONOVA u. PAVLIK, 2006). Bereits subklinisch infizierte Tiere zeigen eine geringere Milchleistung, reduzierte Fertilität und erhöhte Krankheitsanfälligkeit im Vergleich zu nicht infizierten Kühen (GARCIA u. SHALLOO, 2015).

NIELSEN et al. (2009) beziffern die Milchleistung von Kühen mit klinischer Paratuberkulose bzw. mit positivem ELISA 20 % bzw. 17 % geringer im Vergleich zur letzten Laktation. Dies führt in der 305-Tage-Milchleistungsbilanz bei Tieren mit stark positivem ELISA zu 1364 kg Produktionsverlust. Ähnliche Werte dokumentieren GARCIA und SHALLOO (2015). Sie berichten von einer Reduktion der Milchleistung um 19,5 % bei klinisch betroffenen Tieren und 15 % bei subklinisch infizierten Kühen.

Diese Autoren führen eine Produktionsabnahme von 1260 kg Milch pro Laktation bei einer Kuh mit klinischen Symptomen auf. Laut RAIZMAN et al. (2009) beträgt der Verlust einer kulturpositiven Kuh 1355 kg Milch und damit 276 US$

Einnahmenminderung pro Laktation. Neben der geringeren Milchleistung produzieren Kühe mit positiver Kotkultur und Milch-ELISA auch weniger Milchfett und -protein im Vergleich zu nicht infizierten Tieren dieser Herde (HENDRICK et al., 2005). Laut den Autoren GARCIA und SHALLOO (2015) produziert ein infiziertes Tier pro Laktation 11,46 kg weniger Fett und 9,49 kg weniger Protein.

Die Schätzungen des Verlusts der geringeren Milchleistung eines MAP-infizierten Tieres unterliegen jedoch starken Schwankungen, die durch Parität, Erkrankungsstadium, Laktationstage (days in milk), verwendeter Nachweismethode und Kontrollgruppe beeinflusst werden. Zudem wirkt sich auch die Herdenproduktivität, das Produktionssystem, das Herdenmanagement und die Herdenprävalenz aus (HENDRICK et al., 2005).

Der biologische Mechanismus zur reduzierten Fruchtbarkeit MAP-infizierter Tiere basiert auf der Beziehung von negativer Energiebilanz und Reproduktion (JOHNSON-IFEARULUNDU et al., 2000). Aufgrund des Malabsorptionssyndroms durch die niedrigere Nährstoffaufnahme im Darm kommt es zu einer negativen Energiebilanz, die sich mindernd auf das Wachstum und die Entwicklung der

Corpora lutea auswirkt. Dies führt zu einer Reduktion des Serumprogesteronspiegels (HASONOVA u. PAVLIK, 2006). Bei post partum-Kühen führt eine negative Energiebilanz zu verlängerten Intervallen bis zur nächsten Ovulation, einer reduzierten Anzahl großer Follikel und einem vermindertem Wachstum präovulatorischer Follikel (JOHNSON-IFEARULUNDU et al., 2000). Die Abkalbungsintervalle sind im Durchschnitt 1,73 Monate länger.

Das Schlachtgewicht und der Schlachtwert bei Tieren mit positivem ELISA sind um 10 % bzw. 17 % geringer im Vergleich zu negativ getesteten Tieren. Lassen sich zusätzlich in der Kotkultur MAP-Erreger nachweisen, beträgt die Reduktion des Schlachtgewichts 15 % und die des Schlachtwertes sogar 31 %. Insgesamt kann es zu Gewichtsverlusten von bis zu 31 % und Wertverlusten von bis zu 48 % bei Paratuberkulose-erkrankten Tieren kommen (KUDAHL u. NIELSEN, 2009).

RAIZMAN et al. (2009) errechneten einen reduzierten Schlachtwert bei kulturpositiven Tieren von 170 $. Schlachtkörper mit schweren pathologischen Befunden gelangen gar nicht in die Lebensmittelkette (GARCIA u. SHALLOO, 2015).

Hauptgründe für Abgänge von subklinisch infizierten Tieren sind zu 46 % die gesunkene Milchleistung, zu 27 % Mastitis, zu 9 % eine positive Kotkultur, zu 9 % Fertilitätsprobleme und zu 5 % eine positive KBR. Abgangsursachen bei Tieren mit einer klinischen Paratuberkulose-Erkrankung sind zu 50 % eine positive Kotkultur, zu 33 % der signifikante Gewichtsverlust und zu 17 % die reduzierte Milchleistung (GARCIA u. SHALLOO, 2015).

Die direkten Verluste, welche aufgrund einer Paratuberkulose-Erkrankung entstehen, sind in der folgenden Abbildung 12 dargestellt.

Abbildung 12: Direkte Verluste durch eine Paratuberkulose-Erkrankung, Quelle: eigene Darstellung

Indirekte ökonomische Verluste entstehen durch eine Reihe von Faktoren. Dazu gehören eine frühzeitige Schlachtung und dem daraus resultierenden nicht genutzten Potential bzw. ausbleibenden Produktionswert eines infizierten Tieres. Außerdem sind zu nennen eine Aufstockung für die erhöhte Sterblichkeitsrate und die vermehrten Schlachtabgänge, die Kosten für diagnostische Tests sowie die gesteigerten Ausgaben zur Einrichtung von Kontrollprogrammen und für Tierarztkonsultationen. Zudem leidet die Reputation eines Betriebes, wenn der Paratuberkulose-Erreger nachgewiesen werden konnte. Hinzu kommen Beschränkungen im Tiertransport und -handel sowie niedrigere Verkaufspreise der Tiere national wie international (HASONOVA u. PAVLIK, 2006). Die Tierarztkosten können signifikant erhöht sein bei klinisch betroffenen Tieren z.B. durch chancenlose Behandlungsversuche des Durchfalls, wenn noch kein Paratuberkulose-Verdacht besteht. Zudem entstehen indirekte Tierarztkosten wie zur Behandlung von Mastitiden und Lahmheiten durch die erhöhte Krankheitsanfälligkeit infizierter Tiere (GARCIA u. SHALLOO, 2015).

Direkte Verluste durch eine Paratuberkulose-Erkrankung

ê Milchproduktion

ê Milchfett und -protein

é Mastitisanfälligkeit é Somatische Zellzahlen

ê Fruchtbarkeit

ê Futterverwertung

ê Lebenszeit

ê Schlachtgewicht

ê Schlachtwert

é Krankheitsanfälligkeit

Die folgende Abbildung 13 stellt die indirekten Verluste durch eine Paratuberkulose-Erkrankung zusammen.

Abbildung 13: Indirekte Verluste durch eine Paratuberkulose-Erkrankung, Quelle: eigene Darstellung

Die wirtschaftlichen Verluste durch Paratuberkulose-Infektionen bei Mastrindern sind insgesamt schlechter untersucht als bei Milchkühen. Direkte ökonomische Einbußen entstehen durch die erhöhte Mortalität, durch frühzeitiges Schlachten bzw. den Verkauf untergewichtiger Tiere und die Herdenaufstockungskosten (ROUSSEL, 2011; BHATTARAI et al., 2013). Zudem ist das 205-Tage-Absetzgewicht bei gesäugten Kälbern von Kühen mit stark positivem ELISA 21,48 kg niedriger als bei negativ getesteten Tieren, was Einbußen von 57,49 € pro Kalb entspricht. Kälber von heavy shedder-Tieren sind nach 205 Tagen sogar 58,51 kg leichter, was einen wirtschaftlichen Verlust von 156,60 € pro Kalb ausmacht (GARCIA u. SHALLOO, 2015). Die geringeren Zunahmeraten von gesäugten Kälbern infizierter Muttertiere basieren vermutlich auf der verminderten Milchleistung. Indirekte finanzielle Einbußen entstehen durch den Verlust von Tieren mit wertvollem genetischen Potential, Verlust des Exportmarkts sowie des Konsumentenvertrauens (ROUSSEL, 2011). BHATTARAI et al. (2013) beziffern den wirtschaftlichen Schaden auf 250 $ pro Jahr und infiziertes Tier in einer Mutterkuhherde.

Indirekte Verluste durch eine Paratuberkulose-Erkrankung

Ausbleibende zukünftige Milchproduktion

é Aufstockungskosten é Tierarztkosten

é Ausgaben für Kontrollprogramme und diagnostische Tests Schlechte Reputation

Beschränkungen im Tiertransport und -handel

ê Tierverkaufspreise