• Keine Ergebnisse gefunden

4 Pathophysiologie der Atemwegserkrankungen beim Pferd

5.2 Wirkungen und therapeutische Anwendungen

Dembrexin wird zur Behandlung katarrhalischer Entzündungen der Luftwege und akuter, subakuter und chronischer Bronchitiden beim Pferd eingesetzt. Seine Bedeutung liegt vor allem in dem Einsatz bei der chronisch obstruktiven Bronchitis (COB). Als Sputolysin® und in Kombination mit dem ß-Sympathomimetikum Clenbuterol als Venti-Plus® ist Dembrexin zur oralen Anwendung beim Pferd zugelassen. Die Dosierung beträgt zweimal täglich 0,3 mg/kg KM.

UNGEMACH (2003) unterteilt die Expektorantien in Sekretolytika, Mukolytika und Sekretomotorika und ordnet Dembrexin den Sekretolytika zu.

Sekretolytika führen zu vermehrter Bildung eines serösen Sekrets mit verringerter Viskosität und zu einer Zunahme der dünnflüssigen Solphase in den Bronchien (UNGEMACH 2003).

Im Gegensatz dazu beeinflussen Mukolytika nicht die Sekretion in den Bronchien, sondern verringern durch Veränderung der physikalisch-chemischen Eigenschaften des Bronchialschleims seine Viskosität (UNGEMACH 2003). Sekretomotorika steigern die Aktivität des Flimmerepithels und fördern so die mukoziliäre Clearance (UNGEMACH 2003).

Als Wirkungen von Dembrexin gelten eine Steigerung der tracheobronchialen Sekretion, eine Erhöhung der Surfactantproduktion und eine antitussive Wirkung (interner Bericht Boehringer Ingelheim). Da derzeit keine Angaben über die Wirkmechanismen vorliegen, sollen diese anhand der dem Dembrexin strukturell eng verwandten Substanzen Bromhexin und Ambroxol dargestellt werden (s. Abb. 6 und 7).

Br Br

NH2

NH

OH

Br Br

NH2

NH

OH

CH3

Abb: 6: Strukturformel von Ambroxol Abb. 7: Strukturformel von Bromhexin

Vor allem Ambroxol werden die gleichen Wirkungsweisen wie Dembrexin zugesprochen. Es ist ein wirksamer Metabolit von Bromhexin und ist im Gegensatz zu Bromhexin, das unter dem Handelsnamen Bisolvon® zur Anwendung bei Pferd, Rind, Schwein, Hund und Katze zugelassen ist, nur als Humanarzneimittel auf dem Markt (UNGEMACH 2003).

5.2.1 Wirkungen auf die tracheobronchiale Sekretion

Die expektorierende Wirkung von Dembrexin zeigt eine Studie, die an Meerschweinchen durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wiesen eine dosisabhängige Steigerung der tracheobronchialen Sekretion auf. Im Vergleich mit Ambroxol und Bromhexin konnte für

Dembrexin eine steilere Dosis-Wirkungs-Beziehung dargestellt werden (interner Bericht Boehringer Ingelheim). Einen Hinweis, in welcher Weise Dembrexin auf den Bronchialschleim wirkt, gibt MATTHEWS (1988). Danach soll Dembrexin mit der Glykosylierung der im Bronchialschleim vorhandenen Glykoproteine interferieren. Die resultierende Veränderung in den Zuckerseitenketten des Glykoproteins führt zu einer Veränderung der viskoelastischen Eigenschaften des Bronchialsekrets, d.h. zu seiner Verflüssigung.

Eine Wirkung von Ambroxol auf die tracheobronchiale Sekretion zeigten IRAVANI und MELVILLE (1974) an Lungenpräparaten von Ratten. Sie konnten eine erhöhte Flimmerbewegung, einen Anstieg der Geschwindigkeit des Schleimtransportes und eine verminderte Schleimviskosität verzeichnen. NEMETSCHEK-GANSLER und SEEFELD (1975) stellten in einem Langzeitversuch mit Ambroxol an Ratten fest, dass der zentrale Angriffspunkt der Substanz die Becherzellen sind. Untersuchungen an Darm- und Bronchialepithel zeigten initial eine Entleerung reifer Becherzellen, mit anschließender Vermehrung unreifer Becherzellen. Die Autoren vermuten, dass dadurch der Mechanismus der Muzinsynthese und -sekretion gestört wird, mit der Folge verminderter Produktion eines viskösen Schleims. In jüngster Zeit konnten für Ambroxol elektrophysiologische Effekte am Atmungsepithel festgestellt werden. So soll Ambroxol über eine Veränderung der Natriumresorption den Ionenfluss durch das Epithel der Luftwege beeinflussen. Die Folge ist eine vermehrte Bereitstellung von Flüssigkeit aus Epithelien und Interstitium, wodurch das Bronchialsekret flüssiger wird (FISCHER 2003).

BÜRGI (1965) konnte in einem Versuch, in dem er von Asthmatikern gewonnenen Bronchialschleim mit Bromhexin inkubierte, innerhalb von zwei Stunden eine vollständige Auflösung der sauren Mukopolysaccharide zeigen. Mukopolysaccharide sind unter anderem Ursache für eine erhöhte Viskosität von Bronchialschleim.

5.2.2 Wirkungen auf das Surfactantsystem

Zahlreiche Untersuchungen befassten sich mit der Ermittlung der Wirkung von Bromhexin und Ambroxol auf das Surfactantsystem der Lunge. Für Dembrexin liegt dagegen nur das

Resultat einer unveröffentlichten Untersuchung von 1973 vor (interner Bericht Boehringer Ingelheim).

Die Beeinflussung der oberflächenaktiven Substanz durch Dembrexin wurde an 20 Ratten untersucht. Um verminderte Surfactant-Level zu induzieren, entzog man den Tieren für 5 Tage das Futter. Nach viertägiger Verabreichung von Dembrexin wurde die Oberflächenspannung in den Lungenspülflüssigkeiten der Ratten bestimmt. Die Ergebnisse zeigten, dass es infolge eines Nahrungsentzugs zu einer Erhöhung der Oberflächenspannung kommt. Bei mit Dembrexin behandelten Tieren war eine verringerte Oberflächenspannung zu verzeichnen, die sich von der normal gefütterter Ratten nicht signifikant unterschied. Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit Untersuchungsergebnissen über Ambroxol zeigte keinen Unterschied in der Wirkungsstärke beider Substanzen (interner Bericht Boehringer Ingelheim). Ein weiterer Versuch, in dem die Volumendehnbarkeit der Lunge bei Ratten mittels eines Pneumotachographen ermittelt wurde, gab ebenfalls Hinweise auf eine vermehrte Surfactant-Produktion durch Dembrexin. Mit Dembrexin behandelte Tiere wiesen hinsichtlich der Compliance bessere Werte auf als unbehandelte Kontrolltiere (interner Bericht Boehringer Ingelheim).

CURTI (1972) erstellte an den Lungen von zuvor mit Ambroxol bzw. Bromhexin behandelten Albinomäusen Druck-Volumen-Diagramme und beurteilte mittels histochemischer Untersuchungen die Anzahl an Pneumozyten Typ II und deren Gehalt an oberflächenaktiver Substanz. Die Ergebnisse zeigten, dass Ambroxol in der Lage ist, die Produktion des Surfactant in den Alveolen zu steigern. Für Bromhexin konnte dieses jedoch nicht dargestellt werden. BENZER et al. (1969) fanden ebenfalls keinen Hinweis auf die Beeinflussung des Surfactant-Systems durch Bromhexin. Sie verglichen die Oberflächenspannungsverhältnisse in Lungenpräparaten von mit Bromhexin behandelten Menschen mit einer unbehandelten Kontrollgruppe und konnten keine Unterschiede feststellen. Die Autoren sprachen jedoch der Aussagekraft ihrer Untersuchungsmethode gewisse Unsicherheiten zu.

Die Wirkung von Ambroxol auf das oberflächenaktive System untersuchten auch CERUTTI und KAPANCI (1979) an 50 Ratten. Mittels Elektronenmikroskopie ermittelten sie bei

Tieren, die mit Ambroxol behandelt waren, eine Erhöhung des Zellvolumens der Typ II Pneumozyten. Zudem konnten sie einen Anstieg des Verhältnisses der Lamellenkörperchen, dem Speicherungsort von Surfactant, zu alveolärem Gewebe verzeichnen. Die Autoren erklären jedoch, dass ihre Untersuchungsergebnisse nicht beweisend für eine vermehrte Surfactantsynthese durch Ambroxol sind. Auf eine vermehrte Surfactantsynthese durch Ambroxol lassen jedoch Ergebnisse von ELEMER und KAPANCI (1981) schließen. Sie konnten bei Ratten eine vermehrte Einlagerung von intravenös applizierter 3H-Palmitinsäure in Typ II Pneumozyten nach der Gabe von Ambroxol feststellen. Da Palmitinsäure ein Bestandteil des Surfactant ist, schließen die Autoren auf eine vermehrte Synthese. Sie weisen jedoch darauf hin, dass eine gesteigerte Surfactantsynthese nicht gleichzeitig eine vermehrte Sekretion der Substanz impliziert.

In weiteren Untersuchungen an isolierten, alveolären Typ-II-Zellen, konnte der Effekt von Ambroxol auf das Surfactantsystem nicht bestätigt werden. WIRTZ (2000) untersuchte zum Einen die Surfactant-Sekretion mittels 3H-markiertem Phosphatidylcholin und zum Anderen die Surfactant-Synthese durch Bestimmung der Inkorporation von 3H-Cholin in

3H-Phosphatidylcholin als Marker der Synthese. Im Vergleich mit Substanzen, die eine maximale Surfactantsekretion hervorrufen, konnten deutliche Unterschiede zu Ambroxol festgestellt werden. Ambroxol zeigte weder einen signifikanten Effekt auf die Synthese, noch auf die Sekretion des Surfactant. WIRTZ (2000) weist jedoch darauf hin, dass als Erklärung für die in älteren Studien gefundene Vermehrung der oberflächenaktiven Substanz nach Gabe von Ambroxol, Ergebnisse der Untersuchungen von HEATH und JACOBSON (1985) gesehen werden können. Sie fanden, dass Ambroxol das lysosmale Enzym Phospolipase A hemmt, welches den Abbau von Surfactant katalysiert. Weiterhin sollen neuere Untersuchungen ergeben haben, dass die Clarazellen, die ebenfalls an der Bereitstellung von Surfactant beteiligt sind, durch Ambroxol stärker stimuliert werden, als die Typ II Pneumozyten (FISCHER 2003).

5.2.3 Antitussive Wirkung

In einem Versuch an Ratten konnte die antitussive Wirkung von Dembrexin gezeigt werden.

Dabei wurde die Anzahl der Hustenstöße nach Exposition mit Zitronensäurespray vor und

nach der Behandlung mit Dembrexin aufgezeichnet. Vergleichend wurden Tiere mit Codein behandelt. Nach der Verabreichung von Dembrexin zeigten die Tiere eine verminderte Hustenrate, die der mit Codein behandelten Gruppe vergleichbar war (interner Bericht Boehringer Ingelheim). ENGELHORN und PÜSCHMANN (1963) wiesen diesen Effekt in einem ähnlichen Versuch auch für Bromhexin nach. Die Wirkung von Bromhexin war jedoch schwächer als die des Codeins.

Auch eine antitussive Wirkung von Ambroxol ist beschrieben (PÜSCHMANN und ENGELHORN 1978). Der hustenstillende Effekt soll in einer lokalanästhetischen Wirkung begründet sein, die auf einer Beeinflussung von Na+-Kanälen sensorischer Neurone beruht (WEISER und WILSON 2002, TYRAKOWSKI et al. 1998, KOSICK-BOGACKA und TYRAKOWSKI 2002).

5.2.4 Klinische Studien

Um die Wirksamkeit von Dembrexin zu belegen, wurden klinische Studien vornehmlich an Pferden durchgeführt, die an einer chronischen Atemwegserkrankung litten. Die Untersuchungen zeigten, dass sich die Atembeschwerden bei chronisch kranken Tieren nach einer etwa zehntägigen Behandlung mit Dembrexin vermindern (SASSE 1981, MATTHEWS et al. 1988). Eine Veränderung der tracheobronchialen Sekretion konnten SASSE und DEEGEN (1984) mittels bronchoskopischer Untersuchungen zeigen. Dabei stellte sich bei allen Tieren, die vor der Dembrexintherapie eine mittel- bis hochgradige Viskosität des Bronchialschleims aufwiesen, eine Viskositätsminderung dar. Zudem traten bei den meisten Pferden eine Sekretverminderung und eine signifikante Verbesserung der Atemmechanikparameter Resistance, Atemarbeit und Atemzeitquotient auf. Eine weitere an 40 chronisch kranken Pferden durchgeführte Studie zeigte bei 78 % der Tiere nach zwölftägiger Verabreichung von Dembrexin eine Verbesserung und bei 17 der 40 Pferde eine vollständige Wiederherstellung des Gesundheitszustandes (interner Bericht Boehringer Ingelheim). Eine Besserung der Symptomatik konnte auch bei Pferden erzielt werden, die an einer akuten Atemwegserkrankung litten. So zeigte sich z.B. in einer offenen Feldstudie eine verbesserte Symptomatik bei 78 % akut erkrankter Tiere nach Behandlung mit Dembrexin (interner Bericht Boehringer Ingelheim).

5.3 Pharmakokinetik von Dembrexin