4 Das Controllingsystem
4.3 Kurzvorstellung strategischer Controllinginstrumente
4.3.7 Weitere strategische Controllinginstrumente
Szenarioanalyse
Bei einer Szenarioanalyse wird die zukünftige Entwicklung eines Prognosege-genstandes bei alternativen Rahmenbedingungen beschrieben. Eine Simulation von drei Umweltszenarien ist üblich. Neben einem Normalfall werden Szenarien konstruiert, die schlechtere und bessere Umweltbedingungen in Relation zum Normalfall annehmen. Der Vorteil dieses strategischen Controllinginstruments ist das Ausleuchten verschiedener Zukunftsperspektiven, beim dem viele Einflussfak-toren einer zukünftigen Entwicklung und die Interdependenzen dieser FakEinflussfak-toren berücksichtigt werden können. Der Nachteil liegt in der starken Beeinflussung durch subjektive und unsichere Prämissen auf das Ergebnis der Szenarioanalyse.
Ebenso dürfen die Eintrittswahrscheinlichkeiten zukünftiger Szenarien nicht ver-nachlässigt werden.367
Lebenszyklusanalyse
Der Lebenszyklusanalyse liegt die Annahme zugrunde, dass Produkte die Phasen Einführung, Wachstum, Sättigung und Marktausstieg durchlaufen. In Abhängigkeit der jeweiligen Phase sind entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Kann die Le-benszykluskurve für ein Produkt valide prognostiziert werden, lassen sich Maß-nahmenbündel, Umsatz- und Kostenstrukturen strategisch planen.
366 Vgl. NIEMAND (2002), S. 111.
367 Vgl. WALL (1999), S. 194.
Abbildung 26: Der Produktlebenszyklus368
Die Aussagekraft der Lebenszyklusanalyse ist eher kritisch zu beurteilen, da empi-rische Studien gezeigt haben, dass neben der S-Kurvenform verschiedene Le-benszyklusformen existieren und so die Feststellung der aktuellen Lebenszyklus-phase zur Ableitung adäquater Maßnahmen Schwierigkeiten bereiten.369
Porter’s 5 Forces
Branchenvergleiche analysieren Unternehmen innerhalb einer Branche. Werden zusätzlich noch Abnehmer und Lieferanten einer Branche untersucht, spricht man von einer Wettbewerbsanalyse. Porter hat ein Modell der fünf wichtigsten Wettbe-werbskräfte, den so genannten Porter’s 5 Forces, entwickelt, das als strategisches Controllinginstrument eingesetzt werden kann.370
Das Controllinginstrument der Porter’s 5 Forces analysiert Markteintrittsmöglich-keiten für neue Konkurrenten, die Verhandlungsstärke der Kunden, die Verhand-lungsmacht der Lieferanten, die Rivalität unter den bestehenden Unternehmen sowie Bedrohungen durch etwaige Ersatzprodukte und -dienstleistungen.371 Das Konzept der Porter’s 5 Forces, welches weit gefasst auch unter mit Begriff der Wertkettenanalyse beschrieben werden kann, fungiert ebenfalls als Grundlage für nachfolgend vorzustellende SWOT-Analyse.372
368 Vgl. EGGERS et al. (1996), S. 19.
369 Vgl. EGGERS et al. (1996), S. 20.
370 Vgl. HAHN et al. (2001), S. 322.
371 Vgl. AIGNER (1997), S. 5-6.
372 Vgl. HORVÁTH (2003), S. 390.
Umsatz
Deckungs-beitrag
Wachstum Einführung
Jahre Kosten,
Deckungsbei-trag
Rückgang Reife
Abbildung 27: Porter's 5 Forces373
Gap-Analyse
Ein weiteres strategisches Controllinginstrument stellt die von ANSOFF374 vor mehr als 40 Jahren entwickelte Gap-Analyse dar.375 ‚Gap’ bezeichnet hierbei eine Ziellücke zwischen gewünschter und erwarteter Entwicklung einer ökonomischen Größe (z.B. Umsatz oder Marktanteil) im Sinne eines Soll-Wird-Vergleichs.376 Die Gap-Analyse ist somit wie die Szenariotechnik ein Visualisierungsinstrument zukünftiger Entwicklungen und dient der Früherkennung von Fehlentwicklungen zur rechtzeitigen Einleitung von Gegensteuerungsmaßnahmen. Im Rahmen der Analyse werden unternehmensinterne und -externe Ursachen der Abweichung erschlossen. Jedoch reichen die Erkenntnisse der Gap-Analyse nicht aus, um die Gegensteuerung ohne weitere Controllinginstrumente, wie beispielsweise den Einsatz von Kennzahlensystemen, durchzuführen.377
373 Vgl. HAHN et al. (2001), S. 323.
374 siehe ANSOFF, I. H. (1965): Corporate Strategy, New York, 1965, S. 122-131.
375 Vgl. REICHMANN (2006), S. 568.
376 Vgl. KÜPPER (2005), S. 441-442.
377 Vgl. KRECH (2004), S. 305-308.
Wettbewerber
der Branche
Abnehmer Neue Anbieter
Lieferanten
Ersatzprodukte
Abbildung 28: Die Gap-Analyse378
SWOT-Analyse
‚SWOT’ symbolisiert die Anfangsbuchstaben der vier englischen Wörter
‚Strengths’ (= Stärken), ‚Weaknesses’ (= Schwächen), ‚Opportunities’ (= Chancen) und ‚Threats’ (= Bedrohungen). Die SWOT-Analyse kombiniert in einer Matrix Stärken und Schwächen mit Chancen und Bedrohungen und leitet daraus Hand-lungsstrategien ab.379 Bevor die angesprochene Kombination erfolgen kann, muss ein unternehmensindividuelles Stärken-Schwächen-Profil erarbeitet werden.
Neben dem Stärken-Schwächenprofil muss eine Chancen-Bedrohungen-Analyse durchgeführt werden, die sich nur mit externen Faktoren auseinandersetzt.380 Da-bei bietet es sich an, für unternehmensexterne Faktoren innerhalb der Branche das Instrument der Porter’s 5 Forces zu verwenden. Neben der Branche sollte das Umfeld und die allgemeinen Rahmenbedingungen erfasst werden.381 Dafür bietet sich der PEST-Ansatz an.382
378 Vgl. REICHMANN (2006), S. 569.
379 Vgl. SCHWARZ (2002), S. 380.
380 Vgl. SPRAUL et al. (2004), S. 177.
381 Vgl. SPRAUL et al. (2004), S. 178.
382 PEST steht für Political, Economical, Social-Cultural und Technological.
Gegenwart Zeit
Zielgröße
(z.B. Umsatz) Gap/Lücke
Erwartete Entwicklung Gewünschte
Entwicklung
Je größer die Lücke, desto intensiver muss die Einleitung neuer Planmaßnahmen ausfal-len.
Ziel ist es, mit den neuen Maßnahmen die Lücke zwi-schen gewünschter und erwar-teter Entwicklung zu schließen.
Abbildung 29: Beispiel eines Stärken-Schwächen-Profils383
Politisch-juristische Faktoren
Steuerpolitik
Umweltpolitik
Arbeitsrecht
Stabilität der Regierung
…
Ökonomische Faktoren
Wirtschaftslage
Inflationsentwicklung
Verfügbare Einkommen
Energiekosten
… Soziokulturelle Faktoren
Demographische Entwicklung
Veränderungen des Lebensstils
Konsumneigungen
Bildungsniveau
…
Technologische Faktoren
Neue Entdeckungen/Erfindungen
Entwertungsraten
Rationelle Nutzung von Rohstoffen
Technologietransfer der Hochschulen
… Abbildung 30: PEST-Ansatz für die Umweltanalyse384
Diese Vorarbeiten ermöglichen schließlich die SWOT-Analyse. Mit Hilfe der SWOT-Analyse lassen sich vier verschiedene Strategietypen ableiten, die in Ab-bildung 31 charakterisiert sind.
383 Vgl. EGGERS et al. (1996), S. 27.
384 Vgl. SCHWARZ (2002), S. 376.
Kritische Erfolgsfaktoren
(Leistungspotentiale) Bemerkungen
Schlecht Mittel Beurteilung
Gut Produktlinie
Marktanteil
Marketingkonzeption Finanzsituation Ressourcensituation Standort
Kostensituation Management
Eigenes Unternehmen Stärkster Konkurrent
Abbildung 31: Entwicklung von Strategien durch die SWOT-Analyse385
Businessplan
Ein Businessplan ist ein Dokument, das potentiellen Kapitalgebern und anderen wichtigen Personengruppen ein Geschäftsvorhaben vorstellt.386 Der Businessplan ist bislang vor allem für den Einsatz im Rahmen von Unternehmensgründungen bekannt. Jedoch kann er zur Beseitigung typisch mittelständischer Probleme, wie einer schmalen Eigenkapitalbasis oder vernachlässigten strategischen Überlegun-gen, eingesetzt werden.387 Neben der Kommunikation mit externen Adressaten ist der Businessplan auch für die unternehmensinterne Kommunikation geeignet. Das Management kann ihn zur strukturierten Planung eines Vorhabens verwenden und die geplanten Geschäftsziele fortlaufend im Sinne einer strategischen Abwei-chungsanalyse prüfen.388 Der Aufbau eines Businessplanes ist nicht standardi-siert. Folgende Tabelle fasst wichtige Komponenten zusammen, die in Modulen des Businessplanes subsumiert werden.
385 Vgl. SPRAUL et al. (2004), S. 179.
386 Vgl. SCHWETJE et al. (2004), S. 1.
387 Vgl. VOIGT (2002), S. 236 f.
388 Vgl. SCHWETJE et al. (2004), S. 5.
Opportunities (O)
(Auflisten der Chancen)
Strengths (S)
(Auflisten der Stärken)
Weaknesses (W)
(Auflisten der Schwächen)
Threats (T)
(Auflisten der Bedrohungen und Risiken)
SO-Strategien
Einsatz von Stärken zur Nutzung von Chancen
WO-Strategien
Überwindung der Schwächen durch Nutzung der Chancen
ST-Strategien
Nutzung der eigenen Stärken zur Abwehr von Bedrohungen
WT-Strategien
Einschränkung der Schwächen und Vermeidung von Bedrohungen
Tabelle 14: Modularer Aufbau eines Businessplanes389
Modul Exemplarische Komponenten
1. Executive Summary Zusammenfassung des Vorhabens 2. Geschäftsmodell Unternehmensprofil, Vision
3. Zielmarkt Marktentwicklung, Porter’s 5 Forces 4. Ziele und Strategie Zielgruppenstrategie
5. Leistungsportfolio Produkte, Dienstleistungen, Schutzrechte, Qualitätssicherung 6. Marketing und Vertrieb Marktsegmentierung, Produkt-, Preis-, Vertriebspolitik
7. Organisation Angaben zu Management, Personal, Organisation 8. Chancen und Risiken Analyse von Chancen und Risiken
9. Finanzplanung 5-Jahresplanung von Umsatz, Kosten, Cashflow, Investitionen
Der Businessplan dient der intensiven gedanklichen Vorbereitung (Planungsfunk-tion) sowie der Kontrolle von Vorhaben und ist damit ein effizientes strategisches Controllinginstrument. Businesspläne werden immer öfter als Anleitung zur Kon-kretisierung der Unternehmensvision, zum systematischen Durchdenken von Handlungsalternativen, als Entscheidungsunterstützung oder zur permanenten Kontrolle von Meilensteinen herangezogen. Gegenüber klassischen vergangen-heitsorientierten Controllinginstrumenten, wie beispielsweise der Kosten- und Leis-tungsrechnung, ist der Businessplan zukunftsbezogen.390
389 Vgl. NAGL (2005), S. 17-18.
390 Vgl. VOIGT (2002), S. 236-238.