6 Controllingsoftware zur Unterstützung des Managements
6.2 Formen und Bestandteile unternehmensinterner computergestützter
6.2.2 Die Bedeutung der Integration für Informationsversorgungssysteme 131
Das Informationssystem hat die Aufgabe, die für die Unternehmensführung zu-ständigen Bereiche und Personen hinreichend zu informieren, die im Planungs- und Kontrollprozess angewendeten Funktionen und Methoden bereitzustellen so-wie bei der Entscheidungsfindung und -durchsetzung konstruktiv zu unterstützen.
Der Einsatz von Computern führte wie bei allen anderen Ebenen des Informati-onssystems zu einem enormen Entwicklungssprung hin in Richtung unterneh-mensweiter Integration und Aktualitätserhöhung der verfügbaren Informationen.438
6.2.2 Die Bedeutung der Integration für
temebenen mit der hierarchischen Aufbauorganisation eines Betriebes. Die hori-zontale Integration ist die Integration der Teilsysteme entlang der betrieblichen Wertschöpfungskette im Unternehmen. Der Begriff „vertikale Integration“ symboli-siert in erster Linie die Versorgung der Auswertungs- und Berichtssysteme oder Führungssysteme mit nach Möglichkeit schon vorverdichteten Informationen.441 Die integrierte Informations- oder Datenerfassung ermöglicht an sich erst die Rea-lisation moderner betriebswirtschaftlicher Konzepte, wie z.B. des Controlling. Der hohe Erfassungsaufwand und potentielle Dateninkonsistenzen würden andernfalls die Umsetzung unmöglich machen.442 Der Wunsch der Unternehmen nach einem integrierten Informationssystem beruht auf der zunehmenden Vielfalt der zur An-wendung kommenden Softwaresysteme, welche wiederum auf die zunehmende Arbeitsteilung zurückzuführen ist. Idealerweise sollten deshalb die Daten schon bei ihrer Entstehung in den verschiedenen Anwendungen in einer „zwischen“ den Systemen vorhandenen Datenbank hinterlegt werden.443 Der Graben zwischen einem erstrebenswerten Soll-Zustand und der Realität des in den Unternehmen anzutreffenden Grades der Informationsintegration ist leider häufig sehr offensicht-lich. Nur in Bruchstücken verbundene Anwendungssysteme erfordern daher oft-mals eine neue Anbindung mittels speziell zu schaffender Schnittstellen. Gerade das Fehlen dieser vollkommenen Schnittstelle bzw. Anbindung führt dazu, dass viele Firmen ein Führungsinformationssystem nicht einsetzen können, da die hier-für relevanten Daten wegen mangelnder Integration der Systeme nicht vorlie-gen.444 Auf die Schnittstellenproblematik sei hier nur sekundär hingewiesen. Die-ser Punkt wird bei der Vorstellung des Funktionsumfanges von Controllingsoftware noch einmal aufgegriffen werden.
441 Vgl. SPIEKER (1998), S. 352-354 und MERTENS (2001), S. 1-8.
442 Vgl. MERTENS (1993), S. 302.
443 Vgl. MERTENS (2001), S. 8 f.
444 Vgl. SPIEKER (1998), S. 354.
6.2.3 Die begriffliche Vielfalt der Führungsinformations- und unterstützungssysteme
Der angesprochene Einsatz der computergestützten Formen von Führungssyste-men, insbesondere der hier untersuchten Controlling-Software, hat sich erst in den vergangenen zehn Jahren etabliert. Die Abhängigkeit des Unternehmensfüh-rungssystems von den Informationen seiner Vorsysteme (vgl. Abbildung 33) mit den genannten Datenerfassungs-, Datenspeicherungs- und Schnittstellenproble-men verursachte diese Verzögerung gegenüber SysteSchnittstellenproble-men aus anderen betriebli-chen Bereibetriebli-chen.445
Eine zufriedenstellende, allumfassende Definition des Begriffs ‚Controlling-Software’ existiert trotz des Zeitraums von zehn Jahren bisher nicht, so dass eine relative Unsicherheit bzgl. des Begriffs- und Konzeptionsinhalts vorherrscht.446 Die verfügbare Literatur betont immer wieder, dass die im Zusammenhang mit der Entwicklung solcher Systeme entstehenden Termini unübersichtlich und unsyste-matisiert sind.447 Es werden unterschiedliche Interpretationen und Abgrenzungen, z.B. zu Management-Informations-Systemen, vorgenommen, wobei sich der jewei-lige Übergang äußerst fließend gestaltet. Inzwischen ist eine Vielzahl von Begrif-fen und Definitionen, die überwiegend ein ähnliches Systemkonzept beinhalten, anzutreffen. Folgende Aufzählung verdeutlicht den Umfang der Bezeichnungen, wobei die am häufigsten anzutreffenden kursiv gedruckt wurden.
- Management Information Systems (MIS), - Executive Information Systems (EIS),
- Führungsinformationssysteme (FIS),
- Decision Support Systems (DSS), - Management Support Systems (MSS), - Executive Support Systems (ESS),
- Entscheidungsunterstützungssysteme (EUS), - Structured Decision Systems (SDS),
- Computer Aided Controlling (CAC),448
445 Vgl. LIPOWSKI et al. (2000), S. 36.
446 Vgl. DINTNER (1999), S. 313.
447 Vgl. DAUM (1998), S. 48.
448 ebenda.
- Data Warehouse (in Verbindung mit OLAP), - Expertensysteme (XPS),449
- Organizational Information Systems (OIS), - Management Expert Systems (MES),
- Management Information Delivery Systems (MIDS)450 und - Chief Information Systems (CIS).451
Ursprünglich hatte sich der Ausdruck ‚Organizational Information System’ (ge-samtunternehmerisches Informationssystem) als Oberbegriff für die Gesamtheit aller Informationssysteme im Unternehmen herausgebildet. Hierzu wurden auch solche Systeme gezählt, die nicht dem Management sondern primär Mitarbeitern unterhalb der Managementebene dienen, z.B. Transaktions-Verarbeitungs-systeme. Sie schließen Systeme, die im Verkauf, der Produktion und Lagerhaltung Anwendung finden, mit ein.452
Eine Systematisierung aller genannten Begriffe lässt sich nicht abschließend vor-nehmen. Alle genannten Bezeichnungen beschreiben eine Form des Führungs-systems bzw. das Informationsversorgungssystem. Ebenfalls denkbar ist, dass alle genannten eine Computerunterstützung bieten bzw. rechentechnisch umge-setzt werden können. Lediglich in ihrer Ausrichtung ist eine grobe Unterscheidung der Systeme vorstellbar. Ein Teil der Systeme legt seinen Fokus stärker auf die Information von Führungskräften. Der andere Teil versucht eine Führungsunter-stützung zu erreichen. Abbildung 34 stellt Bezug nehmend auf die Informationspy-ramide diese Tatsache grafisch dar. In der Schnittmenge beider Schwerpunktla-gen befindet sich das häufig Schwerpunktla-genannte Management Information System (MIS, oder auch Controlling Information System CIS), dass nachfolgend als Synonym für alle Führungs- und auch Controllingsysteme verwendet wird.
Betrachtet man die auf dem Markt angebotenen MIS, muss man feststellen, dass die Hersteller keine Festlegung bzgl. der Art von Führungssystemen vornehmen.
Im Allgemeinen spricht man in dieser Branche von MIS und hebt im Anschluss die besonderen Eigenschaften des jeweiligen Produktes hervor. Die Aufzählung der zahlreichen Bezeichnungen ist daher wissenschaftlicher Natur und hat für die Pra-xis nur eine untergeordnete Bedeutung, wird vom Autor vermutet.
449 Vgl. DINTNER (1999), S. 313.
450 Vgl. MÜLLER (1990), S. 24.
451 Vgl. LIPOWSKI et al. (2000), S. 36.
452 Vgl. MÜLLER (1990), S. 24-25.
Abbildung 34: Systematisierung der Führungssysteme
HANSEN et al. nehmen eine zeitliche Abgrenzung der Entwicklung von Systemen zur Unterstützung von Entscheidungsträgern vor und gliedern so die einzelnen Begrifflichkeiten ein. Diese sind in Abbildung 35 dargestellt. Demnach stellen MIS die erste Form der elektronischen Entscheidungsunterstützung dar, die später in die DSS, EIS und BI übergingen und aktuell unter der Bezeichnung Corporate Performance Management Verbreitung finden.453
453 Vgl. HANSEN et al. (2005), S. 826.
Führungs-systeme
Schwerpunkt
„Information“
Schwerpunkt
„Unterstützung“
MIS CAC CIS EIS
MIDS
DSS
MSS
ESS
Data
Warehouse EUS
FIS
Führungssysteme
Führungs-systeme
Schwerpunkt
„Information“
Schwerpunkt
„Unterstützung“
MIS CAC CIS EIS
MIDS
DSS
MSS
ESS
Data
Warehouse EUS
FIS Schwerpunkt
„Information“
Schwerpunkt
„Unterstützung“
MIS CAC CIS EIS
MIDS
DSS
MSS
ESS
Data
Warehouse EUS
FIS
Führungssysteme
1960 1970 1980 1990 2000 2010 MIS:Automatisiertes
„Realzeitmanagement“
durch Kennzahlensysteme
Unterstützungsumfang
EIS: Entscheidungsunterstützung von
Top-Management durch „Berichte auf Knopfdruck“
und Abweichungsanalysen
DSS: Entscheidungsvorbereitung durch BA:Business Analytics Fachspezialisten mittels komplexer durch vorgefertigte, Mathematischer Entscheidungsmodelle komplette Lösungen
Data Warehouse:
Entscheidungsunterstützung für alle Mitarbeiter
BI: Business Intelligence
CPM:Corporate Performance Management
1960 1970 1980 1990 2000 2010
MIS:Automatisiertes
„Realzeitmanagement“
durch Kennzahlensysteme
Unterstützungsumfang
EIS: Entscheidungsunterstützung von
Top-Management durch „Berichte auf Knopfdruck“
und Abweichungsanalysen
DSS: Entscheidungsvorbereitung durch BA:Business Analytics Fachspezialisten mittels komplexer durch vorgefertigte, Mathematischer Entscheidungsmodelle komplette Lösungen
Data Warehouse:
Entscheidungsunterstützung für alle Mitarbeiter
BI: Business Intelligence
CPM:Corporate Performance Management
1960 1970 1980 1990 2000 2010
MIS:Automatisiertes
„Realzeitmanagement“
durch Kennzahlensysteme
Unterstützungsumfang
EIS: Entscheidungsunterstützung von
Top-Management durch „Berichte auf Knopfdruck“
und Abweichungsanalysen
DSS: Entscheidungsvorbereitung durch BA:Business Analytics Fachspezialisten mittels komplexer durch vorgefertigte, Mathematischer Entscheidungsmodelle komplette Lösungen
Data Warehouse:
Entscheidungsunterstützung für alle Mitarbeiter
BI: Business Intelligence
CPM:Corporate Performance Management
Abbildung 35: Entwicklungsstufen von Systemen zur Unterstützung von Entscheidungsträgern454
6.2.4 Das Management Information System (MIS) – Synonym für