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3 Ausstattung und Zustand des Gebiets

3.6 Weitere naturschutzfachliche Bedeutung des Gebiets

Aufgrund der boreal-montanen Klimaprägung beherbergt die Adelegg einige dealpine Tier- und Pflanzenarten, die in Baden-Württemberg sonst nur auf die Höhenlagen des Schwarzwaldes beschränkt sind oder gar nicht vorkommen. Sie bedürfen, um im Naturraum und damit im Land erhalten werden zu können, teilweise gezielter Pflegemaßnahmen oder Nutzungsbeschränkungen.

Aufgrund der Nutzungshistorie mit großflächigen offenen Weidesystemen bis in hohe Lagen einerseits, unzugänglichen Steillagen und Tobeln andererseits weist die Adelegg insgesamt eine verglichen zum intensiv genutzten Umland noch ausgesprochen reich strukturierte und von mageren Standorten geprägte Vegetation auf. Auch diese Vegetationstypen können ebenfalls nur mit geeigneten Pflegemaßnahmen auf Dauer ihre Funktion als Rückzugsraum und Lebensraum beibehalten – zu Plänen und Projekten hierzu siehe Kap. 6.2

3.6.1 Flora und Vegetation Flora

Soweit in den erhobenen Lebensräumen bemerkenswerte Spezies der Flora auftreten, finden sie eine Würdigung bereits in den entsprechenden Kapiteln der LRT.

Etliche der seltenen Pflanzen-Arten werden im Rahmen des ASP-Monitorings dauerhaft beobachtet.

In einigen Borstgrasrasen kommen wertgebende Sippen vor – oder wurden zwar im Rahmen der Kartierung nicht bestätigt, konnten aber in den letzten Jahren noch beobachtet werden.

Sie verweisen auf den einst reicheren Artenpool der mageren Rasen hin. Dies gilt im Besonderen für den Berg-Wohlverleih (Arnica montana) sowie für den Herbst-Schraubenständel (Spiranthes spiralis).

Vermutlich trägt auch die extreme Verinselung der letzten kleinen Borstgrasrasen zum bisherigen und möglicherweise weiteren Rückgang bis zum Verlust dieser Arten bei.

Folgende wertgebende Arten konnten in den Borstgrasrasen noch gefunden werden:

Alpen-Mastkrauts (Sagina saginoides) Kronenlattich (Willemetia stipitata)

Gewöhnliches Katzenpfötchen (Antennaria dioica)

Frühlings-Enzian (Gentiana verna), auch im LRT 7230 Kalkreiche Niedermoore Fransen-Enzian (Gentianella ciliata)

Deutscher Enzian (Gentianella germanica)

Die Herbst-Schraubenstendel (Spiranthes spiralis) wird im Teilgebiet 6 von Gebietskennern erwähnt, konnte trotz Nachsuche aber 2009 und 2010 nicht bestätigt werden.

Vermutlich inzwischen verschollen, da trotz Nachsuche nicht mehr gefunden:

Berg-Wohlverleih (Arnica montana)

Auf magere Niedermoorstandorte ist die Sumpf-Ständelwurz (Epipactis palustris) angewiesen, die im Gebiet nur noch in einem Niedermoorrest am Herrenberg auftritt und akut von Auslöschung bedroht ist.

In den steilen Felseneinhängen und hochgelegenen Staudenfluren kommen Arten dazu, die als dealpine Sippen naturräumlich hier ihre Grenzstandorte haben.

Dazu zählt der Kies-Steinbrech (Saxifraga mutata) in den Steilwänden des Schleifertobels.

Die Baumartenzusammensetzung des Gebietes ist insgesamt durchschnittlich.

Auffällig und besonders naturschutzfachlich bemerkenswert sind Restvorkommen von Lavendelweide (Salix elaeagnos). Diese Weidenart ist in ihrer Verjüngung angewiesen auf Flusswasserdynamik mit hoher Schotterbewegung, ihr Vorkommen im Gebiet beruht auf der noch teilweise naturnah und hochwasserdynamisch verlaufenden Eschach.

Bemerkenswert, da im Raum selten, ist das Vorkommen von Mehlbeere (Sorbus aria) am wärmegetönten Westhang (Umgriff des Schleifertobels), an dem sie auch in der Verjüngung zu finden ist. Die Art fehlt sonst im Naturraum weitgehend.

Allgemein selten und nur in auch dem Wild weniger zugänglichen Bereichen noch zu finden ist die Eibe (Taxus baccata), die in einigen Einzelexemplaren zerstreut über die Tobel vorkommt und sich gern an sickerfrische kalkreiche Hangabschnitte hält. Diese Art ist im westlichen Allgäu in den ausgedehnten Tobelwäldern noch hie und da anzutreffen, wengleich nirgends häufig und überall in nur unzureichender Verjüngung.

Vegetation

Magerweiden: Als letzte größerflächige Reste extensiver Kulturlandschaft sind entlang des Höhenzugs noch größerflächig Magerweiden erhalten.

Etliche dieser mageren Weiden, die keinem LRT/ LS und keinem nach §30 geschützten Biotoptyp zugeordnet werden können, stellen dennoch ökologisch wertvolle Flächen dar:

Vor allem auf dem Herrenberg und entlang der West –und Südwestflanke weisen sie noch eine hohe Artenzahl an typischen Wiesen –und Weidekräutern auf, die Grundlage angepasster Insekten und Kleintiere sind. Sie ihrerseits bilden wiederum die Nahrungsgrundlage einer Vielzahl von Kleintieren und Vögeln (auch der FFH-und SPA-Anhang-Arten).

Darüberhinaus besitzt die Artenvielfalt dieser Magerweiden die wichtige Funktion eines Reservoirs für den Erhalt und ggf. die Wiederausbreitung der Wiesenarten auf benachbarte Flächen.

In einigen Fällen sind auch als Mähweiden oder Mähwiesen genutzte Flächen noch verhältnismäßig artenreich und damit ökologisch für den Raum bedeutsam.

Eine weitere naturschutzfachlich hochwertige Vegetation / Strukturkomponente stellen alte Hudeweiden, Lichtweiden und Weiden im Kontakt zu lockerem Waldrand dar (Ökotone zwischen Wald- und Grünland-Lebensräumen). Die enge Verzahnung von Gehölz- und Wiesenstrukturen bildet nochmals eine Bereicherung des Standort- und Nischenangebots und damit des Artenspektrums.

In diesem Sinne stellen auch die nicht als LRT ausgewiesenen Waldanteile, gerade wenn sie hohe Strukturvielfalt wie in den Tobeln oder an aufgelockerten Waldsäumen aufweisen, wichtige ökologische Flächen dar und sind in der Regel daher als Lebensstätten ausgewiesen.

3.6.2 Fauna

Auch in der Fauna fallen einerseits Arten auf, die einen hohen Wärmeanspruch aufweisen und daher ihre klimatische „Höhengrenze“ in der Adelegg erreichen. Neuntöter und Gelbbauchunke zählen zu diesen, in Baden-Württemberg noch zerstreut zu findenden, Spezies.

Andererseits sind auch in der Fauna alpine Arten vorhanden, die hier an die Nord / Nordwestgrenze ihrer Verbreitung in Deutschland geraten.

Eine detaillierte und erkenntnisreiche Zusammenstellung der Fauna, gerade auch der Insektenfauna, liefert WEIN (1992) in seiner Gebietsmonographie.

Einige der laut Vogelschutzrichtlinie geschützten Vogelarten wurden bereits in den Würdigungen zu den einzelnen Arten dargestellt.

Hervorzuheben sind – wie erwähnt – einerseits der in Baden-Württemberg nur in der Adelegg vorkommende Weißrückenspecht, andererseits die Restvorkommen der Raufußhühner.

Außer den erhobenen Vogelarten verdient das stabile Vorkommen der Waldschnepfe (Scolopax rusticola) Beachtung. Diese sehr scheue, bodenbrütende Art bedarf ausgedehnter, aber lichtungsdurchsetzter, gern feuchter, störarmer Waldgebiete zur Brut und Jungenaufzucht und fehlt in weiten Teilen der Waldgebiete des Flach- und Hügellandes heute völlig. Besonders in den Höhenlagen der Adelegg und des angrenzenden Bayerischen Kürnacher Waldes kann die Art noch regelmäßig beobachtet werden.

Erwähnenswert ist das Vorkommen des Alpensalamanders, das als eines der am weitesten nördlich aus den Alpen herausragenden Vorkommen anzusehen ist.

Ebenfalls eine Rarität im Gebiet ist das Vorkommen des Alpenperlmutterfalters Clossiana thore, den G. WEIN (1992) in seiner Arbeit erwähnt und der auch noch nach mündlichen Mitteilungen von J. BAUER (Landratsamt Ravensburg) noch in den Hochstaudenfluren und extensiv genutzten Wiesen des Eisenbacher Tobels und des Gebietes um Eisenbach anzutreffen ist.

Zu den Besonderheiten der regionalen Säugetierfauna gehören Vorkommen von Gämse und Rothirsch. Diese haben durchaus eine prägende Wirkung auf die Baumartenzusammensetzung im Gebiet, auf die Krautschicht der lichten Wälder sowie auf die Struktur und Verzahnung lichter Wälder und Waldränder mit Offenland-Lebensräumen.

Dem Wild kommt daher bei der Ausprägung der Lebensräume wie auch der Habitatgestaltung der Lebensstätten eine gewisse Rolle zu.

Der Luchs ist immer wieder Gegenstand von Meldungen und anscheinend auch Beobachtungen. Sein Vorhandensein im Gebiet erscheint möglich, ist jedoch bislang nicht gesichert. Nachweise fehlen bislang, Sichtbeobachtungen dieses scheuen Nachtjägers sind grundsätzlich extrem selten und fast nur im Winter und in Gebieten möglich, in denen mit mehreren Exemplaren die Sichtwahrscheinlichkeit steigt.

Gleiches ist zum Auftreten der Wildkatze zu sagen. Verkehrsopfer aus dem bayerisch-württembergischem Grenzraum legen den Schluss nahe, dass die Art wohl auch in der Adelegg heimisch ist, möglicherweise sogar Nachwuchs erzielt. Gesicherte Daten fehlen hierzu aber ebenfalls.

Die insgesamt nicht näher untersuchte Fischfauna der Eschach weist einen vitalen Bestand an Bachforelle auf, der nennenswert in die Seitenbäche aufsteigt. Diese Art ist nahrungsökologisch eng an die Vorkommen der Groppe gebunden, so dass ihr Vorhandensein und autochtoner Nachwuchs auch ein Qualitätsmerkmal der Gewässer als Groppenhabitat darstellt.

3.6.3 Sonstige naturschutzfachliche Aspekte

Ein wichtiger Aspekt des naturschutzfachlichen Wertes des Gesamtgebietes besteht in seiner großräumigen Ungestörtheit, verknüpft mit den ebenfalls ausgesprochen weitläufigen ungestörten bayerischen Anteilen des Kürnacher Waldes. Weder wichtige Verkehrsachsen, noch stärkere Ströme an Ausflüglern, Wanderern oder Sportlern beeinträchtigen das Gebiet auf der gesamten Fläche. Brennpunkte sind allerdings die mit Freizeit-Infrastruktur ausgestatteten Höhenzüge im Süden, insbesondere der Schwarze Grat. Da auch landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Verkehr auf den Forststraßen im Gebiet sehr geringes Ausmaß aufweisen, verbleiben etliche der Tobel und Einhänge vollkommen ungestört. Von extensiver, teils in Tobeln fehlender Nutzung profitieren außer den erwähnten Tier- und Pflanzenarten der Anhänge des FFH- und Vogelschutzgebiets auch insgesamt eine hohe Vielfalt an störempfindlichen und große naturnahe Räume benötigende Spezies.

Nicht zuletzt können Exemplare von Wildkatze und eventuell auch Luchs nur aufgrund dieser Strukturen im Gebiet überleben.