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3 Ausstattung und Zustand des Gebiets

3.2 FFH-Lebensraumtypen

3.2.4 Artenreiche Borstgrasrasen [*6230]

Erhaltungszustand des FFH-Lebensraumtyps Artenreiche Borstgrasrasen Artenreiche Borstgrasrasen [*6230] Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheitena 21 5 26

Fläche [ha] 7,63 0,10 7,73

Anteil Bewertung vom LRT [%] 98,7 1,3 100

Flächenanteil LRT am FFH-Gebiet [%] 1,2 <0,1 1,2

Bewertung auf Gebietsebene B

Beschreibung

Der geologische Aufbau der Adelegg aus Nagelfluh und stellenweise in den Gipfellagen Fernmoränenauflage erzeugt in kleinflächig wechselnden Anteilen kalkreiches Material. Aus diesem Grund beschränken sich die potentiellen Standorte für Borstgrasrasen auf oberflächlich entkalkte Bereiche wie Kuppen, Rippen aber auch Mulden mit Lehmauflage. An Hangversteilungen oder Erdanrissen können sich ebenfalls Borstgrasrasen entwickeln, die allerdings zum basenreichen Flügel dieser Gesellschaft zählen deren Artenspektrum erste Kalkmagerrasen-Arten umfasst.

Die potentielle Flächenausdehnung wird durch die Düngung der landwirtschaftlich genutzten Flächen, überwiegend Weiden, zusätzlich eingeengt. In den Hochlagen liegt die Zeit der intensivsten Nutzung bereits Jahrzehnte zurück, die Folgen sind aber heute noch offenkundig.

Aus diesen Gründen ist der LRT „Artenreiche Borstgrasrasen“ auf kleine Restflächen beschränkt. Die Borstgrasrasen weisen ein typisches Verteilungsmuster auf, das sich aus der Nutzungsgeschichte ergibt und sind in erster Linie an „vernachlässigten“ Bereichen wie Randstreifen am Waldrand, Hangversteilungen oder Kuppen bzw. Rippen zu finden.

Bei der Bewertung des Arteninventars ordnet das Managementplan-Handbuch die Adelegg zu den Naturräumen mit den geringsten Anforderungen. Das Vorkommen von vier Zählarten reicht für die Bewertung A aus.

Diese niedrige Schwelle bewirkt, dass die allermeisten der kartierten Flächen bei der Bewertung des Arteninventars die Bewertung A erhalten.

Störungszeiger spielen nur in wenigen Flächen der frischen Variante mit der Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) eine Rolle. Weiter verbreitet sind Brache- bzw.

Sukzessionszeiger (div. Rubus-Arten, Sambucus ebulus). Diese sind an den steilen Flanken des Höhenzugs, aber auch in aufgelassenen oder nur wenig genutzten Almbereichen der Hochfläche besonders auf der aufgelassenen Schletteralpe (Teilgebiet 10) und der nur schwach genutzten Sennalpe (Teilgebiet 7) weit verbreitet. Zusammen mit der Beurteilung

der Habitatstrukturen führt dies teils zu einer Herabsetzung der Gesamtbewertung des Erhaltungszustands auf B.

Auf das gesamte Gebiet bezogen lässt sich sagen, dass die meisten Flächen noch eine Nutzung in Form einer extensiven Beweidung mit Jungvieh erfahren, eine darüber hinaus gehende Pflege findet aber kaum oder gar nicht mehr statt.

Verbreitung im Gebiet

Artenreiche Borstgrasrasen sind als Restflächen über das ganze Gebiet zerstreut und wachsen meist an Randlagen des intensiver genutzten Grünlandes. Sie stehen in Kontakt mit mageren Kammgrasweiden und weisen einen hohen Anteil von auffälligen Blütenpflanzen auf, die zu einem attraktiven Gesamtbild der Bestände führen.

Die größten zusammenhängenden Bestände befinden sich auf der Hochfläche der Adelegg.

Auf der Herrenberger Alpe (Teilgebiet 5) handelt es sich dabei wie oben beschrieben um Restbestände ehemals größerer Flächen. Auf der Sennalpe (Teilgebiet 7) nehmen die Bestände noch weite Teile des Offenlandbereiches ein. Sie bilden dort ein eng verzahntes Mosaik mit extensiven Kammgrasweiden. Größere Bestände haben sich auch am Südrand des Gebietes in der Umgebung von Bolsternang (Teilgebiet 12) erhalten, während an der Ost- und Westflanke des Höhenzuges nur kleinere Bereiche des Lebensraumtyps vorwiegend an Hangversteilungen anzutreffen sind.

Kennzeichnende Pflanzenarten

Die naturraumspezifische Artenausstattung umfasst neben dem Borstgras selber die Zählarten Pillen-Segge (Carex pilulifera), Bleiche Segge (C. pallescens), Hasen-Segge (C.

ovalis), Dreizahn (Danthonia decumbens), Geöhrtes Habichtskraut (Hieracium lactucella), Hunds-Veilchen (Viola canina), Gewöhnliche Kreuzblume (Polygala vulgaris) und Quendel-Kreuzblume (P. serpyllifolia). Der Berg-Wohlverleih (Arnica montana), eine typische Art der Borstgrasrasen, die von mehreren Autoren noch vor wenigen Jahren im Gebiet bestätigt wurde, konnte nicht mehr nachgewiesen werden. Die Bestände zeigen vielfach Übergänge zu mageren Kammgrasweiden, wobei Horst-Rotschwingel (Festuca nigrescens), Kleine Brunelle (Prunella vulgaris), Weiß-Klee (Trifolium repens), Ausdauerndes Gänseblümchen (Bellis perennis) und Gewöhnliches Ferkelkraut (Hypochaeris radicata) als typische Arten zu nennen sind. Gewöhnliches Zittergras (Briza media) weist auf relative Magerkeit hin und die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis) beschränkt sich auf wärmebegünstigte Stellen.

An Hangversteilungen mit frischen Erdanrissen deuten Frühlings-Fingerkraut (Potentilla neumanniana), Fransen-Enzian (Gentianella ciliata), Hochstängelige Eberwurz (Carlina acaulis) und Gewöhnliche Eberwurz (C. vulgaris) auf Basenreichtum hin und leiten zu den Kalkmagerrasen über.

Bewertungsrelevante, charakteristische Arten

Pillen-Segge (Carex pilulifera), Bleiche Segge (C. pallescens), Hasen-Segge (C.

ovalis), Dreizahn (Danthonia decumbens), Geöhrtes Habichtskraut (Hieracium lactucella), Hunds-Veilchen (Viola canina), Gewöhnliche Kreuzblume (Polygala vulgaris) Quendel-Kreuzblume (P. serpyllifolia)

LRT abbauende/beeinträchtigende Arten

Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense), Attich (Sambucus ebulus), Brombeere (Rubus fructicosus agg.).

Arten mit besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung

Aus baden-württembergischer Sicht sind zunächst Arten zu nennen, die im Gebiet die Nordwestgrenze ihres natürlichen (Teil-) Areals erreichen. Besonders hervorzuheben ist der erste sichere Nachweis des Alpen-Mastkrauts (Sagina saginoides) Es konnte

in wenigen Exemplaren auf der Herrenberger Alpe (Teilgebiet 5) nachgewiesen werden. Die arktisch-alpine Art nimmt dort einen Reliktstandort ein, der unter den heutigen klimatischen Bedingungen weit vom Optimum der Standortsansprüche der Art liegt. In den benachbarten Bayerischen Alpen gibt es in silikatischen Schneetälchengesellschaften große und ungefährdete Bestände. In Baden-Württemberg besteht ein zweites Teilareal im Feldberggebiet, dessen Bestände aber stark zurückgehen.

Auch der Kronenlattich (Willemetia stipitata) befindet sich im Gebiet am Nordwestrand seines Areals. Er bevorzugt frische Standorte und konnte im Gebiet an einer Stelle nördlich von Bolsternang (Teilgebiet 12) nachgewiesen werden am Rand einer kleinen Vernässung. Der Bestand nimmt nur eine Fläche von ca. 4 x 7 m ein.

Innerhalb der Fläche ist der Kronenlattich sehr vital und erreicht eine Bestandsgröße von ca. 100 Individuen. Die relativ tief gelegenen wenigen Vorkommen in Baden-Württemberg lassen nach SEBALD et al. (1996) einen allmählichen Rückzug aus dem Arealrand erkennen und sind stark gefährdet. Im angrenzenden Bayern ist die Art dagegen häufig und nicht gefährdet.

Das Gewöhnliche Katzenpfötchen (Antennaria dioica) besitzt im Gebiet nur einen Standort auf der Sennalpe (Teilgebiet 7). Der Bestand umfasst nur wenige m² Fläche entlang einer flachgründigen Hangkante. Im Umfeld wachsen mit Frühlings-Enzian (Gentiana verna), Fransen-Enzian (Gentianella ciliata) und Deutschem Enzian (G.

germanica) weitere naturschutzrelevante Sippen. Der Frühlings-Enzian wurde ansonsten noch in einem Flachmoor (siehe LRT 7230) angetroffen.

Der Herbst-Schraubenstendel (Spiranthes spiralis) kommt an einer Stelle am Westabfall des Höhenzuges bei Haslach (Teilgebiet 6) vor. Sie wächst dort im Übergangsbereich zwischen Borstgrasrasen und Kammgrasweiden. Im Zuge der Kartierungsarbeiten konnte sie 2009 nicht nachgewiesen werden, es gibt aber gesicherte Beobachtungen aus den Vorjahren.

Bewertung auf Gebietsebene

Einige bemerkenswerte Einzelfunde wie Alpen-Mastkraut (Sagina saginoides), Kronenlattich (Willemetia stipitata) und Herbst-Schraubenstendel (Spiranthes spiralis) oder das ehemals an mehreren Stellen belegte Vorkommen von Berg-Wohlverleih (Arnica montana) zeigen, dass die ursprüngliche Artenausstattung der Borstgrasrasen des Gebietes wesentlich reichhaltiger war und weisen gleichzeitig auf das Potential eines gezielten Managements der verbliebenen Flächen hin.

Aufgrund des für den Naturraum vorgegebenen Bewertungsschemas werden die Bestände im Parameter Artenausstattung überwiegend mit A bewertet, bei den Habitatstrukturen reichen die Bewertungen von A bis C, wobei flächenmäßig B überwiegt. Als Gesamtbewertung ergibt sich dadurch ein guter Erhaltungszustand B. In diese Bewertung fließt allerdings weder der historisch viel größere Flächenumfang noch die ehemals reichere Artenausstattung der Bestände ein.