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Die naturschutzfachliche Bedeutung des Gebietes resultiert nicht nur aus dem Vorkommen der bisher beschriebenen FFH-Lebensräume und -Arten. Neben seinem besonderen landschaftlichen Reiz erfüllt es zahlreiche weitere wichtige Funktionen für den Arten- und Biotopschutz.

• Im NSG „Dohlen im Wald“ gibt es ein landesweit einmaliges Vorkommen der Mörtel-biene Megachile parietina. Auch die sehr seltene Andrena vaga, eine Pionierart der Flussauen, besiedelt die ehemalige Kiesgrube, die ein Sekundärhabitat darstellt.

• Am Hohentwiel ist das Spektrum teilweise extrem seltener Pflanzen- und Tierarten sehr viel umfangreicher als es im Rahmen der LRT-Beschreibungen ausgeführt werden konnte. Tiefer gehende Informationen dazu können dem parallel zum MaP bearbeiteten Pflegeplan für den Hohentwiel entnommen werden.

• Im Gebiet vorkommende lichte Kiefernwälder mit Trockensäumen, Eichen-Trocken-wälder mit Trockengebüschen, südexponierte Waldränder sowie den Waldbeständen vorgelagerte Mager- bzw. Halbtrockenrasen stellen aus naturschutzfachlicher Sicht Lebensräume dar, die für das Vorkommen von gefährdeten und damit naturschutz-fachlich wertvollen Arten wichtig sind.

• An einigen Stufenrainen des FFH-Gebietes, beispielsweise am Hohenhewen und am Schoren stocken teils dichte Niederhecken, welche an Magerrasen und Magerwiesen angrenzen. Diese Heckenstrukturen mit Einzelbäumen und Raine mit Wiesenbrache-streifen sind Lebensraum seltener Vogelarten wie Neuntöter (Lanius collurio), Dorn-grasmücke (Sylvia communis), Schwarzkelchen (Saxicola rubicola) und Feldschwirl (Locustella naevia). Das artenreiche Grünland ist Nahrungshabitat von Rotmilan (Milvus milvus) und Wespenbussard (Pernis apivorus).

• Die feuchten Grünlandniederungen des „Weitenrieds“ und „Hausener Aachrieds“

werden von Watvögeln wie Kiebitz (Vanellus vanellus), Bekassine (Gallinago galli-nago) und Großem Brachvogel (Numenius arquata) auf dem Durchzug genutzt, die

zeitweise in großer Zahl dort anzutreffen sind. Die Brutvorkommen dieser Arten sind leider seit längerem erloschen.

• Während die Brutvorkommen des Berglaubsängers (Phylloscopus bonelli) im Vogel-schutzgebiet „Hohentwiel/Hohenkrähen“ ebenfalls seit längerer Zeit erloschen sind, gibt es im Bereich der lichten Waldränder des Schoren noch Hinweise auf aktuelle Brutvorkommen.

• Die Schilfgebiete von „Ehinger Ried“ und „Bruckried“ sind Bruthabitat von Wasserralle (Rallus aquaticus) und gelegentlich auch Zwergdommel (Ixobrychus minutus)

• Im Rahmen der Waldbiotopkartierung sind an zahlreichen Fundstellen weitere gefähr-dete oder stark gefährgefähr-dete Pflanzen-, Insekten- bzw. Vogelarten bestätigt worden, die im Rahmen des MaP nicht behandelt werden. Der Gefährdungsgrad richtet sich nach der regionalen Einstufung der Roten Liste BW:

RL 1 - Vom Aussterben bedroht

Flora: Pontischer Beifuß (Artemisia pontica); Österreichische Schwarzwurzel (Scorzo-nera austriaca)

Fauna: Berglaubsänger (Phylloscopus bonelli) RL 2 – stark gefährdet

Flora: Erbsen-Wicke (Vicia pisiformis), Reckhölderle (Daphne cneorum), Felsen-Kreuzdorn (Rhamnus saxatilis), Geschnäbeltes Leinblatt (Thesium rostratum), Schlangenwurz (Calla palustris), Ähriger Blauweiderich (Pseudolysimachion spica-tum), Wohlriechende Skabiose (Scabiosa canescens), Echte Mondraute (Botrychium lunaria), Mittleres Leinblatt (Thesium linophyllon), Färber-Meister (Asperula tinctoria).

Fauna: Rotflügelige Schnarrschrecke (Psophus stridulus), Wasserralle (Rallus aqua-ticus)

RL 3 gefährdet

Flora: Blasses Knabenkraut (Orchis pallens), Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), Rotblättrige Rose (Rosa glauca), Gold-Aster (Aster linosyris), Kicher-Tragant (Astragalus cicer), Echte Kugelblume (Globularia punctata), Berg-Gamander (Teucrium montanum), Schuppenfrüchtige Gelbsegge (Carex lepidocarpa), Sumpf-Lappenfarn (Thelypteris palustris), Faden-Segge (Carex lasiocarpa), Fieberklee (Menyanthes trifoliata), Blutauge (Potentilla palustris), Schild-Ehrenpreis (Veronica scutellata), Labkraut-Sommerwurz (Orobanche caryophyllacea), Berg-Lauch (Allium senescens subsp. montanum), Nordisches Labkraut (Galium boreale), Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum), Gewöhnliche Pechnelke (Lychnis viscaria), Holz-Apfel (Malus sylvestris), Purpur-Klee (Trifolium rubens), Kelch-Steinkraut (Alyssum alyssoides), Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria), Traubige Graslilie (Anthericum liliago), Pfingst-Nelke (Dianthus gratianopolitanus), Gamander-Sommerwurz (Orobanche teucrii), Steppen-Lieschgras (Phleum phleoides), Dickblättrige Fetthenne (Sedum dasyphyllum), Diptam (Dictamnus albus), Labkraut-Sommerwurz (Orobanche caryophyllacea), Filzige Zwergmispel (Cotoneaster tomentosus), Zarter Lein (Linum tenuifolium).

4 Naturschutzfachliche Zielkonflikte

Bedingt durch die unterschiedlichen Standort- bzw. Habitatansprüche von FFH-Arten und -lebensräumen bestehen innerhalb des FFH-Gebietes einige Zielkonflikte.

Relativ wenig problematisch dürften sich im „Hausener Aachried“ die Bedürfnisse der Helm-Azurjungfer und der beiden Wiesenknopf-Ameisenbläulinge auf der einen Seite sowie die Er-haltung und Förderung von Feuchten Hochstaudenfluren am Häselgraben auf der anderen Seite in Einklang bringen lassen. Der Notwendigkeit, eine Besonnung des Reproduktions-gewässers der Helm-Azurjungfer durch jährliche Mahd herbeizuführen steht der Aufrechter-haltung eines günstigen ErAufrechter-haltungszustandes von Feuchten Hochstaudenfluren entgegen.

Durch eine abschnittsweise durchgeführte Pflegemahd können beide Ziele erreicht werden.

Der Zeitpunkt der Mahd muss wegen der Wiesenknopf-Ameisenbläulinge so gelegt werden, dass ab Anfang Juni Blütenstände der Wirtspflanze für die Eiablage und Larvalentwicklung zur Verfügung stehen.

Schwieriger ist die Situation im „Weitenried“, wo Pfeifengraswiesen mit Vorkommen beider Arten der Wiesenknopf-Ameisenbläulinge wegen eines seit vielen Jahren vorhandenen Stockausschlages zahlreicher Gehölze im Sommer gemäht werden müssen. Der für Bläu-linge günstige Zeitpunkt der Sommermahd vor Beginn der Flugzeit trifft verschiedene typi-sche Pflanzenarten der Pfeifengraswiesen in einer empfindlichen Phase. Da möglicherweise die Schwächung der Gehölze durch eine zugunsten der Bläulinge deutlich früher als bisher praktizierte erste Mahd stärker wirkt, besteht eine Chance, diese nur als „Therapie“ prakti-zierte Sonderform der Streuwiesenbewirtschaftung in absehbarer Zeit wieder aufzugeben.

Weitere Zielkonflikte, die im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung zu sehen sind, be-stehen auf den Südhängen des Hohentwiels. Die Aufwuchssituation macht eine relativ frühe Beweidung der Magerrasen notwendig, durch die später blühende Arten verbissen und ge-schwächt werden können. Zu den tatsächlich oder möglicherweise davon betroffenen Arten zählen u. a. Orchideenarten wie die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) und Saumarten bzw. Arten von traditionell sehr spät gemähten Magerrasen, wie der Gold-Aster (Aster linosyris). Die Vergangenheit hat gezeigt hat, dass der Verbissgrad des Aufwuchses durch die Schafe umso geringer ist, je später die erste Beweidung stattfindet bzw. je länger die Pausen zwischen den Weidegängen dauern. Je größer die von den Tieren verschmähten Weidereste sind, umso stärker werden die mikroklimatischen Gegebenheiten am Boden nivelliert. Umso weniger kommen die für den Hohentwiel charakteristischen und einzigartigen Selektionsfaktoren zur Wirkung, die das Vorkommen extrem eingenischter Arten fördern und Arten mittlerer Standorte verdrängen. Mit dem Ziel, die Einzigartigkeit dieser Flächen weiter zu entwickeln und der Erkenntnis, dass die unter der Bewirtschaftung möglicherweise leiden-den Arten leiden-dennoch auf der Fläche vorhanleiden-den sind, wird die begonnene Praxis unter Beobachtung der weiteren Entwicklung zunächst fortgesetzt.

Ein weiterer Zielkonflikt besteht am Hohentwiel hinsichtlich der Erhaltung von Pionierrasen und Kalkfelsvegetation innerhalb des Bannwaldes. Da dort entsprechend der Definition eines Bannwaldes und Vorgaben der Verordnung per se keine Pflegemaßnahmen durchgeführt werden dürfen, besteht das Risiko, dass die FFH-Lebensräume der offenen Gesteinsforma-tionen von Gehölzsukzession verdrängt werden. Der Prozess würde auch die Qualität der Bereiche als Teilhabitate der Zippammer weiter schmälern. Unter Berücksichtigung der Tat-sache, dass die Sukzessionprozesse bereits seit vielen Jahrzehnten ungestört ablaufen und seither noch nicht zur Ausbildung geschlossener Gehölze geführt haben, kann das Risiko, dass dieser Fall in absehbarer Zeit eintreten wird, als gering eingestuft werden. Voraus-setzung hierfür ist allerdings, dass sich an den klimatischen Verhältnissen nichts Grund-sätzliches ändert und die vorhandenen Gehölze und Stauden durch regelmäßig auftretende extreme Trockenphasen in ihrer Vitalität geschwächt oder völlig zum Absterben gebracht werden.

Größere Probleme könnte in absehbarer Zeit das Auftauchen des Bibers im „Schanderied“

nach sich ziehen. Bereits 2015 führte der Bau eines Dammes zum Rückstau des Wösch-grabens. Der Aufstau erfolgte unweit der Lebensstätte des Sumpf-Glanzkrauts, dessen Bestand in diesem Bereich als landesweit bedeutsam eingestuft wurde. Es ist nicht auszu-schließen, dass es durch diese Aktivitäten zu einem Anstau des Grundwassers innerhalb der Lebensstätte kommt, die sich negativ auf die weitere Entwicklung der kleinwüchsigen Orchidee auswirkt. Inwieweit hier künftig Handlungsbedarf zur Sicherung des Sumpf-Glanzkrauts besteht, kann im Rahmen eines Monitorings ermittelt werden, durch das seit 2010 jährlich die Pflanzen der Art gezählt und seit 2012 durchgängig die Pegelstände aufge-zeichnet werden.

5 Erhaltungs- und Entwicklungsziele

Um den Fortbestand von LRT und Arten innerhalb der Natura 2000-Gebiete zu sichern, werden entsprechende Erhaltungs- und Entwicklungsziele formuliert.

Der Erhaltungszustand der FFH-Lebensraumtypen wird nach Artikel 1 e) der FFH-Richt-linie folgendermaßen definiert:

Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums ist günstig2 wenn,

• sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet ein-nimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und

• die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funk-tionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiter bestehen werden und

• der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten im Sinne des Buchstabens i) günstig ist.

Der Erhaltungszustand für die Arten wird nach Artikel 1 i) der FFH-Richtlinie folgender-maßen definiert:

Der Erhaltungszustand einer Art ist günstig2 wenn,

• aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bil-det und langfristig weiterhin bilden wird und

• das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit abnehmen wird und

• ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

Erhaltungsziele werden formuliert, um zu erreichen, dass

• es zu keinem Verlust der im Standarddatenbogen gemeldeten FFH-Lebensraum-typen und Arten kommt,

• die Größe der gemeldeten Vorkommen ungefähr erhalten bleibt und

• die Qualität der gemeldeten Vorkommen erhalten bleibt.

Das Verhältnis der Erhaltungszustände A/B/C soll (bezogen auf das gesamte Natura 2000-Gebiet) in etwa gleich bleiben bzw. darf sich zumindest nicht in Richtung schlechterer Zu-stände verschieben. Hierbei ist zu beachten, dass es verschiedene Gründe für die Einstu-fung eines Vorkommens in Erhaltungszustand C gibt:

• der Erhaltungszustand kann naturbedingt C sein, wenn z. B. ein individuenschwa-ches Vorkommen einer Art am Rande ihres Verbreitungsareals in suboptimaler Lage ist;

2Der Erhaltungszustand wird auf der Ebene der Biogeografischen Region sowie auf Landesebene entweder als günstig oder ungünstig eingestuft. Auf Gebietsebene spricht man von einem hervorragenden - A, guten - B oder durchschnittlichen bzw. beschränkten - C Erhaltungszustand. Die Kriterien sind für die jeweiligen

Lebensraum-• der Erhaltungszustand ist C, da das Vorkommen anthropogen beeinträchtigt ist, z. B.

durch Düngung; bei Fortbestehen der Beeinträchtigung wird der LRT oder die Art in naher Zukunft verschwinden.

Entwicklungsziele sind alle Ziele, die über die Erhaltungsziele hinausgehen. Bei der Ab-grenzung von Flächen für Entwicklungsziele wurden vorrangig Bereiche ausgewählt, die sich aus fachlicher und/ oder bewirtschaftungstechnischer Sicht besonders eignen. Weitere Flächen innerhalb des Natura 2000-Gebiets können dafür ebenfalls in Frage kommen.

Die Erhaltungsziele sind verpflichtend einzuhalten bzw. zu erfüllen. Dagegen haben die Ent-wicklungsziele empfehlenden Charakter. In Kapitel 0 sind Empfehlungen für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen dargestellt, die geeignet sind, die Erhaltungs- und Entwicklungs-ziele zu erreichen.

Die Inhalte der Ziele für den jeweiligen LRT bzw. die jeweilige Lebensstätte (LS) beziehen sich auf das gesamte Gebiet. Sie sind nicht auf die einzelnen Erfassungseinheiten bezogen.

5.1 Erhaltungs- und Entwicklungsziele für die