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wirtschaftliche Schwerpunktsetzung

3.6 Weitere Handlungsfelder

In diesem Kapitel werden Handlungsfelder beschrieben, die zwar in den regionalen Strategien oder in den Studien als Handlungs-felder oder Potenziale genannt werden, allerdings nach den Bewertungskriterien, insbesondere nach den zu erwartenden Beschäftigungseffekten, keinen mit den zuvor genannten Hand-lungsfeldern vergleichbaren Beitrag zum Strukturwandel leisten können. Dennoch sind sie als Ergänzung zu den wirtschaftlichen Schwerpunkten erwähnenswert, da sie in Summe auch für zusätzliche Beschäftigung sorgen können.

Tourismus

Der Tourismussektor ist ein wichtiges Standbein der Wirtschafts-region Lausitz. Aufgrund der landschaftlichen Beschaffenheit der Region und der geographischen Nähe zu den Ballungsräumen Cottbus, Dresden und Berlin besteht ein großes touristisches Nachfragepotenzial. Besondere touristische Anziehungspunkte stellen vor allem die durch die Rekultivierung und Flutung der DDR-Tagebaue entstandene Seenlandschaft, industrie-kulturelle Museen und Sehenswürdigkeiten sowie der schon zu DDR-Zeiten von Touristen geschätzte Spreewald dar (SCHULZ, SCHWARTZ-KOPFF 2015:17; BTU COTTBUS-SENFTENBERG 2016:68).

Insbesondere die Tagebaurestseen stellen ein vorzügliches Poten-zial für Landschaftsaufwertungen dar, bieten vielfältige (tour-istische) freizeit- und erholungs- (Baden, Rudern, Paddeln, Surfen, Segeln, Tauchen, Motorsport) sowie natur- und landschafts-bezogene Nutzungen (Landschaftssee, Naturrefugium),

(AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG 2000:12). Die Tourismusregion Lausitz ist sich der Bedeutung ihrer Seenlandschaft bewusst und vermarktet diese daher als junge, flexible und sich im Entwicklungsprozess befindliche Region, die auf aktiven Sport- und Erlebnistourismus setzt (SCHULZ,

SCHWARTZKOPFF 2015:17).

Insgesamt sind im Lausitzer Tourismus-, Hotel- und Gaststätten-gewerbe ca. 13.800 Menschen beschäftigt, wobei 42 % der Erwerbstätigen nur geringfügig entlohnt werden. Obwohl im Zeitraum von 2010 bis 2015 die Anzahl der Übernachtungen in Lausitzer Fremdenverkehrsbetrieben um 27,6 % gestiegen ist, schneidet die Lausitz bei diesem Indikator im Bundesvergleich noch weiterhin unterdurchschnittlich ab (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2017). Folglich begrenzt sich der Tourismus in der Lausitz bislang und mittelfristig größtenteils auf Tagesausflüge. Langfristig ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass, ähnlich wie im Rheinischen Revier, bei Fertigstellung der Seenlandschaft und effektiver touristischer Vermarktung längere touristische Aufenthalte in der Lausitz in Betracht gezogen werden (SCHULZ, SCHWARTZKOPFF 2015:17). In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtig

Beschäftigten in der Tourismusbranche in Brandenburg und Sachsen um 15-16 % gestiegen. Die Bruttowertschöpfung in dem Sektor verzeichnet auch einen Zuwachs von rund 13 % in

Brandenburg und 16 % in Sachsen.

Der Tourismus in der Lausitz ist sicherlich ausbaufähig. Die vor-handenen landschaftlichen Voraussetzungen, mehrere UNESCO-Weltkulturerben und die geografische Lage, bilden einen guten Baustein, um die bestehenden Kompetenzen weiter auszu-bauen. Das Unternehmen LEAG z.B. nutzt das Potenzial und investiert in die Entstehung der Cottbuser Ostsee. Es soll der größte See Brandenburgs werden und sich auf über 19 Quadrat-kilometer erstrecken (HERTZER 2015). Eine erfolgreiche Rekul-tivierung der ehemaligen Tagebauflächen zu einem attraktiven Naturraum ist aus ökologischer Sicht sehr wertvoll. Die Rekul-tivierung der Tagebauflächen ist Aufgabe der bergbautreibenden Unternehmen. Die finanziellen Rücklagen werden dafür auf lange Sicht gebildet. Sollte die Reduktion des Braunkohleabbaus schneller voranschreiten, als von den Unternehmen geplant, haben die Unternehmen weniger Möglichkeit umzuplanen und noch ausreichend finanzielle Rücklagen für Rekultivierungsmaß-nahmen anzulegen. Sollten Probleme im Bereich der Rekulti-vierung der Tagebauflächen entstehen, kann es Auswirkungen auf die touristische Nutzung der Landschaft haben.

Der Tourismus kann die drohende Reduktion von Wertschöpfung und Beschäftigung nicht kompensieren. Das Potenzial ist kurz- bis mittelfristig auf Tages- und Ausflugsgäste beschränkt, der dadurch erzielte Umsatz und die Beschäftigungseffekte sind überschaubar.

Als ein erfolgreich umgesetztes Querschnittsprojekt, dass sowohl die Handlungsfelder Flächenentwicklung, Infrastruktur und Touris-mus vereint, kann der Landschaftspark Bärwalder See angesehen werden. Das Projekt thematisiert die Inszenierung des Land-schaftswandels in der Lausitzer Seenlandschaft und versucht mittels kommunikativer und kreativer Maßnahmen die weichen Standortfaktoren der Region zu stärken (LAUSITZER SEENLAND-SCHAFT 2017). In Experteninterviews wurde deutlich, dass die Lausitz in vielerlei Hinsicht den Charakter einer Modelregion an-strebt, daher ist auch eine innovative modelhafte Tourismusregion denkbar. Innerhalb solcher Projekte wie der Landschaftspark Bärwalder See kann dafür wertvoller Erfahrungsschatz generiert werden. Zudem kann der Tourismus als synergetische Verstärk-ung für andere HandlVerstärk-ungsfelder dienen, da er die Attraktivität der Region insgesamt steigert.

Insgesamt bestätigen die Studien und Quellen, dass der Touris-mus in der Lausitz zwar ein großes Nachfragepotenzial besitzt und einen wichtigen Stellenwert für die Region einnimmt, jedoch

werden selbst innovative Ansätze in diesem Sektor nicht aus-reichen, um die Lausitz wirtschaftlich neu aufzustellen. Vielmehr werden andere wirtschaftliche Schwerpunktfelder nötig sein, um

die negativen Vorzeichen der wirtschaftlichen Zukunft abzufedern (SCHULZ, SCHWARTZKOPFF 2015:17).

Infrastruktur und Flächenbereitstellung

Die zukünftige Gestaltung und die erfolgreiche Umsetzung touristischer Konzepte in der Lausitz werden stark von anderen Handlungsfeldern beeinflusst. Während im Leitbild des Regio-nalen Entwicklungskonzeptes für den sächsischen Teil der Lausitzer Seenlandschaft (REK) die Verknüpfung von Energie-wirtschaft und Tourismus im Sinne einer Verbindung von Bios-phärenreservaten mit regenerativen Energien und Biomasse-anbauflächen aufgeführt wird, muss auch auf die landschafts-gestalterischen Flächenkonflikte zwischen Erneuerbarer Energie (insbesondere der Windkraft) und anderen Flächennutzungen hingewiesen werden. Die Windkraft bzw. Energieerzeugung

allgemein sollte bei der Konzipierung der touristischen Ausrichtung stets integriert und nicht als Fremdkörper behandelt werden.

Die Prognos-Studie „Die Lausitz als Energieregion“ sieht die

„qualitative Weiterentwicklung des ÖPNV als wichtigen Baustein für den regionalen Tourismus“ (PROGNOS 2008:54). Demzufolge soll die Lausitz in Zukunft über eine verbesserte

ÖPNV-Anbindung verfügen und insbesondere die infrastrukturellen Gegebenheiten für einen modernen Fahrradtourismus schaffen (PROGNOS 2013:15). Die Stärkung des regionalen Fahrrad-tourismus soll laut Prognos-Studie durch die Einrichtung einer zentralen Stelle für Qualitätsmanagement flankiert werden, welche steuernd und vermittelnd für das Management der Radwege tätig ist. Weiterhin soll die zentrale Einrichtung eine übergeordnete Kommunikationsfunktion innehaben, um die Planungen des Radwegenetzes durch die einzelnen Gebietskörperschaften effizient zu leiten und folglich gemeinsame Priorisierungen von Maßnahmen vornehmen zu können (PROGNOS 2008:54).

Angesichts der „verwirrenden Vielfalt von

Tourismus-verbänden“ verbunden mit niedriger Wertschöpfung und geringen Übernachtungszahlen in der Lausitz ist eine grundsätzliche

Konsolidierung, effiziente Neuorganisation und übergeordnete Aufgabenverteilung der Verbände für die Zukunft wünschenswert, um unterschiedliche Projekte zielführend gestalten zu können und eine inhaltlich abgestimmte und einheitliche touristische

Vermarktung der Region zu gewährleisten (SCHULZ, SCHWARTZKOPFF 2015:17). Die gegenwärtige, regions-spezifische Zersplitterung der Verbände mit touristischen Einrichtungen in Ober- und Niederlausitz, den Dahme-Seen, Spreewald sowie Oberlausitz-Niederschlesien ist bislang ein Problem für die weitere Entwicklung des Tourismussektors in der Lausitz. Positiv hervorzuheben ist in dieser Hinsicht lediglich die mögliche grenzüberschreitende Ausrichtung einiger Tourismus-verbände, um die Vermarktung auf den polnischen Teil der Lausitz auszuweiten (SCHULZ, SCHWARTZKOPFF 2015:17).

Landwirtschaft

Der Anteil des Wirtschaftszweigs Land- und Forstwirtschaft an den SV-Beschäftigten in der Braunkohleregion des Lausitzer Reviers ist zwar etwa dreimal so hoch wie im Bundesdurchschnitt (RWI 2018:78), trotzdem macht die Landwirtschaft mit lediglich 1,64 % nur einen kleinen Teil der Beschäftigung in der Region Lausitz aus (BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT 2017, eigene Berechnungen anhand aggregierter Werte für Brandenburg und Sachsen sowie Branchenabgrenzung WZ 01). Aus den vorliegenden Studien zum Strukturwandel in der Lausitz wird nicht ersichtlich, dass die Land-wirtschaft ein Land-wirtschaftliches Schwerpunktfeld für die Bewältigung der Folgen des Strukturwandels ist (SVU 2014:6). Während die Studie der Akademie für Raumforschung und Landesplanung die Böden der Region als „sandige Substrate“ ohne nennenswertes ackerbauliches Ertragspotenzial bezeichnet und eine land-wirtschaftliche Wiedernutzbarmachung der Tagebauflächen als aussichtslos ansieht, treffen andere Studien, wie das „Energie-konzept für die Region Westlausitz“, ausschließlich Aussagen zu Teilräumen der Region. Somit sind anhand der Studien keine vollumfänglichen Aussagen und Erkenntnisse über die flächen-deckende Region Lausitz für das Handlungsfeld Landwirtschaft möglich (ÖKOTHERM 2009:134; AKADEMIE FÜR RAUM-FORSCHUNG UND LANDESPLANUNG 2000:16). An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die befragten Experten das Hand-lungsfeld der Landwirtschaft nicht als potenzielles HandHand-lungsfeld oder ergänzendes Handlungsfeld im Strukturwandelprozess bewerten.