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Teil C: Analyse des liechtensteinischen Bodenmarktes

III. Informationsquellen und Datenlage über den Bodenmarkt in Liechtenstein

3. Wahl der Datenquelle für Quantifizierungen am liechtensteinischen Bodenmarkt

Wie eben vor Augen geführt, präsentiert sich die administrative Ab­

wicklung einer Grundstückstransaktion als ein vielstufiger, verhältnis­

mässig komplexer Prozess, der eigentlich mehrere Ansatzpunkte für bo-denmarktstatistische Erhebungen böte. Dieser Umstand macht es erfor­

derlich, darzulegen, wo die später konkret durchgeführten Recherchen tatsächlich angeknüpft haben, und warum sie ausgerechnet dort der In­

formationsgewinnung nachgegangen sind.

Prinzipiell kämen ja als er ste denkbare Anlaufstellen für einschlägige Auskünfte die jeweiligen Vertragspartner eines Grundstücksgeschäftes in Frage, zumal sie - wenn man so will - dem Marktgeschehen am nächsten sind und zumal sie zumindest was ihre eigene Transaktion anlangt -wohl am genauesten über die realen Marktbedingungen Bescheid wissen müssten. Die Krux ist freilich, dass man an sie nur besonders schwer her­

ankommt und dass ihre Auskunftsbereitschaft nicht immer von

vorne-7 Die Gnindbuchsbeamten sind dabei an die Vorschriften über die Führung des Grund­

buches gebunden; selbige "finden sich im liechtensteinischen Sachenrecht von 1923, das aus dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch übernommen wurde."

Frommelt: Das Grundbuch, 1974, S. 59.

herein vorausgesetzt werden kann. Die Durchführbarkeit von Primär­

erhebungen, die zur Informationsgewinnung unmittelbar an die Ge­

schäftspartner heranträten, wäre nämlich stark eingeschränkt unter ande­

rem infolge von Auflagen, die aus datenschutzrechtlichen Gründen ein­

zuhalten sind. Sieht man einmal von jenen juristischen Hindernissen ab, die eine speditive Kontaktnahme - etwa anhand von Vorinformationen, welche bei Ämtern zu beschaffen gewesen wären - a priori vereiteln, so wäre es aber auch rein arbeitstechnisch äusserst mühsam, alle Bodenkäu­

fer respektive -Verkäufer ausfindig zu machen und um Auskunft zu bit­

ten. Bei schriftlichen Befragungen wäre mit einem ungesicherten Rück­

lauf zu rechnen gewesen und in jedem Falle hätte das Risiko der Ant­

wortverweigerung bestanden. Das Entstehen eines lückenlosen Bildes über den Grundverkehr während einer bestimmten Zeitspanne wäre des­

halb äusserst fraglich, wenn jener Weg der Datenbeschaffung gewählt worden wäre, der direkt bei den Geschäftspartnern ansetzt.

Dem Grunde nach ähnliche organisatorische Erwägungen sprechen auch dagegen, die Gemeindegrundverkehrskommissionen als Hauptin­

formanten in den Erhebungsprozess mit einzubinden. Denn bei ihnen ist davon auszugehen, dass sie in erster Linie lediglich über die Verhält­

nisse in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich genauer Bescheid wissen, sodass das gesamte Zahlenmaterial von noch immer relativ dispersen Quellen zusammenzutragen wäre. Nicht nur, dass eine grössere Zahl von Anlaufstellen den erforderlichen Aufwand zusätzlich steigert, es bleibt ausserdem einer Erfahrungsregel zufolge damit zu rechnen, dass mit zunehmendem Streuungsgrad der als Informanten Fungierenden die Informationsqualität an Homogenität verliert.

Pragmatische Überlegungen Hessen ferner davon Abstand nehmen, die Recherchen beim Steuer- bzw. beim Grundbuchamt zu lokalisieren.

Das Grundbuch hätte zwar den Vorzug geboten, dass dort die den Handänderungen zugrundeliegenden Vertragsurkunden im Original einzusehen gewesen wären, dieser Vorteil wäre jedoch - wie im vorigen Kapitel bereits angetönt - mit dem gravierenden Nachteil zu erkaufen gewesen, dass die für die Datenerhebung massgeblichen Materialien erst aus einer Fülle von zum Teil für die Fragestellung der gegenständlichen Arbeit gar nicht relevanten Akten (z.B. über Hypothekarangelegenhei­

ten) hätten herausgefiltert werden müssen. Einen Eindruck über die Ak­

tivitäten des Grundbuchsamtes und damit über die Breite des Spektrums dort anfallender Akten vermittelt Tabelle 8. Sie gliedert die von dieser

Landesdienststelle' zu bearbeitenden Geschäftsstücke nach Rechtsmate­

rien; dadurch liefert sie Hinweise über die Proportionen der einzelnen grundbuchsamtlichen Tätigkeitsfelder zueinander. Aus besagter Tabelle 8 geht denn auch hervor, dass der Anteil, den Handänderungen an sämt­

lichen Grundbuchsagenden haben, im mehrjährigen Schnitt um die 7 % (oder sogar noch etwas darunter) liegt.

Tabelle 8: Die Entwicklung der Zahl der vom Grundbuchamt jährlich zu bewältigenden Geschäftsstücke nach Rechtsmaterien zwischen 1989 und 1993

Geschäftsgegenstand Jahr

Geschäftsgegenstand

1993 1992 1991 1990 1989

Handänderungen 694 592 559 567 574

(Anteil Handänderungen in % der Summe) (7,1) (6,4) (6,8) (6,1) (7,0)

Intabulationen -*) 1.366 1.221 1.740 1.493

Zwangsweise Pfandrechtsbegriindung 34 -*) -=) ' - * ) -*)

Löschungen 783 647 459 643 550

Begründung von Stockwerkeigentum 49 52 44 33 : 24

Baulandumlegungen 1 1 1 3 4

Baurechte 6 13 13 13 26

Eigenheim-Darlehen 135 159 83 81 83

Einantwortungs-Urkunden 154 154 152 117 124

Dienstbarkeiten 156 146 169 174 158

Verschiedenes 551 500 603 503 532

Schuldbriefe 565 527 435 601 700

Grundpfandverschreibungen 947 749 754 1.063 711

Änderung von Grundpfandtitel 2.807 1.184 1.089 833 -*)

Grundbuch-Auszüge 1.161 1.250 1.276 1.158 1.110

Schätzungsanträge 366 421 323 253 300

Korrespondenzen 366 680 740 1.102 1.259

Gläubigerregister-Anderungen 544 269 211 . 36 2 356

Eigentumsnachweise 421 405 -*). -*) -*)

Eintragung Eigentumsvorbehalte 96 104 131 134 192

Summe 9.836 9.219 8.263 9.380 8.196

*) nicht als eigene Position ausgewiesen; Quelle: Rechenschaftsberichte der Regierung, laufende Jahre

Ausserdem wären aus den Unterlagen im Grundbuch manche für eine Marktanalyse sehr wesentliche, andernorts leicht verfügbare Merkmale nicht mehr ersichtlich gewesen: Ausgeblendet geblieben wären bei einer Auswertung, die sich allein auf das Grundbuch stützt, vor allem die aus den Schriftstücken beim Ressortsekretär der Regierung hervorgehende

Typisierung der Rechtsgeschäfte sowie die jeweils für die grundver-kehrsbehördliche Genehmigung geltend gemachten Tatbestände (wie Verwandtschaft zwischen den Vertragsparteien etc.).8

Ähnliche Überlegungen liessen schliesslich das Steueramt als Input-Lieferanten einer Bodenmarktstatistik ausscheiden. Diesfalls kommt al­

lerdings noch hinzu, dass wegen des Steuergeheimnisses (das ja hina us­

geht über die "normale" Amtsverschwiegenheit, welche grundsätzlich allen bei der Verwaltung Tätigen auferlegt ist) von Haus aus kein Zu­

gang zu Finanzakten zu erwarten war.9

In Abwägung verschiedener Kalküle scheint also die Regierung und speziell der dort tätige Ressortsekretär dafür prädestiniert, in Angele­

genheiten der Bodenmarktstatistik den Part einer originären Informa­

tionsquelle zu übernehmen. Die an dieser Verwaltungsdienststelle ge­

sammelten Abschriften der Gemeindegrundverkehrskommissionspro-tokolle sollten ja bereits ziemlich alle Merkmale, die überhaupt der Verwaltung zur Charakterisierung jedes Grundstücksgeschäftes bekannt zu geben sind, enthalten. Das heisst, ein Ansetzen der Statistik in einem späteren Stadium des administrativen Verfahrens verspräche kaum einen Zugewinn an weiterer Information, sondern - sogar im Gegenteil - viel­

leicht in manchen Punkten (etwa was die grundverkehrsgesetzliche Sub­

sumierung der Transaktion unter einem bestimmten Genehmigungstat­

bestand betrifft) sogar Informationsverluste.

Eine Bodenmarktstatistik, die ihr Urmaterial vom Ressortsekretariat der Regierung bezieht, kann ferner (und im Unterschied zu einer Erhe­

bungsanlage, die von den Gemeindegrundverkehrskommissionen selbst ausginge) den Vorteil einer zentralen Bündelung der Urdaten für sich verbuchen; sie muss jedoch andererseits wiederum den Nachteil in Kauf nehmen, dass bei Zweifelsfällen eine genauere Abklärung durch Nach­

8 Exponenten der liechtensteinischen Verwaltung gelangten schon früher selbst zur Auf­

fassung, dass das Grundbuch keine probate Datenquelle für Querschnittsanalysen dar­

stellt; zwar richteten sich die seinerzeitigen Bemühungen auf die Anfertigung einer Sta­

tistik über Eigentumsverhältnisse an liechtensteinischem Grund und Boden; die bei die­

ser Gelegenheit von der Administration erstellten, durchaus selbstkritischen Befunde scheinen aber ohne weiteres auf d ie sehr begrenzten Möglichkeiten zur Erfassung von Eigentumsänderungen übertragbar.

vgl. Schreiben des Amtes für Personal und Organisation an den Regierungschef vom 30. November 1979 79/246/73 Ma/ran, LLA-Aktenbündel Nr. 322/88/11.

9 vgl. Art. 7 Gesetz über die Landes- und Gemeindesteuern (Steuergesetz) vom 30. Jänner 1961, LGB1 1961 Nr. 7 idgF.

schau in den zugehörigen Vertragsurkunden nicht unmittelbar möglich ist. Dafür gewährleistet die interne Vorbearbeitung im Landwirt­

schaftsamt, dass mit einer gewissen Gleichmässigkeit der Informations­

qualität zu rechnen ist. Überdies geht mit der regierungsamtlichen Uberprüfung der Grundverkehrskommissionsentscheide auch eine ge­

wisse dem Aufbau einer Bodenmarktstatistik zweifellos zuträgliche -Vorausaufbereitung des Materials einher. Somit sprach alles in allem eine Reihe von Motiven dafür, die statistischen Erhebungen bei den Regie­

rungsakten anknüpfen zu lassen, was nach einer - mit der Auflage der Datenanonymisierung gekoppelten - Sonderbewilligung durch die Re­

gierung auch tatsächlich realisiert werden konnte.

4. Angewandter Erhebungsmodus zur Gewinnung