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Teil C: Analyse des liechtensteinischen Bodenmarktes

II. Marktordnende Regulative und gesetzliche

2. Bodenmarktrelevante raumordnerische Vorgaben in Liechtenstein

Während Steuern über finanzielle Impulse und über ökonomische Si­

gnale mehr oder minder beabsichtigte Lenkungswirkungen für den Um­

gang mit dem Boden entfalten, haben - speziell in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg - die allermeisten Staaten daneben ein eigenes Instru­

mentarium entwickelt, um die Allokation des Bodens durch hoheitliche Vorgaben zu beeinflussen. Jene Massnahmen, die die

Gebietskörper-29 Vallender und Hirt: Schweiz. Steuer-Lexikon - Band 3, 1991, S. 354.

30 Rechenschafts-Bericht 1989 der Regierung, S. 61.

Schäften setzen, um die Weichen dafür zu stellen, welcher Nutzung der Boden zugeführt werden soll, firmieren gemeinhin unter dem Schlag­

wort der "Raumplanung" bzw. "Raumordnung".31

a) Wurzeln der liechtensteinischen Raumordnung

Die ersten Bemühungen, Raumordnung in Liechtenstein zu installieren, reichen schon einige Zeit zurück. So datieren erste umfassende Anläufe, die Raumplanung auf b reiterer Front zu implementieren, bereits aus den 60er Jahren; sie kumulierten damals in einem umfangreichen Fachgut­

achten, welches lange Zeit als Orientierungshilfe diente.32 Dennoch ist die Raumordnung in Liechtenstein bezeichnenderweise bislang nicht in einem eigenen Regelwerk normiert, sondern lediglich als ein kurzer Ab­

schnitt im Baugesetz verankert. Dieses Faktum mag einerseits ein Spie­

gelbild dafür sein, dass weite Teile der Bevölkerung heutzutage die bau­

liche Grundstücksnutzung gegenüber anderen Nutzungsansprüchen prioritär einschätzen. Andererseits ist für frühere Zeiten die sekundäre Behandlung von Raumplanungsanliegen aus der geschichtlichen Ent­

wicklung heraus noch irgendwie nachvollziehbar. Historisch gesehen waren ordnende Eingriffe in die Bodenallokation lange Zeit nicht dring­

lich. "Abgesehen von den Villenquartieren in Schaan und Vaduz, die in den 20er und 30er Jahren entstanden sind, wurde innerhalb der beste­

henden Siedlungsgebiete gebaut. Für eine Ausweitung des Siedlungsge­

bietes fehlten Bedarf, Infrastrukturen und Geld."33

Wenn man bedenkt, dass das zur Zeit geltende Baugesetz in seinen Grundzügen aus dem Jahre 1947 stammt, so dürfte es den damaligen Verhältnissen angemessen gewesen sein. Die in Jahrhunderten gewach­

sene baulich-räumliche Struktur wird indessen von neuen Funktionen und Anforderungen bedrängt, die zu Zielkonflikten führen, welche ei­

31 Selbst die Anhänger des Marktmechanismus konzedieren, dass mit der Bodennutzung Kollektivgutelemente verbunden sind, weshalb sogar bei Marktpuristen Einsicht in die Notwenigkeit entsprechender planerischer Massnahmen besteht.

vgl. Meier: Markt - Interventionismus, 1989, S. 33.

32 vgl. Rotach et al.: Landesplanung Fürstentum Liechtenstein, 1968.

33 Erläuterungsbericht zum Entwurf eines Gesetzes über die Orts- und Landesplanung, 1992, S. 2.

ner planerischen Behebung bedürfen,34 weil eine Selbstregulierung der Interessen erfahrungsgemäss nicht funktioniert. Vielmehr scheint sich der Umgang mit dem Boden "immer mehr im Sinne einer interessenge­

leiteten Anarchie"35 zu entwickeln. Dementsprechend gab es z war spä­

tere Versuche, die Raumordnung und Raumplanung in Liechtenstein auf eine eigene gesetzliche Basis zu stellen, sie waren aber bislang nicht von Erfolg gekrönt. "Im Rahmen der erneuten Revision des Baurechts wollte die Regierung im Jahre 1991 verschiedene planungsrechtliche Be­

stimmungen erweitern und griffiger gestalten . ... In der Vernehmlas­

sung des Gesetzesentwurfes fand diese Initiative keine Unterstüt­

zung."36 Inzwischen hat die Regierung im Frühjahr 1995 einen neuen Entwurf für ein eigenes Gesetz über die Orts- und Landesplanung zur Stellungnahme unterbreitet.

Das Baugesetz sieht in der momentan geltenden Fassung zur Ver­

wirklichung der Raumordnung das Instrument der Bauordnungen und Zonenpläne vor (vgl. Art. 3 Baugesetz). Die Bauordnungen enthalten allgemeine Bau- und Gestaltungsvorschriften der Gemeinde sowie Vor­

schriften zum Zonenplan, welcher unter anderem insbesondere die Er­

schliessung der Baugebiete, die Art und das Mass der baulichen Nut­

zung der Baugrundstücke sowie die Bauweise regelt. Der Zonenplan ist integrierender Bestandteil der Bauordnung und unterteilt das Gemein­

degebiet in verschiedene Bebauungszonen und Zonen anderer Nutzung.

Die raumplanerischen Vorschriften normieren allerdings nur Agenden der Ortsplanung und sprechen übergreifende, landesweite Planungsauf­

gaben nicht an.

Das momentan noch immer geltende Gesetz regelt also die Terri­

torialplanung nicht abschliessend, es räumt vielmehr vor allem den Gemeinden die Ermächtigung ein, ausführende und ergänzende Bestim­

mungen zu erlassen. Das heisst, die Hauptverantwortung und die Auf­

gabe, die Ideen der Raumordnung letztlich zu konkretisieren und um­

zusetzen, ist den Kommunen aufgebürdet.

Die Gemeinden nehmen den ihnen übertragenen Planungsauftrag auf recht unterschiedliche, zum Teil sehr individualistische Weise bzw. in

34 vgl. Regierung des Fürstentums Liechtenstein (Hrsg.): Veränderungen im Landschafts­

raum, 1988, S. 52.

35 Ruh, Brugger und Schenk: Ethik und Boden, 1990, S. 2.

36 Sialm: Raumplanungsgesetz, 1995, S. 1.

einem Fall sogar überhaupt nicht wahr.37 Deshalb und weil im Baugesetz teilweise präzise und verbindliche raumplanerische Bestimmungen und Instrumente fehlen - insbesondere bezüglich der Landesplanung sind uneinheitliche Ortsplanungen auf kommunaler Ebene die Folge.38

b) Zoneneinteilung und ihre Konsequenzen für den Immobilienhandel Symptomatisch für den nicht unbedingt aus Sachnotwendigkeiten er-fliessenden Separatismus in Planungsbelangen ist allein schon die Tatsa­

che, dass die liechtensteinischen Gemeinden für die Zonenbezeichnung jeweils eine eigene Nomenklatur geschaffen haben. Welcher Ausdrucks­

weise man sich dabei befleissigt, zeigt Übersicht 1 in vergleichender Zu­

sammenschau.39 Der Blick auf die synoptische Gegenüberstellung lehrt, dass sich zur Zeit ein gewisser Begriffswirrwarr ergibt, dem auch auf sachlicher Ebene teilweise etwas eigenwillige Strukturierungen folgen.

Mit anderen Worten: Wegen der fehlenden übergeordneten Vorgaben sind die Bauordnungen der Gemeinden uneinheitlich. Dies gilt auch für die Definitionen der Zonenarten bzw. der in den Zonen zulässigen Bau­

ten, was unter anderem zu unterschiedlichen und zum Teil unscharfen Abgrenzungen zwischen Bauzonen und Nicht-Bauzonen führt.40

Auf-37 Die Gemeinde Triesenberg verfügt als einzige Gemeinde des Fürstentums über keinen rechtskräftigen Zonenplan. "Bekanntlich hat die Gemeinde Triesenberg im Jahre 1976 einen Zonenplan für das rheintalseitige Gemeindegebiet öffentlich aufgelegt. Dieser wurde aber bei einer Gemeindeabstimmung abgelehnt. Die Regierung erliess daraufhin zusammen mit dem Gemeinderat provisorische Bauvorschriften. Diese sind heute noch die einzige Grundlage für das Erteilen einer Baubewilligung."

Anonym: Entscheidende Weichenstellung, 1993, S. 8.

38 Strittmatter und Partner: Analyse zum Stand der räumlichen Ordnung, 1994, S. 3.

39 Als Quellen für die besagte Ubersicht dienten die Gemeindebauordnungen in der je­

weils geltenden Fassung; im speziellen waren dies:

Revision Bauordnung 1992 der Gemeinde Balzers vom 18. Dezember 1992 Gemeinde Eschen - Bauordnung vom 20. 3. 1 991

Gemeinde Gamprin - Bauordnung 1986 Gemeinde Mauren - Bauordnung 1994

Bauordnung der Gemeinde Planken, Oktober 1993 Gemeinde Ruggell - Bauordnung 1993

Gemeinde-Bauordnung der Gemeinde Schaan, Februar 1991 Gemeinde Schellenberg - Bauordnung 1988

Gemeinde Triesen - Bauordnung 1993 Gemeinde Vaduz - Bauordnung 1987

40 Strittmatter und Partner: Analyse zum Stand der räumlichen Ordnung, 1994, S. 3.

Vaduz Triesen-berg Triesen Schellen-berg Schaan Ruggell Planken Mauren Gamprin Eschen Balzers

Wohn- und Gewerbezone Kernzone

~ . N

Wohn- und Gewerbezone Dorfkern­zone

Gewerbe-Industrizone

Zone r öffentliche Bauten und Anlagen Zone r öffentliche Bauten und Anlagen

fe3

Zone r öffentliche Bauten und Anlagen Zone r öffentliche Bauten und Anlagen

P 3 O:

Freihalte­zone | Empfind­liches Bau­gebiet

r

-p 3

Freihalte­zone Freihalte­zone Freihalte­zone Freihalte­zone Freihalte­zone

Forstwirschaftliche Zone

Gefährdete Zonen Waldgebiet Waldgebiet Waldgebiet

Tl 0

Rüfe-zonen Schutz­zonen Rüfezone

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Reserve­zone Reservzone Reserve­zone 1 Grund-wasser-schutz-gebiet Bauenwicklunggebiet Übriges Gemeindgebiet Reserve­zone Reserve­zone Reserve­zone

N S O ' 3 rt

Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet Übriges Gemeindgebiet

<5

grund der speziellen Vorschriften ist bei manchen Gemeinden Liechten­

steins in den Reserve- und Landwirtschaftszonen stellenweise eine recht weitgehende Überbauung der Gebiete ausserhalb der eigentlichen Bau­

zonen möglich.

Dieser Umstand macht es genau genommen praktisch unmöglich, die Zoneneinteilungen der Gemeinden in einem einheitlichen Schema zu­

sammenzuführen. Allenfalls bewerkstelligen lässt sich nur eine stark vereinfachte Typologisierung in drei Kategorien;

- nämlich in eine, wo die Grundstücksbebauung künftig ziemlich si­

cher zugelassen sein wird (in Ubersicht 1 dunkelgrau unterlegt) und die man deshalb als "Bauland" bezeichnen könnte;

- in eine, wo lediglich eine Grünflächennutzung gestattet sein wird und die darob als "Freiland" firmiert sowie

- in eine, wo der künftig mögliche Nutzungsrahmen noch nicht wirk­

lich geklärt ist und die aus diesem Grunde als "Bauerwartungs­

flächen" tituliert seien (in Übersicht 1 hellgrau unterlegt).

Über die Zonenzuordnung der Parzellen schafft die öffentliche Hand durch Planungsfestlegungen - wenn man so sagen will - "künstlich"

unterschiedliche "Grundstücksqualitäten". Durch eine derartige raum-planerische Zonenzuordnung einer Liegenschaft erfährt nämlich das an ihr hängende Eigentumsrecht eine entscheidende Spezifizierung seines Umfanges, weil durch den planerischen Widmungsakt Limiten der künftigen Nutzungsmöglichkeiten definiert werden, was je nach Zonen­

zuweisung eine engere oder weitere Fassung der Verfügungsbefugnisse impliziert.

Die Spannweite der Verfügungsbefugnisse determiniert in der Folge deren ökonomischen Wert und ist nicht nur insofern höchst marktrele­

vant, sondern sie besitzt auch noch in anderer Hinsicht Bedeutsamkeit:

Die Zonenzugehörigkeit bestimmt nämlich gleichfalls den Kreis der po­

tentiellen Erwerber und kanalisiert gewissermassen die Nachfrage. Bei­

spielsweise werden Käufer, die sicher bauen möchten, kaum "Freiland"

sondern ausschliesslich "Bauland" nachfragen und umgekehrt werden aufstockungswillige Bauern nicht unbedingt "Bauland" für ihre agrari­

schen Zwecke ins Auge fassen. Am spekulativen Element interessierte werden dagegen ihre Fühler wohl vornehmlich nach "Bauerwartungs­

flächen" ausstrecken. Im Gegenzug bedeutet dies für den angebotswilli­

gen Grundeigentümer, dass die raumplanerische Zonenzuordnung eine Vorentscheidung hinsichtlich der Marktgängigkeit seiner Parzelle fällt.

3. Boderimarktbedeutsame Bestimmungen zum