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Teil C: Analyse des liechtensteinischen Bodenmarktes

III. Informationsquellen und Datenlage über den Bodenmarkt in Liechtenstein

2. Beteiligte und Verfahren bei der Abwicklung eines Grundverkehrsgeschäftes in Liechtenstein als

Anknüpfungspunkte der Informationsgewinnung

Die grundsätzliche Absicht und Notwendigkeit, bodenmarktstatistische Erhebungen in Liechtenstein zu pflegen, lässt Vorüberlegungen bezüg­

lich der Anlage der Datenbeschaffung opportun erscheinen. In diesem Zusammenhang dünkt es für's erste zweckmässig, sich einen Uberblick zu verschaffen, wie ein Bodenhandel in Liechtenstein normalerweise ab­

läuft. Vor allem aus der Kenntnis um die verwaltungstechnischen Vor­

gänge, welche in Zusammenhang mit einer Grundstückstransaktion ste­

hen und aus dem Wissen um den regulären Verfahrensweg sind nämlich Anknüpfungspunkte für Statistiken abzuleiten. Schliesslich stellt ja die Beschreibung der Abwicklung eines Grundverkehrsgeschäftes gleich­

zeitig eine Deskription des Informationsflusses dar. Mit anderen Wor­

ten: Das im folgenden aufgrund mündlicher Informationen diverser Behördenvertreter nachzuzeichnende Bild davon, wer aller involviert ist, wenn Rechtsgeschäfte mit Grundstücken vollzogen werden, gibt gleichzeitig Auskunft darüber, wer zumindest theoretisch als Daten­

quelle in Frage käme und wer über welchen Wissenstand verfügen müsste.

Im Regelfall eines Immobilienkaufes stehen am Beginn Geschäfts­

partner, die bezüglich des Handels mit einer Parzelle einen Konsens finden und solcherart einen Vertrag abschliessen. Darüber ist eine im Grundbuch eintragungsfähige Urkunde zu errichten, wofür jedoch keinerlei Anwaltszwang existiert. Vielmehr ist jeder, der es sich zutraut, dazu berufen, einen derartigen Vertrag aufzusetzen. In der Praxis treten denn auch recht unterschiedliche Spielarten nebeneinander auf: Teil­

weise werden die Verträge von Privatpersonen selbst (allenfalls in An­

lehnung an Musterverträge bzw. "Vertragsschimmel") abgefasst, teil­

weise erfolgt die Vertragserrichtung mit anwältlichem Beistand oder sie geht unter Beiziehung eines Treuhänders vonstatten.

Welcher Modus auch immer zum Tragen kommt, um Intabula-tionstauglichkeit zu erlangen, muss die Vertragsurkunde jedenfalls amt­

lich beglaubigte Unterschriften der Parteien tragen. Für eine derartige Beglaubigung kommen verschiedene Einrichtungen in Frage, nämlich entweder die Vermittler in den Gemeinden1 oder die Gerichtskanzlei beim Landgericht respektive das Grundbuchsamt.

In weiterer Folge sind die beglaubigten Vertragsurkunden aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen der örtlich zuständigen Ge-meindegrundverkehrskommission vorzulegen. Besagtes Kollegialorgan bekommt in der Regel bloss den Vertrag selbst, ohne formelle Begleit­

schreiben und ohne sonstige Unterlagen übermittelt.2 Die Kommission kann aber, falls sie es für erforderlich erachtet, ergänzende Informatio­

nen und Schriftstücke nachfordern. Dieses vom jeweiligen Gemeinde­

vorsteher geleitete Gremium hat sodann in erster Instanz über die Ge­

nehmigung von Rechtsgeschäften, die liechtensteinische Grundstücke betreffen, zu befinden und darüber ein Beschlussprotokoll anzufertigen.

Für die Erstellung besagter Protokolle sind im ganzen Land einheitliche Formulare in Verwendung; sie verzeichnen die am Geschäft beteiligten Vertragspartner und spezifizieren das betroffene Grundstück (mit Ein­

lagezahl, Parzellennummer und Flächenausmass, aber ohne verpflich­

tende Angabe über die Art der Grundstücksnutzung und ohne obliga­

torischen Hinweis auf die raumplanerische Zonenlage der Parzelle).

Ausserdem ist in den Formblättern der Vertragstyp (Kauf, Tausch, Schenkung etc.), die Höhe der vereinbarten Gegenleistung (in Franken­

währung) sowie die Genehmigungsentscheidung samt kurzer Begrün­

dung und unter Nennung der bezugnehmenden Gesetzesstelle (Artikel und Littera) einzutragen.

Nach der Entscheidung durch die Gemeindegrundverkehrskommis-sion - insbesondere, wenn die Erstinstanz dem Geschäft zugestimmt hat - geht der Akt (nunmehr bestehend aus Vertragsurkunde und Beschluss­

protokoll) weiter an die Regierung. (Sofern die Grundverkehrskommis­

1 Der Vermittler fungiert primär als erste Instanz bei Rechtsstreitigkeiten; er hört Parteien an und versucht zu schlichten bzw. Einigungen herbeizuführen. Er handelt aber auch als

"öffentliche Urkundsperson". "Er ist befugt, Unterschriften ämtlich zu beglaubigen.

Ausserdem gemessen die vor ihm über ein Rechtsgeschäft errichteten Urkunden die Eigenschaft von öffentlichen Urkunden vor allen Behörden." Wächter: Der Vermittler, 1992, S. 3.

2 Es gab seinerzeit zwar Anläufe der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, im ge­

samten Land ein einheitliches "Antragsformular für das grundverkehrsbehördliche Ge­

nehmigungsverfahren" einzuführen. Diese Absicht wurde etwa von der Liechtensteini­

schen Landesgrundverkehrskommission begrüsst (vgl. Schreiben des Präsidenten der Liechtensteinischen Landesgrundverkehrskommission vom 30. 11. 1981 an d ie Regie­

rung. LLA-Aktenbündel Nr. 326/088), von manch kommunaler Seite jedoch skeptisch mit der Bemerkung kommentiert: "Es scheint uns aber, dass die leise Gefahr besteht, die Bürokratie etwas weit zu treiben." (Schreiben der Gemeindeverwaltung Eschen vom 18. Dezember 1981 an die Fürstliche Regierung. LLA-Aktenbündel Nr. 326/088). Zur Zeit stösst man sowohl auf Gemeinden, die derartige Formulare verwenden, als auch auf solche, die auf derartige Schriftstücke verzichten.

sion über eine Grundstückstransaktion einen ablehnenden Bescheid er-lässt, übermittelt sie eine sogenannte "Orientierungskopie" an die Re­

gierungsstellen). Bei der Regierung ist es - dem vom Grundverkehrsge­

setz her vorgesehenen Verfahrensgang zufolge - dem Ressortsekretär übertragen, die Entscheidungen der Gemeindegrundverkehrskommis-sionen zu sichten. Der Ressortsekretär ist als Formalpartei primär zur Wahrung einheitlicher Grundsätze im Gesetzesvollzug in das Verfahren eingeschaltet. Er hat auch namens der Regierung in jenen Fällen, wo er vermutet, dass einem Rechtsgeschäft ungerechtfertigterweise die Geneh­

migung erteilt wurde, dagegen bei der Landesgrundverkehrskommis-sion als nächsthöherer Instanz Beschwerde zu erheben.3 Um dem Res­

sortsekretär seine Kontrolltätigkeit zu erleichtern und um die Akten zur Entscheidungsreife aufzubereiten, findet eine Vorbearbeitung und Vor­

prüfung der bei der Regierung einlangenden Unterlagen im Landwirt­

schaftsamt statt.4 Diese Amtsstelle nimmt jedoch keine Entscheidungs­

funktion im Rahmen der Begutachtung von Grundverkehrsgeschäften wahr, sondern leistet lediglich Hilfsdienste, indem sie etwa sachdienliche ergänzende Erhebungen betreibt und beispielsweise erforderlichenfalls nachforscht, wieviel Grund und Boden die als Käufer aufscheinende Vertragspartei bereits vor dem Erwerb ihr Eigen nennen konnte. Das Landwirtschaftsamt versieht die Akten ausserdem mit einer laufenden Geschäftszahl und es erstellt eine Liste mit wesentlichen Kenndaten und einer groben Voreinstufung der Geschäfte. Überall dort, wo die Dinge offensichtlich völlig eindeutig liegen, werden die Schriftstücke als

"Ver-5 Was die juristische Wertung der Stellung der Regierung im Grundverkehrsverfahren be­

trifft, so hat s ie keine behördliche Entscheidungsbefugnis, weswegen sie weder Unter-noch Oberinstanz darstellt. Ihr - und im speziellen dem Ressortchef "Justiz", der nach dem Ressortplan für Grundverkehrsangelegenheiten zuständig ist - kommt im Rahmen von Artikel 17 und 18 des Grundverkehrsgesetzes die Stellung einer Partei zu. "Dem­

entsprechend gelangt die Regierung - rein formal gesehen - auch nicht mit einem Ver­

waltungsakt, sondern mit einem blossen Parteiantrag an die Landesgrundverkehrskom-mission." Prinzipiell steht dieses Beschwerderecht der Regierung selbst zu; aus Prakti-kabilitätserwägungen delegiert sie diese Befugnis an eine Amtsstelle, wobei der beauftragte Beamte "im Namen der Regierung" handelt, (vgl. Kieber: Rechtliche An­

merkungen zum Grundverkehrsverfahren. Manuskript vom 14. Juli 1980. LLA-Akten-bündel Nr. 322/88/11.)

Allerdings gab es auch schon einmal eine Kontroverse über die Kompetenzfrage, wie­

weit nämlich die Regierung in Einzelfällen die Delegation aussetzen und das Beschwer­

derecht gänzlich an sich ziehen darf.

4 Die Einschaltung des Landwirtschaftsamtes ist an sich von Gesetzes wegen nicht vorge­

sehen; sie erfolgt einfach aus Praktikabilitätserwägungen und ist aus der inneramtlichen Organisationsabwicklung erklärbar.

träge ohne Beschwerde" dem Ressortsekretär zugeleitet; ansonsten -wenn auch nur leise Zweifel oder Unklarheiten bestehen - wird der Ver­

merk "Verträge zur weiteren Behandlung" angebracht.

Anschliessend schaut sich der Ressortsekretär selbst sämtliche Akten an, wobei er den in der informellen Vorbegutachtung als abklärungsbe­

dürftig eingestuften Causen besonderes Augenmerk schenkt. Zur Stüt­

zung seiner Entscheidungsfindung nimmt er unter Umständen von sich aus noch zusätzliche Abklärungen vor, indem er etwa die raumplaneri-sche Zonenlage der Parzelle recherchiert oder beim Grundbuchamt Auskünfte einholt, beispielsweise über Grundstückstransaktionen, die der Käufer im Laufe der jüngeren Vergangenheit getätigt hat. Die Resul­

tate dieser ergänzenden Erhebungen sind dann in Aktenvermerken do­

kumentiert.

Schliesslich muss sich der Ressortsekretär der jeweiligen Faktenlage entsprechend innert 14 Tagen entscheiden, ob er entweder gegen den Genehmigungsbescheid der Gemeindegrundverkehrskommission Be­

schwerde führt und damit die Angelegenheit zur Landesgrundver-kehrskommission weiterzieht, oder ob er der Rechtsmeinung der Erst­

instanz folgt und von einem Einspruch Abstand nimmt. Einen derar­

tigen Beschwerdeverzicht hat er dann ausdrücklich auf dem Vertrag zu vermerken und hernach die Urkunde an das Steueramt weiterzuleiten.

Die Gemeindegrundverkehrsprotokolle der ohne Einwände abgehan­

delten Geschäftsstücke verbleiben indessen in den Regierungsakten und werden später im Landesarchiv aufbewahrt. Beeinspruchte Akten gelangen dagegen zur Gänze in die Hand der Landesgrundverkehrs-kommission.

Nach positiver Erledigung des grundverkehrsbehördlichen Verfah­

rensteiles ist im Aktenlauf als nächstes das Steueramt am Zuge. Dieses sendet aufgrund der im Amtswege vom Ressortsekretär der Regierung zugegangenen Vertragsurkunde dem Veräusserer ein Steuererklärungs­

formular zu; dort kann der Verkäufer, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, allenfalls noch die Vertragssumme richtigstellen. Die Finanz­

behörde ermittelt sodann anhand der ausgefüllt retournierten Steuer­

erklärung bzw. anhand der Vertragsurkunde und der darin vereinbarten Konditionen sowie aufgrund der dort ausgewiesenen Gegenleistung (also normalerweise im wesentlichen aufgrund des angegebenen Grund­

stückspreises) die unter dem Titel der Grundstücksgewinn- bzw. gege­

benenfalls der Schenkungssteuer fällige Abgabenschuld. Dabei wird für

die Ermittlung der Steuerforderung ein eigenes Berechnungsblatt ange­

legt. Im Zuge der Steuerberechnung ist die Fiskalbehörde unter anderem gehalten, die deklarierten Preise - soweit das in ihren Möglichkeiten steht - zu prüfen. Sofern sich die vertragliche Kaufsumme als allzu un­

wahrscheinlich herausstellt, kann die Finanz in der Folge den von der Regierung bestellten Landesschätzer zur Feststellung des "handels­

üblichen Verkehrswertes" einschalten. Ein derartiges Procedere erübrigt sich freilich meist dann, wenn ein Geschäft unter Verwandten stattfin­

det, weil dabei ohnedies üblicherweise die amtlichen Steuerschätzwerte zum Tragen kommen.

Sobald die massgeblichen Werte festgestellt sind, fertigt das Steueramt eine sogenannte "Steuerrechnung" (das ist ein Bescheid über die zu be­

zahlende Steuer) aus, welche sie dem Steuerschuldner zukommen lässt.

Als solcher gilt grundsätzlich der Verkäufer.5 Im weiteren behält die Steu­

erbehörde die Vertragsurkunde solange bei sich, bis die geschuldete Steuer beglichen bzw. bis zumindest der Finanz eine Sicherstellung für die Steu­

erschuld gegeben ist. Wenn das Geld oder wenigstens die Besicherung für die Forderung in der Steuerkasse eingetroffen ist, wird die Vertrags­

urkunde mit dem Stempelaufdruck "Umschreibebewilligung erteilt" ver­

sehen und behördlicherseits an das Grundbuchamt weitergegeben.

Damit beginnt der letzte Verfahrensteil, der mit der Abwicklung eines Grundverkehrsgeschäftes in Zusammenhang steht. Hiebei prüfen die Bediensteten des Grundbuchsamtes zunächst die bei ihnen einlangenden Vertragsurkunden. Sie schauen insbesondere, ob die Schriftstücke for­

mell in Ordnung sind und einen rechtskräftigen Genehmigungsvermerk der Grundverkehrsbehörde tragen,6 ob die als Veräusserer bezeichnete Vertragspartei mit dem im Grundbuch eingetragenen bisherigen Verfü­

5 Abweichend von der gesetzlichen Regelung kann allerdings in Verträgen ausgemacht sein, dass der Käufer die Steuerlast übernimmt. Wenn eine derartige Klausel aufscheint, führt die Fiskalbehörde eine Steuerberechnung "in Hundert" durch; das heisst, sie muss zum Teil Steuer von der Steuer vorschreiben, mit der einleuchtenden Begründung, dass die Übernahme der Steuerlast durch den Käufer auch eine Form der grundsätzlich als Berechnungsbasis heranzuziehenden Gegenleistung darstellt.

6 Gemäss Verordnung zum Grundverkehrsgesetz hat das Grundbuchamt rechtsgeschäft­

liche zur Eintragung oder Vormerkung vorgelegte Urkunden dann zurückzuweisen, wenn sie keinen rechtskräftigen Genehmigungsvermerk oder keinen Vermerk über die rechtskräftige Verneinung der Genehmigungspflicht enthalten, (vgl. Art. 17 Abs. 1 der Verordnung vom 4. 3. 1975 zum Grundverkehrsgesetz LGB1. 1975 Nr. 23 idgF.). Diese Vorschrift bedingt, dass es auch ein eigenes Verfahren gibt zur Feststellung des Nicht-bestandes einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht.

gungsberechtigten übereinstimmt, sowie ob sich die Grundstücksnum­

mern und die Angaben über die Belastungen etc., wie sie im Vertrag fest­

gehalten sind, mit dem im Grundbuch verzeichneten Stand decken.7

Sind keine Abweichungen und Mängel erkennbar, so kann die Ver-bücherung - also die Löschung des ehemaligen und die Eintragung des neuen Eigentümers - vorgenommen werden. Gleichzeitig erfolgt die In­

korporierung des Vertragsdokumentes in die Urkundensammlung des Grundbuches. Zu guter Letzt meldet das Grundbuchamt die durchge­

führte Handänderung sowohl an die Gemeinde, in der die gegenständ­

liche Parzelle liegt, als auch an den örtlich zuständigen Geometer, damit anhand dieser Mitteilungen die dort geführten Besitzstandsverzeichnisse aktualisiert und ä jour gehalten werden können. Mit den genannten Ver­

änderungsmeldungen findet der durch einen Bodenhandel in Gang gesetzte Verwaltungslauf seinen Abschluss.

3. Wahl der Datenquelle für Quantifizierungen